Protokoll der Sitzung vom 17.06.2009

(Glocke des Präsidenten)

Manche Gemeinden haben erkannt, dass sie sich neu aufstellen müssen, und wollen den Fusionsprozess; andere scheuen diese Debatte. Am Ende werden wir vielleicht das große Problem haben, dass sich zwar manche Kommunen zusammengeschlossen haben, dass aber insbesondere ganz kleine und verarmte Kommunen nackt und alleine dastehen.

Diesen Prozess müssten Sie eigentlich von oben steuern. Es ist die Kernaufgabe eines Ministeriums, einen Masterplan zu entwickeln.

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen. Ihre Redezeit ist abgelaufen.

Das machen Sie nicht. Da Sie die Arbeit eingestellt haben, wäre es sinnvoll gewesen, in diesem Bereich eine Enquetekommission auf den Weg zu bringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Ich erteile jetzt dem Kollegen Biallas von der CDUFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Erstens. Wenn man den Ausführungen meiner beiden Vorredner folgt, kann man sich angesichts der Tatsache, dass sie zu dem Sachverhalt, um den es hier geht, schon viele Antworten gegeben haben, in der Tat fragen: Wieso brauchen wir eigentlich noch eine Enquetekommission? Wenn man alle Antworten schon weiß, braucht man alles, aber keine Enquetekommission.

Zweitens. Die Lage der Kommunen ist in der Tat angespannt. Man kann sie, was die Finanzen angeht, auch als katastrophal bezeichnen. Ich erinnere aber daran, dass dieser Tatbestand sich nicht entwickelt hat, seitdem die Koalition aus CDU und FDP regiert. Vielmehr haben wir diesen Zustand leider vorgefunden. Auch das möchte ich hier sehr deutlich sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der SPD - Wolfgang Jütt- ner [SPD] erhebt sich von seinem Platz)

- Ganz ruhig bleiben! Das Thema ist viel zu ernst, als dass Herr Jüttner jetzt den Saal verlassen könnte.

(Zustimmung bei der CDU - Heiner Bartling [SPD]: Das bestimmt nun nicht Herr Biallas!)

Drittens. Wenn es so ist, wie es durchaus zutreffend von vielen geschildert worden ist, dann ist in der Tat die Frage: Was kann man tun, wenn man etwas tun will? - Natürlich haben wir - wie auch die anderen Fraktionen - Gespräche mit den kommu

nalen Spitzenverbänden geführt. Ich sage es ohne Vorwurf: Es gibt keinen kommunalen Spitzenverband, der ein probates Rezept hätte, wie wir die Dinge so neu ordnen könnten, dass es am Ende für die Kommunen erfolgreich und wenigstens befriedigend wäre.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Dann gibt es ja doch einen Bedarf!)

- Es gibt in der Tat einen Bedarf. Auf diesen Bedarf geht die SPD ein. Aber sie hat - jedenfalls in ihrem Antrag, den ich gelesen habe - noch keine Antwort gegeben.

(Heiner Bartling [SPD]: Gerade eben haben Sie das Gegenteil gesagt!)

- Immer ruhig bleiben! - Die Antwort hat eben Frau Modder gegeben.

Der Streit, den es in der aktuellen Debatte vielleicht geben könnte, geht doch darum: Kann man, wenn man hinsichtlich der Strukturen, der Gemeindegebiete oder der Landkreise etwas tun will, das hier im Landtag neu ordnen und als Gesetzgeber beschließen, oder sollte man das tun, was diese Landesregierung, wie jedenfalls wir finden, völlig zu recht tut

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Nämlich nichts! - Beifall bei der SPD)

- das stimmt doch überhaupt nicht! -, nämlich diejenigen beteiligen, die betroffen sind?

Insbesondere vor dem Hintergrund, dass Sie sich sonst bei jedem Thema, über das wir hier im Landtag reden, auf das kaprizieren, was die Betroffenen wollen, wundere ich mich darüber, dass Sie hier genau das Gegenteil tun. Sie interessieren sich nämlich überhaupt nicht für das, was die Betroffenen vor Ort wollen. Sie verfahren vielmehr so wie Herr Bartling mit seiner ordnenden Hand, die ich allerdings vermisst habe, als er noch in der politischen Verantwortung war. Damals hat er nämlich nichts mit ordnender Hand vorangetrieben.

(Widerspruch bei der SPD )

- Das ist ja so gewesen. - Wir sagen: Wir wollen die Freiwilligkeit in den Mittelpunkt der Überlegungen stellen.

Wenn Sie behaupten, bisher sei nichts oder nicht genug geschehen, dann sage ich Ihnen: Es ist doch besser, es so zu machen, wie die Landesregierung es jetzt vorhat. Sie haben übrigens auf allen Ebenen gefordert, das Land solle helfen, die Kommunen zu entschulden. Das ist ja eine Forde

rung der SPD. Jetzt stellt das Land zunächst einmal 70 Millionen Euro zur Verfügung und sagt: Dort, wo es zu freiwilligen Fusionen kommt, wollen wir gleichzeitig in erheblichem Umfang zu einer finanziellen Entlastung beitragen.

(Ralf Briese [GRÜNE]: 300 000 Euro und nicht 70 Millionen Euro!)

- Brüllen Sie doch nicht so laut! Ich höre Sie nicht einmal, wenn Sie laut brüllen. Das ist mein Vorteil.

