Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist, wie der Kollege Altmaier zu Recht gesagt hat, das Schlüsselland für das Gelingen der Energiewende, weil wir hier im Prinzip alles haben: Wir haben konventionelle Kraftwerke und führende Positionen
bei den Regenerativen in jeder Hinsicht. Wir sind aber auch mit all dem konfrontiert, was wir aus der Erzeugungsform der Kernenergie haben, also mit Kernkraftwerken und der Endlagerdebatte. In Niedersachsen ist alles präsent. Deshalb ist gerade Niedersachsen das Schlüsselland für das Gelingen der Energiewende. Hier werden wir exemplarisch zeigen können, wie die Energiewende gelingen kann, auch wenn es um das Zusammenspiel von Regenerativen mit Speichertechnologien und anderen Entwicklungen geht. Dabei zeigt sich, wie der Antwort auf die Große Anfrage zu entnehmen ist, dass wir gut unterwegs und auf bestem Wege sind, die Herausforderungen zu meistern, die sich in Niedersachsen stellen, und die Chancen für unser Land nutzen.
Wir haben nicht erst die Ereignisse von Fukushima gebraucht, um uns auf den Weg zu machen, sondern wir haben uns längst vorher auf den Weg gemacht. Bereits vorher haben wir die regenerativen Energien als Chance begriffen und in den Mittelpunkt unser Energiepolitik gestellt. Im Koalitionsvertrag von 2008 haben wir das Ziel aufgestellt, bis 2020 25 % des Endenergieverbrauchs in Niedersachsen aus regenerativen Quellen zu beziehen. Das umfasst also Wärme, Mobilität und Strom und ist insofern ein sehr ehrgeiziges Ziel. Wir sind auf einem gute Wege, dieses Ziel tatsächlich zu erreichen.
Wie wir das gerade auch im Hinblick auf die beschleunigte Energiewende erreichen wollen, haben wir mit unserem Energiekonzept unterlegt, das wir im Januar dieses Jahres vorgestellt haben. Darin haben wir deutlich gemacht, wie wir die Probleme angehen und die Chancen nutzen wollen, um am Ende eine verlässliche, bezahlbare klima- und umweltverträgliche Energieversorgung sicherzustellen.
Einen ersten Schwerpunkt stellt dabei die Windenergie dar. Niedersachsen ist das Windenergieland Nummer eins mit mehr als 7 000 MW installierter Leistung. Wir haben das Potenzial beschrieben, dass diese installierte Leistung in Niedersachsen bis 2020 durchaus verdoppelt werden kann, und zwar nicht nur durch reinen Zubau, der Akzeptanzprobleme und Diskussionen vor Ort mit sich bringt, sondern insbesondere durch Repowering und dadurch, dass man für neue Flächen die Höhenbegrenzungen abschafft sowie die Abstandsregelungen im Hinblick auf Naturschutzgebiete flexibilisiert und insofern neues Potenzial
erschließt, um der Windenergie in Niedersachsen den Raum einzuräumen, der tatsächlich realisiert werden kann.
Ein zweiter wesentlicher Punkt ist für uns der Ausbau der Offshoretechnologie und der Offshorewindenergie insgesamt. Die Landesregierung hat sich sehr frühzeitig für einen Masterplan Offshore eingesetzt. Die ersten Schritte zur Umsetzung erfolgen jetzt. Durch das Energiewirtschaftsgesetz, das derzeit beraten wird, kommt es zu einem Systemwechsel bei der Netzplanung. Wir haben die Haftungsregelung auf den Weg gebracht. Sie kennen die Diskussion um die Frage, wer eigentlich haftet, wenn Netze ausfallen. Die Regelung, die die Bundesregierung vorgeschlagen hat, ist in unserem Sinne und befindet sich jetzt in den parlamentarischen Beratungen in Berlin. Ich begrüße ausdrücklich, dass es hierzu einen parteiübergreifenden Konsens zwischen den norddeutschen Energieministern gibt, dass wir begreifen, dass diese Offshoretechnologie nicht nur eine Chance für Niedersachen, sondern eine Chance für die gesamte deutsche Küste ist und dass wir das parteiübergreifend - SPD, Grüne, CDU und FDP - voranbringen.
