Ich möchte zunächst einige Sätze zum BolognaProzess in Niedersachsen sagen. Liebe Frau Heinen-Kljajić, ich spreche Sie jetzt an. Ich lege gesteigerten Wert auf folgende Feststellung: Herr Staatssekretär Lange und ich arbeiten so exzellent zusammen, dass ich immer weiß, was er denkt und sagt und was er aufschreibt.
Umgekehrt gilt das genauso. Deshalb weiß ich auch, in welchem Zusammenhang dieses Zitat entstanden ist. Es gibt zurzeit im Zusammenhang mit Bologna die Debatte - insbesondere in Süddeutschland wird sie zurzeit massiv geführt -, dass
sechs Semester für den Bachelorabschluss nicht ausreichen. Es gibt auch wieder welche, die sagen, das Diplom-Niveau sei mit sechs Semestern nicht zu erreichen. Daraufhin hat Herr Lange gesagt: Erstens sind wir in Niedersachsen mit der Umstellung sehr weit. Zweitens gehört Niedersachsen zu den ganz wenigen Ländern in Deutschland, die von Anfang an gesagt haben: Wenn ihr, liebe Hochschulen, es für richtig erachtet, dann könnt ihr unter Umständen einen sieben- oder achtsemestrigen Bachelorstudiengang anbieten, um sozusagen den Qualifikationsanforderungen besser Rechnung zu tragen. Das wird bei uns in Niedersachsen auch gemacht.
Da sage ich jetzt auch zu Frau Andretta: Das ist etwas, was wir nach der Regierungsübernahme gemeinsam so vorangebracht haben. Es ist ja nicht so, dass bei uns plötzlich alle diese Idee gehabt hätten, sondern da hat Herr Oppermann schon vorgearbeitet. Ich glaube, damit liegen wir in Deutschland sehr gut; denn ich sage einmal voraus, dass die sieben-, achtsemestrigen Bachelorstudiengänge in wenigen Jahren deutschlandweit die Regel sein werden.
Dann noch eine Bemerkung, Frau Heinen-Kljajić, zur Betreuungsrelation. Auch Sie wissen - das habe ich Ihnen schon wiederholt gesagt -, dass wir bei der Betreuungsrelation die CNW der Diplomstudiengänge auf die Bachelorstudiengänge übertragen haben. Das heißt, das, was vorher für acht oder neun Semester Regelstudienzeit galt, gilt jetzt bei uns für sechs Semester oder da, wo es einen sieben- oder achtsemestrigen Bachelorstudiengang gibt, ebenso.
Mit anderen Worten: Die Betreuungsrelation ist auf diesem Wege in Niedersachsen im Vergleich zu allen anderen Ländern besser geworden. Die Länder - da kann ich den Wissenschaftsrat zitieren; ich weiß, das wollen Sie nicht so gerne hören -, die Studienbeiträge eingeführt haben, haben diese Studienbeiträge auch dazu verwendet, die Bedingungen an den Hochschulen so zu verbessern, dass wir jetzt schon sagen können, dass die Anforderungen des Wissenschaftsrates von einem Land wie Niedersachsen in der Kombination Studienbeiträge und CNW so gut wie erfüllt werden. Darauf sind wir sehr stolz.
Es ist keine Frage: Es gibt nach zehn Jahren Bologna-Prozess an der einen oder anderen Stelle Reformbedarf. Ich finde, wir sollten jetzt in aller Ruhe auf KMK-Ebene und auch hier im Parlament darüber diskutieren, an welchen Stellschrauben wir nachjustieren müssen, um zu einer verbesserten Situation zu gelangen. Darin bin ich, lieber Wolfgang Wulf, total offen. Lassen Sie uns diese Diskussion führen! Ich würde mich darauf freuen.
Danke schön, Herr Minister. - Die Fraktion DIE LINKE hat nach § 71 Abs. 3 um zusätzliche Redezeit gebeten. Herr Kollege Adler, Sie haben für anderthalb Minuten das Wort.
Sie tun so, als seien der Bologna-Prozess und die Einteilung in Master und Bachelor ein Fortschritt an sich. Ich weiß noch gar nicht, ob ich das so beurteilen muss; denn für bestimmte Bereiche, wie z. B. das Juristenstudium oder für das Lehramtstudium, bei denen es um ein Staatsexamen geht, weiß ich gar nicht, was die Einteilung bezwecken soll.
Ich will Ihnen ein Beispiel nennen. Nehmen wir das Beispiel Informatik. Da ist es doch durchaus so, dass jemand, der einen Bachelorabschluss hat, schon heute gute Aussichten hat, mit diesem Abschluss in das Berufsleben einzusteigen; teilweise werden die Leute an den Universitäten regelrecht abgeworben. Warum soll so jemand noch seinen Master machen? Es ist doch überhaupt nicht zwingend, dass jemand, der einen Bachelorabschluss hat, den Wunsch hat, einen Masterabschluss zu machen. Wenn es aber so kommt, wie Sie es geplant haben, also dass man den Master nicht automatisch machen darf, verbirgt sich dahinter nur die alte reaktionäre Idee der Kurzstudiengänge, die wir während unserer Studentenzeit, als ich schon politisch aktiv war, immer bekämpft haben.
Es wird empfohlen, den Antrag zur federführenden Beratung an den Ausschuss für Wissenschaft und Kultur zu überweisen, mitberatend soll der Ausschuss für Rechts- und Verfassungsfragen tätig sein. Sehe ich Widerspruch, höre ich Widerspruch? - Das ist nicht der Fall. Gibt es Enthaltungen? - Dann haben wir so beschlossen.