(Heiterkeit bei der CDU und bei der FDP)

Manchmal höre ich Sie, aber ich verstehe Sie trotzdem nicht.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist auch die Erklärung für die Qualität Ihrer Beiträge! - Weitere Zurufe - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

- Ich freue mich doch, wenn Sie mir so engagiert zuhören. Das will ich doch nur. Sie tun das, und das ist schön so. Deswegen trage ich hier auch frei vor und lese nicht etwas vor. Alles wunderbar! Ich möchte nur zu Ende vortragen.

70 Millionen Euro erscheinen dem einen oder anderen viel zu wenig. Wenn man aber daran denkt, dass man mit 70 Millionen Euro von den hier völlig zu Recht angeführten Kassenkrediten in Höhe von 4 Milliarden Euro, die bisher aufgelaufen sind, etwa 1,3 bis 1,4 Milliarden Euro Schulden bedienen kann, dann ist das schon eine erhebliche Leistung dieser Landesregierung, die zur Entschuldung der Kommunen beiträgt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich will noch ein Letztes zu der Frage sagen, was man als Gesetzgeber tun kann. Ich weiß, dass einige von Ihnen die Lösung favorisieren, dass das von oben nach unten geordnet werden soll. Sie wissen selber, dass es in der SPD viele aus der Kommunalpolitik gibt, die Sie davor warnen. Diese Warnungen nehmen wir sehr ernst. Wir nehmen die Kommunalpolitiker der SPD in dieser Frage sehr viel ernster als Sie. Der Grund liegt auch darin, dass es in Mecklenburg-Vorpommern in der Tat den Versuch seitens der Landesregierung gegeben hat, die Verhältnisse von oben nach unten neu zu ordnen. Wir alle wissen, wie dies ausgegangen ist. In dem Verfahren beim Staatsgerichtshof Mecklenburg-Vorpommern ist das komplett gescheitert. Ein wesentlicher Punkt war dabei, dass die Kreise viel zu groß zugeschnitten waren. Noch bemerkenswerter ist, dass der Staatsgerichtshof

sagt, es müsse bei einer Neuordnung darauf geachtet werden, dass das Ehrenamt in der Kommunalpolitik weiterhin verantwortlich wahrgenommen werden kann.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

An diesen Grundsätzen richten wir unsere Politik aus. Deswegen brauchen wir nichts von oben nach unten. Wir unterstützen die Landesregierung in ihren Plänen, den Kommunen zu helfen. Letztendlich empfehle ich Ihnen, uns einmal vorzumachen, wie eine Neuordnung vernünftig funktioniert. Sie können das unter Beweis stellen, indem Sie sich in der SPD in Niedersachsen einmal darauf einigen, wie Sie Ihre eigenen Strukturen vernünftig neu ordnen wollen. Wenn Sie das hingekriegt haben, erzählen Sie es uns bitte. Wir wollen uns daran dann gern ein Beispiel nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Herrn Kollegen Briese das Wort.

Besten Dank, Herr Präsident. - Ich kann meinen Beitrag sogar vom Saalmikrofon aus leisten, weil ich nur eine Frage an den Kollegen Biallas stellen möchte. Ich habe nicht verstanden, von welchen 70 Millionen Euro Sie gesprochen haben, Herr Biallas. 70 Millionen Euro sind nur eine Planungszahl, eine Zielzahl für das Haushaltsjahr x. Aktuell haben Sie für das große Thema der Gebietsreform gerade einmal 300 000 Euro in den Haushalt eingestellt. Das ist die Summe, die Sie eingestellt haben. 70 Millionen Euro bedeuten nichts anderes als Traumtänzerei, insbesondere angesichts der desaströsen finanziellen Lage, in die wir jetzt hineinschlittern. Ich bin sehr gespannt, ob Sie die 35 Millionen Euro an Landesgeldern ab 2012 in den Haushalt einstellen werden und wie Sie das überhaupt machen wollen. Die 70 Millionen Euro sind überhaupt nicht abgesichert und nicht ansatzweise finanziert. Es sind Traumzahlen, die Sie hier präsentieren.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Herr Kollege Biallas, bitte!

Herr Präsident! Da wir die Erfahrung gemacht haben, dass die seit 2003 im Amt befindliche Landesregierung stets Wort gehalten und all das umgesetzt hat, was sie angekündigt hat,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

gehe ich davon aus, dass die Ankündigung der Landesregierung, diese Summe für den genannten Zweck zur Verfügung zu stellen, in den Haushaltsberatungen des Kabinetts, die jetzt anstehen, ihren Niederschlag finden wird. Sie können allerdings davon ausgehen - dies sei zu Ihrer Beruhigung gesagt -, dass dann, wenn dieser Vorschlag der Landesregierung für den Haushalt unterbreitet wird, die Regierungsfraktionen ihn mit großer Freude mittragen werden, sodass wir im Haushaltsjahr 2010 diese Summe dann auch für den genannten Zweck einsetzen können. Wenn Sie dann dagegen stimmen, Herr Briese, ist das Ihre Sache. Ich hätte Ihnen dann aber empfohlen, sich hier nicht so einzulassen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ich erteile Herrn Kollegen Adler von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine Enquetekommission nach § 18 a unserer Geschäftsordnung hat ja etwas Sympathisches. Das Besondere an einer Enquetekommission ist nämlich, dass außer den Abgeordneten auch Sachverständige einbezogen werden.