Meine Damen und Herren, wir waren auch im Bereich der Biogasanlagen Ende 2011 mit 1 400 Anlagen führend. Das bringt allerdings auch eine intensive Diskussion im Lande mit sich, ob diese Entwicklung überhaupt zielführend und richtig ist. Sie kennen die Aussagen der Leopoldina, die auch auf die negativen Aspekte des intensiven Energiepflanzenanbaus, der durch den Biogasboom ausgelöst wurde, hinweist. Hier haben wir Probleme mit Pachtpreisen, Grundstückspreisen und Veränderungen landwirtschaftlicher Strukturen, und wir haben Probleme beim Trinkwasser. Aber, meine Damen und Herren, wir haben uns dieser Probleme erfolgreich angenommen,
indem wir im Konzert mit dem Bund mit der EEGNovelle zum 1. Januar 2012 umgesteuert haben. Wenn Sie sich die Zahlen beim Zubau von Biogasanlagen anschauen, dann sehen Sie, dass diese Novelle greift. Der Zubau nimmt ab und verlangsamt sich. Damit werden die bestehenden Probleme zumindest nicht verschärft. Gleichwohl müssen wir uns natürlich auch der bestehenden Probleme annehmen. Wir müssen darauf drängen, dass unterschiedliche Pflanzen als Energiepflanzen zum Einsatz kommen. Erste Ansätze sind gemacht.
Dies werden wir auch weiter mit der Landwirtschaft intensiv verfolgen, um die Akzeptanz in der Fläche zu erhöhen.
Meine Damen und Herren, auch beim Solarstrom haben wir unseren Anteil. Auch da bin ich froh, dass es nach heftigem Ringen endlich gelungen ist, umzusteuern. Die Diskussion über die Photovoltaik hat eindrucksvoll gezeigt, warum das EEG so nicht funktionieren kann.
Der Staat kann nicht Vergütungssätze festlegen, die am Ende lobbyistischen Kräften preisgegeben werden. Bei der Photovoltaik ist es gelungen, umzusteuern und zu einer deutlichen Absenkung der Vergütung zu kommen. Denn es ist auf Dauer nicht hinnehmbar, ineffiziente Technologien zu fördern. Das Geld, das wir den Bürgerinnen und Bürgern nehmen, jeder Cent, muss so effizient wie möglich eingesetzt werden. Das war bei der Photovoltaik nicht der Fall. Deshalb war es wichtig, hier umzusteuern, um die Energiepreise bezahlbar zu halten.
Meine Damen und Herren, das sind die Dinge, die wir im Energiekonzept der Landesregierung dargestellt haben und die in der Antwort auf die Große Anfrage noch einmal deutlich werden, nämlich wo wir stehen und wohin wir gehen wollen.
Ich möchte auch zu anderen Bereichen - nicht nur zum Ausbau der Erneuerbaren Energien - noch etwas sagen. Ein wesentlicher Punkt für das Gelingen der Energiewende ist auch, dass es gelingt, den Energiebedarf im Gebäudesektor zu senken. Rund 40 % des Gesamtenergiebedarfs fließen in den Gebäudebereich. Darin liegt ein erhebliches Potenzial, gerade was die Modernisierung und die energetische Sanierung von Altbauten im Privateigentum angeht.
Deshalb verstehe ich nach wie vor nicht, dass die A-Länder, also die SPD-geführten Länder, die Initiative der Bundesregierung blockieren, zu einer steuerlichen Absetzbarkeit dieser energischen Sanierungsmaßnahmen zu kommen. Das wäre nicht nur ein Konjunkturprogramm für das Handwerk, sondern dies würde die Energiewende tatsächlich den entscheidenden Schritt voranbringen. Aber da blockiert die SPD weiter. Deshalb rufe ich Sie, meine Damen und Herren von der SPD, dazu auf, dass Sie sich einen Ruck geben und endlich diesen entscheidenden Schritt gehen. Zeigen Sie endlich, dass Sie es mit der Energiewende ernst meinen! Blockieren Sie sie nicht weiter!
