Protokoll der Sitzung vom 10.12.2008

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Frau Ministerin, entschuldigen Sie. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Abgeordneten Helmhold?

Nein. - Die Niedersächsische Turnerjugend hat mir zu meiner Presseinformation mitgeteilt:

„Sehr geehrte Frau Ross-Luttmann, mit großem Interesse haben wir Ihrer Presseinformation vom 22. September entnommen, dass Sie mit dem Niedersächsischen Bündnis für alle Kinder eine weitere Initiative zur wirksamen Förderung sozial benachteiligter Kinder gestartet haben. Wir begrüßen diesen Vorstoß ausdrücklich und bitten Sie, die angekündigten Hilfsmöglichkeiten mit Nachdruck weiter zu verfolgen.“

Meine sehr geehrten Damen und Herren, nichts anderes werde ich tun. Daher verstehe ich Ihre Aufregung überhaupt nicht, Herr Schwarz.

(Beifall bei der CDU)

Zum zweiten Punkt meiner Vorbemerkungen, zu Investitionen: Ich glaube, an einer Stelle sind wir uns ganz einig.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Investitionen wirken nicht sofort, sondern erst mittel- bis langfristig. Der Mittelabfluss - Bundes-, Landes-, kommunale Mittel - in den Bereichen Krankenhausinvestitionen, Familien mit Zukunft, Wohnungsbauprogramme, Städtebauförderung, Investitionspakt wird im Jahr 2009 voraussichtlich eine Höhe von 337,4 Millionen Euro haben. Das ist Investitionsförderung des Landes!

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Mit dieser Investitionsförderung werden wir selbstverständlich arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Signale setzen. Das ist ein richtiges Signal in Richtung weiterer Arbeitsplätze im Baugewerbe und im Handwerk.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

So weit meine Vorbemerkungen. Nun möchte ich gerne zu einigen weiteren Schwerpunkten Stellung nehmen.

Eine unserer größten Herausforderungen wird der Umgang mit den Auswirkungen des demografischen Wandels sein.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Ja, ge- nau!)

Das haben auch die Ergebnisse der EnqueteKommission „Demographischer Wandel - Herausforderung an ein zukunftsfähiges Niedersachsen“ gezeigt. Durch eine niedrige Geburtenrate auf der einen Seite, eine hohe und immer steigende Lebenserwartung auf der anderen Seite sowie durch Zu- und Abwanderung wird sich unsere Gesellschaft spürbar verändern.

Schon in den vergangenen Jahren haben wir darauf reagiert. Der Haushaltsplanentwurf 2009, der Ihnen vorliegt, führt diese zukunftsfähige Sozialpolitik weiter. Der Leitsatz der Sozialpolitik der Niedersächsischen Landesregierung lautet: Miteinander füreinander.

(Heidemarie Mundlos [CDU]: Sehr gut!)

Eine Sozialpolitik ohne Solidarität, ohne ein Miteinander-füreinander-Handeln, ist für mich nicht vorstellbar. Ob jung oder alt, krank oder gesund, mit oder ohne Handicap: Wir sorgen für alle Menschen für ein lebenswertes, soziales Niedersachsen.

Dafür investieren wir rund 272,5 Millionen Euro mehr als im letzten Jahr. Mit Gesamtausgaben in Höhe von etwa 3,4 Milliarden Euro stellt das Sozialressort mit 13,6 % einen der größten Einzeletats des Gesamthaushalts des Landes dar.

Jetzt möchte ich ganz wichtige Schwerpunkte hervorheben:

Politik für und mit Senioren. Die Menschen werden erfreulicherweise immer älter. Betrug die durchschnittliche Lebenserwartung vor 100 Jahren noch 45 Jahre, so liegt sie heute bei 85 Jahren. Damit werden wir mehr und mehr zu einer Gesellschaft des langen Lebens. Für diese immer größer werdende Bevölkerungsgruppe brauchen wir mehr Beratungs- und Unterstützungsangebote.

