Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir wollen Niedersachsen kinderfreundlicher machen. Wir werden junge Paare ermuntern, eine Familie zu gründen - vor allem mit der Aussicht, dass es genügend Tagesmütter, Krippen, Kindergärten und andere Hilfen gibt. Das Stichwort heißt: bessere

Vereinbarkeit von Familie und Beruf - für beide Geschlechter!

Deshalb werden wir das Betreuungsangebot mit den Kommunen deutlich verbessern. Junge Eltern sollen wählen können, ob sie ihr Kind zu Hause betreuen oder es betreuen lassen. Um die Wahlfreiheit der Eltern zu stärken, wollen wir bis zum Jahr 2013 ein bedarfsgerechtes Angebot schaffen. Wir sind bereit, Kommunen zu unterstützen, die mit Betreuungsgutscheinen diese Wahlfreiheit konkretisieren wollen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Im Interesse der Familien setzen wir darauf, dass dies alles gemeinsam mit den kommunalen Spitzenverbänden - wie bereits beim beitragsfreien letzten Kindergartenjahr vor der Einschulung - gelingen wird. Wir als Land werden uns dafür an den Investitionskosten und auch an den laufenden Betriebskosten beteiligen. Eine gut geführte Kindertagesstätte ist - ergänzend zur Familie - der gute Ort für das Hineinwachsen in unsere Welt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch in Niedersachsen wachsen Kinder in Armut und in Familien auf, die ihnen nicht den Schutz und die Zuwendung geben können, die Kinder brauchen. Deshalb müssen wir gemeinsam mit dem Bund und den Kommunen jeder Benachteiligung und Gefährdung von Kindern entgegentreten. Vor allem Kindesmissbrauch und Verwahrlosung müssen wir bekämpfen. In diesen Fällen müssen Elternrechte im Zweifel zurückstehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Deshalb werden wir eine höhere Verbindlichkeit der Untersuchungen herstellen und uns für eine zusätzliche Untersuchung für dreijährige Kinder stark machen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Uwe Schwarz [SPD]: Das haben Sie jahrelang verhindert!)

Zur Bekämpfung von Verwahrlosung und Kindesmissbrauch werden wir an mehreren Stellen Modellprojekte anstoßen. Wirksamen Kinderschutz können wir aber nicht alleine durch Maßnahmen der zuständigen Kommunen und des Landes gewährleisten. Hier sind alle gefordert: Staat, Erzieher, Ärzte, Nachbarn, Freunde und natürlich die Eltern. Kinder, vor allem die ganz kleinen, brauchen die Aufmerksamkeit aller. Sie sind besonders schutzbedürftig.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die sinkende Zahl von Kindern ist auch ein großer Verlust für unsere Gesellschaft. Sie stellt uns vor neue Herausforderungen auch in der Bildungspolitik. Wir werden die freiwerdenden finanziellen Ressourcen bei rückgehenden Schülerzahlen im Bildungssystem belassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Das Betreuungsverhältnis Lehrkraft/Schüler wird so Schritt für Schritt verbessert, und jeder einzelne wird besser betreut und gefördert.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, Bildung beginnt schon vor der Einschulung. Bildung beginnt mit der Geburt. In den ersten Jahren wird der Grundstein für den individuellen Bildungserfolg gelegt. Deshalb werden wir ein besonderes Augenmerk auf die ersten Jahre legen. Es ist besser, früh zu investieren, als später aufwendig zu reparieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Sprachförderung in den Kindertagesstätten wollen wir weiter ausbauen. Sprache ist der Schlüssel zur Welt. Kinder, die ohne ausreichende Sprachkenntnisse in die Schule kommen, geraten oft von Anfang an auf die Verliererstraße. Das müssen wir verhindern. Auch hier gilt: Alle werden gebraucht. Wir werden alles dafür tun, damit niemand zurückbleibt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir streben die weitere Verzahnung der Kindergärten mit den Grundschulen an. Das letzte Kindergartenjahr werden wir als Brückenjahr zur Grundschule weiter ausgestalten, damit den Kindern der Übergang zur Schule leichter fällt. Wir wollen schrittweise alle drei Kindergartenjahre beitragsfrei gestalten. Und auch die Qualität der Ausbildung von Erziehungsfachkräften wollen wir weiter verbessern.

