Ein Problem im Zusammenhang mit diesem Vorschlag ist auch, dass die Finanzierung nicht klar geregelt ist. Sie ist schon bei den bestehenden Sozialen Jahren sehr kritisch. Grundsätzlich gibt es eine Bundesförderung, die allerdings seit zwei Jahren nicht aufgestockt worden ist. In Niedersachsen gibt es für die Sozialen Jahre regelmäßig deutlich mehr Bewerber, als Plätze zur Verfügung stehen. Die Träger können die Finanzierung alleine nicht schaffen, weil die Förderung des Landes dafür nicht ausreicht.
Es ist ja schön und gut, ein Freiwilliges Soziales Jahr Politik aufzulegen. Aber wenn es Ihnen wirklich ernst ist mit dem Engagement junger Menschen, dann wäre es geboten, die Förderungen für die bereits bestehenden Sozialen Jahre entsprechend anzupassen. Jeder Einzelne, der sich engagieren will, hätte es verdient, dabei unterstützt zu werden. Ich finde, es ist geradezu eine Schande, dass sich die vielen jungen Menschen, die sich in diesem Land engagieren wollen, nicht engagieren können, weil das Land in der Förderung so zurückhaltend ist.
Im Kern ist klar geworden, dass alle der Meinung sind, ein Freiwilliges Soziales Jahr Politik ist eine gute Einrichtung. Sie haben, so könnte man fast sagen, teilweise das Thema verfehlt und sind auf andere Schauplätze ausgewichen. Das will ich nicht weiter kommentieren. Nur in einem Punkt möchte ich eine Richtigstellung vornehmen, weil das zweimal gesagt wurde. Wir haben das Landesjugendamt und keine der Aufgaben abgeschafft. Das wird immer wieder falsch dargestellt.
Aber wieder zurück zum eigentlichen Thema. Demokratie ist mit Sicherheit die beste Gesellschaftsform, in der man leben kann. Ich denke, das ist breiter Konsens. Wenn die Demokratiemüdigkeit dermaßen um sich greift wie im Moment, muss uns das schon sehr nachdenklich stimmen.
Ich erinnere daran, dass wir seit 90 Jahre Frauenwahlrecht in Deutschland haben. Wir hatten uns damit im vergangenen Jahr schon ausführlich beschäftigt. Als die Frauen das erste Mal wählen durften, waren sie noch so hungrig auf Demokratie und Politik, dass 90 % zur Wahl gegangen sind. Von solchen Wahlbeteiligungen können wir im Moment nur träumen. Wir sollten nichts unversucht lassen, um das Demokratieinteresse zu stärken und junge Menschen sowie auch Ältere zu mobilisieren, auch in ihrem eigenen Interesse in stärkerem Maße von ihrem Wahlrecht Gebrauch zu machen. Frau Vockert hat viele gute Argumente ins Feld geführt, warum es wirklich sinnvoll ist, ein Freiwilliges Soziales Jahr Politik einzuführen.
Frau Helmhold, Sie sagten, schon für die anderen Freiwilligen Sozialen Jahre reiche das Geld nicht aus. Natürlich kann man sich darüber Gedanken machen, ob FSJ nicht generell ausgeweitet werden sollten. Aber wir haben in diesem Fall extra für FSJ Politik Mittel in den Haushalt eingestellt. Die anderen würden dadurch nicht geschmälert, und das Angebot insgesamt würde ausgeweitet. Das wäre gut für die jungen Menschen, und deshalb freue ich mich darauf, dass wahrscheinlich viele zustimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Welche Zukunftsperspektiven Jugendliche entwickeln, ist eng mit ihren familiären, schulischen und sozialen Erfahrungen verbunden. Wer sich sozial engagiert, entwickelt Kompetenzen, die der Bildungsprozess in der Schule nur schwerlich vermitteln kann. Über ein Freiwilliges Soziales Jahr öffnen sich Fenster in die Gesellschaft, die vielleicht sonst verschlossen blieben und die jungen Menschen ganz neue Ein- und Ausblicke auf ihre Mitmenschen, aber auch auf sich selbst geben. Die Teilnahme an einem Freiwilligen Sozialen Jahr bietet Jugendlichen die Chance, ihre persönlichen und beruflichen Perspektiven auszuloten, sich Eindrücke von möglichen Berufsfeldern zu verschaffen und sich darüber klar zu werden, ob der Traumberuf in der Realität auch so aussieht, wie man es sich vorgestellt hat.
In Niedersachsen engagieren sich bereits rund 1 500 junge Frauen und Männer in einem Freiwilligen Sozialen Jahr. Wenn man noch die Teilnehmerinnen und Teilnehmer an dem Freiwilligen Ökologischen Jahr hinzuzählt, kommt man auf rund 1 700 hoch engagierte Jugendliche.
