Protokoll der Sitzung vom 27.09.2012

Dann sagen Sie, dass auf Erlasse verzichtet werden soll, die dem Ziel der Eigenverantwortung zuwiderlaufen. In der gesamten Beratung haben Sie aber kein einziges Beispiel genannt. Erst heute nennen Sie ein Beispiel, nämlich im Blick auf Plagiatssoftware. Damit ziehen Sie einen Erlass als Beispiel heran, der zum Zeitpunkt Ihrer Antragserstellung schon längst zurückgezogen war. - Das ist also auch eine fadenscheinige Begründung, Herr Poppe.

Wir hatten bei der Vorlage unseres Änderungsvorschlags in der Tat das Ziel, in eine gemeinsame Beratung einzusteigen, um zu prüfen, ob wir einen gemeinsamen Weg finden können. Sie haben in der Ausschusssitzung erklärt, auf der Grundlage unseres Änderungsvorschlags wollen Sie gar nicht mehr mit uns verhandeln. Insofern haben Sie sich aus den Gesprächen verabschiedet - und nicht wir.

Eines kann ich nicht nachvollziehen; das habe ich auch gestern schon gesagt. Es kommt hier immer wieder die Kritik am Übergangssystem. Immer wieder wird von Warteschleifen gesprochen. Damit wird zum Ausdruck gebracht, dass das ohne Mehrwert für die Schülerinnen und Schüler sei. Außerdem wird den Lehrkräften damit auch immer wieder der Vorwurf gemacht, dass das, was sie da tun, keinen Sinn macht und dass sie anscheinend ergebnislos arbeiten. - Diesen Vorwurf will ich noch einmal in aller Entschiedenheit zurückweisen; denn in Niedersachsens Berufsschulen wird eine gute Arbeit gemacht. Da ist jeder Unterrichtsbesuch erfolgreich; davon kann man fest ausgehen. Da nur von Warteschleifen zu sprechen, ist fatal.

Ich will auch darauf hinweisen, dass wir die Schülerzahlen in diesen Bereichen in den letzten Jahren - u. a. aufgrund der guten wirtschaftlichen Entwicklung in Niedersachsen - massiv senken konnten. Wenn Sie nun das Hamburger Modell als mögliche Lösung anführen, dann müssen Sie ehrlicherweise dazusagen, dass das Hamburger Modell im ersten Jahr für die ausbildungsreifen Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz finden, im Kern nichts anderes als das Berufsfachschuljahr darstellt, wie wir es hier in Niedersachsen haben. Sie können nicht sagen, in Hamburg wäre das angeblich ganz toll, und unsere Lehrkräfte hier in Niedersachsen würden so versagen, dass dabei nichts anderes als Warteschleifen herauskommen. Das ist fatal.

Herr Försterling, den letzten Satz, bitte!

Wir kämpfen für eine gute berufliche Bildung. Sie wollen hier wieder nur alles schwarzmalen. Das lassen wir nicht zu.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Meine Damen und Herren, es hat sich nun noch Herr Minister Dr. Althusmann zu Wort gemeldet. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich will es angesichts der fortgeschrittenen Zeit kurz machen.

In der Frage der Anmeldezeiten gibt es in der Tat unterschiedliche Auffassungen bei Vertretern der

Berufsschulverbände, bei Vertretern des Handwerks und bei den Industrie- und Handelskammern. Das hängt damit zusammen, dass hier zwei unterschiedliche Interessenlagen aufeinanderstoßen. Die einen betrachten, auch mit Blick auf ihre schulische Situation, die gesamte organisatorische Frage der Schulanmeldung. Die andere Seite weist, gerade vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, zu Recht darauf hin, dass die duale Berufsausbildung immer absoluten Vorrang vor einem vollzeitschulischen Angebot haben muss.

Deshalb hat der Niedersächsische Industrie- und Handelskammertag heute auch mitgeteilt - ich zitiere -: „Die Reform des Übergangssystems“ - in dem sich übrigens bundesweit ca. 300 000 Schülerinnen und Schüler befinden - „gelingt nur mit einem politischen Konsens aller Beteiligten. Sie muss zügig angeschoben werden.“ Dazu sei es aus NIHK-Sicht notwendig, dass die Rahmenbedingungen in Niedersachsen keine Anreize für den Eintritt in das Übergangssystem böten. Unter anderem könne die Verlegung der Anmeldetermine in der beruflichen Schule auf einen späteren Termin dazu beitragen, dass sich der Bewerbungszeitraum der Jugendlichen für eine betriebliche Ausbildung verlängere. - Gleiches sagen die niedersächsischen Handwerkskammern.

