Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drucksache 438 ablehnen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Erste war die Mehrheit. Der Beschlussempfehlung wurde somit zugestimmt.
Wer der Beschlussempfehlung des Ausschusses zustimmen und damit den Antrag der Fraktion der SPD in der Drucksache 592 ablehnen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich der Stimme? - Das Erste war die Mehrheit. Der Ausschussempfehlung ist gefolgt worden.
ren - die bewährte Sicherheitsarchitektur schützen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/666 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sport und Integration - Drs. 16/763
Der Antrag wird von dem Kollegen Briese von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen eingebracht. Herr Briese, ich erteile Ihnen das Wort.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Wir führen an diesem Abend nun noch eine zweite sicherheitspolitische Debatte. Ich werde es nie richtig verstehen: Alljährlich stellen uns die Innenminister von Bund und Ländern ihre Sicherheitsberichte vor und sagen, die Bundesrepublik Deutschland sei eines der sichersten Länder auf der Welt. Auf der gleichen Konferenz wird dann meistens aber zeitgleich eine ganze Batterie von neuen Eingriffsbefugnissen gefordert bzw. werden neue Gesetze für nötig erachtet. Eine der ältesten Forderungen in diesem Zusammenhang ist der erweiterte Einsatz der Bundeswehr im Inneren. Die CDU fordert das schon seit 20 Jahren. Ich habe mir dazu ein paar Artikel und Bücher durchgelesen. Seit 20 Jahren stellt sich der jeweils amtierende Bundesinnenminister immer wieder hin und sagt: Ein erweiterter Einsatz der Bundeswehr im Inneren ist auf jeden Fall notwendig. - Vor 20 Jahren war es der damalige Innenpolitiker Gerster von der CDU, der im Bundestag immer wieder gesagt hat: Lasst uns das Grundgesetz doch dergestalt ändern, dass wir weitergehende Einsatzmöglichkeiten für die Bundeswehr haben. - Von ihm wurden damals auch ganz andere Begründungszusammenhänge genannt, als es heute geschieht. Damals wurde in erster Linie auf die organisierte Kriminalität, auf allgemein marodierende Banden oder andere Unwägbarkeiten abgestellt, die als Begründung dafür herhalten mussten, weshalb man einen erweiterten Einsatz der Bundeswehr unbedingt braucht.
Jetzt stellt sich die Frage: Hatten wir in den letzten 20 Jahren einen ganz konkreten Katastrophenfall oder eine ganz konkrete Gefahrenlage, sodass wir im Nachhinein sagen konnten „Okay, in dieser Situation hatten wir wirklich große Probleme; hier
wäre es absolut sinnvoll gewesen, wenn wir nach einer Änderung des Grundgesetzes erweiterte Befugnisse für den Einsatz der Bundeswehr gehabt hätten; deshalb ist es notwendig, das Grundgesetz dementsprechend zu ändern“? Hatten wir also tatsächlich eine konkrete Gefahrenlage - und nicht irgendeine allgemeine, abstrakte Gefahrenlage, dass etwa Asteroiden auf uns zufliegen - und müssen wir deswegen sicherheitspolitisch etwas ändern, reicht also die Sicherheitsarchitektur der Bundesrepublik nicht aus und sind erweiterte Befugnisse notwendig? - Ich jedenfalls, meine sehr verehrten Damen und Herren, kann mich daran nicht erinnern. Der einzige Fall, im Zusammenhang mit dem wir einmal darüber diskutiert haben, war ein verirrter Sportflieger in Frankfurt. Ich prognostiziere Ihnen, dass ein Jäger-90-Einsatz in einem solchen Fall auch nicht sehr viel sinnvoller gewesen wäre.
Wir stellen also fest: Es hat in den letzten 20 Jahren keine echte sicherheitspolitische Gefahrenlage gegeben, bei der ein Bundeswehreinsatz über das jetzt schon Zulässige hinaus notwendig gewesen wäre.
Zweiter Punkt. Es ist eine alte juristische Weisheit, dass ein Blick in das Gesetz die Rechtsfindung erleichtert. In Artikel 35 ist in schöner Breite dargestellt, dass der Einsatz der Bundeswehr in bestimmten Katastrophenfällen auch heute schon möglich ist. Ab und zu wenden wir ihn auch an, z. B. bei Überschwemmungslagen. Bei dem Hochwasserereignis an der Elbe hat es sich durchaus als sinnvoll herausgestellt, dass die Bundeswehr zur Katastrophenbewältigung eingesetzt werden konnte. - Es gibt also bereits die Möglichkeit, die Bundeswehr bei großen Unglücksfällen einzusetzen.
Artikel 87 enthält einen Passus, der etwas schwieriger zu verstehen ist. Danach kann die Bundeswehr zur Abwehr einer drohenden Gefahr, wenn der Bestand der Bundesrepublik Deutschland gefährdet ist, einbezogen werden. Das hat damals eine andere Große Koalition eingeführt. Dabei handelt es sich um eine Notstandsgesetzgebung, über die es eine sehr große Debatte gegeben hat. Die Regelungen sind seit 30 Jahren Gesetz, aber wir haben sie bis heute noch nie gebraucht. - Auch in solchen Fällen ist der Einsatz der Bundeswehr also schon möglich.
dert. In diesen 20 Jahren ist kein einziger Fall aufgetreten, bei dem sich das als sinnvoll erwiesen hätte. Das Grundgesetz lässt den Einsatz auch heute schon bei bestimmten Gefahrenlagen zu.
