Aber wir können nachhaken. Da kommen Verschiedene zusammen, die da Arbeiten zu erledigen haben. Das ist schon richtig.
In der Region besteht vor allem das Interesse, zu erfahren, was in der Asse ist. Deshalb ist es einer der wichtigsten Aufgaben, auch im Untersuchungsausschuss dazu beizutragen, dass dieses Inventar bekannt wird. Die Menschen in der Region haben einen Anspruch darauf, dass öffentlich wird, dass sie wissen, was dort liegt, damit eine
Gefährdungsabschätzung vorgenommen werden kann und damit hinterher auch klar ist, welche Schließungskonzepte ziehen. Die Menschen in der Region haben auch einen Anspruch darauf, zu wissen, welche gesundheitlichen Gefährdungen davon ausgehen. All das muss in diesem Untersuchungsausschuss geleistet werden. Herr Tanke wird zu den Details unserer Fragen noch einiges ausführen.
Ich will auf zwei Dinge aufmerksam machen, die mit diesem Untersuchungsausschuss ebenfalls berührt werden. Einmal stellt sich die Frage: Wer waren denn die Profiteure dieser Veranstaltung? - Herr Sander hat im Juni 2008 im Bundestag erklärt, dort liege Nuklearmaterial aus der Medizin und aus Forschungsvorhaben. Meine Damen und Herren, dort liegt der gesamte atomare Müll Deutschlands von 1967 bis 1978! Als das Lager geschlossen wurde, gab es einen Entsorgungsnotstand. Das kann man alles in den Unterlagen nachlesen. Deshalb haben sich diejenigen, die dort elf Jahre lang Nutznießer waren, gefälligst auch an den Folgekosten zu beteiligen.
Meine Damen und Herren, zweitens ist uns auch wichtig festzustellen, dass CDU und FDP seit knapp einem Jahr sagen: Ja, die Asse ist ein Problem, aber das hat weder mit Laufzeiten von Atomkraftwerken noch mit allgemeinen Endlagerfragen zu tun, schon gar nicht mit Gorleben. Asse ist nicht Gorleben, und deshalb versuchen Sie doch erst gar nicht, diesen Zusammenhang zu konstruieren.
Meine Damen und Herren, die CDU-Landtagsfraktion hat in einer Großen Anfrage vom 26. September 1979 zehn Detailfragen zum Thema Asse gestellt. Die zehnte Frage lautete:
„Die Schachtanlage Asse dient der Versuchsendlagerung radioaktiver Abfälle im Salzgestein. Damit erfüllt die Asse eine wichtige Aufgabe im Zusammenhang mit der Planung und der Errichtung von Endlagerstätten im Salz und somit auch im Hinblick auf das Endlagerprojekt Gorleben. Besondere Bedeutung haben die Wei
terentwicklung und Erprobung untertägiger Lade- und Transporttechniken und Verfüllungs- und Versiegelungsmaßnahmen sowie die weitere Untersuchung der Wirkungen radioaktiver Abfälle auf das Salz.“
Was sagt uns das? - Es gibt einen engen Zusammenhang zwischen der Asse und der Art und Weise, wie dort gearbeitet und begutachtet wurde, und der Zukunft von Gorleben. Wir werden daran arbeiten, dass dieser Zusammenhang, den Sie seinerzeit selber mit Beifall bedacht haben, nicht aufgelöst wird. Es geht hier um eine Technologie, die nicht beherrschbar ist, wo das Kind, wie der Fall Asse zeigt, bereits in den Brunnen gefallen ist. Die Technikgemeinde hat sich anschließend von 1978 bis 2008 bemüht, das zu vertuschen, zu verschleiern und zu verharmlosen. Das ist die politische Frage dabei. Deshalb geht es natürlich um Aufklärung, um den Blick zurück.
Aber natürlich stellt sich auch die Frage nach den Konsequenzen für die Zukunft der Nutzung der Atomenergie und der Endlagerung. Niedersachsen ist beim Thema Atomenergie und Lagerung von Atommüll immer mitten im Geschehen. Deshalb muss der Landtag die Auswirkungen auf die zukünftige Energiepolitik ebenfalls mit im Fokus haben.