Besprechung: Zustand und Zukunft des Bahnverkehrs in Niedersachsen - Große Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/214 - Antwort der Landesregierung - Drs. 16/422 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/460 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP - Drs. 16/461
Zweite Beratung: Zukunft der Bahn und der Bahnindustrie für die Menschen sichern - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/286 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr - Drs. 16/397 - Änderungsantrag der Fraktion der SPD, der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/460 - Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Fraktion der FDP - Drs. 16/461
Die Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr in der Drucksache 16/397 lautet auf Ablehnung. Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.
Wir kommen zur Besprechung der Großen Anfrage und zur Beratung des Antrages. Nach § 45 Abs. 5 unserer Geschäftsordnung wird zu Beginn der Besprechung einer Großen Anfrage der Fragestellerin oder einem der Fragesteller das Wort erteilt. Alsdann erhält es die Landesregierung.
Für die Fraktion der Grünen, die die Anfrage in der Drucksache 16/214 gestellt hat, liegt mir eine Wortmeldung des Abgeordneten Hagenah von der Fraktion der Grünen vor. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Anfrage hat sich gelohnt. Ich möchte mich für die Fraktion wegen der sicherlich umfangreichen Arbeit zunächst bei den Bearbeiterinnen und Bearbeitern in der Landesverwaltung bedanken.
Ihre Arbeit ist für uns alle hier wertvoll, weil dadurch dringend zu beseitigende Missstände im niedersächsischen Schienenverkehr offenbar wurden und wichtige Informationen für die Verbesserung des Nahverkehrs und für die Diskussion um die Hafenhinterlandanbindung öffentlich wurden.
Die Anfrage hat sich gelohnt, obwohl - das muss ich leider auch sagen - eine bedenkliche Menge an Fragen nicht beantwortet wurde.
Insgesamt wurden 17 Fragen über Streckenauslastungen, Potenziale, Kapazitätseinschränkungen und Sanierungsbedarf nicht beantwortet, weil der Landesregierung dazu keine Informationen vorlagen. Der Informationsmangel basiert aus meiner Sicht auf einem überzogenen Wettbewerbsdenken der DB AG und einer offensichtlich unterentwickelten Aufgabenwahrnehmung durch die Landesregierung, die sich zudem häufig in ihren Antworten unkritisch die Sicht der DB AG zu eigen macht.
Die Zahl der unbeantworteten Fragen enttäuscht uns besonders deshalb, Herr Bode, weil sich z. B. in einem Netzzustandsbericht für die Länder Berlin und Brandenburg aus dem Jahr 2007 auf viele der seitens der Niedersächsischen Landesregierung unbeantwortet gebliebenen Fragen sehr differenzierte Angaben für den dortigen Netzbetrieb befinden. Es geht also, wenn man entsprechend nachhakt. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich Kritik äußern wegen der verweigerten Antworten der DB AG, aber auch gegenüber der Landesregierung, die offenbar nicht genügend insistiert hat, obwohl wir als Besteller des Nahverkehrs einer der Hauptfinanzierer des DB Niedersachsennetzes sind.
Die fehlenden Informationen hätten uns in den nächsten Monaten und Jahren bei politischen Richtungsentscheidungen und der überzeugenden Formulierung von Forderungen an die DB AG und den Bund sehr nützlich sein können. Womöglich sind sie aber gerade deswegen nicht herausgege
die im weiteren Verlauf der politischen Diskussionen ebenso wie regelmäßige regionalisierte Netzzustandsberichte unbedingt noch gegenüber dem Bund und der DB durchgesetzt werden müssen. Dafür setzen wir uns mit den beiden Änderungsanträgen auch alle gemeinsam hier im Landtag ein, leider in zwei getrennten Beschlussvorschlägen.
Schade und peinlich für CDU und FDP, Herr Althusmann, dass sie zum auf Fachebene zugesagten gemeinsamen Vorgehen wegen der Unterschrift der Linken unter den von uns Grünen vorgeschlagenen Text nicht mehr stehen wollten.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - David McAllister [CDU]: Das sind die Gemeinsamkeiten der Demo- kraten!)
Solche formalen Unberührbarkeitsdogmen, die offensichtlich von Herrn Schünemann, Herrn Oesterhelweg und anscheinend auch von Herrn McAllister vehement vertreten werden, schwächen den Landtag und schaden der Demokratie, Herr McAllister.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - David McAllister [CDU]: Wir sind keine nützlichen Idioten im Sinne von Sohn!)
Solche Spielchen machen wir bei einmütigen Sachfragen nicht mit. Deshalb werden wir Ihrer fast deckungsgleichen Antragsversion auch nicht zustimmen können, weil wir dieses Vorgehen missbilligen.
Die vorhandenen Streckenschäden bei der Bahn sind erschreckend und beeinträchtigen den Verkehr in deutlichem Ausmaß.
Derzeit bestehen auf 207 km des etwa 4 400 km langen niedersächsischen Schienennetzes, also auf 4,6%, Einschränkungen in der betrieblichen Nutzung durch Mängel am Fahrweg. Das klingt auf den ersten Blick vielleicht wenig. Das könnten
schließlich auch einige längere Teilstücke auf wenig befahrenen Nebenstrecken sein. Die betroffenen Strecken des Schienenpersonennahverkehrs mit dokumentierten Schäden weisen aber zu einem erheblichen Teil Fahrgastaufkommen von über 2 000, oft sogar von 3 000 bis 5 000 Fahrgästen pro Tag auf. Zudem sind die registrierten Mängelstellen im Gleiskörper auf 108 Einzelfälle im Netz verteilt. Im Schnitt gibt es also im Niedersachsennetz rechnerisch alle 40 km eine Langsamfahrstelle mit zwangsläufig weit vorher veranlasstem Abbremsen der Züge und anschließender Beschleunigung. Was für eine Zeit- und Energieverschwendung!