Protokoll der Sitzung vom 13.11.2008

- Die Formulierung „arm“ ist durch Herrn Briese hereingekommen. Ich habe gesagt: „von unten nach oben umverteilt“. Ich habe nicht von einer Umverteilung von Arm nach Reich gesprochen.

(Ulf Thiele [CDU]: Beantworten Sie doch die Frage! Da kommen Sie nicht mehr heraus!)

- Es ist ziemlich einfach, diese Frage zu beantworten. Es geht um die Umverteilung zulasten derer, die nach den alten Steuerrechten und nach der alten Lohnquote heute mehr hätten, als sie haben. Das ist die Umverteilung von unten nach oben. Die beträgt ungefähr die genannte Summe.

(Jörg Bode [FDP]: Ja, ziemlich „unge- fähr“!)

Ich habe nur noch 13 Sekunden, kann also nur noch einen Aspekt benennen. Summa summarum verfolgt der Antrag, der Ihnen vorliegt, drei Ziele: Erstens schließt er die Kluft zwischen Arm und Reich, die diese Gesellschaft von Jahr zu Jahr explosiver macht. Zweitens gibt dieser Antrag dem Staat die nötigen Mittel, um das jetzt notwendige Konjunkturprogramm zu finanzieren. Drittens entzieht er der Spekulationssphäre Mittel und führt sie einer sinnvollen gesellschaftlichen Verwendung zu.

Sie alle gemeinsam werden diesen Antrag voraussichtlich ablehnen. Auf die Folgen dieser Ablehnung werden wir in den nächsten Jahren zurückkommen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Da habt ihr ja eure Aufgabe gefunden!)

Meine Damen und Herren, der nächste Redner ist Herr Heidemann für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Sohn, meine Einschätzung, die ich bereits in der ersten Beratung dieses Antrags Ihrer Fraktion zum Ausdruck gebracht habe, ist auch nach den Ausschussberatungen und nach dem, was Sie eben noch an Grün da herum drapiert haben, bestehen geblieben. Ihre Fraktion DIE LINKE spielt ein politisches Thema in die Landtagsberatung ein in der Gewissheit, keine Mehrheit dafür zu bekommen, aber in der Hoffnung, dafür eine gewisse Aufmerksamkeit zu erheischen. Die

ser Antrag reiht sich nahtlos in das ein, was wir in diesem Hause bisher an politischer Arbeit von der Linksfraktion erlebt haben: Populismus pur, gewürzt mit einem Schuss Demagogie.

Die Erhebung von Vermögenssteuer und einer sogenannten Großerbensteuer ist ein Thema, an dem sich schon Ihre Spitzengenossen Lafontaine und Gysi in vielen Talkshowauftritten abgearbeitet haben. Wir alle kennen die Methode der Linken. Es werden unrealistische Steuermehreinnahmen errechnet, denen doppelte und dreifache Ausgaben entgegenstehen. Nach dem Motto „Freibier für alle“ werden Wohltaten in fast allen Politikfeldern, insbesondere im Bildungs- und Sozialbereich versprochen. Hier lässt der legendäre Jäger 90 grüßen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren von den Linken, jeder, der sich mit dem Thema Steuer beschäftigt, weiß, dass es einen engen Zusammenhang zwischen der sozialen Marktwirtschaft, dem Privateigentum und einem moderaten Steuerrecht gibt. Unsere soziale Marktwirtschaft ist auf den Erwerb und Erhalt von privatem Eigentum aufgebaut, das natürlich soziale Verpflichtungen schafft, wie es auch im Grundgesetz steht. Wenn wir also unseren Wohlstand erhalten wollen, muss es den Menschen in unserem Lande auch zukünftig möglich sein, privates Eigentum zu bilden. Dieses Eigentum - ob Haus, Hof oder Betrieb - muss vor der schleichenden Enteignung durch überhöhte Bestandssteuern geschützt werden. Deshalb lehnt die CDU-Fraktion Ihren Antrag ab.

