Protokoll der Sitzung vom 07.12.2012

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Hätten Sie mal die Chronik richtig gelesen!)

Im Jahr 2011 fand dann ein Landesparteitag der Grünen in Verden statt - das ist mein Wahlkreis; da spiele ich natürlich schon mal Mäuschen -, auf dem sich Herr Kollege Wenzel hingestellt und gesagt hat, Gorleben müsse mit im Topf bleiben. - Das war die nächste Umkehr, das nächste Umfallen.

Schließlich beschließt der Bundesparteitag der Grünen vor zwei Wochen hier in Hannover nicht den kategorischen Ausschluss, sondern beschließt, dass Kriterien aufgestellt werden sollen, die dazu führen, dass Gorleben am Ende rausfällt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, da lobe ich mir ja sogar noch die Linken - ich hätte nicht gedacht, dass ich das in diesem Landtag jemals würde sagen müssen -

(Zustimmung bei der CDU)

und den Kollegen Herzog, der hier wahrscheinlich gleich seine letzte Rede halten wird - deswegen gestatten Sie mir, dass ich auf ihn Bezug nehme -; denn da weiß man wenigstens, woran man ist, Herr Kollege Wenzel. Sie lehnen Gorleben als Standort ab. Das ist nicht meine Meinung, aber sie haben wenigstens eine Meinung dazu, auf die man sich auch verlassen kann.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich hoffe, Sie wechseln Ihr Hemd so häufig wie die Meinung zu Gorleben; denn bei Ihnen weiß man wirklich nicht mehr, woran man ist.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Herzog das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin stolz, dass wir Linke an unserem Antrag aus 2008 - anders als andere Fraktionen dieses Landtags - keine Nachjustierungen und Verklausulierungen vornehmen mussten. Alles stimmt noch.

(Beifall bei der LINKEN)

Nach den Asse-Erfahrungen und den Erkenntnissen aus den beiden Untersuchungsausschüssen Asse und Gorleben stehen wir nach wie vor dazu, Gorleben und auch das Medium Salz bei der Frage der Aufbewahrung von Atommüll endgültig auszuschließen.

Wir müssen bei null beginnen bei der Aufbereitung aller Fehler der Vergangenheit. Wir fordern dazu die Einbeziehung der Öffentlichkeit und kritischer wissenschaftlicher Expertise gemäß Aarhus-Konvention. Das wäre das totale Gegenteil zu den Küchenkungeleien von Altmaier, Gabriel und Trittin.

Alle Bundesländer sind als potenzielle Standorte anzusehen, auch die krachledernen. Die für Gorleben maßgeschneiderten Sicherheitsanforderungen müssen weg. Ein Mehrbarrierenkonzept mit intaktem Deckgebirge bleibt zwingend.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir Linke lehnen faule Parteikompromisse ab, die als Kuhhandel, wie schon beim ersten Atomkonsens/-nonsens 2001, zustande kommen, wie auf dem Basar zurechtgefeilscht. Wir wollen ein seriöses Verfahren, das nach 35 Jahren Schluss macht mit Vertuschen, Verharmlosen und Verantwortungslosigkeit.

(Beifall bei der LINKEN)

In der Asse war nach einer Generation Land unter. Und für die Bergung der undefinierbaren Atomsuppe aus den kaum auffindbaren Katakomben des absaufenden Bergwerks soll der Steuerzahler 4 Milliarden Euro berappen. Dafür zimmert das BMU gerade die Lex Asse, die in ihrer jetzigen Form eher ein Asse-Rückholungsabwicklungsgesetz zu werden droht. Deshalb muss die zukünftige Aufbewahrung des Atommülls reversibel sein, damit wir nicht wieder in einer Generation vor einem Desaster stehen, weil dann im Salzstock Gorleben-Rambow alles nicht rückholbar versenkt wurde, wie es bereits in Morsleben geschehen ist und wie es für Schacht Konrad vorgesehen ist.

„Die Guten ins Töpfchen, die Schlechten ins Kröpfchen“, heißt es in Grimms Märchen. Bei den Grü

nen bleibt nun der Schlechteste im Töpfchen. Wegen ähnlicher Verbiegungen der Grünen trat ich 2001 mit der gesamten Kreistagsfraktion in Lüchow-Dannenberg aus der Partei aus. Heute sind zwar die Grünen im Wendland über das Formulierungskauderwelsch ihres Parteitags entsetzt, aber sie kleben am Parteibuch - Arbeitsteilung zum Wohle der Partei und der Macht. Ich lese einmal eine Passage aus dem Parteitagsbeschluss vor, Herr Kollege Wenzel. Zitat:

„Dazu gehört vor allem, dass die Standortsuche und -entscheidung in einer breiten und offenen gesellschaftlichen Debatte durchgeführt und beschlossen und nicht wie in der Vergangenheit hinter verschlossenen Türen ausgeklüngelt werden.“

Das ist ein gewaltiger Tritt in Trittins Allerwertesten.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Herrschaften hier auf der rechten Seite suhlen sich natürlich im Schadenfrohsinn. Ich empfehle stattdessen den Griff an die eigenen Atomnasen.

