- Entschuldigung, ich habe doch gerade gesagt, dass wir bezahlen. Haben Sie nicht zugehört, Herr Adler, oder was?
Ich bin fest davon überzeugt, dass das Land eine Vereinbarung mit der Emder Ausbildungsgesellschaft erreichen wird. Das muss auch EU-rechtlich sauber sein; denn es darf nicht sein, dass das als ein Beihilfeverstoß gewertet wird, weil es ein Unternehmen in Schwierigkeiten ist. Das ist keine einfache Konstruktion; denn dann müsste das Geld von der Emder Ausbildungsgesellschaft zurückgezahlt werden, und sie würde alles alleine tragen. Das heißt, wir müssen einen rechtlich sauberen Weg finden.
Die ganz klare Aussage lautet: Wir wollen auf einem vernünftigen Weg mit der Emder Ausbildungsgesellschaft sicherstellen, dass sowohl im zweiten als auch im vierten Ausbildungsjahr weiter ausgebildet werden kann, und zwar bis Ende Dezember. Dann haben die einen ihre Prüfung gemacht, und im Hinblick auf die Ausbildung der anderen haben wir - so ist jedenfalls die Erwar
tungshaltung - dann einen Investor. Wir bereiten uns aber auch darauf vor, dass der Investor eventuell nicht alle Ausbildungsplätze übernimmt. Das heißt, dass wir uns jetzt schon einmal um ein Förderprojekt kümmern, damit wir im Januar startfähig sind, falls die Ausbildungsplätze nicht komplett durch den Investor übernommen werden. Das heißt, die Auszubildenden sollen ab dem 1. Januar durch eine Vermittlung an andere Ausbildungsunternehmen unterstützt werden, damit sie nicht in den luftleeren Raum fallen. Die Auszubildenden sind also in unserem besonderen Fokus und erfahren unsere Unterstützung.
(Hans-Dieter Haase [SPD]: Die erste Frage bezog sich darauf: Wie wollen Sie gegebenenfalls durch konkrete Landeshilfen sicherstellen, dass ab Montag die Produktion fortgeführt werden kann? Es gibt im Moment durchaus Probleme, die das in Zweifel stellen! Das hatten Sie wahrscheinlich vergessen!)
Herr Haase, wir haben es hier mit einem Unternehmen in Schwierigkeiten zu tun, für das nach EU-Recht direkte Beihilfen des Landes erst nach einem entsprechenden Beihilfeverfahren des Landes bei der Europäischen Kommission zulässig sind. Das gilt sowohl für Bürgschaften als auch natürlich für direkte Geldzahlungen. Das heißt, wir sind rechtlich gar nicht in der Lage, etwas Derartiges zu tun.
Wir tun aber von unserer Seite aus alles Mögliche, damit es weitergehen kann. Das habe ich vorhin schon gesagt, ist aber vielleicht nicht so deutlich geworden. Ein wesentlicher Grundstein dafür, dass es weitergehen kann, ist nicht die Frage der Liquidität, wenngleich auch sie wichtig ist; aber hierzu gibt es Erklärungen der Auftraggeber. Ein wesentlicher Grundstein ist die Frage, ob das Material verwendet werden kann.
Wir sind als ein Glied in dieser Kette beteiligt. Das heißt, wir müssten einer entsprechenden Vereinbarung zwischen SIAG Nordseewerke, Global Tech, Areva und NORD/LB sowie für den Fall, dass noch andere Lieferanten beteiligt sind, auch diesen als sozusagen nachrangigen Rückbürgen zustimmen.
Hierzu gibt es die ganz klare Aussage: Einer vernünftigen, pragmatischen Lösung werden wir als Land unsere Zustimmung nicht verweigern!
Mir liegt noch eine Wortmeldung vor. Sie kommt von Herrn Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen. Sie stellen Ihre Zusatzfrage. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! An der gleichen Stelle möchte ich gerne weitermachen. Ich frage die Landesregierung vor dem Hintergrund, dass sowohl der Investorenprozess als auch der Massekredit nur dann weiterhin eine Chance haben, wenn es eine Verständigung zwischen den Nordseewerken und Global Tech I zur Weiterarbeit gibt.
