Das, was wir morgen hören werden, möchten wir in die weitere Antragsberatung einfließen lassen. Unser Ziel ist: mehr Sicherheit für unsere Küsten und mehr Sicherheit für unsere Seeleute; das ist ganz wichtig. Dies erreichen wir nur über verbindliche internationale Regeln für den Umgang mit solchen Situationen.
In der Beratung werden also viele Fragen zu klären sein. Ich würde wirklich daran appellieren, heute nicht sofort über die Anträge abzustimmen, sondern zu versuchen, eine gemeinsam getragene Beschlussempfehlung zu erreichen. Vielleicht
schaffen wir das ja doch noch. Ich halte das für möglich, aber vielleicht fehlt auch ein bisschen der gute Wille auf Ihrer Seite. Wir als SPD-Fraktion sind auf jeden Fall dazu bereit.
Zu dem Beitrag von Herrn Krogmann hat sich Herr Hiebing zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich erteile Ihnen das Wort für anderthalb Minuten. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich glaube, in einem Punkt besteht eine Meinungsverschiedenheit zwischen uns, und zwar in der Frage, wie der Ablauf seinerzeit war. Der Vertreter der Reederei, der in der Sitzung des Häfenausschusses anwesend gewesen ist, hat gesagt, die Reederei habe nach der Havarie nacheinander die Behörden verschiedener Länder - u. a. die britischen, die französischen und die holländischen - angerufen und um Hilfe gebeten. Diese Hilfe ist verwehrt worden. Denn die jeweiligen Behörden haben gesagt: Das Unglück ist nicht in unseren Hoheitsgewässern passiert. - Ich habe vorhin versucht, das zu erklären. Genau hierin besteht die Regelungslücke im europäischen Recht. Es ist nicht klar genug geregelt, dass in jedem Fall der nächste Nothafen angesteuert werden kann.
Der zweite Punkt ist: Die Bundesregierung ist sofort tätig geworden, als man sie um Hilfe gebeten hat. Das ist im Ausschuss deutlich gesagt worden, Herr Kollege Krogmann. Die Reederei hat erst die anderen Länder um Hilfe gebeten, weil sie viel näher lagen. Als das nicht funktioniert hat, hat die deutsche Regierung sofort gehandelt. Das ist im Unterausschuss auch deutlich gesagt worden.
problem, weil man sich das Protokoll der Sitzung nicht genau angesehen hat. Herr Möller hat ganz klar gesagt, dass er vom Bundesverkehrsminister enttäuscht gewesen ist. Ich meine, das Wort „enttäuscht“ fiel sogar. Den zeitlichen Ablauf, lieber Kollege Bernd-Carsten Hiebing, haben Sie in der Tat richtig wiedergegeben. Aber Sie haben in Ihren Darstellungen den Teil ausgespart, in dem sich Herr Möller kritisch gegenüber dem Bundesministerium geäußert hat. Das muss ich hier leider so festhalten. Ich denke, wenn wir wirklich alles aufarbeiten und analysieren wollen, dann muss alles auf den Tisch, und es darf nicht nur das auf den Tisch, was Ihnen gerade passt.
Zu Wort gemeldet hat sich jetzt Frau Twesten für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Frau Twesten, Sie haben das Wort. Bitte!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Hiebing hat mit einem Dank an das Havariekommando geendet, ich fange damit an. Ich möchte unseren herzlichsten Dank für den Einsatz und die zielgerichtete Arbeit des Teams um Herrn Monsees im Fall Flaminia zum Ausdruck bringen. Sie haben mit größter Sorgfalt und Umsicht agiert und werden sicherlich auch weiter so agieren.
Angesichts der mit dem Unglück verbundenen Ängste und Gefahren der zurückliegenden Wochen erwarten wir ab jetzt, dass die Landesregierung den Landtag regelmäßig und zeitnah über den Fortgang der Entladearbeiten und alle möglicherweise noch auftretenden Probleme unterrichtet.
Doch lassen Sie mich zunächst auf die Entstehungsgeschichte dieser beiden Anträge eingehen. Wir bedauern, dass die Regierungsfraktionen unser Angebot für einen fraktionsübergreifenden Antrag nicht angenommen haben. Es ist kein guter politischer Stil, wenn sich CDU und FDP schlicht zwei Tage lang nicht zurückmelden, sich nicht zu dem Entwurf für einen gemeinsamen Antrag äußern, um dann einen eigenen Antrag vorzulegen und uns auch noch über die Presse einzuladen, diesen Antrag mit zu unterschreiben.
Der Anlass, die Bewältigung eines schweren Seeunfalls, verdient einen deutlichen und gemeinsamen Auftritt, einen anderen Umgang im Bewusstsein der Verantwortung für alle in den vergangenen Wochen Beteiligten und gebietet eine pragmatische und vor allem an der Sache orientierte Auseinandersetzung abseits allen parteipolitischen Geplänkels.