Bevor da ein Missverständnis aufkommt: Wer den Gorleben-Beschluss der SPD von vor einem Jahr liest, stößt auf eine halbseidene Sollbestimmung. Daran ändert sich auch nichts, dass der Spitzenkandidat versucht, Gorleben auszuschließen. Aber was nützt es, wenn Gorleben in sein Kröpfchen wandert, von wo es sein Chef Gabriel wieder herausklaubt und ins Töpfchen zurückzaubert. Die meisten Menschen im Wendland wissen, was sie von schwarz-gelben Atomwendehälsen zu halten haben. Sie wissen auch, das ihnen Rot-Grün schon einmal 2001 in den Rücken gefallen ist. Aber das, was Sie jetzt tun, führt zu zwei Alternativen für ein Endlager: Gorleben Nord-Ost oder Gorleben Süd-West.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch nach meiner allerletzten Rede in diesem Plenum und in diesem Landtag zwei, drei Abschiedssätze. Ich könnte es mir leicht machen gemäß der Textzeile von Marius Müller-Westernhagen: „Ich möcht zurück auf die Straße, möcht wieder singen, nicht schön, sondern geil und laut.“

(Beifall bei der LINKEN)

Nein, Sie brauchen keine Angst haben. Ich gehe Ihnen nicht verloren. Ich werde natürlich wieder auf der Straße singen, besonders wenn der Castor kommt.

Ich werde Ihnen auch mit dem Kreistag LüchowDannenberg weiterhin fundierte Antiatomstellungnahmen schicken und Ihre rot-grünen Minister - gerade die - in den öffentlichen Sitzungen unseres Atomausschusses zum Schwitzen bringen.

Ich hoffe, ich habe Sie, Herr Nacke, Herr Dinkla, nicht nur geärgert, aber auch nicht zu wenig.

(Heiterkeit bei der LINKEN)

Wir haben ja ein besonderes Verhältnis, Herr Dinkla. Aber ich glaube, wir sind gut miteinander ausgekommen.

Herrn Thiele habe ich auch schon mal eine strapazierte Leber attestiert. Dafür entschuldige ich mich natürlich im Nachhinein. Ich bekam auch einmal einen Ordnungsruf für meinen plattdeutschen Zwischenruf „He lücht“. Das war auch nicht in Ordnung.

Ich muss aber auch sagen, ich habe durch Ihre Zwischenrufe manche Beule an meinem Hut bekommen. Das will ich nicht verschweigen. Aber ich wollte Ihnen vermitteln, dass bei uns im Wendland Fachkenntnis, politisches Bewusstsein und klare Ziele zusammengehören und dass wir nicht zuletzt auch singen, zuweilen auch geil und laut - und zwar umso lauter, je weniger man uns zuhört. Wat mutt, dat mutt - bis Schluss ist mit Gorleben.

Danke schön.

(Lebhafter Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der CDU)

Sehr geehrter Herr Kollege Herzog, Sie haben eben Ihre Abschiedsrede gehalten. Sie haben sich in den vergangenen Jahren hier - das darf ich wohl sagen - als streitbarer Abgeordneter eingebracht. Sie hatten Themen, die Ihnen besonders am Herzen lagen; das wissen wir alle. Gorleben gehört dazu, auch viele andere aus dem Energiebereich.

Sie haben das hier mit Herzblut eingebracht. Sie haben das aber auch manchmal so vorgetragen - das wissen Sie auch -, dass es an der Grenze war, manchmal auch etwas darüber hinaus. Aber ich fand es gut, wie Sie das eben noch einmal an ein, zwei Beispielen deutlich gemacht haben.

So, wie Sie eben hier aufgetreten sind, steht zum Schluss ein Stück weit das Versöhnende. Unabhängig von allen politischen unterschiedlichen Positionen haben Sie sich hier als Abgeordneter

dieser Periode eingebracht. Dafür danke ich Ihnen im Namen des ganzen Hauses.

(Lebhafter Beifall)

Ich erteile jetzt dem Minister Dr. Birkner das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben bei der Frage, wie man künftig mit der Lagerung und dem Verbleib hoch radioaktiver Abfälle umgeht, eine historische Chance. Wir sind seit über einem Jahr mit dem Endlagersuchgesetz, das wir auf Bundesebene diskutieren, dabei, an dieser Chance zu arbeiten.

Es war Norbert Röttgen, der diesen Prozess initiiert hat, und es ist Peter Altmaier, der diesen Prozess wirklich mit jedem besten Willen, den man sich vorstellen kann, versucht fortzusetzen.

Wir erleben, dass es Rot und Grün sind, die diesen Prozess nachhaltig immer wieder verzögern.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Zunächst war es die Wahl in Nordrhein-Westfalen, die man als Anlass genommen hat zu sagen: Im Moment ist es schwierig. - Dann war es der Ministerwechsel, und jetzt ist es die Wahl in Niedersachsen. Ich sage Ihnen jetzt schon voraus: Das, was Trittin und Gabriel wohl auf Bundesebene signalisieren werden, dass es nach der Niedersachsen-Wahl endlich den Durchbruch gebe, wird ebenfalls ein Trugschluss sein. Auch dort wird es nicht zum Durchbruch kommen; denn dann steht ja die Bundestagswahl vor der Tür.

Meine Damen und Herren, eine Chance sollten wir noch geben, um die Ernsthaftigkeit dieses Prozesses tatsächlich zu zeigen. Aber dann - das sage ich auch - müssen die Regierungsfraktionen in Berlin in das parlamentarische Verfahren gehen und dort die Opposition dazu bringen, endlich zu sagen, wo sie eigentlich steht. Denn das, was wir in den Diskussionen erlebt haben, ist immer nur: Wir haben da ein Problem, wir haben hier ein Problem. - Aber Sie haben nie gesagt und nie konkrete Formulierungen vorgelegt, wie Sie das im Einzelnen haben wollen.

(Stefan Wenzel [GRÜNE]: Wenn man so miteinander umgeht, dann wird das nie etwas!)