Eine Schlussbemerkung zu der Emotionalität im Plenum und auch in Untersuchungsausschüssen: Der Landrat und die Verantwortlichen in der Region haben mich - Sie wahrscheinlich auch - dringend gebeten, dem Thema die notwendige Sachlichkeit zu belassen, das Ganze nicht zum Klamauk verkommen zu lassen und auch dazu beizutragen, dass die notwendige Arbeit an der Inventarisierung und an den Schließungskonzepten durch die Arbeit des Parlamentarischen Untersuchungsausschusses möglichst nicht behindert wird.
All das sollten wir im Auge haben, wenn wir in den nächsten Wochen diese Arbeit intensiv, sachlich und hoffentlich erfolgsorientiert abschließen.
Danke schön. - Der Antrag der Fraktion DIE LINKE wird eingebracht durch den Kollegen Herzog. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Es ist schon erstaunlich, dass genau in dem Moment, in dem der Tagesordnungspunkt aufgerufen wird, vier Fünftel der CDU-Fraktion den Raum verlassen.
Wahrscheinlich wollten die Kolleginnen und Kollegen damit zeigen: Wir verstehen von diesem Thema eigentlich sowieso nichts. - Herr Althusmann hat sich bemüht, einige wieder hereinzuholen. Vielleicht schaffen Sie es, dass alle hereinkommen; denn das Thema ist wichtig, man kann etwas lernen.
Nun ist es also so weit: Wir bekommen einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zum Thema „Atommülllager Asse“. Obwohl wir uns schon länger mit diesem Thema beschäftigen, ist vieles unklar geblieben. Aber eines hat wohl jeder begriffen: Das, was über 40 Jahre in der Asse gemacht wurde, offenbart ein Höchstmaß an Inkompetenz und Fahrlässigkeit, was Entscheidungsgrundlagen und Verantwortlichkeiten, auch gerade politische, angeht - fachlich völlig ungenügend, von der Auswahl des Salzstocks über die Art des Betriebs bis hin zum Umgang mit der Gesundheit der Beschäftigten. Das Problem der Sanierung dieser Altlast ist noch lange nicht gelöst, und die Folgen, auch die finanziellen Folgen, sind noch gar nicht absehbar.
Wahrscheinlich ist aber für jede oder jeden in diesem Plenum ganz klar: Aus Fehlern muss man lernen. Wenn allerdings im Zusammenhang mit der Atomenergie die Verantwortlichen trotz einer Vielzahl von qualifizierten und warnenden Stimmen
nach den Prinzipien „Trial and error“ und „Learning by doing“ gehandelt haben, war das nicht nur grob fahrlässig, sondern kriminell.
Der Umweltausschuss des Landtages hat sich ein Jahr schwerpunktmäßig mit dem Asse-Desaster beschäftigt. Seine Mitglieder haben versucht, Licht in den Nebel der Fakten und das Dickicht der Verstrickungen der Beteiligten zu bringen. Ich habe selten so viel Widersprüchliches, so viele Verharmlosungen und nicht zuletzt so viele Widerstände von den Beteiligten erlebt wie in diesem Fall. Alle, die punktuell befragt wurden - Betreiber, Aufsichtsbehörden, Ministeriumsvertreter aller Ebenen, Gutachter und Strahlenschützer -, überboten sich darin. Wenn es nach vielen, auch in diesem Gremium, im Landtag, ginge, würden wir immer noch davon ausgehen, dass sich dort im Wesentlichen Handschuhe befinden und eben nicht Kernbrennstoffe.
Zutage kam die Spitze eines Eisbergs, aber an vielen Punkten blieb der Ausschuss mangels Zeit und fehlender Möglichkeiten, wie z. B. Vereidigungen, auch schlichtweg stecken. Damit konnten wir uns nicht zufriedengeben. Folgerichtig stellte deshalb die Linke - ebenso wie die Grünen - schon vor einem Jahr einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Aber es bedurfte dann noch etlicher weiterer skandalöser Vorgänge, um die SPD zum Umdenken zu bewegen. Aber gut so! Von Helmut Schmidt bis zur Ablehnung der Atomenergie und bis zur Ablehnung von Gorleben ist es eben auch ein weiter Weg.
Im Kern haben die vorliegenden Anträge durchaus große Schnittmengen, und ich bin sicher, dass man daraus einen fundierten Arbeitsauftrag erstellen kann. Die Betonung liegt auf „kann“. Dabei ist natürlich nicht die Zahl der Fragen entscheidend, sondern ihre Treffsicherheit und ihr Tiefgang sind entscheidend. Zu viele Fragen können durchaus wieder neue Bodennebel erzeugen, Herr Jüttner.
