Sehr geehrter Herr Hagenah, Sie haben gerade erklärt, dass die Ahrensburger Liste eine Wunschliste der Ministerpräsidenten der norddeutschen Länder sei. Stimmen Sie mir darin zu, dass es sich hierbei nicht um eine Liste der Ministerpräsidenten der norddeutschen Länder handelt, sondern um eine in den Regierungen abgestimmte gemeinsame Liste der norddeutschen Länder, dass in der Zeit der Aufstellung und danach in einigen norddeutschen Ländern rot-grüne oder schwarz-grüne Koalitionen bestanden haben und dass auch grüne Minister, die für Verkehr zuständig waren, diese von Ihnen verteufelte Liste unterstützt und für gut befunden haben?
Herr Bode, Sie haben in einem Punkt außerordentlich recht: Es ist eine Wunschliste der Regierungen der norddeutschen Länder. Dadurch wird es aber leider nicht besser.
In der Addition wirkt diese Wunschliste auf den Bund wie vor Weihnachten die Wunschliste eines Kindes auf die Eltern, wenn da auch die zweite Seite noch ganz eng beschrieben ist. Man kann keine Priorität erkennen.
(Beifall bei den GRÜNEN - Jörg Bode [FDP]: Was ist mit den grünen Minis- tern und ehemaligen Ministern? - Zu- rufe von der CDU und von der FDP)
Selbst in der IHK ist das, was Sie, Herr Bode, für den neuen Bundesverkehrswegeplan vorgelegt haben, nur noch mit Kopfschütteln kommentiert worden. Die sagen: Wieso bringt denn die Regierung jetzt plötzlich noch zusätzliche Parallelautobahnen ins Spiel, wo doch schon die anderen, die jetzt geplant werden, in absehbarer Zeit keine Aussicht auf Finanzierung haben? Das macht es doch noch schwieriger, irgendetwas für Niedersachsen durchzusetzen. - Das sollte Ihnen eine ernste Warnung sein.
Grüne und SPD legen Ihnen mit den Anträgen, die heute hier eingebracht werden, ein Gegenkonzept zu Ihrem Wolkenkuckucksheim vor. Wir berücksichtigen nämlich den demografischen Wandel, von dem Sie scheinbar nur gehört haben - in Ihren Zahlen drückt er sich nicht aus -,
und die Notwendigkeit, die jeweils effektivste Problemlösung auszuwählen, z. B. beim weiter wachsenden Hafenhinterlandverkehr. Wir stellen uns auch der Schuldenbremse und dem Klimawandel, was Sie immer tunlichst vermeiden, Frau König.
Ihre bisherigen Verkehrsprognosen, Herr Bode, als schlichte Verlängerungen des Vergangenen gehen nämlich längst schon nicht mehr auf.
Wir müssen zukünftig viel stärker den immer wieder sprunghaft ansteigenden Ölpreis und die immer strikteren Klimaschutzvorgaben berücksichtigen.
Die in Ihren Vorschlägen, Herr Minister Bode, angelegte erneute Überzeichnung des Bundesverkehrswegeplans macht ihn zu einer politischen Wunschliste, die wir uns in dieser Welt nicht mehr leisten können. Sie sind politisch einfach im vergangenen Jahrhundert hängen geblieben.
Nach internationalen Vergleichsstudien ist Deutschland in Bezug auf seine Infrastruktur weltweit führend. Nur der nicht mit unseren Verhältnissen vergleichbare Staat Singapur liegt noch vor uns, Frau König. Vielleicht sollten Sie sich damit auch mal beschäftigen.
Der Erhalt des Substanzwertes wurde aber von dieser Regierung in den vergangenen Jahren sträflich vernachlässigt, um möglichst viele Neubaukilometer planen zu können - ein fahrlässiger und kurzsichtiger Ansatz.
Es geht heutzutage um die Frage, wie wir mit den geringen vorhandenen Mitteln die insbesondere für den noch wachsenden Güterverkehr im Hafenhinterland notwendigen zusätzlichen Kapazitäten schaffen können. Darauf fehlt Ihnen die Antwort.
