Protokoll der Sitzung vom 07.10.2008

ein großes HGÜ-Kabel nach Norwegen; wir tauschen Wind- gegen Wasserkraft.

(Heinz Rolfes [CDU]: Ihr seid doch immer dagegen!)

Das sind Dinge, die man heute angehen kann. Das Umweltministerium ist ein Ministerium mit Megachancen. Es könnte die Schaltzentrale für neue Ideen sein. Da könnten die innovativsten Köpfe dieses Landes ein- und ausgehen.

Herr Kollege, ich muss Sie darauf hinweisen, dass Ihre Redezeit abgelaufen ist. Ich bitte Sie, zum Schluss zu kommen.

Ich komme zum Schluss. - Aber Sie haben aus diesem Haus ein Trauerfall gemacht. Sie haben zu verantworten, dass hier nur Werbefeldzüge für Kohle und Atom geführt wurden. Sie sind der Carbonosaurus Sanderix, und Ihr Platz ist im Museum, Herr Minister.

Herzlichen Dank.

(Lebhafter Beifall bei den GRÜNEN - David McAllister [CDU]: Das war nicht doll!)

Ich erteile dem Abgeordneten Langspecht von der CDU-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen, meine Herren! Herr Wenzel, man kann sich wirklich nicht des Eindrucks erwehren, dass es nach der monatelangen Diskussion um die Asse bei Ihnen auch heute wieder nur um Klamauk und Weltuntergangsstimmung geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, der Klimawandel mit globaler Erwärmung, Anstieg des Meeresspiegels und Abschmelzen der arktischen Meereise ist Realität. Es ist auch völlig klar: Wir müssen alle Maßnahmen ergreifen, die geeignet sind,

(Helge Limburg [GRÜNE]: Dann ma- chen Sie das doch, Herr Langspecht!)

diese Entwicklung abzumildern und nach Möglichkeit auch anzuhalten.

Das, was wir heute in den Klimaschutz investieren, wird künftig enorme wirtschaftliche Folgekosten sowie Umwelt- und Gesundheitsschäden vermeiden. Deshalb müssen wir uns auf nationaler und internationaler Ebene intensiv mit der Frage befassen, was jeder Einzelne von uns für den Schutz der Umwelt und des weltweiten Klimas tun kann.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Fangen Sie doch einmal an!)

- Warten Sie erst einmal ab! - Nach unserer Überzeugung widersprechen sich dabei nicht die wirtschaftliche Entwicklung auf der einen Seite und der Klima- und Umweltschutz auf der anderen Seite. In einer Zeit, in der die Grenzen der ökologischen Belastbarkeit der Erde immer deutlicher werden, muss für uns alle gelten: Nachhaltiges wirtschaftliches Wachstum ist nur unter Berücksichtigung des Umwelt- und Klimaschutzes möglich. Niedersachsen wird dazu seinen Beitrag leisten. Wir haben schon im Mai 2007 die JuisterThesen verabschiedet, die sich eingehend mit dem Klimaschutz befassen. Ich will hier nur einige Stichworte aufzeigen.

Erstens. Klimaforschung ist ein schnell fortschreitender Prozess. Wir haben deshalb, Herr Wenzel, einen Verbund Klimafolgenforschung eingerichtet. Dieser Verbund soll Klimaszenarien und Klimafolgen untersuchen und entwickeln. Er soll die unterschiedlichsten Szenarien auf Niedersachsen herunterbrechen und die tatsächlichen Veränderungen konkret ermitteln.

Zweitens ist die Regierungskommission Klimaschutz eingerichtet worden, Herr Wenzel, die in den nächsten Monaten ganz konkrete Handlungsstrategien für den Klimaschutz entwickeln wird.

Forschungsverbund und Regierungskommission werden eng zusammenarbeiten. Wir müssen zu praktikablen Lösungsansätzen kommen, die allen Akteuren die Möglichkeit bieten, einen größtmöglichen Beitrag zum Klimaschutz zu leisten.

Bis Ende des Jahres wird das Niedersächsische Ministerium für Umwelt und Klimaschutz ein Eckpunktepapier „Klimaschutzprogramm für Niedersachsen“ vorlegen. Dabei wird sich Niedersachsen an den nationalen Klimaschutzzielen zur Senkung

der Treibhausgasemissionen um 40 % bis zum Jahre 2020 orientieren.

Meine Damen und Herren, der Ausbau der erneuerbaren Energien hat in Niedersachsen schon jetzt ganz erheblich zum Klimaschutz in Niedersachsen beigetragen. Wir sind Spitzenreiter bei der Windkraft. Mit über 5 800 MW Windkraftleistung steht Niedersachsen an der Spitze aller Bundesländer.

(Zurufe von der SPD: Und wo wollen Sie noch hin?)

Für die weitere Entwicklung der Windenergie liegen jetzt die größten Zuwachspotenziale, wie wir wissen, im Offshore-Bereich. Niedersachsen wird weiter die führende Region für Biogas in Europa bleiben. Derzeit laufen in Niedersachsen 650 Anlagen mit 350 MW installierter elektrischer Leistung. Damit stellen wir 17 % aller deutschen Biogasanlagen und knapp 30 % der installierten Leistung bereit. Mit den erneuerbaren Energien wollen wir für Niedersachsen bis 2020 einen Versorgungsgrad von 25 % am Gesamtenergieverbrauch erreichen. Wir können hier noch entscheidende Fortschritte erzielen, allein wenn wir an die enormen Möglichkeiten der neuen Technologien in der Tiefengeothermie denken.

