Protocol of the Session on December 5, 2012

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- das ist der Geschäftsführer des Unternehmens -

„habe aber um Verständnis dafür gebeten, dass er nicht in die Autonomie der Werkvertragsarbeit und damit der Subunternehmer eingreifen dürfe. … Sönnichsen sei bekannt, dass es Probleme mit den Kontingentarbeitern gebe. Dazu zählten Sprachbarrieren, die Wohnumstände und eben die sehr unterschiedlichen Mentalitäten.“

Meine Damen und Herren, wenn Ihnen nach dem Besuch nichts anderes als die unterschiedlichen Mentalitäten eingefallen ist, dann haben Sie wirklich nichts begriffen.

(Beifall bei der CDU sowie Zustim- mung von Gabriela König [FDP])

Worüber Sie dort gesprochen haben, das wird am Schluss dieses Artikels deutlich. Da steht:

„Eine Erweiterung der Schlachtkapazitäten könnte mit dem Ausbau der Umgehungsstraße und der NordWest-Tangente einhergehen, sagte Sönnichsen, bei dem sich die Landtagsabgeordnete Renate Geuter für die Gastfreundschaft bedankte.“

(Lachen bei der CDU)

Liebe Frau Geuter, herzlichen Glückwunsch! Eine solche Berichterstattung - drei Wochen, bevor die Mitarbeiter dort auf die Straße gesetzt wurden - wäre mir heute unglaublich peinlich.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Meyer, eines noch zum Schluss: Versuchen Sie hier doch bitte nicht, Fragen der Tierhaltung in einen Topf mit Billiglöhnen und Lohndumping im Bereich der fleischzerlegenden Industrie zu werfen!

(Doch! bei den GRÜNEN)

Es ist nicht die niedersächsische Landwirtschaft, die für diese Missstände Verantwortung trägt.

(Christian Meyer [GRÜNE]: Aber Wie- senhof und Rothkötter!)

Kein niedersächsischer Landwirt hat etwas davon, wenn dänische Schweine in Deutschland von ausländischen Arbeitnehmern zu Billiglöhnen zerlegt werden.

(Starker Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was hat Frau Merkel jetzt dagegen getan? - Jens Nacke [CDU]: Jetzt kommt wieder die Sonntagsrede von Herrn Lies!)

Meine Damen und Herren, Herr Kollege Nacke, wir waren uns einig, dass wir Reden nicht schon vorher kommentieren wollen. Meine Bitte wäre, gerade in dieser doch etwas aufgeheizten Atmosphäre dazu beizutragen, dass Herr Lies jetzt in Ruhe das Wort bekommt. - Herr Lies!

(Jens Nacke [CDU]: Haben Sie Frau Geuter gerade erklärt, wie das geht?)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist eigentlich los in unserem Land? - Niedriglohn und prekäre Beschäftigung sind auf dem Vormarsch. Mehr und mehr werden sogenannte Werkverträge missbraucht, um den sozialen Schutz der Beschäftigten zu unterlaufen.

Wissen Sie, was noch schlimmer ist in unserem Land?

(Karl-Heinz Klare [CDU]: Ein Kanzler- kandidat, der 15 000 Euro für eine Rede kriegt!)

Hier erklärt der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, wie die Bedingungen sind. Aber seit Jahren weigern er und seine Fraktion sich, etwas daran zu ändern.

Herr Toepffer, wo waren Sie denn bei all den Abstimmungen, als wir versucht haben, Regeln für den Arbeitsmarkt zu finden?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Jetzt, im letzten Sitzungsabschnitt vor dem Ende der Legislaturperiode, halten Sie hier anschauliche Reden und äußern großes Bedauern den Beschäf

tigten gegenüber. Sie hätten in den letzten Jahren die Gelegenheit gehabt, dafür zu sorgen, dass wir gar nicht zu solchen Bedingungen kommen! Das wäre die Aufgabe der Landesregierung gewesen!

