Protokoll der Sitzung vom 16.06.2009

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Tie- fensee ist zuständig! Das wissen Sie doch!)

Wenn Sie diese Gesamtverantwortung nicht haben, dann muss ich mich doch wundern, dass der niedersächsische Wirtschaftsminister Dr. Philipp Rösler immerhin einer Einladung zum Spatenstich der Schienenanbindung JadeWeserPort gefolgt ist und dabei den Spaten in die Hand genommen hat. Wenn er nichts damit zu tun hat, dann ist er scheinbar nur zum Schnittchenessen gekommen. Oder welche Verantwortung trägt er an dieser Stelle?

(Beifall bei der SPD - Widerspruch bei der CDU und bei der FDP)

Ich möchte das an dieser Stelle noch einmal sagen: Wir haben den Wirtschaftsminister in der Vergangenheit einige Male in der Region erlebt. Wir brauchen keine FDP-Wahlkampfreden auf Wirt

schaftsveranstaltungen, sondern wir brauchen Wirtschaftspolitik für Niedersachsen! Der JadeWeserPort und die notwendige Bahnanbindung sind genau dies, nämlich Wirtschaftspolitik für das Land Niedersachsen. In der Gesamtverantwortung dafür steht der Minister.

(Beifall bei der SPD - Heinz Rolfes [CDU]: Das ist jämmerlich!)

Im Übrigen wurde auch deutlich gesagt, dass das Projekt im MW mit enormer Intensität betreut wird. Unter enormer Intensität verstehe ich aber etwas anderes!

Wenn wir im Ausschuss nicht immer wieder gebohrt und gefragt hätten, dann hätten wir die Information überhaupt nicht bekommen, dann hätte das Land überhaupt nicht mehr nachgefragt. Im MW hat sich niemand regelmäßig die Zwischenstände mitteilen lassen. Es gab überhaupt keine Nachfragen und keine Kontrolle. Das ist die große Problematik dabei. Da müssen wir doch einmal ehrlich sein.

(Beifall bei der SPD - Björn Thümler [CDU]: Das stimmt überhaupt nicht! Das ist die Unwahrheit!)

Sie machen gerade einen Riesenfehler: Sie versuchen hier schon wieder, Wahlkampf zu machen. Sie glauben, indem Sie die Bahn und Tiefensee in einen Topf werfen, würden Sie etwas erreichen. Wissen Sie, wo das eigentliche Problem liegt?

(Heinz Rolfes [CDU]: Wer ist denn verantwortlich? Rufen Sie doch mal Tiefensee an! - Weiter Zurufe von der CDU - Glocke des Präsidenten)

- Hören Sie zu, dann erfahren Sie es auch! - Wissen Sie, wo das eigentliche Problem liegt? - Es liegt bei der Bahn. Das muss einmal offen benannt werden. Wenn Sie mit uns gemeinsam eine Zielrichtung verfolgen würden, nämlich die Bahn in die Pflicht zu nehmen, und nicht nach Ausweichmanövern suchen und dem Bund die Schuld geben würden, dann wären wir einen Schritt weiter. Ihr Ministerpräsident hat es gesagt: Das Verhalten der Bahn ist desaströs. - Herr Wulff, dabei bin ich mit Ihnen einer Meinung. Aber Sie tragen die Verantwortung für das Gesamtprojekt!

(Björn Thümler [CDU]: So ein Quatsch! - Heinz Rolfes [CDU]: So ein Unsinn!)

Ihr Verhalten, wenn es nicht gelingt, wird möglicherweise genau die Konsequenzen haben, die

Sie jetzt fordern. Sie fordern nämlich, dass Herr Grube dann gehen müsse. Ich bin gespannt, welche Konsequenzen das im Land Niedersachsen haben wird.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, Herr Dr. Biester hat es zu Recht gesagt: Schauen Sie sich den Zeitplan, den man uns vorgelegt hat, einmal an! In diesem Zeitplan gibt es riesige Lücken. Ein dreiviertel Jahr hat die Bahn nicht mehr geplant - ein dreiviertel Jahr! Die Bahn legt uns Pläne vor, in denen steht, dass sie innerhalb von anderthalb Jahren die Umweltverträglichkeitsprüfung durchführen will - Lücke. Bei der Planfeststellung gibt es auch eine Lücke.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Wem gehört denn die Gesellschaft der Bahn?)

- Ja, Herr Biallas, ich weiß das. Es hilft aber nicht, wenn Sie das immer wieder erklären.

Selbst ein Laie kann erkennen, dass es möglich wäre, diese Zeiträume zu verkürzen. Ich habe den Eindruck, die Bahn will das gar nicht. Man muss nur einmal den Artikel ganz aufmerksam lesen, der im Hamburger Abendblatt steht. Er ist mit sehr viel Hohn versehen und macht deutlich: Noch glauben die Niedersachsen, ihre Bahnanbindung wäre schneller fertig. Dann kommt der Hinweis auf die notwendige Elbvertiefung, auf die großen Schiffe, die kommen können, und auf den zeitlichen Vorlauf.

Ich meine, es ist dringend an der Zeit, dass sich die Landesregierung mit den Hamburgern auseinandersetzt und sich überlegt, wer auf die Bahn Druck ausübt und an welcher Stelle zuerst investiert wird. Die ersten Investitionen sind bei uns in Niedersachsen notwendig. Ich hoffe, dass an dieser Stelle die richtigen Gespräche geführt werden.

