Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich freue mich, Ihnen auch in diesem Jahr unsere Schwerpunkte im Sozialhaushalt vorstellen zu können. Lassen Sie mich in guter Tradition jedoch zwei Bemerkungen voranstellen.

Erstens möchte ich mich im Namen meiner Fraktion bei unserer Sozialministerin Mechthild RossLuttmann und den Mitarbeitern ihres Hauses herz

lich für die bewährte und konstruktive Zusammenarbeit bedanken.

(Beifall bei der CDU)

Zweitens stelle ich fest: Mit dem Sozialetat für das kommende Haushaltsjahr führen wir den Weg unserer konsequenten Sozialpolitik fort. Damit bestätigen wir erneut, dass ein soziales Niedersachsen nicht im Widerspruch zu den Konsolidierungszwängen und dem Sparwillen der Landesregierung steht. Vielmehr gestalten wir soziale Politik für die Menschen und sorgen gleichzeitig dafür, dass unsere Kinder und Enkel durch einen soliden Haushalt auch morgen und übermorgen in der Lage sein werden, soziale Politik flexibel und aktiv zu gestalten.

Auch der Sozialetat für das Haushaltsjahr 2009 stellt sich als solide und konsequent dar. Für nächstes Jahr stellen wir mit Gesamtausgaben in Höhe von 3,4 Milliarden Euro mit rund 13,6 % einen der größten Einzeletats des Gesamthaushaltes. Die Ausgaben sind von 3,1 Milliarden Euro im Jahre 2008 um 216 Millionen Euro auf 3,4 Milliarden Euro gestiegen. Aber trotz der zu erbringenden globalen Minderausgabe in Höhe von 29,1 Millionen Euro konnten auch die freiwilligen Leistungen des Landes in Höhe von 68,1 Millionen Euro wie im Vorjahr erneut aufgestockt werden, und zwar um weitere knapp 7 Millionen Euro auf 75 Millionen Euro. Dazu kommen Verpflichtungsermächtigungen für freiwillige Leistungen in Höhe von 7,5 Millionen Euro. Dies sind Punkte, die es besonders zu würdigen gilt.

Meine Damen und Herren, in nahezu allen Haushaltskapiteln konnten die Haushaltsansätze erhöht werden. In vielen Bereichen können wir dank unserer soliden Finanzpolitik zusätzliche Akzente setzen, die den Menschen in Niedersachsen unmittelbar zugute kommen. Einer der Schwerpunkte unserer Sozialpolitik im nächsten Jahr wird die Seniorenpolitik sein. Der demografische Wandel wird zu einem gesteigerten Bedarf an seniorengerechten Strukturen und Beratungsangeboten führen. Den landesweiten Aufbau des Seniorenservicebüros werden wir fortführen.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Sehr gut!)

Zur Zusammenführung des Informationsangebotes initiieren wir einen Seniorenserver. Im Internet werden so alle seniorenpolitischen Informationen gebündelt und zielgruppengerecht dargestellt.

Ich möchte ausdrücklich den Bereich „Bauen und Wohnen“ hervorheben. Um unsere niedersächsischen Städte lebenswert zu erhalten, ist die Förderung städtebaulicher Maßnahmen besonders wichtig. Dabei geht es u. a. darum, das Miteinander von Alt und Jung sowie die Integration aller Einwohner mit Migrationshintergrund nicht nur zu sichern, sondern auch zu fördern. Deshalb, weil es um Menschen und Integration geht, setzen wir das Programm „Soziale Stadt“ fort. Für 2009 stellt Niedersachsen Mittel für die folgenden Programmbereiche zur Verfügung: Normalprogramm, „Soziale Stadt“, „Stadtumbau West“ und „Aktive Stadt- und Ortsteilzentren“. Insgesamt stellen wir für den Städtebau inklusive der Bundesmittel 52 Millionen Euro zur Verfügung. Auch die erfolgreiche Quartiersinitiative Niedersachsen wird mit 1 Million Euro gefördert.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ein großes Quartier!)

Ein wichtiger Bereich ist die Wohnraumförderung. Mit dem Gesetz zur Änderung des Grundgesetzes vom 28. August 2006 haben die Länder für wesentliche Bereiche des Wohnungswesens, insbesondere für das Recht der sozialen Wohnraumförderung, für den Abbau von Fehlsubventionen sowie für das Wohnungsbindungsrecht die ausschließliche Kompetenz erhalten. Das Wohnraumförderungsgesetz des Landes, dessen Entwurf im Novemberplenum eingebracht worden ist, wird die Wohnraumförderung auf eine solide Grundlage stellen. Stichworte hierbei sind: familiengerechtes Wohnen, generationsübergreifendes Wohnen, Wohnen im Alter, Wohnen mit Behinderung, Schaffung lebenswerter Innenstädte, energetische Wohnraumsanierung, Verzahnung der Förderungen von Wohnungs- und Städtebau. - Zur Finanzierung dieser Aufgaben stellen wir die Kompensationsmittel des Bundes in Höhe von fast 40 Millionen Euro im vollen Umfange für die Wohnraumförderung zur Verfügung.