Die Niedersächsische Landesregierung hat wiederholt deutlich gemacht, dass sie bereit ist, ihren Anteil zu leisten. Sie ist weiterhin der Auffassung, dass die Mehreinnahmen, die durch diese Investitionen ausgelöst werden und die durch die Mehrwertsteuer kommen, zumindest zu einer gewissen, wenn nicht sogar vollständigen Kompensation der Steuerausfälle führen.
Meine Damen und Herren, Niedersachsen ist auch für neue Kraftwerkstandorte und neue Kraftwerke offen. Sie kennen die Diskussion über die konventionellen Kapazitäten, die nötig sind, um die Energieversorgung sicher zu gestalten. Die Landesregierung ist weiterhin offen für Kraftwerksinvestitionen in Niedersachsen. Ich sage ganz deutlich: Wir maßen uns nicht an - anders als andere Landesregierungen -, hier Technologieentscheidungen zu treffen. Uns sind sowohl Gas- als auch Kohlekraftwerke willkommen.
Denn wir brauchen sie. Über die Technologie entscheidet nicht die Politik, sondern darüber entscheiden die Investoren, die solche Anlagen bauen. Wenn das Argument genannt wird, dies sei unter CO2-Gesichtspunkten und hinsichtlich der Klimaschutzziele nicht zielführend, dann haben Sie den europäischen Emissionshandel nicht verstanden.
(Beifall bei der CDU - Björn Thümler [CDU]: So ist es! - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Funktioniert denn das alles beim Emissionshandel gut, Herr Birkner?)
- Herr Wenzel, der Emissionshandel funktioniert hervorragend; denn die Menge, die vorgegeben wird, wird eingehalten. Dies ist ein Mengensteuerungselement. Diese Menge wird - genau so, wie dies auf europäischer Ebene vorgesehen ist - eingehalten. Daran ändern leider auch die für Sie offensichtlich bedauerlich niedrigen Preise nichts; denn die Menge ist so wie vorgegeben eingehalten worden. Es kommt eben nicht darauf an, dass man sich anmaßt, auf einer Landesebene Technologieentscheidungen zu treffen. Vielmehr muss man die Instrumente, die man auf den Weg gebracht hat, einmal wirken lassen, um zu effizienten Lösungen zu kommen.
Auch die Stromnetze werden uns in den nächsten Wochen, Monaten und Jahren intensiv beschäftigen. Wir brauchen sie auf Höchstspannungsebene. Wir brauchen sie auf der Verteilnetzebene. Auch diese Diskussion haben wir hier schon geführt.
Wir setzen uns weiter dafür ein, beim Stromnetzausbau in Niedersachsen die niedersächsischen Interessen zu wahren. Wir werden weiterhin dafür kämpfen, dass es zu Teilerdverkabelungen kommt, die die Akzeptanz steigern und die möglichst schnell realisiert werden können. In diesem Zusammenhang werden wir Niedersachsens Interessen weiter wahren.
Natürlich werden wir uns auch mit dem, was im Netzentwicklungsplan vorgegeben ist, intensiv auseinandersetzen; denn am Ende wird es so sein: Ohne einen konsequenten Ausbau der Verteilnetze, aber auch der Übertragungsnetze wird die Energiewende nicht gelingen können, und auch die Chancen, die mit Offshore verbunden sind, werden wir nicht nutzen können.
Schließlich, meine Damen und Herren, spielt die Energieforschung für uns eine zentrale Rolle. Auch hier haben wir frühzeitig die Zeichen der Zeit erkannt und mit dem Energie-Forschungszentrum eine Institution aufgebaut, die die wissenschaftliche Kompetenz bündeln und den Kristallisationskern für wissenschaftliche Forschung in diesem Bereich darstellen kann.