Diese Weiterarbeit scheint nur dann möglich zu sein, wenn Global Tech I einen deutlich höheren, in Insolvenzverfahren offensichtlich üblicherweise höheren Preis für die noch ausstehenden Leistungen zahlt. Dieser höhere Preis wird anscheinend in Insolvenzverfahren von solchen Unternehmen auch gezahlt, weil man anderenfalls erst viel später weitermachen könnte und man dann ebenfalls einen großen Verlust erleiden würde.
Diese Gespräche scheinen zu stocken; denn andernfalls wäre die Kuh vom Eis und würde irgendwie eine Chance für eine Weiterarbeit in der nächsten Woche bestehen.
Herr Bode hat vorhin gesagt, er hätte einmal mit Global Tech gesprochen. Ist die Landesregierung an diesen ganz wichtigen Grundlagengesprächen unterstützend an der Seite des Insolvenzverwalters und der Firmenleitung von Global Tech I - letztendlich sind da auch öffentliche Auftraggeber mit dabei -, um die Firma insgesamt zum Einlenken zu bewegen, damit die Chance zur Weiterarbeit besteht und alle anderen Pläne zur Unterstützung überhaupt noch eine Realisierungschance haben?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Hagenah, Ihre Ausführungen am Anfang kann ich bestätigen. Im Insolvenzfall hat der Auftraggeber für die Produktion einer Anlage natürlich ein Interesse daran, dass die Anlage weiter gebaut wird, weil ansonsten die Kosten höher sind, sodass er bereit ist, dafür andere Beträge zu zahlen, weil er anderenfalls weitergehende Nachteile hätte. Deshalb gibt es hierzu schon schriftliche Erklärungen, zwar nicht von allen, aber von den meisten Auftraggebern.
Ich habe nicht nur einmal mit Global Tech über Global Tech I gesprochen. Ich habe relativ häufig mit den unterschiedlichsten Ansprechpartnern bis hin zum maßgeblichen Gesellschafter über Global Tech gesprochen. Wir stehen auch auf Arbeitsebene in engem Kontakt mit Global Tech. Hier wird gesagt, dass wir eine gemeinsame Lösung mit allen Beteiligten und einen gemeinsamen Vertrag mit der NORD/LB, mit der Geschäftsführung, mit Global Tech und mit den anderen benötigen. Der Punkt ist, dass Sie mit allen anderen eine gemeinsame Erklärung abgeben wollen. Sie haben grundsätzlich Ihre Bereitschaft erklärt, diesen Weg zu gehen.
Als nächster Schritt ist es jetzt erforderlich, dass die Frage der Eigentumsrechte an dem Material geklärt wird. Es macht keinen Sinn, dass Vertreter der Landesregierung auf dem Gelände herumlaufen und gucken, welche Stahlplatte welche Kennzeichnung trägt etc. Das muss der Gläubiger, also die NORD/LB als Sicherungsverwalter, gemeinsam mit Global Tech und den anderen Lieferanten machen.
Wir haben nur gesagt, dass wir uns eine pragmatische Lösung wünschen. Das habe ich auch der NORD/LB gesagt. Ich habe hier ebenfalls erklärt: Einer pragmatischen, sinnvollen Lösung wird sich das Land nicht verweigern.
Es gibt keine weiteren Wortmeldungen mehr für Fragen zu Punkt 27 c. Damit erkläre ich die Behandlung der Dringlichen Anfrage der Fraktion DIE LINKE für erledigt.
Bevor ich den nächsten Punkt aufrufe, setze ich Sie davon in Kenntnis, dass sich die Parlamentarischen Geschäftsführer darauf geeinigt haben, jetzt
noch die Dringliche Anfrage unter Tagesordnungspunkt 27 d abzuarbeiten. Danach treten wir in eine einstündige Mittagspause ein. Anschließend wird die Tagesordnung mit den Punkten 28 und 29 fortgesetzt.
