Wir zeigen ihnen, dass unsere Landesregierung in Niedersachsen, dass CDU und FDP ihre Zusagen, die sie vor der Wahl gegeben haben, nach der Wahl ohne Wenn und Aber halten. In anderen Bundesländern haben wir leidvolle andere Dinge gesehen.
Das müssten gerade Sie von der SPD doch nun ganz genau wissen. Sie haben in Ihrer 13-jährigen Regierungszeit mit allen erdenklichen Mitteln - ich befleißige mich einmal der Höflichkeit, Frau Heiligenstadt, und spreche nicht von Tricksen und Täuschen -, mit Verschleiern, Schönreden, Bevorzugungen und Besserstellungen versucht, aus Niedersachsen ein Gesamtschulland zu machen. Sie haben es nicht geschafft. Sie haben es in 13 Jahren nicht geschafft. Sie sind gescheitert. Warum? - Weil die Menschen das nicht wollten, weil die Eltern, die Schüler und Lehrer in Niedersachsen das verhindert haben.
Sie haben auch scheinbar völlig ausgeblendet, meine Damen und Herren, dass es noch gar nicht so lange her ist, dass Sie zum Ende Ihrer Regierungszeit im Jahr 2002 die Abschaffung der zweijährigen Zwangsgesamtschule Orientierungsstufe beschlossen haben, weil Sie einsehen mussten,
dass sich diese Einheitsschule nicht bewährt hat. Sie wurde nicht gewollt. Sie konnten diese Schulform nicht gegen die Mehrheit der Eltern aufrechterhalten. Ein von Ihnen eingeholtes 250 000 Euro teures Gutachten hat Ihnen das noch einmal in aller Deutlichkeit gezeigt. Daraus haben Sie offensichtlich überhaupt nichts gelernt; denn heute versuchen Sie gemeinsam mit den Linken und den Grünen aus der Opposition heraus das mit Ihren Gesetzentwürfen zu schaffen, was Sie während Ihrer Regierungszeit nicht geschafft haben, nämlich aus Niedersachsen ein Gesamtschulland zu machen. Meine Damen und Herren, das ist schon ziemlich vermessen.
Weil Ihnen die Fähigkeit zur Realitätswahrnehmung etwas abhanden gekommen ist, darf ich Ihnen noch einmal klar sagen: Sie haben für Ihre schulpolitischen Zielvorstellungen von den Menschen in Niedersachsen keinen Regierungsauftrag erhalten, meine Damen und Herren auf der linken Seite.
Sie werden sich sicherlich ungern an die forsaUmfrage vom Dezember 2007 erinnern, bei der sich eine deutliche Mehrheit aller Befragten gegen Einheitsschulsysteme ausgesprochen hat. Die forsa-Umfrage ist eine repräsentative Umfrage, die ganz klar gezeigt hat, dass die Mehrheit der Bevölkerung das Gymnasium, die Hauptschule und die Realschule will.
Meine Damen und Herren, hier hat es ja immer Zweifel an forsa gegeben. Ich sage Ihnen: Äußern Sie diese Zweifel lieber nicht. Denn wenn Sie an dieser repräsentativen Umfrage Zweifel äußern sollten, wie es hier Frau Korter schon getan hat,
dann würden Sie damit auch die Seriosität, die Redlichkeit und die Professionalität Ihres eigenen Parteifreundes, des forsa-Chefs Güllner, bezweifeln; denn dieses forsa-Institut hat diese Umfrage durchgeführt.
der Wahl versprochen haben, und zwar mit Gründlichkeit und Schnelligkeit. Wir wissen, dass es viel zu tun gibt, und werden engagiert arbeiten. Wir wollen den Schülern, den Eltern und den Lehrern in unserem Land ein verlässlicher Partner sein und werden unser Niedersachsen, getragen von einem ganz klaren Wählerauftrag, auch bildungspolitisch in eine gute Zukunft führen.
Vielen Dank, Frau Körtner. Auf Ihren Redebeitrag hat sich Frau Helmhold zu einer Kurzintervention gemeldet. Frau Helmhold, Sie haben eine Redezeit von anderthalb Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Körtner, wie Sie wissen, komme ich aus einem Landkreis, in dem zum nächsten Schuljahr vier Gesamtschulen eingerichtet werden können. So stark ist dort der Elternwille.
Sie dagegen verfolgen hier eine Verzögerungstaktik, aber sprechen dabei von einem geordneten Verfahren.
Ich möchte Folgendes festhalten: Herr Klare fordert ein Vorschaltgesetz. Er ist übrigens aus meiner Sicht der Einzige, der den Anstand hat, zumindest zu versuchen, das Wort zu halten, das hier vor der Wahl gegeben worden ist.
Er wird aber unmittelbar von Herrn McAllister zurückgepfiffen. Die Fraktion - das konnten wir gerade heute lesen - denkt darüber nach, die KGSen als gegliedert zu definieren und damit zumindest in Teilen dem Elternwillen entgegenzukommen. Da pfeift der Ministerpräsident zurück und sagt, so habe er sich das nicht gedacht, er habe nur an einige wenige Gesamtschulen gedacht.