Ich will mich nicht am Juni festbeißen. Es geht nicht um die Frage, ob es am Ende der Juni oder vielleicht der Mai ist. Klar ist aber, dass wir zunächst einmal versuchen müssen, die Jugendlichen in eine duale Berufsausbildung zu bekommen, bevor wir die vollzeitschulischen Warteschleifen in Aussicht stellen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nun zu Ihrem Antrag. Ich habe mich mit ihm, obwohl er nicht zur Abstimmung steht, durchaus auseinandergesetzt. Ich glaube, die Zeit ist etwas über ihn hinweggegangen. Wenn man die momentane Situation, jetzt im September, ehrlich betrachtet, dann darf man schon feststellen, dass einige Punkte längst überholt sind und dass auch manche dort geäußerte Forderung so nicht richtig ist.

Im Übrigen stimmt Ihre Behauptung nicht, im Ursprungsantrag der Landtagsfraktionen habe gestanden, alle berufsbildenden Schulen würden eine Verwaltungsstelle bekommen. Im Ursprungsantrag - lesen Sie es nach - steht: Die Landesregierung wird gebeten, das Ganze stellenmäßig abzusichern.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Jawohl!)

Was haben wir getan? - Sachstand heute: Etwa 128 der 133 berufsbildenden Schulen haben inzwischen Verwaltungsstellen, die sie aus den viel zu vielen vorhandenen Fachpraxisstellen aus ihrem Budget tatsächlich umwandeln konnten, sodass sie jetzt eine entsprechende Verwaltungsleitung vorweisen können.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Durch die Umwandlung von Lehrerstellen! - Gegenruf von Björn Försterling [FDP]: Dem haben Sie doch zugestimmt!)

- Frau Heiligenstadt, hören Sie doch zu! Dann müssen Sie das nicht immer anders darstellen!

Zur IT-Administration kann ich heute erfreulicherweise feststellen: Wir werden noch im November für alle Schulen - auch für die allgemeinbildenden Schulen und für die berufsbildenden Schulen - eine Gesamtkonzeption der DV-Systemadministration im Rahmen einer Serviceorganisation für alle Schulen in Niedersachsen vorlegen. Die entsprechenden Gespräche dazu haben stattgefunden. Die Eckpunkte dazu werden im November vorgelegt.

Zur Unterrichtsversorgung: Wir liegen im Moment bei einer Unterrichtsversorgung von 93 %. Das ist im Vergleich zu den Werten Ihrer Regierungszeit absolut gut.

(Glocke des Präsidenten)

Ich gebe aber zu, die Unterrichtsversorgung könnte noch höher sein. Wenn die Schulleitungen angesichts des Budgets und der zugewiesenen Stellen die zugewiesenen Stellen inzwischen besetzt und ausgeschrieben hätten, lägen wir vermutlich bei einer Unterrichtsversorgung von 95 %.

Frau Heiligenstadt, bei Ihrer BBS war ich gerade, deshalb erwähne ich gerade sie.

(Frauke Heiligenstadt [SPD]: Das ist eine hervorragende BBS!)

Wenn Sie sich mit dem Schulleiter Ihrer berufsbildenden Schule und der dortigen Verwaltungsleiterin, einer sehr netten Dame, unterhalten, werden Sie feststellen, dass das Budget Ihrer berufsbildenden Schule - gerade da habe ich es mir einmal genau angeschaut - ausgesprochen gut ausgestattet ist.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben nämlich bei 100 berufsbildenden Schulen inzwischen einen Saldenüberschuss, ein Plus auf dem Konto, von 16,8 Millionen Euro. Bei etwa

30 berufsbildenden Schulen in Niedersachsen haben wir ein Defizit von 3,8 Millionen Euro, das wir übrigens ausgleichen werden. Durch eine falsche Mittelzuweisung ist es nämlich dazugekommen, dass eine berufsbildende Schule beispielsweise ein Plus von 1,2 Millionen Euro auf ihrem Konto hatte. Natürlich werden wir das im Rahmen der Gleichbehandlung der berufsbildenden Schulen umschichten.