Was wären die Folgen der Abschaffung des Flächenfaktors? - Anfrage der Fraktion der CDU - Drs. 16/5366
Zur Einbringung hat sich Herr Carsten Hiebing gemeldet. Bitte schön, Herr Hiebing, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die dünn besiedelten Landkreise sind wegen ihrer großen Fläche vor Herausforderungen gestellt, die sie finanziell belasten. So haben sie höheren Aufwendungen für Straßen und Schülerbeförderung. Bereits in den 80er-Jahren führte die damalige CDU/FDP-Regierung im Gesetz über den Finanzausgleich einen Vorläufer des heutigen Flächenfaktors ein. Dieser wurde durch die rotgrüne Landesregierung 1992 allerdings wieder abgeschafft. Es gab damit keine besondere Unterstützung mehr für die dünn besiedelten Regionen Niedersachsens. Für die davon betroffenen Landkreise war dies eine Belastung, von der sich manche Kommunalhaushalte bis heute nicht erholen konnten.
2007 wurde gegen die Stimmen der SPD und der Grünen ein neues Gesetz über den Finanzausgleich beschlossen, in dem erneut der Flächenfaktor eingeführt wurde. Hiergegen klagten die Region Hannover und der Landkreis Schaumburg vor dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof. Die Klage wurde vom Staatsgerichtshof zurückgewiesen.
Im Regierungsprogramm der SPD wird ausgeführt, dass sie in einer möglichen Regierung die Einwohnerveredelung zugunsten der großen Städte und den Flächenfaktor ändern möchte.
Vor dem Hintergrund der bisherigen Geschichte des Flächenfaktors in Niedersachsen und der Tatsache, dass der Oberbürgermeister der Stadt Hannover Ministerpräsident und der Oberbürgermeister der Stadt Osnabrück Innenminister werden möchten, kann dies nach Expertenmeinung nur die Abschaffung des Flächenfaktors und den Ausbau der Einwohnerveredelung zugunsten der großen Städte bedeuten.
Die SPD hat entsprechenden Berichten in der Presse nicht widersprochen. Der Vorsitzende der hannoverschen SPD hat hingegen in einem Interview mit der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung am 20. Oktober 2012 ausgeführt, dass man in Zukunft genauer hinsehen müsse, wohin die Landesmittel flössen. Hannover als Landeshauptstadt müsse stärker berücksichtigt werden.
1. Wie würden die Mittel des kommunalen Finanzausgleichs verteilt werden, wenn der Flächenfaktor entfiele?
2. Wie hoch wären die zusätzlichen Einnahmen für die Region Hannover und die Städte Osnabrück und Braunschweig?
3. Wie bewertet die Landesregierung die Forderungen der SPD gerade auch im Hinblick auf die am stärksten betroffenen Landkreise?
(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Hans-Henning Adler [LINKE]: Das ist aber keine Fragestunde gegenüber der SPD! Vizepräsident Hans-Werner Schwarz: Herr Minister, Sie haben jetzt das Wort. Bitte sehr! Uwe Schünemann, Minister für Inneres und Sport: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der kommunale Finanzausgleich in Nie- dersachsen hat sich in seiner jetzigen Form be- währt. (Dr. Gabriele Andretta [SPD]: Die ei- nen sagen so, die anderen sagen so!)
(Heiterkeit und Beifall bei der CDU und bei der FDP - Lachen bei der SPD - Johanne Modder [SPD]: Sehr gut! Diese Erkenntnis ist der erste Schritt!)
Er fußt auf einem ausgeglichenen System verschiedener Parameter und berücksichtigt die unterschiedlichen Fakten: Einwohnerzahl, Fläche und Soziallasten. Insofern sorgt er für eine gleichmäßige Finanzausstattung bei unterschiedlichen Grundlagen und gibt damit sowohl dem ländlichen Raum als auch den städtischen Ballungsgebieten ausreichend Gestaltungsspielraum.
Der Flächenfaktor im kommunalen Finanzausgleich ist 1992 unter der Regierungsverantwortung von SPD und Grünen abgeschafft worden. Dies war seinerzeit eine Maßnahme, die die städtischen Ballungsgebiete einseitig bevorzugt und die weniger stark besiedelten und großflächigen Landkreise massiv benachteiligt hat.