Meine Damen und Herren, vor der Wahl ist eine Lockerung des Neugründungsverbots versprochen worden. Darauf haben sich die Niedersächsinnen und Niedersachsen verlassen.
Aber bei dieser Verzögerungstaktik, diesem Verschleiern, Lavieren und Zurückweichen glaubt Ihnen das, was Sie jetzt vorhaben, kein Mensch mehr.
(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD - David McAllister [CDU]: Jetzt reicht es aber allmählich! - Dr. Bernd Althusmann [CDU]: Das ist doch Un- sinn!)
Nach der Reihenfolge der Redner kommt jetzt Herr Perli von der Fraktion DIE LINKE zu Wort. Die Fraktion DIE LINKE hat noch eine Redezeit von 4:30 Minuten. Herr Perli, Sie haben das Wort.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eines ist in dieser Debatte sehr deutlich geworden: Das niedersächsische Schulwesen, so wie es existiert und wie es die Regierung Wulff maßgeblich zu verantworten hat, offenbart sein Versagen jeden Tag aufs Neue.
Es bedarf dringender Veränderungen. Das weiß der Ministerpräsident am besten, schließlich hat er die Debatte, die wir jetzt führen, im Wahlkampf angeschoben. Wenn dann gesagt wird, z. B. von Herrn Försterling, dass das Schulkonzept von CDU und FDP gewählt worden sei, dann frage ich: Welches Konzept denn?
(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Chimären von Gesamtschulen!)
Sie haben dieses Konzept doch völlig delegitimiert, indem Sie im Wahlkampf von der Wiedereinführung von Gesamtschulen gesprochen haben.
Ein Schulsystem, dessen erstes Grundprinzip die Selektion nach habituellen Leistungskriterien ist, ist völlig ungeeignet, um Menschen in einer hochgradig arbeitsteiligen und demokratischen Gesellschaft umfassend zu bilden und zusammenzuführen.
Lassen Sie mich einige Beispiele anführen. Das gegliederte Schulwesen ist nicht in der Lage, allen Jugendlichen zu Schulabschlüssen und damit zu mehr Zukunftschancen zu verhelfen. Es versagt viel zu häufig auch bei der Integration von Kindern aus Zuwandererfamilien, und das selbst in der zweiten und dritten Generation. Es benachteiligt diese Kinder strukturell. Sie werden überdurchschnittlich häufig zu unfreiwilligen Schulabbrechern und Schulabbrecherinnen. Beim Schulpreisträger 2007 hingegen, der Hildesheimer Robert-BoschGesamtschule, beendet keine einzige Schülerin und kein einziger Schüler die Schullaufbahn ohne einen Abschluss.
Wenn die Struktur und die Lehrmethoden dieser Schule endlich zu einem Standard werden könnten, gäbe es auch kaum noch Jugendliche, die sich mit Gewalt und Diebstählen über Wasser zu halten versuchen, weil sie echte Perspektiven für ein Leben in sozialer Sicherheit hätten. Herr Schünemann könnte sich darauf konzentrieren, das NPD-Verbotsverfahren erfolgreich durchzubringen, und müsste sich nicht alle paar Monate mit populistischen Straf-, Sanktions- und Abschiebeideen zu Wort melden. Wir können morgen noch einmal ausführlich darüber diskutieren.
Ich will an dieser Stelle noch einen anderen Blick auf die IGS-Debatte werfen. Wie Sie hoffentlich alle wissen, herrscht an den Gymnasien in Niedersachsen Aufregung und Entrüstung über die G8Reform: Chronische Überlastung, Stress und Krankheitssymptome sowie ein zunehmender Verlust von Freizeit und Hobbys sind allgegenwärtig. Schulleitungen, Lehrkräfte und die Schülerinnen und Schüler sind sich einig: Die Umstellung auf das Abitur nach zwölf Jahren ist eine einzige Katastrophe. Bei dieser Reform handelt es sich um die endgültige Zementierung der Fast-Food-Kultur im deutschen Bildungswesen, die da heißt: immer mehr Anforderungen bei immer weniger Zeit zu verschreiben.
Die Betroffenen haben diese Entwicklung satt. Anstatt solch ungesunder Kost wird es Zeit für Entschleunigung und Genuss auch und gerade in der Bildung. Bestehende und integrierte Gesamt
schulen überlassen den Schülern die Wahl, das Abitur erst nach 13 Jahren anzustreben. Schaffen Sie diese Wahlmöglichkeit überall! Geben Sie diesen jungen Leuten ihr Leben zurück!
Meine Damen und Herren von CDU und FDP, überall in Europa haben konservative und liberale Parteien fortschrittlichere Schulpositionen als hierzulande, nicht erst seit den Pisa-Studien. Das zeigt: Von überlieferten Positionen aus dem Kaiserreich Abschied zu nehmen, ist keine Blamage, sondern es ist blamabel, daran festzuhalten.