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, was haben die CDU-Vertreter in den letzten Wochen auf den Podien gesagt? - „Natürlich, Herr Lies. Sie haben ja vollkommen recht. Aber wir haben ja keine Mehrheit.“

Wenn nicht einmal mehr die Landesregierung von CDU und FDP eine Mehrheit hat, dann wird es Zeit für einen Mehrheitswechsel in diesem Land und für eine neue Landesregierung, die dafür sorgt, dass anständige Politik gemacht wird.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Die Zahl der schwarzen Schafe in diesem Land nimmt immer weiter zu. Wenn im Internet angeboten wird: „Wir erfüllen Ihren Bedarf ganz nach Ihren Wünschen, ob im Rahmen der Arbeitnehmerüberlassung oder in Form eines Werkvertrages“, dann ist doch klar, dass hier dringend etwas passieren muss. Da verdienen Leute Geld damit, dass Arbeit aus der normalen Beschäftigung herausgenommen wird.

Die Position der SPD an dieser Stelle ist klar: Wer sich einmal mit den Menschen vor Ort unterhält und sich wirklich informiert, wer den menschenunwürdigen Umgang mit Tausenden von Beschäftigten sieht, der weiß: Hier muss dringend gehandelt werden. Hier müssen wir etwas verändern, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

In Richtung der Landesregierung, insbesondere der FDP, sage ich: Bürgerrechte und Arbeitnehmerrechte müssen in unserem Land doch mehr wert sein als die ausschließliche Freiheit der Unternehmer. Hier ist doch das Ergebnis der ausschließlichen Freiheit der Unternehmer zu sehen: Lohndrückerei und Ausbeutung von Beschäftigung! Das haben Sie mit Ihrer Politik erreicht, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Toepffer, wer nur zusieht, macht sich mitverantwortlich. Und Sie haben nur zugesehen; Sie haben nichts verändert.

Das ist umso verwunderlicher, wenn man sich die Realität einmal ansieht: Zum Teil arbeiten 90 % der Beschäftigten in den Schlachthöfen mit Werkverträgen. Nur noch 10 % sind real beschäftigt. Für 200 Euro mieten sich die Menschen dort ein Zimmer, zu fünfzigst im Haus, zu zehnt im Zimmer und zu zweit im Bett. Das sind die Bedingungen, unter denen die Menschen dort untergebracht werden.

Was aber ist die Aussage des Wirtschaftsministers, der zuständig ist, im letzten Plenum? - Zu der Frage, ob es hier zusätzlichen Regelungsbedarf gesetzlicher Art gibt, sagt die Landesregierung eindeutig: Derzeit ist nicht zu erkennen, dass hier ein Regelungsbedarf besteht.

(Zuruf von den GRÜNEN: Hört, hört!)

Derzeit ist nur zu erkennen, dass diese Landesregierung weg muss, damit endlich anständige Regelungen getroffen werden, meine sehr verehrten Damen und Herren.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Man muss sich nur einmal mit den Menschen vor Ort unterhalten, dann weiß man, wie die Realität ist, Herr Bode. Nehmen Sie sich doch ein Beispiel an der Kirche, ein Beispiel an Prälat Peter Kossen, der in der Predigt am 10. und 11. November klare Aussagen gemacht hat. Ich darf zitieren:

„Mindestlöhne und Lohnuntergrenzen sind der richtige und zu fordernde Weg. Darüber hinaus müssen die kriminellen Praktiken moderner Sklaverei mitten unter uns verfolgt, bestraft und unterbunden werden. Da ist die Politik in der Pflicht. Die Gesetzeslücke, die dieses Unrecht ermöglicht, muss geschlossen werden.“

Hören Sie doch einmal auf die, die klare Worte sprechen, und sagen Sie nicht, es gibt diese Probleme überhaupt nicht.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Herr Meyer hat von der Folge der Predigt gesprochen. Die Folge der Predigt war, dass man dem Prälaten ein abgezogenes Kaninchen vor die Tür gelegt hat. Das ist - er hat es im letzten Gespräch noch einmal untermauert - Mafia. Er spricht davon,

dass es die Mafia ist, die solche Bedingungen überhaupt erst zulässt.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Darf ich Sie jetzt noch einmal an Ihre Worte erinnern, Herr Bode, und sollten Sie sich nicht selbst einmal fragen, ob Ihr Weckducken und Nichtstun nicht mit Schuld daran ist, dass wir solche Bedingungen in unserem Land haben?

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN und Zustimmung bei der LINKEN)

Inzwischen muss ich mich doch eher fragen, ob man einer Landesregierung, die das zulässt, nicht Vorsatz unterstellen muss und wie weit Lobbyismus in unserem Land überhaupt noch gehen kann, dass solche Bedingungen überhaupt zugelassen und ermöglicht werden.