Was das eingelagerte Inventar betrifft, meine Damen und Herren, weisen z. B. die hohen Tritiumwerte darauf hin, dass womöglich noch ganz andere Stoffe in den Fässern schlummern als bisher bekannt.
Wir haben die systematischen Unzulänglichkeiten von Etikettierung, Begleitpapieren und Eingangsprüfung anhand von Beispielen mehrfach hervorgehoben. Selbst der TÜV räumte eine Quote von 10 % Falschdeklarierungen ein. Die Kenntnisse über das Inventar sind lückenhaft und mit Zweifeln behaftet. Hier muss erheblich nachgearbeitet werden. Das werden wir im Untersuchungsausschuss tun.
Ich bin sehr froh, dass es jetzt nicht mehr nur um die radioaktive Fracht geht, sondern dass die intensive Betrachtung des chemischen und toxischen Materials mit in den Fokus rückt, wie ich es seit Langem gefordert habe. Sehr beeindruckt - allerdings in negativer Hinsicht - war ich, als kürzlich der Sachverständige des TÜV im Umweltausschuss bezüglich der toxischen Stoffe und des Arsen ausführte, dass er dies vor einem Jahr gar nicht gesehen habe und es ihm nicht aufgefallen sei. Er habe aber auch nicht danach gesucht. - Man findet eben nur, was man finden will.
Herr Jüttner, eines möchte ich noch sagen: Wir Linke haben in Presseerklärungen und auch hier in Reden schon im letzten Jahr darauf hingewiesen, dass dort Arsen und andere Stoffe in großer Quantität vorhanden sind.
Ein weiterer bisher blinder Fleck sind die Forschungsarbeiten in der Asse. Darauf deuten natürlich auch die eingelagerten Tierkadaver hin. Wir werden uns dem genau widmen müssen, um herauszubekommen, was geforscht wurde und dass es eben die Forschung für Gorleben war. Fundierte Aussagen über das Verhalten des Systems Atommülllager sind nur möglich, wenn man die Inhaltsstoffe und damit das Reaktionsverhalten des gesamten Chemiecocktails abschätzen kann.
Meine Damen und Herren, dass das mediale Interesse über ein Jahr lang bis heute so groß war und auch noch ist, begrüße ich sehr. Ich lobe das an dieser Stelle ausdrücklich, auch wenn ich mit der Gewichtung der inhaltlichen Arbeit der Fraktionen nicht immer ganz zufrieden war. Die Sensibilität der Medien erstreckt sich dabei speziell auf die
Verantwortlichkeiten, insbesondere auch die politischen. Deshalb ist keine Fraktion gut beraten, wenn sie diesen Bereich unterbelichten will.
Damit kommt jetzt niemand mehr durch. Die Entscheidungsverantwortlichkeiten oblagen der Politik und niemand anderem.
Der erste Statusbericht offenbarte neben den ganzen Unglaublichkeiten im Umgang mit radioaktiven Stoffen und Kontaminationen aber auch die Fahrlässigkeit, mit der Gesundheitsgefährdungen für das Werkspersonal und womöglich auch für die Bevölkerung in Kauf genommen wurden. Der aufgeführte Maßnahmenkatalog ist eine einzige Anklage gegen den Betreiber Helmholtz. In der letzten Sitzung des Umweltausschusses wurde dabei deutlich, dass auch der neue Betreiber BfS geraume Zeit braucht, um mehr Grund in den Sumpf zu bringen. „Glück auf“ reicht da nicht aus.
In allen vorliegenden Anträgen werden dazu auch intensiv Fragen gestellt. Wir wollen den Auftrag ausdrücklich aber auch auf den Atommülltransport zur Asse erstrecken. Ich sage das, weil wir als Linke-Fraktion auf der Grundlage von Aussagen eines Braunschweiger Rangiermeisters auf schwere Schutzversäumnisse mit möglicherweise erheblichen gesundheitlichen Folgen aufmerksam gemacht haben.
Meine Damen und Herren, Bundesumweltminister Sigmar Gabriel führte am 1. Mai aus, dass das Aktenmaterial, das Helmholtz dem Bundesamt für Strahlenschutz überlassen hat, nicht das Niveau hat, das wir in Deutschland kennen und für notwendig erachten. Ähnlich äußerten sich schon im Jahr 2007 BfS, LBEG und NMU. Da drängt sich die Frage auf: Warum hat niemand von denen vorher gehandelt?