Wir haben doch viele Seniorinnen und Senioren, die sich heute schon ganz aktiv in die Gesellschaft einbringen. Aber wir haben auch viele ältere Menschen, die sich einbringen möchten, die aber nicht wissen, wie. Es gibt Senioren, die Hilfe und Unterstützung brauchen. All diesen Wünschen entsprechen wir mit den Seniorenservicebüros.

(Zustimmung bei der CDU)

Denn sie informieren über Unterstützungsangebote, sie bieten Beratung über Wohnraumanpassungen und neue Wohnformen an, sie informieren über Pflegeangebote. Vor allen Dingen beantworten sie manchmal auch nur ganz schlicht Fragen zur Alltagsbewältigung, zur Lebensbewältigung älterer Menschen. Als zentrale Anlaufstellen sollen diese Büros Informationen und Dienstleistungen aus einer Hand anbieten, um so älteren Menschen unnötigen Aufwand zu ersparen.

In diesem Jahr haben wir damit begonnen, 16 Seniorenservicebüros aufzubauen. Ich habe noch sehr gut im Ohr, wie Sie das gerade eben kritisiert haben. Aber ich kann mit den Seniorenservicebüros nicht falsch liegen, wenn wir über 100 Anträge aus den Kommunen, den Wohlfahrtsverbänden bekommen haben, Seniorenservicebüros einzurichten. Das zeigt nicht nur den Bedarf, sondern auch das Interesse. Das zeigt und belegt eindeutig, dass sich unsere Kommunen auf den Weg gemacht haben, um für unsere Senioren ein attraktives Angebot aufzulegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, im kommenden Jahr werden weitere zehn Büros dazukommen, damit bis Mitte 2011 möglichst in jedem Landkreis und jeder kreisfreien Stadt ein solches Angebot vorgehalten werden kann. Dafür stehen 2009 insgesamt 1,2 Millionen Euro zur Verfügung.

Wir wollen keine neuen Strukturen schaffen, sondern wollen sie in bestehende Einrichtungen integrieren. Ich finde es fabelhaft, wenn ein Mehrgenerationenhaus gleichzeitig Familienservicebüro und Seniorenservicebüro ist, wenn Jung und Alt gemeinsam die unterschiedlichsten Angebote bekommen und vor allen Dingen jeder, der dorthin geht, eine Anlaufstelle findet, von der er ganz genau weiß, dass ihm seine Fragen beantwortet werden, und keinen Behördendschungel, wo der Einzelne nicht weiß, wohin er laufen muss, um Antworten auf seine Fragen zu bekommen.

In diesem Zusammenhang ist auch das Thema „Wohnen im Alter“ wichtig. Die meisten Menschen möchten in ihren eigenen vier Wänden wohnen, solange es geht. Wir haben deshalb eine zentrale Anlaufstelle, die bedarfsgerechte Unterstützungsnetzwerke entwickeln, Wohnangebote für das selbstständige und selbstbestimmte Wohnen älterer Menschen in den Kommunen anregen und vor allen Dingen die Kommunen fachlich begleiten soll. Dies wird dadurch flankiert, dass wir altengerechte Wohnungen und neue Wohnformen über die Wohnraumförderung fördern. Insgesamt stehen 2009 in diesem Bereich 39,9 Millionen Euro zur Verfügung.

