Es geht aber nicht nur um Ihre persönliche Überzeugung. Ich möchte Sie daran erinnern, dass es vielleicht auch darum geht, als Schulpolitikerinnen und Schulpolitiker einmal auf die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der Erziehungswissenschaft zu hören.
Sie werden sich daran erinnern, dass wir am Freitag vor Pfingsten zum Gesetzentwurf und zu dem Antrag der Grünen zur Inklusion in der Schule die bundesweit führenden Expertinnen und Experten
Ich möchte hier einmal zitieren, was sie gesagt haben. Sie waren alle dabei. Bitte hören Sie jetzt zu. Dort wurde gesagt: Wer Hauptschülerinnen und Hauptschüler, wer Förderschülerinnen und Förderschüler in selektive Extraschulen aussortiert und ihnen verwehrt, mit Leistungsstärkeren zusammen zu sein und zu lernen, der verwehrt ihnen die Bildungserfolge, zu denen sie sonst in leistungsgemischten Gruppen in der Lage wären. - Das liegt in Ihrer Verantwortung, und das ist der Skandal bei diesem Schulgesetz.
Herr Försterling hat eben gesagt, Sie hätten während der Anhörung alle möglichen Dinge aufgenommen. Das war für mich keine Anhörung, sondern eine Weghörung. Sie haben nämlich gar nichts von den Anregungen aufgenommen. Wenn Sie etwas ändern wollen, dann hätten Sie das in das Gesetz schreiben sollen. Sie wollen aber wieder etwas ohne das Parlament untergesetzlich regeln. Keiner wird sich hinterher darauf berufen können.
Danke schön, Frau Korter. - Herr Adler von der Fraktion DIE LINKE hat nun für ebenfalls anderthalb Minuten das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Klare, Sie haben uns eben Ihre Überzeugung mitgeteilt, welches Schulsystem Sie für besser halten.
Entschuldigung, Herr Kollege Adler, Sie beziehen sich jetzt auf Herrn Kollegen Klare. In einer Kurzintervention können Sie sich aber nur auf die Ausführungen des Kollegen Försterling beziehen.
Ich habe mich versprochen. Ich habe den Kollegen Försterling gemeint. - Herr Kollege Försterling, Sie haben eben gesagt, welches Schulsystem Sie für
Wenn alle Eltern, die ihr Kind zur Gesamtschule schicken wollen, nach Ihren Gesetzen die Möglichkeit bekämen, ihr Kind zur Gesamtschule zu schicken, hätten wir sehr viel mehr Gesamtschulen. Sie müssten dann allerdings alle Hindernisse aus dem Gesetz herausnehmen, die Sie gegenwärtig eingebaut haben und die Sie mit der Einführung des Turboabiturs noch zusätzlich einführen wollen. Wir wollen einmal schauen, welches System dann besser ist und welches System von den Eltern besser angenommen wird.
Eine zweite Bemerkung, Herr Försterling. Gegenwärtig haben wir an den Gymnasien die Situation, dass man nach 12 Jahren oder auch nach 13 Jahren das Abitur machen kann. Denken Sie etwa an das technische Gymnasium, das hauswirtschaftliche Gymnasium und das wirtschaftliche Gymnasium. Diese Möglichkeit räumen Sie den Integrierten Gesamtschulen aber nicht ein.
Sie räumen noch nicht einmal die Möglichkeit ein, dass innerhalb der Gesamtschulen die Ausbildung sozusagen mit zwei Geschwindigkeiten erfolgt. Das wird durch das Gesetz nicht ermöglicht.
Ich frage mich, warum Sie das tun. Sie tun es nur, um die Gesamtschulen zu schikanieren und zu behindern. Das ist der einzige erkennbare Grund.
Herr Kollege Försterling möchte antworten. Auch ihm stehen anderthalb Minuten zur Verfügung. Bitte schön!
Frau Präsidentin! Ich bin jetzt ein bisschen enttäuscht über den innerfraktionellen Austausch bei den Linken. Ich habe mir vorgestellt, dass der Gesetzesinhalt in der Fraktion richtig wiedergegeben und besprochen wird. Natürlich wird es in Zukunft möglich sein, dass die Schülerinnen und Schüler, die den A-Kurs oder den B-Kurs besuchen, die Klassenstufen 5 bis 10 durchlaufen, dann die Einführungsphase der gymnasialen Oberstufe durch
laufen, sodann die Qualifikationsphase der Oberstufe durchlaufen und dann auch an Integrierten Gesamtschulen das Abitur nach 13 Jahren ablegen. Das verhindert der Gesetzentwurf keinesfalls.
Frau Korter, wenn Sie Herrn Wocken zitieren, dann müssen Sie auch den ganzen Inhalt seiner Aussage wiedergeben. Er hat nämlich ganz eindrücklich u. a. zum Ausdruck gebracht, dass er vom freien Elternwillen nichts hält. Das haben Sie hier unter den Tisch gekehrt. Er hat auch zum Ausdruck gebracht, dass es in der Tat so ist, dass in den gemischten Lerngruppen die leistungsstärkeren Schüler nicht entsprechend gefördert werden.
- Das hat er ausgeführt. - Unser Ziel muss es doch sein, dass wir alle begabungsgerecht und differenziert fördern. Gerade im Bereich der Hauptschulen gehen wir jetzt den richtigen Weg.
