Ich möchte noch auf den Bereich der Alarmierung eingehen. Bisher werden die Alarmierungen in der Regel noch mit Sirenen durchgeführt; es wird noch mit Sirenen gearbeitet. Diese sind oft nur lokal auslösbar und in der Regel über 30 Jahre alt. Ich kenne das aus meiner Heimatgemeinde. Sie müssen erstens regelmäßig erneuert werden. Zweitens wollen die Hausbesitzer oft nicht mehr, dass die Sirenen auf ihren Häusern angebracht sind. Meistens lässt sich dann der Bürgermeister breitschlagen, dass die Sirene bei ihm eingerichtet wird, oder es geschieht an der Schule im Ort. Das ist ein Alarmierungssystem, das aus meiner Sicht kaum noch zeitgemäß ist. Hier müssen wir zu neuen Lösungen kommen, deren Entwicklung sicherlich noch einige Zeit in Anspruch nehmen wird. Aus meiner Sicht ist das jedoch eine Herausforderung, der wir uns stellen müssen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich möchte mich abschließend bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Innenministeriums und des Landesfeuerwehrverbands für die Ausarbeitung der Antwort auf unsere Große Anfrage bedanken. Ich bin davon überzeugt, dass wir es in diesem Hause gemeinsam schaffen werden, die Feuerwehren in Niedersachsen in ihrer Struktur weiter zu stärken und sie auf ihrem Weg zu begleiten. Die Unterstützung der FDP-Landtagsfraktion ist den Feuerwehrfrauen und Feuerwehrmännern in Niedersachsen jedenfalls gewiss.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es liegen keine weiteren Wortmeldungen vor. Beschlüsse zur Sache werden in der Besprechung nach § 45 Abs. 5 Satz 3 unserer Geschäftsordnung nicht gefasst. Ich stelle fest, dass die Besprechung der Großen Anfrage damit abgeschlossen ist.
Erste Beratung: Entwurf eines Gesetzes zur Verwirklichung des Rechtes auf Inklusion von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in der Schule - Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/796
Erste Beratung: Inklusive Schule verwirklichen - Sonderpädagogische Förderung in den allgemeinen Schulen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/793
Zur Einbringung hat sich Frau Korter von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zu Wort gemeldet. Bitte schön, Frau Korter, Sie haben das Wort.
„Zweieinhalb Jahre hat Birgit Feickert aus Langelsheim für ihre Tochter Amelie einen Platz an einer weiterführenden Schule gesucht. Zusammen mit den Eltern von drei anderen geistig behinderten Kindern hat die Mutter an jeder weiterführenden Schule im Landkreis Goslar angefragt, an Haupt- und Realschulen genauso wie an Gymnasien. ‚Immer wieder Klinkenputzen, immer wieder Erklären und Betteln’, sagt Feickert.“
Das berichtete die Hannoversche Allgemeine am 9. Januar 2009. Meine Damen und Herren, das ist kein Einzelfall in Niedersachsen. Seit Jahrzehnten kämpfen Eltern dafür, dass ihre behinderten Kinder gemeinsam mit nichtbehinderten die gleiche Schule besuchen dürfen. Aber bis heute müssen Eltern einen wahren Hürdenlauf hinter sich bringen, wenn sie ihr behindertes Kind an einer gemeinsamen Schule mit Nichtbehinderten unterbringen wollen. Häufig bleibt dieser Hürdenlauf vergeblich.
Bis heute ist der gemeinsame Unterricht von behinderten und nichtbehinderten Kindern in Niedersachsen die Ausnahme und nicht die Regel. Nur 4,7 % der Schüler mit sonderpädagogischem För
Wir wollen, dass dieser unwürdige Bettelgang der Eltern um einen Integrationsplatz für ihr Kind endlich ein Ende hat.