Ein weiteres Schwerpunktthema, das auch von Ihnen angesprochen wurde, ist selbstverständlich das Thema Pflege. Ich möchte dem Wunsch der pflegebedürftigen Menschen entsprechen, so lange wie möglich in der eigenen häuslichen Umgebung zu bleiben. Deshalb setzen wir ganz erhebliche Landesmittel zur Förderung der ambulanten Pflege, der Kurzzeitpflege, der Verhinderungspflege ein, wenn nämlich Krankheit oder Pflegebedürftigkeit eintritt. Die Mittel für diesen Zweck sind von 2003 bis 2009 von rund 31 Millionen Euro auf 42,6 Millionen Euro angestiegen. Das ist eine Steigerung um 37 %! Von Stagnation, Rückschritt und Zurückfahren von Mitteln ist überhaupt keine Rede. Im Gegenteil, wir haben diese Mittel bedarfsgerecht gesteigert.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ganz wichtig ist: Wir haben in den letzten fünf Jahren ein flächendeckendes Netz niedrigschwelliger Angebote in der Pflege aufgebaut. Damit können auch pflegende Angehörige entlastet werden. Wir alle wissen, dass etwa 70 % der Menschen, die gepflegt werden, zu Hause gepflegt werden, und zwar meistens von Frauen. Die Angehörigen brauchen Entlastung. Diese Entlastung wird durch diese niedrigschwelligen Angebote erreicht. Ihre Zahl hat sich von 81 im Jahre 2004 auf aktuell 270 Betreuungsgruppen, Helferkreise und Familien entlastende Dienste mehr als verdreifacht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zahlt das das Land, oder zahlt das der Bund?)

Auch die vollstationäre Pflege steht in Niedersachsen auf einem fachlich hohen Niveau.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Die Bi- schöfe sagen etwas anderes!)

Aber - da haben Sie recht - gute Pflege muss auch gut bezahlt werden. Da sind wir uns alle einig. Dazu gehört auch, dass Pflege als Beruf einen höheren Stellenwert bekommt. Altenpflege hat Zukunft und muss daher attraktiver werden. Dafür werde ich mich besonders einsetzen. Im Vordergrund steht auch nach meiner Überzeugung, dass wir junge Menschen schon in der Schule für einen nicht immer leichten, aber sehr erfüllenden Beruf begeistern müssen.

Wir können die Ausbildungs- und Weiterbildungsbereitschaft der Einrichtungsträger durch zielgerichtete Maßnahmen erhöhen.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Durch ei- ne Umlage geht das am besten!)

Die Debatte um eine Wiedereinführung der Altenpflegeumlage, sehr geehrte Frau Kollegin Helmhold, halte ich allerdings nicht für zielführend;

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was hal- ten Sie denn für zielführend?)

denn sie ist schon einmal gescheitert. Nein, wir werden intelligentere Lösungen brauchen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Welche denn? - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Wir haben doch ein Urteil in der Sache!)

Dazu befinden wir uns in einem intensiven Dialog mit den Fachleuten im Landesarbeitskreis Personalinitiative Pflege.

(Uwe Schwarz [SPD]: Seit 2006 be- finden Sie sich im Dialog! Seit drei Jahren! Der Dialog muss doch einmal zu einem Ende kommen! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Von immenser Bedeutung ist aber auch die Sicherstellung einer qualitativ hochwertigen, wirtschaftlichen und wohnortnahen medizinischen Versorgung. Neben der ärztlichen Versorgung im ambulanten Bereich gehört dazu selbstverständlich auch eine ausreichende, flächendeckende Versorgung der Menschen in unserem Land mit Krankenhäusern. Wichtig ist gerade eine möglichst wohnortnahe Versorgung, weil wir natürlich auf den demografischen Wandel reagieren müssen und die Situation älterer Menschen, insbesondere die Situation älterer chronisch kranker Menschen ganz genau betrachten müssen.

(Uwe Schwarz [SPD]: Da sind wir uns völlig einig!)

Ältere Menschen sind natürlich nicht mehr so beweglich, dass sie weit entfernt liegende Krankenhäuser aufsuchen können.

Unser Krankenhausnetz - 195 Häuser im Bettenbedarfsplan - bietet gute und qualitativ hochwertige Krankenhäuser in erreichbarer Nähe. Aber diese Krankenhäuser müssen auch in Zukunft leistungsfähig sein.

(Uwe Schwarz [SPD]: Stimmt!)

Das betrifft zwei Bereiche. Erstens müssen die Krankenhäuser aus ihren Einnahmen ihre Betriebsausgaben bestreiten können. Sie müssen aus ihren Einnahmen das bezahlen können, was sie für Pflege und Medizin benötigen. Da ist der Bund gefordert. Das ist Aufgabe des Bundes.