(Zustimmung von Dr. Karl-Ludwig von Danwitz [CDU])

Wir wollen nicht, dass die Menschen in unserem Lande den Antrieb verlieren, privates Eigentum zu erwerben und zu erhalten. Durch Anträge wie diesen hier wird die Leistungsbereitschaft vieler Menschen bestraft und die Bereitschaft, privates Eigentum zu erwerben, ausgehöhlt.

Meine Damen und Herren, CDU und CSU haben in Berlin für eine mittelstandsfreundliche Neugestaltung der Erbschaftsteuer gestritten, weil wir ein Interesse daran haben, die Firmen, die Arbeitsplätze schaffen, nicht zu behindern, sondern zu stärken. Der ausgehandelte Regierungsentwurf ist eine gute Grundlage, weil in ihm die von CDU und CSU vertretene Richtung verankert ist.

Sie, meine Damen und Herren von der Linksfraktion hier im Landtag, formulieren in Ihrem Antrag

jedoch einen Horrorkatalog von Steuererhöhungen, der die Betriebe und damit auch die Arbeitsplätze förmlich aus dem Lande treiben würde. Aber ich vermute nach wie vor, dass Sie genau das auch beabsichtigen; denn Ihr Vorsitzender, Oskar Lafontaine, hat ja schon die Enteignung von Familienunternehmen angedroht. Meine Damen und Herren, Ihr Antrag zielt in diese Richtung, zwar nicht durch formelle Enteignung - mit Polizei vom Hof herunter -,

(Lachen bei der LINKEN)

aber durch das Drehen an der Steuerschraube. So soll Privateigentum unattraktiv gemacht werden. Das ist Ihre Taktik, das ist Ihre Stoßrichtung.

Meine Damen und Herren, was daraus wird, konnten wir beim nicht mehr existierenden zweiten Staat auf deutschem Boden begutachten: eine völlig marode Bausubstanz in den Städten und Dörfern, viele umweltgefährdende Industriebrachen sowie eine nicht funktionsfähige Infrastruktur.

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ha- ben sie alles verdrängt!)

Trotzdem versucht die Linkspartei mit einem Vokabular aus der ideologischen Mottenkiste

(Kurt Herzog [LINKE]: Dito!)

des Klassenkampfes weiter, uns weiszumachen, durch die Wiedererhebung der Vermögensteuer, eine sogenannte Großerbensteuer und eine andere Gestaltung der Körperschaftsteuer sei der Haushalt des Landes zu konsolidieren.

(Zuruf von der LINKEN: Wovor haben Sie eigentlich Angst?)

Meine Damen und Herren, wie man einen Haushalt konsolidieren kann, das haben die Landesregierung und die sie tragenden Parteien, CDU und FDP, hier in Niedersachsen doch in hervorragender Weise gezeigt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nicht dadurch, dass der Staat dem Bürger immer tiefer in die Tasche greift, sondern durch strikte Ausgabendisziplin haben wir es erreicht, dass seit 2003 mehr als 35 Millionen Euro Schulden abgebaut wurden und die Neuverschuldung fast auf null zurückgeführt wurde.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Auf wessen Kosten?)

Das, meine liebe Frau Flauger, ist der Königsweg einer erfolgreichen Sanierung der Staatsfinanzen.

Der Weg, den Sie gehen wollen, ist, den Menschen durch neue und erhöhte Steuern in die Tasche zu greifen und das so eingenommene Geld wieder zu verteilen - ein verhängnisvoller Irrweg, wie ich meine. Er schwächt die Leistungsbereitschaft und die Eigenverantwortung der Menschen. Er erfordert den Auf- und Ausbau einer riesigen Staatsbürokratie. Er führt aber nicht zu dringend notwendigen steuerlichen Entlastungen der Leistungsträger unserer Gesellschaft: der Mittelschicht, der Facharbeiter und unserer Familien.