Meine Damen und Herren, die Fraktionen von CDU und FDP beantragen darüber hinaus, zur Förderung der energetischen Wohnraumsanierung weitere Mittel bereitzustellen. Die Landesregierung hat mit dem Landesprogramm „Energetische Wohnraumsanierung“ ein Förderinstrument für energetische Gebäudesanierung, für größere Wohnanlagen und für privates Wohneigentum geschaffen, um den Zins für Kredite der KfWFörderbank verbilligen zu können. Dieses Projekt ist ein wichtiger Beitrag zur weiteren Reduktion des CO2-Ausstoßes in Niedersachsen. Um das Pro

gramm noch attraktiver für Wohnungseigentümer zu machen, werden wir insgesamt Mittel in Höhe von 4 Millionen Euro für die nächsten Jahre bereitstellen. Damit wird der Zinssatz nochmals weiter verbilligt. Mit der Erhöhung der Mittel können wir zusätzlich 800 Mietwohnungen fördern.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ein weiterer Schwerpunkt unserer Politik betrifft den Bereich der Jugendarbeit. Niedersachsen ist führend bei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Daher werden wir für die Jugendwerkstätten wieder mehr als 4 Millionen Euro und für das Programm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit fast 11 Millionen Euro bereitstellen.

Zur Prävention finanzieller Schwierigkeiten von Jugendlichen werden wir die Finanzkompetenz Heranwachsender weiter stärken. Seit diesem Jahr fördert das Land ein Verschuldungspräventionsprojekt, das junge Menschen davor bewahren soll, aufgrund der Nutzung von Mobiltelefonen und kostenpflichtigen Internetangeboten frühzeitig in eine Verschuldungsfalle zu geraten. Der Haushaltsansatz in Höhe von 200 000 Euro wird auch im kommenden Jahr wieder zur Verfügung gestellt.

Weitere Schwerpunkte sind die Förderung familienfreundlicher Infrastrukturen sowie der Kinderschutz. Wir wollen Kinder früh fördern, weil früh gelegte Grundlagen besonders stabil sind. In diesem Zusammenhang ist der Ausbau von Kinderbetreuungsmöglichkeiten ein besonders wichtiger Baustein unserer Familienpolitik.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Der Ausbau der Betreuungsmöglichkeiten für Kinder unter drei Jahren ist in diesem Zusammenhang eine unserer größten Aufgaben. Hierbei müssen wir einiges des von Ihnen - unter SPD-Führung - in der Vergangenheit Versäumten nachholen. In Niedersachsen wollen wir bis 2013 ca. 19 000 Kindertagespflegeplätze vorhalten.

(Beifall bei der CDU)

Für die Kindertagespflege werden im Jahre 2009 Bundesmittel in Höhe von 11 Millionen Euro an die Kommunen weitergegeben. Außerdem stockt das Land diesen Betrag mit weiteren 613 000 Euro nochmals auf.

(Ulrich Watermann [SPD]: Donnerwet- ter! Das ist aber richtig viel!)

Auch das Landesprogramm „Familie mit Zukunft“ wird im kommenden Jahr fortgeführt. Dafür stehen wieder über 21,3 Millionen Euro zur Verfügung.

(Beifall bei der CDU)

Die Stärkung des Kinderschutzes wird im nächsten Jahr einen zentralen Punkt unserer Kinder- und Jugendpolitik bilden. Gestern hat sich das Kabinett mit dem Gesetzentwurf zum verbindlichen Einlade- und Meldewesen befasst. Die Kontrolle über die Teilnahme an den Früherkennungsuntersuchungen wird vor allem den Kinderschutz, aber auch die Kindergesundheit in unserem Land nachhaltig stärken.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, die Finanzierung sichern wir mit einem Haushaltsansatz in Höhe von 1,8 Millionen Euro für die erforderlichen Personal- und Sachkosten. Auch die frühen Hilfen wie Familienhebammen oder Familienhelferinnen werden weiter gefördert. Insbesondere für die Ausbildung von Familienhebammen mit Migrationshintergrund stellen wir im Jahr 2009 zusätzliche Mittel zur Verfügung. Auch werden die Fortbildungskurse entsprechend fortgeführt, weil sie sehr stark nachgefragt werden.

Die Fraktionen von CDU und FDP unterstützen auch die Arbeit des Kinderschutzbundes nachhaltig. Dies wird deutlich an der Entwicklung innovativer Maßnahmen z. B. zur frühzeitigen Erkennung von Kindeswohlgefährdung, zur Förderung der Entwicklungspotenziale von Kindern und Jugendlichen und zur Stärkung der Erziehungskompetenz von Eltern. Hier wollen wir den Ansatz im Haushalt in Höhe von 130 000 Euro um 36 000 Euro erhöhen.