Deshalb muss die Priorität klar die Auflösung vorhandener Knotenprobleme und Engstellen bei den umweltverträglichsten Güterverkehrswegen - Schiene und Binnenwasserstraße - sein.
Ausgebaut werden muss auch die Intermodalität, der effektive Übergang zwischen den Verkehrsträgern, um den Ferntransport auf Schiene und Wasserstraße schnell und günstig auf die regionale Feinverteilung umladen zu können. Auch dazu gibt es von Ihrer Seite viel zu wenige Vorschläge.
Alle anderen Neubauwünsche müssen dahinter zurücktreten. Wir brauchen, wie von uns und der SPD gefordert, eine kritische Überprüfung all dieser Ideen und Planungen im Hinblick auf deren nachhaltigen Nutzen. Um diese ehrliche Priorisierung haben sich nämlich CDU und FDP in den vergangenen Jahren sträflich gedrückt. Sie verstärken so die Verkehrsprobleme durch Fortsetzung der Planung nach Gutsherrenart. Ausbau- und Neubauzusagen nach wahltaktischer Opportunität sind das Gegenteil von effektivem und transparentem Mitteleinsatz.
Nachdem jetzt auch Ihnen dämmert, Herr Bode und Herr Thümler, dass Sie mit Ihren unrealistischen Wunschlisten ein Glaubwürdigkeitsproblem haben, öffnen Sie Ihre Wundertüte mit neuen Finanzierungsquellen.
- Ja. Der eine, nämlich Sie, Herr Bode, setzt auf die Umgehung des Neuverschuldungsverbotes mit PPP-Finanzierungen - das haben Sie heute Morgen ja für den Verkehrsbereich klar zu erkennen gegeben -, und der andere, Herr Thümler, holt die Pkw-Maut aus dem Giftschrank, um zusätzliches Spielgeld für Wahlversprechen vorzutäuschen. Darauf fallen die Menschen in unserem Land nicht mehr herein; da bin ich sicher.
Die realistischen Zukunftskonzepte für Niedersachsens Verkehrspolitik haben Ihnen Grüne und SPD heute auf den Tisch gelegt.
Herr Thümler, Herr Ministerpräsident McAllister, Sie sollten bei den Vorbereitungen zum Bundesverkehrswegeplan in Niedersachsen das Gleiche machen, was Sie sinnvollerweise schon bei der EU-Förderung gemacht haben. Die haben Sie nämlich bis nach der Wahl auf Eis gelegt. Machen Sie das bei den Vorbereitungen zum Bundesverkehrswegeplan auch. Alles, was Sie jetzt tun, ist sowieso vergebliche Liebesmüh. Das wird ab dem 20. Januar neu gedacht.
Danke schön. - Für die SPD-Fraktion spricht zu diesem Tagesordnungspunkt noch einmal Herr Kollege Will. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu den Einlassungen von Herrn Heineking will ich jetzt nichts sagen. Aber Frau König, Ihre HardcoreRede gegen die Schiene heute war wirklich spitze.
Ihrer Fraktion war dieses Thema so wichtig, dass nur Herr Professor Zielke im Raum war; und Herr Hoppenbrock musste den ideellen Gesamtklatscher machen. Ich finde, bei so einem zentralen Thema gehört man hier ins Parlament.
(Heiterkeit und Zustimmung bei der SPD und bei den GRÜNEN - Jens Nacke [CDU]: Und von der SPD sind alle da? Ich schätze mal, das ist ein Drittel von Ihrer Fraktion! - Gegenruf von Detlef Tanke [SPD]: Aber „ideeller Gesamtklatscher“ war gut! - Gegenruf von Jens Nacke [CDU]: Nein, das war überhaupt nicht gut!)
Meine Damen und Herren, ich will etwas zu den drei Anträgen sagen, zu denen wir heute die erste Beratung durchführen. Wie sieht die Zukunft der Regionalisierungsmittel für Niedersachsen aus? - Bei den anstehenden Verhandlungen agiert der zuständige Minister viel zu zaghaft. Das sagen nicht nur wir, sondern auch viele betroffene Verbände und Institutionen des Verkehrsgewerbes.