Meine Damen und Herren, im vergangenen Dezember haben Bundestag und Bundesrat die Ratifizierung der UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen abgeschlossen. Mit dieser Ratifizierung hat sich die Bundesrepublik verpflichtet, ein integratives Bildungssystem auf allen Ebenen zu schaffen. Der Text dieser Konvention ist eindeutig. In Artikel 24 Abs. 2 heißt es wörtlich - ich zitiere -:
„Bei der Verwirklichung dieses Rechts stellen die Vertragsstaaten sicher, dass … Menschen mit Behinderungen gleichberechtigt mit anderen in der Gemeinschaft, in der sie leben, Zugang zu einem integrativen, hochwertigen und unentgeltlichen Unterricht an Grundschulen und weiterführenden Schulen haben …“
Mit unserem Gesetzentwurf wollen wir dafür sorgen, dass das niedersächsische Schulsystem der Verpflichtung, allen Kindern uneingeschränkten Zugang zu den allgemeinen Schulen zu gewährleisten, endlich gerecht wird.
Was sieht unser Entwurf vor? - Der Vorbehalt in § 4 des Niedersächsischen Schulgesetzes, der bisher die Ablehnung einer von Eltern gewünschten integrativen Beschulung für ihr Kind ermöglicht, wird gestrichen.
Ab dem Schuljahr 2010/2011 sollen die Förderschulen in den Bereichen Lernen, Sprache sowie emotionale und soziale Entwicklung schrittweise in die allgemeinen Schulen integriert werden, damit
sie zu Inklusiven Schulen werden. Betroffen davon ist ungefähr die Hälfte aller Förderschülerinnen und -schüler; denn allein im Bereich Lernhilfe besuchen ungefähr 21 000 der ca. 40 000 Förderschüler und Förderschülerinnen eine Sonderschule oder - wie es heute heißt - Förderschule. Auch die Schülerinnen und Schüler mit sonderpädagogischem Förderbedarf in den Bereichen geistige Entwicklung, motorische und körperliche Entwicklung, Sehen und Hören sollen in der Regel an allgemeinen Schulen gemeinsam mit Nichtbehinderten unterrichtet werden. Nur wenn die Eltern dies ausdrücklich wünschen, soll ein Unterricht an einer Förderschule weiterhin möglich sein. Damit bekommt jedes Kind mit Behinderung oder Handicaps einen Rechtsanspruch auf einen integrativen Schulplatz.
Warum ist uns das so wichtig? - Ich möchte hier nur drei Gründe von vielen anführen, die man dazu nennen könnte.
Erstens. Zahlreiche Untersuchungen belegen, dass Kinder in gesonderten Schulen unter gleich schwachen Kindern nicht so gut vorankommen wie in einem gemeinsamen Unterricht mit leistungsstärkeren, nichtbehinderten Kindern.
Zweitens. Langzeitstudien haben gezeigt, dass durch die Separierung in Sonderschulen das Selbstbild und die Sozialkontakte der Schülerinnen und Schüler dauerhaft beeinträchtigt werden.
Drittens. Die gesellschaftliche Ausgrenzung wird durch die Überweisung an gesonderte Schulen verfestigt.
Meine Damen und Herren, für eine bessere Förderung dieser Kinder in den Regelschulen brauchen wir natürlich die notwendigen Voraussetzungen. Deshalb haben wir begleitend zu unserem Gesetzentwurf ein Konzept vorgelegt, wie die allgemeinen Schulen in inklusive Schulen umgewandelt werden sollen.
Bei der schrittweisen Integration der Förderschulen in die allgemeinen Schulen sollen die gesamten personellen Ressourcen der sonderpädagogischen Förderung auf die allgemeinen Schulen übertragen werden, also die Lehrkräfte für Sonderpädagogik, die pädagogischen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die Integrationshelfer. Alles, was an den För
derschulen zur Verfügung steht, geht mit an die allgemeinen Schulen. Auch beim Rückgang der Schülerzahlen wollen wir diese Ressourcen erhalten. Das wird in den nächsten Jahren zu einem deutlich verbesserten Personalschlüssel für die sonderpädagogische Förderung an den inklusiven Schulen führen.