Ich komme zum letzten Punkt. Sie haben den Flächenfaktor angesprochen, eine Forderung der IHK. Wir haben mit den IHK-Vertretern sehr genau darüber gesprochen, dass es sich nicht nur um einen Flächenfaktor handelt, weil wir nicht nur in der Fläche kleine berufsbildende Schulen und ganz besonders kleine Klassen haben, sondern wir haben auch in Hannover und Braunschweig kleine Klassen. In der letzten Schulleiterdienstbesprechung mit allen berufsbildenden Schulen in der vergangenen Woche habe ich verkündet, dass wir die bisherige Stundenzuweisung von 62,5 % in den Klassengrößen von 7 bis 13 auf 80 % anheben werden, um zukünftig zu ermöglichen, dass auch hier kleine Klassen und kleine Lernfelder abgebildet werden können.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, im Bereich der Kooperationsstelle arbeiten die Abteilungen im Ministerium fachübergreifend zusammen. Im Bereich des Lehrkräftemangels haben wir inzwischen die Frage der Kapazitäten an den Universitäten in den Blick genommen. Voraussichtlich wird es in Hannover oder Osnabrück einen weiteren Standort für den Bereich der Lehrämter an berufsbildenden Schulen geben. Wir haben inzwischen die Budgetuntergrenzenproblematik gelöst. Voraussichtlich werden wir die Istkostenberechnung für Durchschnittsverfahren ebenfalls in der kommenden Woche oder innerhalb der nächsten 14 Tage vorlegen.

Herr Minister, ich unterbreche Sie ungern. Aber dafür, dass Sie gesagt haben, sie wollen kurz reden, reden Sie relativ lang.

Der Antrag umfasst ja insgesamt zehn Punkte. Ich denke, dass acht dieser zehn Punkte längst erledigt sind.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor.

Wir kommen zur Abstimmung.

Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses folgen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der sich aus der Beschlussempfehlung ergebenden geänderten Fassung annehmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Die Gegenprobe! - Enthaltungen? - Das Erste war die Mehrheit. Damit ist so beschlossen.

Ich rufe den Tagesordnungspunkt 33 auf:

Abschließende Beratung: Ehrenamt stärken - Gebührenbefreiung für das Führungszeugnis für Ehrenamtliche neu regeln - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/4974 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Rechts- und Verfassungsfragen - Drs. 16/5192

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag unverändert anzunehmen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Zur Beratung hat sich der Kollege Professor Dr. Zielke von der FDP-Fraktion gemeldet. Er hat das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Unser ausdrücklicher Dank gilt allen Menschen, die sich oft unter enormem persönlichen Einsatz und unter Opfern in den unterschiedlichsten Ehrenämtern zum Wohl der Allgemeinheit engagieren.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Das Bundeskinderschutzgesetz, das Anfang dieses Jahres in Kraft getreten ist und das wir ausdrücklich begrüßen, hat eine Auswirkung auf viele Ehrenamtliche. Das Gesetz bestimmt, dass Ehrenamtliche vor Aufnahme ihrer Tätigkeit ein erweitertes Führungszeugnis vorlegen müssen, wenn Art, Dauer und Intensität des Kontakts dieser Personen mit Kindern und Jugendlichen dies notwendig machen.

Grundsätzlich sind für die Ausfertigung eines Führungszeugnisses Verwaltungsgebühren zu entrichten. Nur als Ausnahme kann eine Ermäßigung oder Befreiung gewährt werden, wenn dies wegen

der wirtschaftlichen Verhältnisse des Zahlungspflichtigen oder aus sogenannten Billigkeitsgründen geboten erscheint. Wir begrüßen ausdrücklich, dass das Bundesamt für Justiz in einer neuen Richtlinie aus dem Juni festgelegt hat, dass in der ehrenamtlichen Tätigkeit immer - also für jedes Ehrenamt - ein gebührenbefreiender besonderer Billigkeitsgrund zu sehen ist.

Eine Richtlinie einer Behörde kann allerdings jederzeit ohne Weiteres wieder geändert werden. Um der Rechtsklarheit und der Verlässlichkeit für die Betroffenen willen fordern wir die Landesregierung mit dem vorliegenden Antrag auf, sich gegenüber der Bundesregierung für eine Klarstellung in Gesetzesform einzusetzen, durch die die vollständige Gebührenbefreiung für Führungszeugnisse für Ehrenamtliche definitiv festgeschrieben wird.