(Beifall bei der SPD)

Ich glaube, dass das Thema Bahn entscheidend sein wird. „Schilda lässt grüßen“ ist nicht nur ein Ausdruck, der an vielen Stellen von Reportern und Redakteuren geprägt wird, sondern „Schilda lässt grüßen“ ist die Realität. Man denke nur an die Dreistigkeit, mit der die Bahn - ich bitte um Konzentration auf die eigentlichen Probleme - mit uns umgeht, die uns heute erzählt, dass sie in der Lage sei, unter dem rollenden Rad die Hafenanbindung sicherzustellen. Ich möchte daran erinnern, dass es noch zwei eingleisige Strecken gibt, die

ausgebaut werden müssen. Auf einer dieser eingleisigen Strecken liegt das Gleis mitten auf dem Damm. Das heißt, das Gleis müsste abgebaut und verlegt werden. Das ist nicht machbar. Die Bahn hält uns also schon wieder hin. Und wenn ich dann höre, dass der Ministerpräsident mit den Aussagen der Bahn zufrieden ist,

(Ministerpräsident Christian Wulff: Nein!)

dann muss ich sagen: Das ist einfach zu wenig.

Konzentrieren Sie sich bitte auf die eigentlichen Probleme, auf die Bahn! Machen Sie keinen billigen Wahlkampf! Lassen Sie uns dann gemeinsam dafür sorgen, dass der Hafen mit den entsprechenden Hinterlandanbindungen zum Erfolg wird! Alles andere - ich glaube, das merken Sie selber - ist der falsche Weg.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei der SPD - Hans-Werner Schwarz [FDP] meldet sich zu einer Kurzintervention)

Kurzinterventionen, Herr Kollege Vizepräsident, sind in der Aktuellen Stunde seit einiger Zeit nicht mehr zugelassen.

(Hans-Werner Schwarz [FDP]: Ja richtig, wir sind noch in der Aktuellen Stunde! Aber das hat mich doch ge- reizt!)

Meine Damen und Herren, die nächste Rednerin ist Frau König von der FDP-Fraktion. Sie kann ja Ihre Einwände übernehmen, Herr Schwarz.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Lies, das hat mich doch sehr erschüttert:

(Oh! bei der SPD)

Was Sie da vom Stapel gelassen haben, war wirklich unter aller Kanone.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Als ich diesen Punkt auf der Tagesordnung gesehen habe, habe ich gedacht, wir alle in Niedersachsen, im Parlament und auch in der Landesregierung, ziehen an einem Strang. Nichts davon konnte ich jetzt aus Ihrer Rede heraushören.

(Zustimmung bei der FDP - Zurufe von der SPD: Zuhören!)

Es ist wirklich ein Trauerspiel, dass Sie hier Hamburg anführen. Hamburg hat einen Hafen, aber die Hinterlandanbindungen gehen in erster Linie durch Niedersachsen. Dass wir in diesem Hinterland genauso viel tun müssen wie in Wilhelmshaven, wissen zumindest wir von der Landesregierung ganz genau.

(Zustimmung bei der FDP - Heiner Bartling [SPD]: Gehören Sie auch schon dazu?)

Ich möchte Ihnen noch eines sagen: Es gab bis vor Kurzem einen niedersächsischen Bahnbeauftragten, Herrn Meyer, der sich seit Jahren mit uns gemeinsam eingesetzt hat und der uns hoch und heilig versprochen hat, dass sich die Bahn dafür einsetzt - das hat sie ihm in die Hand versprochen -, dass wir 2012/2013 diese Verbindung bekommen: doppelspurig, 2013 sogar mit Elektrifizierung. Er hat gesagt, dass dieser Entwurf seit dem Sommer 2008 bei Herrn Tiefensee im Bundesministerium zur Unterschrift vorliegt. Warum ist der nicht unterschrieben worden? Warum haben Sie Ihrem Minister nicht einmal ein bisschen Druck, ein bisschen Feuer unter dem Hintern gemacht?

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Warum musste das so lange dauern? Das ist in erster Linie Ihre Aufgabe gewesen - das Ministerium untersteht der SPD -, Sie aber haben nichts getan.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ganz im Gegensatz dazu hat unsere Landesregierung immer wieder - - -

(Widerspruch von Olaf Lies [SPD] - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Herr Lies, wer schreit, hat Unrecht! - Zuruf von Enno Hagenah [GRÜNE] - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Herr Tiefensee hat geschlafen, das ist richtig!)

- Herr Tiefensee hat geschlafen, selbstverständlich - da haben Sie recht -, und zwar den Schlaf des Gerechten. Er hat sozusagen die Oberaufsicht über die Bahn. Er hat nichts eingeleitet, überhaupt nichts; er hat keinen Druck ausgeübt und gar nichts in die Wege geleitet. Unsere Landesregierung, unser Wirtschaftsministerium, hat akribisch darauf geguckt, wie weit die sind und was mittlerweile passiert ist.

(Zurufe von Olaf Lies [SPD] und Enno Hagenah [GRÜNE])

Die sind auf den Zustand gestoßen und haben ihn erstmalig überhaupt in die Öffentlichkeit gezogen.

(Olaf Lies [SPD]: Wir als Parlament haben das gefordert!)

Daran können Sie sehen, wie genau und wie ordentlich unser Ministerium in dieser Situation gearbeitet hat.