In den Schulen sollen Unterstützungszentren eingerichtet werden. Diese Zentren erhalten Ressourcen für die sonderpädagogische Förderung auf der Grundlage der Gesamtschülerzahl und von Sozialindikatoren. Sie setzen diese Ressourcen ganz gezielt für maßgeschneiderte Förderangebote ein. Das können zeitlich begrenzte Einzelförderungen oder Förderungen in kleinen Gruppen sein; das können aber auch Integrationsklassen sein, die dann in der Regel doppelt - mit zwei Fachkräften - besetzt sind.
Zusätzlich sollen - das ist uns besonders wichtig - kommunale Beratungs- und Unterstützungsdienste für Kinder und Familien aus der Jugendhilfe, dem Gesundheitsdienst, den kommunalen Sozialdiensten, der Jugend- und Familienberatung und der Kinder- und Jugendpsychiatrie direkt an den Schulen angesiedelt werden.
Das heißt - das ist das finnische Modell -, die Hilfe kommt zum Kind, und die Eltern müssen mit ihren Kindern nicht nachmittags zu diversen Hilfseinrichtungen fahren.
Die Unterstützung wird durch Vernetzung und Bündelung effizienter und kommt genau da an, wo sie gebraucht wird: bei den Kindern, die sie wirklich nötig haben. Auf Lern- und Entwicklungsprobleme von Kindern und Jugendlichen können wir damit viel schneller und umfassender reagieren. Wir passen die Förderstruktur den Bedürfnissen der Kinder an und nicht die Kinder einer Struktur.
In der Zeit bis zum Inkrafttreten des Gesetzes am 1. August 2010 sollen die Schulen mit einem intensiven Qualifizierungsprogramm darauf vorbereitet werden, inklusiven Unterricht zu erteilen. Dafür haben wir in unserem grünen Bildungsfinanzierungskonzept für jedes Jahr 10 Millionen Euro vorgesehen.
Durch ein inklusives Schulsystem können die Kommunen zudem erheblich Kosten sparen; denn der Schülertransport zu Spezialschulen, die häufig 40 km, 50 km oder noch weiter weg sind, ist sehr kostenaufwendig. Dieses Geld ist viel besser für die bedarfsgerechte Ausstattung der dann inklusiven Schulen angelegt.
Meine Damen und Herren, ich habe mich gefreut, als die Landesregierung nach ihrer Klausurtagung im letzten Sommer erklärt hat, sie wolle die Integration von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf in die Regelschulen weiter ausbauen und ihnen eine zusätzliche Bildungschance geben. Diese Aussage blieb, wie so vieles in der Erklärung der Landesregierung, unkonkret. Aber immerhin, sie könnte die Basis dafür sein, gemeinsam eine inklusive Schule in Niedersachsen zu schaffen.
Die ersten in der Presse veröffentlichten Reaktionen des Kultusministeriums auf unsere Gesetzesinitiative haben uns allerdings enttäuscht. „Wir zwingen keinen an die Förderschule“, war zu lesen. Frau Heister-Neumann, kennen Sie als Ministerin die Realität im Kampf um einen Integrationsplatz in Niedersachsen so wenig?
Wer wie das Kultusministerium von einem erfolgreichen Zweisäulenmodell - Förderschule und Förderung in den Schulen - spricht, obwohl 95,3 % der Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf von einem gemeinsamen Unterricht ausgeschlossen sind, der lässt die Eltern behinderter Kinder mit ihren Nöten weiterhin allein, der spricht der großen Mehrheit von behinderten Kindern und Kindern mit Handicaps das Recht auf Integration ab.
Wenn es stimmt, dass das Niedersächsische Kultusministerium die Arbeitsgruppe der Kultusministerkonferenz zur Umsetzung der UN-Konvention leiten wird,