Wegen Ihrer schlechten Verhandlungsstrategie stehen Sie auf Bundesebene ziemlich isoliert da. Andere Bundesländer haben mehr Strecken saniert, mehr stillgelegte Strecken wieder in Betrieb genommen - übrigens auch CDU-regierte Bundesländer; ihren Anteil bei den Regionalisierungsmitteln werden sie natürlich verteidigen. Das ist nachvollziehbar. Niedersachsen hat dagegen in erster Linie in Fahrleistungen investiert, die es nun im Verteilungskampf bei den Revisionsverhandlungen auf Bundesebene zu verteidigen gilt. Dazu zählt z. B. auch die gegenseitige Unterstützung der Bundesländer, die vergleichbare Strukturen haben. Ich denke dabei auch an Schleswig-Holstein. Im Ländervergleich werden insbesondere Niedersachsen und Schleswig-Holstein bei der Verteilung der Regionalisierungsmittel bezogen auf Fläche und Bevölkerungsanteil benachteiligt.
Ziel muss es bleiben, mehr Menschen zum Umstieg auf Bus und Bahn zu bewegen. Das erreichen wir durch weitere Verbesserung der Verkehrsqualität und stärkere Kundenorientierung. Das erreichen wir auch durch eine stärkere Vernetzung der Mobilitätssysteme, z. B. den weiteren Ausbau des Niedersachsentickets und telematisch gestützter Informationssysteme. Fahrplan- und Istzeitinformationen sind für die zukünftigen Kunden des ÖPNV immer wichtiger. Diese Dienstleistungen gilt es auszubauen, um die Verkehrssysteme noch attraktiver zu machen.
Meine Damen und Herren, Grundvoraussetzung bleibt: Die Regionalisierungsmittel für Niedersachsen in Höhe von 617 Millionen Euro müssen über die geplante Laufzeit bis 2019 abgesichert werden,
damit die zuständigen Regionen in Niedersachsen Planungssicherheit behalten und z. B. langfristige Verkehrsverträge vereinbart werden können.
Bereits heute wird deutlich, dass alle Landesteile Niedersachsens betroffen sind und der Erfolg der Verhandlungen über die zukünftige Mobilitätssicherung der Menschen entscheidet. Wir müssen gegenüber dem Bund für eine Gleichbehandlung mit den anderen Bundesländern eintreten und verhindern, dass die Mittel in Niedersachsen aufgrund von Kürzungen zugunsten anderer Bundesländer umverteilt werden. Wenn das gelingt, kann der leider noch unterdurchschnittliche Anteil am Eisenbahnverkehr in Niedersachsen durch Taktverdichtungen und gezielte Reaktivierungsmaßnahmen gesteigert werden.
Meine Damen und Herren, einige grundsätzliche Anmerkungen zur Verkehrspolitik in Niedersachsen: Mit Blick auf die Ankündigung des Ministerpräsidenten, die A 2 müsse nun schnell achtspurig ausgebaut werden, und die Vorlage des Verkehrsministers vom 27. Juli, in der ein Wunschkonzert des Ausbaus einer straßenfixierten Infrastruktur formuliert ist, müssen wir feststellen: In der Praxis hat diese Landesregierung eine sehr bescheidene Leistungs- und Umsetzungsbilanz.
Meine Damen und Herren, weil es hier angesprochen worden ist: Bei der Y-Trasse werden immer noch das Ob und das Wie untersucht. Vorhandene Bahnstrecken werden nicht entschlossen saniert, um z. B. kurzfristig Hafenhinterlandverkehre aufnehmen zu können. Es gibt nur allgemeine Bekenntnisse zum Schiffshebewerk in Scharnebeck bei gleichzeitiger nunmehr geplanter Rückstufung von Binnenwasserstraßen wie z. B. des Küstenkanals. An der A 20 wird bisher nur geplant. Kein Meter wurde in den letzten zehn Jahren in Niedersachsen gebaut.