Meine Damen und Herren, Ihnen muss doch klar sein: Wenn Sie mit einer Wiedereinführung der Vermögensteuer deutlich über 15,9 Milliarden Euro Steuereinnahmen für die Bundesrepublik realisieren wollen, dann muss die Bemessungsgrundlage schon bei mittleren Vermögen ansetzen. Dann ist der Eigentümer einer lastenfreien Immobilie betroffen; dann sind aber auch die Oma und der Opa betroffen, die ihr Leben lang gespart haben und dadurch im hohen Alter ein ordentliches Sparguthaben besitzen.

Mit Ihrem Vorschlag wären wir aber auch im europäischen Maßstab einsame Spitze. Viele Länder erheben gar keine Vermögensteuer. Länder wie Frankreich und die Schweiz, die eine solche Steuer noch kennen, würden wir im Steueraufkommen um das Sechs- bis Siebenfache übertreffen.

Meine Damen und Herren, sollten Sie aber die Bemessungsgrundlage höher ansetzen, dann haben Sie bei geringem Steueraufkommen einen hohen bürokratischen Aufwand. Dann geht sozusagen die Hitze mit dem Rauch auf. Gott sei Dank hat das Bundesverfassungsgericht bereits geurteilt, dass der Staat lediglich Vermögenserträge, nicht aber Vermögenssubstanz besteuern darf, und damit Ihrem Ansinnen ohnehin einen Riegel vorgeschoben.

Ich halte den Antrag der Linksfraktion für einen weiteren Beweis der Politikunfähigkeit dieser Gruppierung in unserem Landtag. Die CDU wird diesen Antrag - das wird Sie nicht wundern - ablehnen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Bitte, Herr Adler!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege, das Bundesverfassungsgericht hat nicht erklärt, dass die Besteuerung von Vermögenssubstanz verfassungswidrig sei, sondern es hat erklärt, dass die Besteuerung von Vermögenssubstanz zusammen mit der Einkommensteuer nicht über 50 % kommen dürfe. Das ist ein kleiner Unterschied.

Die Besteuerung von Vermögenssubstanz kann schon deshalb nicht verfassungswidrig sein, weil sie im Grundgesetz angesprochen ist. Gucken Sie einmal im Katalog der Gegenstände konkurrierender Gesetzgebung nach! Darin steht nämlich die Vermögensteuer. Sie ist also ausdrücklich im Grundgesetz erwähnt. Wollen Sie jetzt sagen, dass das Grundgesetz verfassungswidrig ist, oder wie soll ich mir das vorstellen?

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Kollege Sohn hat doch im Grunde sehr moderate Vorschläge gemacht. Nehmen Sie doch einmal den Einkommensteuersatz, den wir unter Helmut Kohl hatten! Oder nehmen wir die Vermögensteuer, die wir schon einmal hatten! Das sind doch alles maßvolle Vorschläge, die sich im Rahmen dessen bewegen, was es in der Geschichte der Bundesrepublik schon gegeben hat.

(Ulf Thiele [CDU]: Das wollen Sie doch gar nicht!)

Das ist für Sie der Horrorkatalog. Deswegen erzählen Sie, die soziale Marktwirtschaft sei gefährdet. Oder gucken Sie in andere Länder! Da gibt es Vermögensteuer. Nehmen wir einmal das Beispiel Schweden! Es zeigt, dass man mit einem gerechteren Steuersystem soziale Leistungen durchaus erbringen und bezahlen kann.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Auf eine Erwiderung wird verzichtet. Dann darf ich das Wort Herrn Rickert von der FDP-Fraktion geben.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Da ich heute Abend noch fahren muss, will ich mich etwas kurz fassen.

(Zustimmung bei der FDP und bei der SPD - Heinrich Aller [SPD]: Hat das mit der Kfz-Steuer zu tun?)

- Herr Aller, Sie waren in Ihren letzten Ausführungen so freundlich, uns darauf hinzuweisen, dass wir nicht über das Stöckchen springen sollten, das Herr Sohn uns hinhält. Sie werden das vielleicht gleich noch einmal erläutern. Deswegen tue ich das nicht. Ich hüpfe nicht über das Stöckchen.