Wir brauchen dafür eine Aufgabenpartnerschaft von Land, Kommunen, Kirchen und freien Trägern. Wir würdigen das Bemühen dieser Träger in besonderer Weise.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wichtig ist uns, dass die Bildungsinhalte in Kindertagesstätten und Grundschulen aufeinander abgestimmt werden und dort besonders gefördert wird, wo ein erfolgreicher Schulstart gefährdet ist. Wir wollen das Regeleinschulungsalter schrittweise senken und den Stichtag der Schulpflicht entsprechend vorziehen. Die Bereitschaft weiterer Grund

schulen zur Einführung der flexiblen Eingangsstufe wollen wir ausdrücklich unterstützen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir haben in den letzten fünf Jahren im Bildungsbereich vieles auf den Weg gebracht. Die Schulstrukturreform mit der Abschaffung der Orientierungsstufe, die Einführung des Zentralabiturs, das Abitur nach acht Jahren, die Schulinspektion und die Eigenverantwortliche Schule - um nur einiges zu nennen. Das war eine Kraftanstrengung von Lehrern, Eltern und Schülern, die wir gemeinsam bewältigt haben.

Die Anstrengungen haben sich gelohnt. Heute erwerben mehr Schülerinnen und Schüler eine Hochschulzugangsberechtigung als je zuvor in der Geschichte des Landes.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von Hans-Henning Adler [LIN- KE])

Bis 2012 wird etwa die Hälfte eines Jahrgangs die Hochschulzugangsberechtigung erwerben. Besonders erfreulich ist, dass der Anteil derer, die nicht durch das Gymnasium ihre Zugangsberechtigung erworben haben, deutlich gestiegen ist. Das zeigt doch: Trotz aller Aufgaben, die noch vor uns liegen, ist die Durchlässigkeit des dreigliedrigen Schulsystems gewahrt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der SPD: Das ist doch nicht wahr!)

Besonders unterstreichen möchte ich, dass die Möglichkeiten zum Übergang nicht nur Richtung Hochschule besser sind. Aus gesellschaftlichen Gründen ist es wahrscheinlich noch wichtiger, dass wir die Schulabbrecherquote deutlich senken konnten.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Stefan Wenzel [GRÜNE]: Was ist mit den Kindern mit Migrationshinter- grund?)

Am Ende der Regierungszeit der SPD hat sie bei über 10 % gelegen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist all- mählich verjährt!)

Wir haben sie auf 8 % senken können und werden sie weiter senken.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Besonders erfolgreich ist das von uns und der Bundesagentur für Arbeit entwickelte Fördermodell an den Hauptschulen.

Meine Damen und Herren, wir bekennen uns klar zum gegliederten Schulsystem als Regelschulsystem.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zuruf von der LINKEN: 19. Jahrhun- dert! - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Und nichts dazugelernt!)

Aber wir wissen, dass nicht in erster Linie die Schulstruktur entscheidet, sondern vor allem die Qualität des Unterrichts und die individuelle Förderung maßgeblich über das individuelle Fortkommen entscheiden. Deswegen ist es im Rahmen unserer schulpolitischen Grundvorstellungen als hervorragend zu beurteilen, dass mit der RobertBosch-Schule in Hildesheim eine Gesamtschule als beste Schule Deutschlands ausgezeichnet wurde.

(Beifall - Hans-Henning Adler [LINKE]: Ziehen Sie Schlussfolgerungen dar- aus!)

Auch deshalb werden wir die Gründung von Gesamtschulen auf Antrag der Schulträger als Angebot ermöglichen, wenn die entsprechenden Voraussetzungen erfüllt werden, u. a. das Regelschulsystem nicht gefährdet wird.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch Schulen in freier Trägerschaft sind uns willkommen und wichtig. Deshalb sichern wir auch ihnen in der Zukunft eine angemessene Finanzausstattung zu.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Reformen im Schulbereich haben uns alle gefordert: Schüler, Lehrer, Schulleiter und auch die Eltern. Allen Beteiligten, insbesondere den Lehrerinnen und Lehrern, die die größte Last tragen müssen, danke ich an dieser Stelle für ihre Mühen und für ihren Einsatz.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Anforderungen an den Beruf sind groß. Manch einer reduziert sogar seine Arbeitszeit, um optimal zu unterrichten.

(Widerspruch bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

In den nächsten fünf Jahren wird es vor allem darum gehen, dass sich die Reformen erfolgreich in der Praxis bewähren.

(Unruhe)

Herr stellvertretender Ministerpräsident, ich darf Sie einen Augenblick unterbrechen. - Alle Fraktionen werden nachher im Rahmen der Aussprache Gelegenheit haben, ihre Argumente vorzutragen. Das muss nicht jetzt durch serienweise Zwischenrufe geschehen. Ich bitte Sie, dies zu beachten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auch die Frage, wie wir im Haus miteinander umgehen, sollte untersucht werden, wenn wir uns Gedanken darüber machen, welches die Gründe für die geringe Wahlbeteiligung sind.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)