Protokoll der Sitzung vom 26.03.2009

40 % sind gering qualifizierte Langzeitarbeitslose, 44 % waren bis zu einem Jahr ohne Beschäftigung, 15 % waren über ein Jahr ohne Beschäftigung, und 9 % hatten vorher überhaupt noch keine Beschäftigung.

(Matthias Möhle [SPD]: Insgesamt 108 %!)

Die Mitarbeiter werden unbefristet eingestellt, unterliegen einer gesetzlichen Kündigungsfrist, dem Entgeltfortzahlungsgesetz und dem Bundesurlaubsgesetz.

(Marianne König [LINKE]: Das ist auch gut so!)

Sie haben damit alle Rechte und Pflichten wie in jedem anderen Betrieb.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Nur nicht das gleiche Einkommen!)

Das untere Einkommen liegt im Moment bei 7,58 Euro. Das ist für gering Qualifizierte durchaus angemessen.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Die Gewerkschaften gehören zu den Tarifparteien. Die Liste der Tarifparteien habe ich Ihnen letztens

im Fachausschuss vorgelesen. Das ist eine ellenlange Liste mit denjenigen, die als Tarifparteien mit in die Verhandlungen gehen. Die Zeitarbeit ist eine ernst zu nehmende Beschäftigung.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Marianne König [LINKE]: Sie muss nur gerecht bezahlt werden!)

Unter den Bedingungen der schwierigen wirtschaftlichen Lage hat aber auch die Zeitarbeit zu leiden. Zeitarbeiter sind immer die Ersten, die die Beschäftigung verlieren. In den Jahren zuvor war eine Neuvermittlung nicht besonders schwer. Die Mitarbeiter wurden nach Entlassung unmittelbar in eine andere Arbeit vermittelt. Das hat sich nun durch die Arbeitsmarktsituation leider verändert. Die Zeitarbeitsfirmen haben nicht mehr die bisherige breite Auswahl, um nahtlos weiterzuvermitteln. Der Arbeitsmarkt gibt weniger freie Stellen her, und Arbeitszeitkonten sowie Urlaub sind schnell aufgebraucht. Danach steht auch die Zeitarbeitsfirma vor der Frage: Woher nehme ich einen Arbeitsplatz für meinen Mitarbeiter?

Ihre Forderung nach Weiterqualifizierung ist mir völlig unverständlich. Wenn man mit Zeitarbeitsfirmen spricht - das tun Sie anscheinend nicht -, bekommt man immer zu hören, dass Weiterqualifizierung ein Grundkonzept der Zeitarbeit ist. Hiermit ist nicht nur die Weiterqualifizierung durch Arbeitsplatzwechsel gemeint. Die Zeitarbeitsfirmen passen ihre Mitarbeiter marktgenau den Anforderungen der Unternehmen an. Dazu nutzen sie ganz selbstverständlich auch die Qualifizierungsmaßnahmen der Ausbildungsträger.

(Zustimmung von Professor Dr. Dr. Roland Zielke [FDP])

Zeitarbeit ist ein wichtiges Instrument gegen Arbeitslosigkeit. Daher braucht sie unsere volle Unterstützung und Anerkennung und nicht ständig Unterstellungen und Gängelungen. Schwarze Schafe gibt es überall. Die Mehrheit darf nicht darunter leiden.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön, Frau König. - Für die Fraktion DIE LINKE hat sich Frau Weisser-Roelle zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Höttcher und Frau König, Ihre Ausführungen

zu diesem Thema waren zynisch den Arbeitnehmern gegenüber und realitätsfremd.

(Beifall bei der LINKEN - Gabriela Kö- nig [FDP]: Wie bitte? Wenn man Ar- beitnehmern Arbeit verschafft, soll das zynisch sein?)

Im Antrag der CDU und der FDP steht: Leiharbeit ist eine Wachstumsbranche auf dem Arbeitsmarkt. - Das mag so sein, aber was steckt dahinter? - Innerhalb von zehn Jahren hat sich die Zahl der Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter auf rund 800 000 Frauen und Männer erhöht. Das bedeutet aber nicht die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze.

(Ursula Körtner [CDU]: Sie vermen- gen Leih- und Zeitarbeit! Sagen Sie es doch wenigstens einmal richtig!)

- Sie brauchen mir nicht zu sagen, was ich zu sagen habe!

(Beifall bei der LINKEN)

Sie können sich gerne zu Wort melden. Aber hören Sie auf, immer dazwischen zu reden!