Wir haben die Speichertechnologie mit einer Landesinitiative aufgegriffen und sie auch etabliert, um die Herausforderungen im bundes- und europapolitischen Kontext bewältigen zu können.
Meine Damen und Herren, die größte Herausforderung, die die Energiewende mit sich bringt, ist das gesamte Thema Akzeptanz. Die Akzeptanz im ländlichen Raum wird meines Erachtens am Ende über den Erfolg der Energiewende entscheiden. Die Energiewende findet nicht in den Städten statt - natürlich auch dort -, sondern in erster Linie im ländlichen Raum. Dort stehen die Biogasanlagen. Dort werden die Leitungstrassen gebaut. Dort werden Grund und Boden in Anspruch genommen, insbesondere im landwirtschaftlichen Bereich. Deshalb wird es darauf ankommen, dass wir dafür sorgen, dort die Akzeptanz zu erhalten, indem wir vor Ort präsent sind, und zwar auch als Landesregierung, so wie wir das machen, wenn Leitungsbaumaßnahmen anstehen.
Halten wir uns einmal diesen Oktober vor Augen: Am 15. Oktober wird die neue EEG-Umlage bekannt gegeben. Auch unter diesem Gesichtspunkt wird die Akzeptanz sehr strapaziert werden. Ich sage Ihnen voraus: Die Energiewende wird scheitern, wenn es nicht gelingt, die Kosten nachvollziehbar im Griff zu behalten.
Da führt es überhaupt nicht weiter, wenn seitens der Grünen und anderer die energieintensive Industrie als Schuldige für das Ansteigen der EEGUmlage ausgemacht wird. Sie werden sich einer offenen Diskussion über die Zukunft der Förderung erneuerbarer Energien stellen müssen.
Sonst wären Sie nämlich zu Recht den Vorwürfen ausgesetzt: Sie wollen eine Deindustrialisierung Deutschlands. Sie sind nicht bereit, die Arbeitsplätze in Deutschland zu erhalten. Sie wollen damit das aufs Spiel setzen, was uns am Ende durch die Wirtschaftskrise gebracht hat, nämlich unser industrielles Rückgrat.
Dabei geht es nicht darum, dass man irgendwem die Taschen vollstopfen will, sondern es geht ganz konkret darum, Arbeitsplätze zu sichern, Wertschöpfung im Land zu halten und dass Niedersachsen davon profitiert.
Deshalb werden Sie - vielleicht nicht dieses Jahr; vielleicht haben Sie jetzt noch nicht den Mut - spätestens im nächsten Jahr nicht darum herumkommen, eine offene Diskussion über die Zukunft der Förderung der erneuerbaren Energien zu führen. Da wird ein planwirtschaftliches Instrument wie das Erneuerbare-Energien-Gesetz keine Option mehr sein, weil es ineffizient ist, zu Überförderungen führt und zu unflexibel ist, um darauf entsprechend zu reagieren. Deshalb wird es zu einem Modell kommen müssen, bei dem wir mehr Markt brauchen. Wir müssen raus aus der Planwirtschaft und in den Markt, und zwar zur Selbstregulierung, damit am Ende die effizientesten Lösungen durchkommen.
Das Ziel dieser Landesregierung ist und bleibt: Wir wollen jeden Cent, den wir den Bürgerinnen und Bürgern nehmen - sei es über eine Umlage oder über eine Steuer -, so effizient wie möglich einsetzen. Das leistet das bisherige EEG nicht. Deshalb braucht es hier dringend einer Überarbeitung. Wir
werden uns in diesen Prozess, der insbesondere auch von Bundesminister Rösler angestoßen worden ist, konstruktiv einbringen.
Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, möchte ich zur Vorbereitung der Rednerinnen und Redner zu den Tagesordnungspunkten 24 und 25 darauf hinweisen, dass die Debatte hierzu - dies wurde unter den Parlamentarischen Geschäftsführern vereinbart - noch vor der Mittagspause stattfinden soll. Sie wird nach Tagesordnungspunkt 20 aufgerufen.