Letzter Satz: Weder Polizei noch Bundeswehr befürworten in diesem Zusammenhang eine weitere Grundgesetzänderung. Deswegen können Sie ganz beruhigt und mit guten Argumenten unserem Antrag zustimmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine sehr verehrten Damen und Herren von Bündnis 90/Die Grünen, Ihr Antrag hat mich nachdenklich gemacht.
Über die Feiertage habe ich mir die Frage gestellt, was Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr hier in Deutschland und im weltweiten Einsatz zu dem Antrag sagen würden. Bestimmt würde er Kopfschütteln und Unverständnis hervorrufen und im Papierkorb landen.
Für einen Einsatz der Bundeswehr im Inneren gibt es im Bundestag zurzeit keine Initiative. Deshalb sehen wir auch keinen Anlass, uns zum gegenwärtigen Zeitpunkt mit Ihrem Antrag weiter zu beschäftigen. Sie wollen quasi einen Vorratsbeschluss für Fälle, die keine Grundlage im Grundgesetz haben. Es macht doch keinen Sinn, Antragsinitiativen zu starten, wenn wir die entsprechenden Gesetzentwürfe nicht kennen. Aktionismus ist einfach nicht angebracht.
Wenn unserer Bundeswehr Aufträge erteilt werden sollen, dann muss vorab die politische Diskussion darüber geführt werden, auf welchen Feldern der Politik wir die Bundeswehr brauchen, um dann nach inhaltlicher Diskussion die entsprechenden
Unsere Bundeswehr braucht für ihre Aufträge eine politische Grundlage. Man reibt sich verwundert die Augen, dass sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, die auf Bundesebene unter Rot-Grün das Luftsicherheitsgesetz verabschiedet hat, heute mit ihrem Antrag landespolitisch vom Acker macht. Natürlich wird immer wieder über den Einsatz unserer Bundeswehr im Inneren diskutiert. Aber die Große Koalition in Berlin wird vor der anstehenden Bundestagswahl keine entsprechende Gesetzesinitiative starten.
„Gefährdet werden das Grundgesetz und die allgemeine Rechtsordnung insofern durch den Terrorismus, da verschiedene Sicherheitspolitiker den permanenten Ausnahmezustand verkünden und damit freiheitsbeschneidende Gesetze rechtfertigen.“
Die Politik ist angesichts der weltweiten allgemeinen Sicherheitslage geradezu verpflichtet, Möglichkeiten auszuloten, um im verfassungsrechtlichen Rahmen bei terroristischen Anschlägen umfassend zu reagieren.
Von einer Gefährdung unseres Grundgesetzes kann doch nicht ansatzweise die Rede sein. Der Innenausschuss des Niedersächsischen Landtages hat dieses eindrucksvoll bei seinen Besuchen bei den Bundesbehörden, wie Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz, demonstriert bekommen. Wir erinnern uns noch daran. Aber durch den Wechsel ihres Mitglieds im Innenausschuss ist das bei Bündnis 90/Die Grünen in Vergessenheit geraten.
Wir Politiker in Niedersachsen tragen eine große Verantwortung für die Sicherheit der Menschen in unserem Land. Die CDU-Fraktion nimmt diese Verantwortung sehr ernst und stellt sich den politischen Herausforderungen in allen Bereichen. Ihr Antrag ist dagegen ein beispielloses Dokument der Politikverweigerung. Wir werden ihn so behandeln, wie die Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr ihn sehen: Wir werden ihn lautlos versenken.
Übrigens: Ich nutze die heutige Gelegenheit, um allen Bundeswehrsoldatinnen und -soldaten Respekt, Dank und Anerkennung für ihren Einsatz in unserem Land und weltweit zu zollen. Unsere Sicherheit ist bei ihnen in guten Händen.
Auf den Beitrag von Herrn Coenen hat sich Herr Briese zu einer Kurzintervention gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Anderthalb Minuten, bitte!
Ich weiß, dass es schon spät ist. Ich hätte mich auch nicht gemeldet, wenn der Beitrag nicht so unsäglich gewesen wäre, Herr Präsident.
(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Das war wirklich ein bisschen billig! - David McAllister [CDU]: Was? Der war wegweisend!)
Herr Coenen, Sie kennen die Stellungnahme des Deutschen Bundeswehrverbandes, auf die Sie mehrfach Bezug genommen haben, anscheinend nicht. Der Verband der Soldatinnen und Soldaten sagt selbst: Wir wollen die erweiterten Befugnisse im Inland gar nicht. - Die Soldatinnen und Soldaten - hören Sie genau zu! - wollen die erweiterten Befugnisse nicht, genauso wenig wie übrigens die Polizei; auch sie wollen es nicht.
Zweitens. Worüber Sie sich so empört haben, war ein Zitat des Bundesverfassungsrichters di Fabio. Den haben Sie damals für das Bundesverfassungsgericht nominiert. Äußern Sie Ihre Empörung also bitte gegenüber Herrn di Fabio, Ihrem Bundesverfassungsrichter!