(Beifall bei der CDU - Zuruf von Ulrich Watermann [SPD])

- Immerhin haben wir einen finanziellen Spielraum, der entsprechende Erhöhungen möglich macht. Hätten Sie weiterhin Verantwortung getragen, wären wir längst schon an die Wand gefahren, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU)

Erlauben Sie, dass ich noch ein Wort zur Gesundheitspolitik sage. Die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, wirtschaftlichen und möglichst wohnortnahen medizinischen Versorgung in einem Flächenland wie Niedersachsen ist von existenzieller Bedeutung. Gemeinsam mit allen Akteuren werden wir uns der Frage stellen, wie die ärztliche

Versorgung in Niedersachsen auch künftig gesichert werden kann. Neben der ärztlichen Versorgung gehört dazu natürlich auch eine ausreichende und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Krankenhäusern. Deshalb bleibt auch die Krankenhausfinanzierung 2009 ein besonderer Schwerpunkt.

Meine Damen und Herren, außerdem werden CDU und FDP Projekte unterstützen, die die Gesundheitsförderung und -prävention für Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge verbessert. Hierfür werden nochmals 40 000 Euro zusätzlich in den Haushalt eingestellt und die Mittel auf insgesamt 244 000 Euro erhöht.

Weitere Mittel stehen für das Förderprogramm zur Betreuung und Versorgung schwerstkranker Kinder mit 450 000 Euro zur Verfügung. Zudem planen wir, 2009 erstmalig Mittel zur Verfügung zu stellen, die die Unterstützung des Betriebes von zwei Kurzzeitpflegeeinrichtungen speziell für Kinder ermöglichen, die in den nächsten vier Jahren mit insgesamt 4 Millionen Euro gefördert werden sollen. Ich denke, dies ist ein Projekt, das es ganz besonders zu begrüßen gilt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Auch die Förderung der Palliativmedizin wird fortgesetzt. Wir sichern damit die landesweite Versorgung mit palliativmedizinischen Strukturen. Außerdem werden die Palliativstützpunkte ab dem fünften Jahr mit jährlich 5 000 Euro zur Sicherstellung einer 24-Stunden-Erreichbarkeit und zur Qualitätsverbesserung vom Land unterstützt. Für die Suchtbekämpfung stehen in diesem Sozialhaushalt Mittel in Höhe von 7,2 Millionen Euro zur Verfügung. Darin sind auch 186 000 Euro für die Weiterversorgung von Schwerstopiatabhängigen aus dem ehemaligen Heroinmodellprojekt enthalten. Auch die Arbeit der niedersächsischen Aidshilfe unterstützen wir weiter. Die Mittel dafür werden auf 1,463 Millionen Euro erhöht.

Anhand dieser Beispiele konnte ich zeigen, dass es eine Vielzahl von Projekten gibt, die wir im Haushalt entsprechend explizit darstellen. Ich könnte die Liste noch verlängern. Ich habe bei meinem Vortrag hier die bewährte Mischung aus Detailtreue und Kürze gewählt. Abschließend dies: Es zeigt sich, dass wir trotz Wirtschaftskrise und Haushaltskonsolidierung das soziale Profil in Niedersachsen schärfen.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Schwarz für die SPDFraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Zunächst geht mein Dank an das Ministerium, insbesondere an Herrn Koy und seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, für die umfassende Beratung und auch die zügige Nachlieferung der im Sozialausschuss erbetenen Unterlagen.

(Beifall bei der SPD)

Der Turbokapitalismus hat eine Finanz- und Wirtschaftskrise ausgelöst, die sich mittlerweile immer mehr in die Mitte der Gesellschaft frisst. Deren Spaltung vertieft sich zusehends. Soziale Gerechtigkeit und Solidarität zwischen Starken und Schwachen sind nicht nur eine moralische Verpflichtung. Sie haben vielmehr den sozialen Frieden in unserem Land seit Jahrzehnten maßgeblich gesichert. Ich finde, das muss so bleiben und sich im Übrigen gerade in der Krise erneut bewähren.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN - Christian Dürr [FDP]: Das sind schöne Worte!)

- Sie sollten, bevor Sie solche Zwischenrufe machen, einmal darüber nachdenken, wie es Menschen geht, die gerade ihren Arbeitsplatz verlieren.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Jetzt ist eine Politik der Ernsthaftigkeit und Substanz gefordert. Aber auch dieser Haushalt zeigt erneut, dass Sozialpolitik bei Ihnen allenfalls vor Wahlen kurzfristig Konjunktur hat.

(Norbert Böhlke [CDU]: Wir sind nach den Wahlen!)

- Eben. - Obwohl der Sozialetat nur 13 % vom Gesamthaushalt ausmacht, muss er erneut allein 30 % der globalen Minderausgabe erwirtschaften. Das heißt, den von der Koalition gefeierten Verbesserungen von insgesamt 600 000 Euro stehen im Sozialetat tatsächlich Kürzungen von 29 Millionen Euro gegenüber. Das ist meines Erachtens in der Krise absolut kontraproduktiv. Es macht aber auch deutlich, welchen inhaltlichen Einfluss die Sozialministerin in diesem Kabinett hat, nämlich gar keinen.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)