Meine Damen und Herren, alle Beteiligten und auch die Beobachter der Vorgänge um die havarierte Flaminia sind sich einig, dass die europäischen Regelungen für Seeunfälle in diesem Fall völlig unzureichend waren. Die von allen europäischen Meeresanrainerstaaten gemachten Zusagen zur Zusammenarbeit bei Schiffsunglücken sind Makulatur. Die nach schweren Schiffshavarien der Vergangenheit beschlossene europäische Gesetzgebung Erika I, II und III mit dem eigentlichen Ziel, die Sicherheit im Seeverkehr zu erhöhen und Schadenslagen wirksam zu bewältigen, hat sich als nicht ausreichend erwiesen.
Die havarierte Flaminia bei schwerem Seegang als Geisterschiff in internationalen Gewässern hin und her zu schleppen und darauf zu warten, dass sich das Problem durch den Untergang des Frachters quasi von alleine löst, ist ein absolut inakzeptables Vorgehen. Es ist offensichtlich, dass die EU-Regelungen eben diesen Zustand möglich gemacht haben.
Die in Rede stehende EG-Richtlinie lässt den Küstenstaaten so viel Spielraum, dass es möglich ist, aus politischen Gründen die Aufnahme eines havarierten Frachters zu verweigern. Das, meine Damen und Herren, wollen und werden wir nicht hinnehmen.
Für den Worst Case sind wir gut gerüstet. Wir haben die notwendige Ausrüstung angeschafft, um die Folgen eines Unfalls für unsere Küstenmeere so abzufedern, dass die Schäden - ich sage einmal - überschaubar bleiben.
Nach dem Pallas-Unglück haben wir uns darauf konzentriert, unsere Küsten vor den Folgen von Chemie- und Ölunfällen zu schützen.
Im Fall Flaminia ist jedoch offensichtlich, dass hier nach der Devise „Unsere Küste muss sauber blei
ben“ gehandelt wurde. Aber was wurde eigentlich getan, um das Sinken eines Frachters, eine Verschmutzung des Ozeans weit draußen auf dem Meer zu verhindern? - Ich sage es nur ungern, aber angesichts von schwerem Seegang, vier Tiefdruckgebieten, die die Flaminia durchfahren musste, und 8 m hohem Wellengang haben die Beteiligten versagt. Der Kollege Krogmann ist eben schon sehr schön darauf eingegangen, über welch einen langen Zeitraum wir reden: 30 lange Tage sind vergangen, nachdem die Informationen von der NSB an die Bundesregierung gegangen sind. - Ich erspare es mir an dieser Stelle, das zu wiederholen.
Eines muss ich aber ansprechen: Die Lösung, die Flaminia in einem deutschen Hafen aufzunehmen, war auch eine politische Entscheidung, die sicherlich auch damit zu tun hat, dass die deutsche maritime Politik das Ausflaggen unserer Handelsschiffe rückgängig machen will und dass in Deutschland Fragen der Meeresverschmutzung besonders sensibel gehandhabt werden.
Ich möchte mit diesen Fragen zum Ausdruck bringen, dass Entscheidungen über den Umgang mit Havaristen
- ich komme gleich zum Schluss -, die sich in EUGewässern und nicht in den Küstengewässern eines EU-Landes befinden, nach sachlichen und fachlichen Kriterien getroffen werden müssen, die uns aber alle zusammen angehen.
(Elke Twesten [GRÜNE]: Ich muss noch etwas sagen, das gehört zum Verfahren, und zwar geht es dar- um - - -)
- Nein, das können wir nicht machen. Bitte, Frau Twesten, damit ist Schluss! Frau Twesten, das ist einfach zu viel. Sie haben Ihre Redezeit ja fast noch einmal in Anspruch genommen.
Ich rufe jetzt die nächste Rednerin auf, und zwar Frau Flauger für die Fraktion DIE LINKE. Sie haben das Wort, Frau Flauger.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Havarie der MSC Flaminia wirft ein Schlaglicht auf die Mängel in der EU-weiten Zusammenarbeit bei Schiffsunglücken in den Hoheitsgewässern der Mitgliedstaaten. Darüber sind wir uns in diesem Hause einig. Aber es gibt weitere, nicht weniger drängende Fragen, die leider zunehmend außer Acht geraten.
Das Ende der Irrfahrt der Flaminia darf nicht gleichzeitig das Ende der Diskussion über weiterhin strittige Fragen sein, z. B. nach der vollständigen Pack- und Ladeliste des Schiffs oder nach den Empfängern von in Europa teils verbotenen Chemikalien.