Eines dürfen wir bei allen Maßnahmen zum Klimaschutz nicht aus den Augen verlieren: Energie muss auch künftig bezahlbar, umweltverträglich und wirtschaftlich bleiben.

(Beifall bei der CDU)

Wir setzen deshalb für die künftige Energieversorgung auf einen technisch wie wirtschaftlich innovativen und umweltverträglichen Energiemix, der sowohl fossile Energieträger, erneuerbare Energien und zumindest für eine Übergangszeit auch die Kernenergie einschließlich der Verlängerung der Restlaufzeiten umfasst. Ich weiß, wir liegen hier auseinander, Herr Wenzel. In der Diskussion um neue Kohlekraftwerke sind sich CDU und Grüne in der letzten Woche aber eindeutig näher gekommen.

(Heiterkeit bei den GRÜNEN)

Ihre Hamburger Kollegin, Frau Umweltsenatorin Hajduk, hat ja den Bau des Steinkohlekraftwerks in Hamburg-Moorburg genehmigt. Das war ja wieder einmal solch eine Stunde der Wahrheit. Sie mussten ganz klar erkennen, dass die Rechtslage so ist, wie sie ist. Wenn ein Anlagenbetreiber einen Antrag stellt, dann hat er auch einen Anspruch dar

auf, dass ihm dieser nach den Voraussetzungen der entsprechenden Gesetze so genehmigt wird.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das heißt aber nicht, dass das richtig ist!)

Das müssen Sie auch lernen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

In Fragen der Energieerzeugung und des Klimaschutzes sind Sie mittlerweile gegen alles und nichts. Wir vermissen jedenfalls noch eine Pressemitteilung von Ihnen voller Protest und Empörung gegen das Steinkohlekraftwerk Moorburg.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die wird aber nicht kommen. Das kann man voraussagen, wenn man sich ansieht, was in Hamburg abgelaufen ist. Sie sind in Hamburg in der Realität angekommen. In dem Moment, in dem Sie selbst Verantwortung tragen, ist Schluss mit der ideologischen Phrasendrescherei.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege, ich möchte Sie jetzt bitten, zum Schluss zu kommen. Die Redezeit ist abgelaufen.

Ich will noch kurz ein Zitat von Frau Künast bringen, die neulich anlässlich von Moorburg gesagt hat: Wer in die Regierung geht, muss immer versuchen, im Rahmen der gegebenen Rechts- und Haushaltslage eine vernünftige Politik zu machen. - Das tun wir in Niedersachsen. Dem haben wir nichts hinzuzufügen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile der Abgeordneten Emmerich-Kopatsch von der SPD-Fraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Es mutet schon sehr kurios an, wenn Minister Sander zu einer Pressekonferenz zur Klimaschutzstrategie in Niedersachsen einlädt und sie dann wieder absagt, nämlich vor allem deshalb, weil er keine Strategie hat. Herr Sander, Sie erinnern immer mehr an das Märchen „Des Kaisers neue Kleider“. Aber unsere Vermutung ist: Er will damit für eine etwas positivere Stimmung für sich

selbst sorgen. Denn bei den kommenden Anträgen, die sich damit befassen, warum er sich einer unabhängigen Überprüfung der Atomaufsicht entzogen hat, dürften die Schlagzeilen nicht ganz so günstig ausfallen.

Wir sind der Meinung, dass eine Organisationsüberprüfung in Niedersachsen dringend geboten ist; haben doch die vergangenen Monate gezeigt, dass die Atomaufsicht in Niedersachsen so aussieht, dass man die Landesregierung von sich aus über Missstände informieren muss. Man lehnt sich im Ministerium zurück und wartet auf den Anruf beispielsweise des Bergamtes oder der HelmholtzGesellschaft, wie z. B. bei der Asse. Wenn diese - oh Wunder! - nicht folgen, dann kann das Ministerium angeblich nichts dafür.

Herr Sander, wie sieht es eigentlich bei den Kernkraftwerken aus? Reicht es da auch, dass sich der Betreiber selbst kontrolliert und erst bei einer drohenden Kernschmelze mal kurz bei Ihnen Bescheid sagt?

(Heinz Rolfes [CDU]: Schlichter Unfug ist das! - Unruhe bei der CDU)

Warum setzt sich die Landesregierung eigentlich nicht für eine ergebnisoffene Endlagersuche bei den Länderkollegen in Bayern und BadenWürttemberg ein?

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Diese Begründungen werden so manchen Leser in Wolfenbüttel, Lüchow-Dannenberg und Salzgitter brennend interessieren; schließlich sind Sie gewählt, um Schaden von diesem Land abzuwenden und keinesfalls für das Gegenteil.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen von CDU und FDP, seit mehr als fünf Jahren hätte Ihre Landesregierung Zeit gehabt, sich den drängenden Zukunftsproblemen zu stellen. Nichts ist passiert. „Verwalten statt Gestalten“ ist Ihr Motto. Außer der einen oder anderen Pressemitteilung mit der Überschrift „Klimaschutz“ gibt es keine messbaren Aktivitäten.