(Frank Oesterhelweg [CDU]: Wir sind doch hier nicht in der Volkskammer! - Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD und von der LIN- KEN)

Herr Kollege Oesterhelweg, ich bitte um Mäßigung. Ich möchte so etwas hier nicht hören. Das führt unmittelbar zur Eskalation. Sie wissen, dass das nicht in Ordnung war. Deswegen erhalten Sie von mir einen Ordnungsruf.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Frau Weisser-Roelle!

Wie gesagt: 800 000 Frauen und Männer arbeiten zurzeit in Leiharbeitsverhältnissen. Diese Zahl hat sich in den letzten zehn Jahren verdreifacht. Das bedeutet aber nicht, wie Sie es sagen, die Schaffung zusätzlicher Arbeitsplätze. Im Gegenteil: Sie haben sich dabei der billigen und flexibel einsetzbaren Leiharbeit bedient. Wir haben gehört, zu welchen Auswirkungen das für die Menschen führt.

Unternehmen haben häufig Stammarbeitsplätze in Leiharbeitsverhältnisse umgewandelt.

Leiharbeit ist Lohndumping pur, auch wenn Sie versuchen, das schönzureden. Das ist einfach nicht hinzunehmen.

(Beifall bei der LINKEN - Gabriela Kö- nig [FDP]: Seit wann sind 7,50 Euro ein Dumpinglohn?)

Löhne für Leiharbeit liegen in unverantwortlicher Weise in der Regel bis zu 50 % unter denen von gleichwertigen fest Angestellten.

(Gabriela König [FDP]: Das ist gar nicht nachweisbar!)

Das können Sie nicht schönreden! Gehen Sie in die Betriebe, und gucken Sie sich das einfach einmal an!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Kollegin Weisser-Roelle, gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Pieper?

Nein. - Diese Diskriminierungen für Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter sind offenkundig, und sie sind für uns nicht hinnehmbar. Beschäftigte in Leiharbeit haben kaum berufliche Perspektiven, da sie nur selten in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werden. Die sich jetzt entfaltende Wirtschaftskrise zeigt ganz eindeutig: Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter genießen keinen Kündigungsschutz und haben nur wenig Mitbestimmungsrechte.

(Gabriela König [FDP]: Das ist gar nicht wahr! Es gibt doch Tarifverträ- ge!)

- Dann frage ich Sie, warum jetzt 160 000 Leiharbeiter als erste auf die Straße gesetzt wurden, wenn sie doch Kündigungsschutz haben und in einer Krise gesichert sind. Den haben sie nicht!

(Beifall bei der LINKEN, bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Allein bei VW wurden 16 000 Stellen für Leiharbeit gestrichen. Hire and fire ist doch das Thema.

(Zuruf von der CDU: Was ist denn die Alternative? - Unruhe - Glocke der Präsidentin)

Leiharbeiter sind doch die neuen Tagelöhner in dieser Republik. Das können Sie doch nicht gutheißen!

(Beifall bei der LINKEN)

Vor diesem Hintergrund ist - ich habe es eingangs gesagt - der Antrag von CDU und FDP zynisch und verdreht die Tatsachen. Es ist unverantwortlich, dass mit Leiharbeit reguläre Beschäftigungsverhältnisse verdrängt werden und sich damit prekäre Verhältnisse zusehends ausbreiten. Belegschaften werden gespalten und somit geschwächt.

Kollege Schminke, jetzt muss ich zu Ihnen kommen. Ich finde es schon sehr dreist, wie Sie die Verhältnisse von Leiharbeit angeprangert haben. In Ihrem Antrag war durchaus fast alles richtig. Aber Sie verschweigen, dass Sie in der Großen Koalition dafür gesorgt haben, dass diese diskriminierenden Bedingungen für Leiharbeiter eingeführt wurden.

(Beifall bei der LINKEN)

SPD und GRÜNE im Bundestag waren es auch, die die zeitliche Beschränkung für die Beschäftigung von Leiharbeitern abgeschafft haben. Es war auch die Politik von SPD und GRÜNEN, dass Leiharbeiterinnen und Leiharbeiter schlechter bezahlt wurden als fest Angestellte. Das alles verschweigen Sie und bejammern jetzt die Folgen. Das ist aber auch nicht der richtige Weg.

(Björn Thümler [CDU]: Wir jammern überhaupt nicht!)