Herr Adler hat das dargestellt. Sie hebeln hier wahrscheinlich wieder ein Stück weit den Artikel 59 der Niedersächsischen Verfassung aus.
Also noch einmal: Es gibt hochgradige Rechtsbedenken, und der Gesetzentwurf enthält auch eine Ermächtigung zur Gebietsreform von oben.
Ich finde es wirklich armselig, wie wenig Zutrauen die Koalitionsfraktionen mittlerweile zu ihrer eigenen Urteils- und Politikgestaltung überhaupt noch haben. Sie ermächtigen hier die Landesregierung, das auf dem Verordnungsweg zu machen. Warum - das müssen Sie mir einmal erklären - haben Sie den ordentlichen Parlamentsvorbehalt in diesem Gesetz eigentlich nicht beibehalten? - Weil Sie sich anscheinend nichts mehr selber zutrauen, sondern alles an die Regierung delegieren. Aus der CDU kennt man das ja schon ein Stück weit. Dort gibt es eine gewisse obrigkeitsstaatliche Tradition. Am liebsten soll immer alles die Regierung machen. Wir sollen gar nicht selber denken. Ich wundere mich aber, dass die FDP diesen Mist, den Sie heute hier verabschieden wollen, jetzt auch noch mitmacht. Ich weiß von Ihnen, Herr Oetjen, dass auch Sie selbst große Bedenken dagegen hatten. Sie haben sich da aber wieder einkaufen lassen und sind eingeknickt.
Warum soll dieser Landtag nicht darüber entscheiden, wie die kommunale Landschaft in Niedersachsen zukünftig aussieht? Warum delegieren Sie das alles an das Innenministerium? - Ich kann nur sagen: Darüber, dass die Landtage nichts mehr zu bestellen haben, soll man sich nicht mehr wundern, wenn man die gesamte Politikgestaltung an die Landesregierung abgibt.
Nun noch zur interkommunalen Zusammenarbeit. Herr Schünemann, das ist ja Ihr großes Alternativmodell zur Gebietsreform. Sie sagen ja immer: Die Gebietsreform ist ja so schwierig, das ist mir auch alles zu blöde. Das mache ich nicht. Ich setze auf interkommunale Zusammenarbeit. - Wenn Sie in Niedersachsen auf interkommunale Zusammenarbeit setzen - das kann man ja machen -, dann tun Sie mir aber einen Gefallen:
Nehmen Sie die Worte „Entbürokratisierung“, „Vereinfachung“ und „Transparenz“ dann nicht mehr in den Mund. Denn eines kann man von der interkommunalen Zusammenarbeit sagen: Sie ist hochgradig kompliziert, hochgradig bürokratisch und hochgradig intransparent. Sie funktioniert oftmals schlicht und ergreifend nicht. Ihre Alternative, auf interkommunale Zusammenarbeit zu setzen, hat mit Rechtsvereinfachung und Transparenz überhaupt nichts zu tun.
Ein letzter Satz zur Sponsoring- und Spendenregelung. Es ist vernünftig, dass man dies jetzt auf Drängen der Städte im Gesetz endlich regelt. Es ist aber ganz schlecht, wie man es regelt. Wir brauchen in diesem Bereich maximale Transparenz. Ich kann die CDU an dieser Stelle wieder einmal nicht verstehen. Warum soll darüber in nicht öffentlicher Sitzung entschieden werden? - Es ist hochgradig wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger genau wissen, wer in ihrer Stadt entsprechend spendet.
Diese klandestine Spenderei brauchen wir nicht, sondern wir brauchen gerade im Bereich der Spenden maximale Transparenz. Deshalb: nur in öffentlicher Sitzung!
Danke schön, Herr Briese. - Da er ohne Punkt und Komma spricht, ist es schwierig, ihn zu unterbrechen.
Zu einer Kurzintervention auf Herrn Kollegen Briese hat jetzt Herr Kollege Biallas von der CDUFraktion für anderthalb Minuten das Wort. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe ja Verständnis dafür, dass Sie das Gesetz ablehnen wollen. Ich möchte dazu nur Folgendes erklären: Dieses Gesetz findet in allen Punkten die volle Zustimmung aller kommunalen Spitzenverbände.
Dies dürfte ein Beleg dafür sein, dass die Vorwürfe, die Sie hier erheben, sicherlich legitim sind. Das steht den Grünen und anderen zu. Aber ich kann sie trotzdem nicht nachvollziehen. Ich möchte Ihnen sagen: Die Geschwindigkeit Ihrer Rede stand wirklich in einem diametralen Gegensatz zur Qualität.
Noch eine letzte Bemerkung: Im Gesetz steht ausdrücklich nicht, dass über die Annahme von Spenden in nicht öffentlicher Ratssitzung entschieden wird, sondern im Gesetz heißt es: Über die Annahme von Spenden wird in einer Ratssitzung entschieden. Diese ist der Regel öffentlich. Wenn Sie einen Blick in die NGO werfen würden, würden Sie feststellen, dass es auch jetzt schon möglich ist, in Einzelfällen durchaus auch einmal nicht öffentlich zu entscheiden. Also: Transparent ist das. Die kommunalen Spitzenverbände haben das begrüßt. Deshalb sind wir da sehr gelassen und lassen uns von Ihrer Aufregung auch nicht anstecken.