Danke schön. - Für die Landesregierung hat sich Frau Ministerin Heister-Neumann zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der demografische Wandel - bis zum Jahr 2020 werden rund 240 000 Schülerinnen und Schüler weniger unsere Schulen besuchen - stellt das Bildungssystem in unserem Flächenland vor große Herausforderungen. Der vorliegende Gesetzentwurf enthält deshalb entscheidende Weichenstellungen für die Weiterentwicklung unseres Schulwesens in Niedersachsen. Er ermöglicht die Sicherstellung eines breit gefächerten, qualitativen und wohnortnahen Bildungsangebotes, das flexibel auf die regionalen Besonderheiten anzupassen ist. Es geht um die Steigerung von Bildungsqualität, die Erleichterung von Übergängen und die Sicherung von Abschlüssen, um nichts Geringeres als das Grundanliegen von Schule, alle Schülerinnen und Schüler begabungsgerecht und individuell zu fördern und zu fordern.
Richtungweisend ist dabei der bildungspolitische Schwerpunkt der verstärkten beruflichen Orientierung. Mit den berufsbildenden Angeboten und der Zusammenarbeit der allgemeinbildenden und berufsbildenden Schulen und der Betriebe werden
die Abschlusschancen der Schülerinnen und Schüler nicht nur gesteigert, sondern auch der Übergang in die duale Ausbildung bzw. in weiterführende Bildungsgänge wird wesentlich erleichtert. Die Schulträger und die Schulen erhalten dabei einen entscheidenden eigenverantwortlichen Gestaltungsspielraum.
Dasselbe gilt auch für die Realschulen, die sich durch die Schwerpunktsetzungen in den Schuljahrgängen 9 und 10 zur besseren Gestaltung der Übergänge etwa in das Fachgymnasium oder auch in die gymnasiale Oberstufe maßgeschneidert profilieren können.
Meine Damen und Herren, die ausbildende Wirtschaft, die in Zukunft noch sehr viel stärker auf qualifizierten Fachkräftenachwuchs angewiesen sein wird, hat diese Richtungsentscheidung in unserer Schulgesetznovelle ausdrücklich begrüßt. Bei den intensiv diskutierten Veränderungen an Grund- und Gesamtschulen sind tatsächlich Anregungen aufgegriffen worden. So wird die Umwandlung der verbleibenden vollen Halbtagsschulen erst zum 1. August 2010 erfolgen. Damit wird den Schulen mehr Raum für die Umstellung gegeben und auch die Chance zur Entwicklung von Ganztagsschulen weiter gefördert.
An den Integrierten Gesamtschulen wird künftig ebenfalls das Abitur nach 12 Jahren abgelegt werden. Aber die wesentlichen Gestaltungsprinzipien der Integrierten Gesamtschulen bleiben erhalten. Die Freiräume bei der Gestaltung der äußeren Fachleistungsdifferenzierungen werden bei Vorlage eines pädagogischen Konzeptes darüber hinaus im Vergleich zur jetzigen Situation tatsächlich erhöht, und zwar in den Jahrgängen 7 und 8. Ich bin sehr erstaunt, dass sich die Oppositionsfraktionen bis heute schlicht weigern, dies zur Kenntnis zu nehmen.
Ginge es nach den Entschließungsanträgen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen oder der Fraktion DIE LINKE, hätten wir heute überhaupt nur noch über eine einzige Schulform - möglichst von Jahrgang 1 bis Jahrgang 13 - zu entscheiden, gnadenhalber vielleicht noch über das Gymnasium.
Mit dem zur Verabschiedung anstehenden Gesetzentwurf werden die Weichen für ein zukunftsfähiges, differenziertes und gegliedertes Schulwesen gestellt, das sich an den Bildungserfordernissen für alle Schülerinnen und Schüler orientiert. Unverzichtbar ist dabei im Übrigen die gesicherte Unterrichtsversorgung, über die Sie heute noch gar nicht gesprochen haben.
Ich bin zuversichtlich, dass wir auch unter bundesweit schwierigen Rahmenbedingungen diese Herausforderung bestens bewältigen werden.
Meine Damen und Herren, ich habe über das spürbar wirksame Maßnahmebündel bereits im letzten Plenum berichtet und darf heute mit großer Freude berichten, dass ein weiterer Punkt in diesem Maßnahmebündel, nämlich die Umwandlung von Altersteilzeit in das Blockmodell, so hervorragend angenommen wird, dass wir auch hier unsere selbst gesetzten Ziele übertreffen. Wir haben nicht nur 150, sondern 170 Vollzeiteinheiten. Deshalb bin ich sehr zuversichtlich, dass wir zum Schuljahresbeginn eine gute Unterrichtsversorgung auf hohem Niveau erreichen können.
Meine Damen und Herren, das zur Beschlussfassung anstehende Gesetz soll erst zum Schuljahresbeginn 2010/2011 in Kraft treten. Wir haben damit ausreichend Zeit, die notwendigen Anpassungsprozesse gut und konstruktiv zu gestalten. Dazu lade ich alle Beteiligten herzlich ein. Uns geht es nicht um eine einzelne Schulform, sondern um die Weiterentwicklung aller Schulformen. Uns geht es um ein breites und gutes Bildungsangebot in ganz Niedersachsen und vor allem um das Wohl aller uns anvertrauten Schülerinnen und Schüler.