Die Betätigungsmöglichkeiten im Freiwilligen Sozialen Jahr sind breit gefächert und reichen vom praktischen Einsatz im Krankenhaus über Denkmalpflege im FSJ Kultur bis hin zu Aktivitäten in Sportvereinen im FSJ Sport. Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag sollen die derzeitigen Möglichkeiten, ein Freiwilliges Soziales Jahr zu leisten, mit dem FSJ Politik um einen weiteren Bereich gesellschaftlichen Lebens und Arbeitens erweitert werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wenn wir seit Jahren beobachten, dass unter Jugendlichen nur ein geringes politisches Interesse besteht, dass die Wahlbeteiligung junger Menschen auf einem erschreckend niedrigen Niveau von 30 % liegt und dass Skepsis gegenüber politischen Organisationen besteht, dann müssen wir erreichen, dass Politik mehr Vertrauen bei Jugendlichen genießt.
- Das glaube ich kaum. - Das FSJ Politik ist aus meiner Sicht einer von vielen sinnvollen Mosaiksteinen gegen die Politikverdrossenheit junger Menschen. Wir sollten die mit diesem FSJ Politik verbundenen Chancen nutzen.
Von den Antragstellern ist sofortige Abstimmung beantragt worden. Es ist signalisiert worden, dass die Fraktionen, bis auf die Fraktion DIE LINKE, das mittragen. Insofern möchte ich der guten Ordnung halber nachfragen, ob eine Ausschussüberweisung gewünscht wird.
Wer wünscht eine Ausschussüberweisung? - Das sind sieben Mitglieder des Landtages. Das erforderliche Quorum wären 30 Mitglieder des Landtages. Dieses Quorum ist nicht erreicht. Insofern können wir zur sofortigen Abstimmung kommen.
Wer den Antrag in der Drs. 16/782 annehmen möchte, den bitte ich um ein Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Das Erste war die deutliche Mehrheit. Dieser Antrag wurde angenommen.
Erste Beratung: Europa bewusst machen - Wahlbeteiligung erhöhen - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/811
Erste Beratung: Europas Zukunft sozial gestalten - Für eine solidarische Erneuerung Europas - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/808
Die Fraktion DIE LINKE wird ihren Antrag einbringen. Dazu hat sich Frau Flauger gemeldet. Bitte schön, Frau Flauger!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beraten jetzt zusammengefasst zwei Anträge. Ich möchte zunächst den Antrag der SPD einordnen und kommentieren.
Die Fraktion DIE LINKE hat im vergangenen Jahr am 28. November den Antrag „Für ein soziales Europa - verbindliche Regelungen für soziale Grundrechte“ eingereicht. Dieser Antrag ist in den Sozialausschuss überwiesen worden. Ich schlage vor, dass wir auch ihn, so wie es jetzt für den SPDAntrag vorgesehen ist, in den EU-Ausschuss überweisen, und bitte darum, dass wir das jetzt abweichend vom Dezember-Beschluss entscheiden.
Mit diesem Antrag, den wir eingebracht haben, fordern wir die Landesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die Inhalte der sozialen Fortschrittsklausel, die der Europäische Gewerkschaftsbund erarbeitet hat, auf EU-Ebene primärrechtlich, d. h. also unumgehbar, verankert werden. Heute liegt uns auch ein Antrag der SPD vor, mit dem sie eine soziale Fortschrittsklausel im EUPrimärrecht und die Verbesserung der EU-Entsenderichtlinie einfordert. Die SPD formuliert ihre Forderungen an die Landesregierung zur sozialen Fortschrittsklausel zwar weniger konkret als die LINKE, aber ich denke, in diesem Punkt können wir sicherlich zu einer Verständigung und einem gemeinsamen Text kommen. Die EU-Entsenderichtlinie zu überarbeiten, ist ein richtiger Ansatz. Auch darüber können wir uns sicherlich konstruktiv unterhalten.
Der Befürwortung des Lissabonvertrags in Ihrem Einleitungstext können wir allerdings nicht zustimmen, liebe Kolleginnen und Kollegen von der SPD. Ich werde das begründen.
Ich möchte aber mit einem Zitat des FDP-Politikers Burkhard Hirsch aus der Süddeutschen Zeitung vom 12. Juli 2008 beginnen:
„Wo ein Tabu gebrochen wird, beginnt das Denken. Wer den Vertrag von Lissabon kritisiert, verstößt in Deutschland gegen jede Political Correctness. Man tut gut daran, zunächst das Bekenntnis abzulegen, bis zu den Knien auf dem Boden der europäischen Integration zu stehen, sie für notwendig
Dazu gibt es weitere Regelungen darüber, wie das kontrolliert werden soll und wie die Einsätze entsprechender Verbände und Battlegroups erfolgen sollen.
Ich sage Ihnen hier in aller Deutlichkeit: Die Linke wird auch in Zukunft keinem Vertragswerk zustimmen, das Aufrüstung und Militarisierung festlegt.