Herr Briese steht schon auf. Ich interpretiere das so, dass er antworten möchte. Auch Sie haben anderthalb Minuten.
Erstens eine Gegenfrage, Herr Kollege: Wer sind eigentlich die kommunalen Spitzenverbände? Sitzt da nur die Verwaltung, oder sitzen da auch die Räte? - Das würde mich einmal sehr interessieren.
Ein zweiter Punkt, der wichtig ist: In unserem Änderungsvorschlag haben wir gefordert, dass über die Annahme von Spenden immer in öffentlicher Sitzung entschieden werden muss. Sie zumindest eröffnen die Möglichkeit, diese Entscheidungen auch in nicht öffentliche Sitzungen zu verschieben. Das halten wir schlicht und ergreifend für falsch.
Meine dritte Frage direkt an Sie: Hatte der GBD Rechtsbedenken gegenüber diesem Gesetzentwurf? Haben wir sehr lange darüber diskutiert, ob das alles rechtskonform ist, ja oder nein? Gibt es diese entsprechenden GBD-Vorlagen, in denen über viele Seiten hinweg gesagt wird, der GBD habe erhebliche Bedenken, dass dies mit der Niedersächsischen Verfassung in Einklang stehe, ja oder nein?
Danke schön, Herr Briese. Sie wissen, dass zumindest Herr Biallas jetzt nicht antworten kann, weil er nicht antworten darf. - Für die SPD-Fraktion hat sich Herr Hausmann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Zum Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des niedersächsischen Kommunalverfassungsrechts und anderer Gesetze ist sicherlich der gute Wille zu notwendigen Änderungen vorhanden. Sinnvolle Lösungsvorschläge sind jedoch nicht überall erkennbar. Das ist unsere Version.
Zu begrüßen ist die Einführung einer Sponsorenregelung in § 83 der Niedersächsischen Gemeindeordnung. Leider hat auch unser Vorschlag zur vollständigen Transparenz bei Ihnen keine Berücksichtigung gefunden. Nach Ihrem Gesetzentwurf beraten die Räte auch in nicht öffentlicher Sitzung. Das heißt: auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Das ist der einzige, meiner Meinung nach aber entscheidende Punkt, dem wir nicht zustimmen können. Die Erfahrungen der Vergangenheit haben gezeigt, dass gerade im Sponso
ringbereich eine Transparenz unverzichtbar ist. Ich habe hier als kleine Randbemerkung hingeschrieben: Helmut Kohl lässt grüßen.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Die Vorzüge des Gesetzes - wir werden ja nicht alles ablehnen - hat Herr Hiebing schon genannt. Ich beschränke mich darauf, hier das zu nennen, was wir nicht gut finden und wo wir mit Sicherheit nicht bei Ihnen sind.
Waren bei der Sponsorenregelung zwischen den Vorschlägen der Mehrheitsfraktionen und der SPDFraktion noch Übereinstimmungen erkennbar, so müssen wir Ihren Vorstellungen von Fusion eine komplette Absage erteilen.
Weitreichende und zukunftsichernde Entscheidungen in der Entwicklung unserer Städte und Gemeinden überlassen Sie dem Zufall - reines Glücksspiel. Unseren Vorschlag zur Einrichtung einer Enquetekommission - wir werden heute noch darüber entscheiden - lehnen Sie jetzt schon ab. Herr Adler, Sie haben hier gesagt, wir seien für Zwangsvereinigungen. Wenn wir dafür wären, würden wir keine Enquetekommission vorschlagen.
(Hans-Henning Adler [LINKE]: Das habe ich nicht gesagt! Nein, das habe ich nicht gesagt! - Heinz Rolfes [CDU]: Aber man konnte es so ver- stehen!)
Sie wollen freiwillige Zusammenschlüsse von Gemeinden und Samtgemeinden zu Samtgemeinden und diese per Verordnung regeln, nicht aber per Gesetz. Auch das ist hier schon gesagt worden. Wir möchten, dass auch dies per Gesetz gemacht wird.
Kurz zusammengefasst: Damit erreichen bzw. erzwingen Sie die schlechteste aller möglichen Lösungen. Warum? - Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie sagen, Sie wollen freiwillige Zusammenschlüsse fördern. Wie sieht jedoch Ihre Freiwilligkeit aus? - 2005 Herabsetzung der Verbundquote im kommunalen Finanzausgleich und als Resultat rund 170 Millionen Euro weniger pro Jahr für die Städte und Gemeinden. Das ist das einfachste Mittel, seinen eigenen Haushalt zu sanieren und die Städte und Gemeinden vor die Wand zu fahren.
2008 - es waren Landtagswahlen - musste man ja etwas tun: mit viel Getöse Anhebung der Verbundquote. Damit stand zwar wieder mehr Geld für den Finanzausgleich zur Verfügung, aber im Vergleich zum Jahr 2005 fehlen uns immer noch etwa 80 Millionen Euro jährlich.