Herr Klare bezeichnet in seinem Zwischenruf Herrn Brandt weiterhin als Schulschwänzer, obwohl das Disziplinarverfahren inzwischen eingestellt wird.
Ich muss Ihnen sagen: Wer einen solchen Entlastungsangriff startet, dem steht das Wasser schon bis zum Hals!
Dann wundert es mich auch nicht, dass die CDU inzwischen selbst landesweit vor ihrer Schulpolitik warnt und plakatiert: „Achtung! Schule hat begonnen!“
Meine Damen und Herren, eine Sache ist für mich allerdings noch ungeklärt, nämlich ob nur im Kultusministerium an dieser Intrige gestrickt worden ist oder welche höheren Kreise sonst noch involviert waren. Ist es eigentlich nur Zufall, dass wenige Tage, bevor der Antrag auf Stundenzuweisung für Herrn Brandt endgültig abgelehnt und disziplinarische Vorermittlungen ins Rollen gebracht wurden, der GEW-Vorsitzende Eberhard Brandt und Ministerpräsident Wulff in der Sendung „Menschen und Schlagzeilen“ des NDR-Fernsehens so in Streit gerieten, dass der Ministerpräsident zeitweilig die Contenance verlor?
eigentlich deckt der Ministerpräsident noch immer das Versteckspiel seiner Kultusministerin, statt endlich, wie es sich für einen Landesvater geziemt, die lückenlose Aufklärung durchzusetzen?
Eines muss doch stutzig machen: Die Intrige gegen Herrn Brandt ist gesponnen worden, als die Landesregierung schulpolitisch mit dem Rücken an der Wand stand
und der Ministerpräsident mit seinem 13-Maßnahmen-Paket die Schulpolitik an sich gezogen hat, nämlich am 24. Februar. Am 27. Februar werden die disziplinarischen Vorermittlungen eingeleitet.
Als die Regierung derart unter Druck steht und landesweit den Sturm der Entrüstung zu spüren bekommt, fällt ihr nichts anderes ein, als einen der übelsten Tricks zu benutzen, nämlich eine Einschüchterungs- und Diffamierungskampagne gegen Kritiker; ich habe sie vorhin schon aufgezählt.
Das muss hier erklärt werden. Herr Wulff, Sie halten sich bisher vornehm zurück. Ich erwarte von Ihnen eine Erklärung. Statt endlich eine zukunftsweisende Schulpolitik in Niedersachsen zu gestalten, schlagen Sie Abwehrschlachten für Ihre völlig unfähige Ministerin und schützen sie, um sie im Amt zu halten. Unvermögen, gepaart mit Starrsinn und Ignoranz, das sind inzwischen die Kennzeichen für Niedersachsens Schulpolitik. Wir blamieren uns damit bundesweit.
Herr Wulff, Herr Ministerpräsident, Sie sind für diese Personalie verantwortlich. Sie sind verantwortlich für das Fehlverhalten Ihrer Ministerin. Korrigieren Sie endlich die Fehlbesetzung!
Meine Damen und Herren, jetzt gibt es noch eine Wortmeldung aus der FDP-Fraktion. Herr Bode hat das Wort. Er hat noch ausreichend Redezeit, nämlich noch fünf Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte auf die drei Vorwürfe, die Herr Jüttner in der Debatte erhoben hat, eingehen.
Herr Jüttner, Sie haben erstens den Vorwurf erhoben, dass Akten, die hätten geschützt werden müssen, an die Öffentlichkeit geraten sind. Lassen Sie mich hierzu eindeutig erklären, dass auch wir missbilligen, dass Akten, Aktenauszüge und andere Informationen aus Personalakten an die Öffentlichkeit und an die Medien gegeben werden. Wir müssen alles in unserer Macht Stehende tun, um diesen Vorgang aufzuklären und zu ahnden. Deshalb begrüßen wir, dass die Landesregierung mit Mitarbeiterbefragungen aktiv geworden ist und dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen hat.
Genauso ist allerdings zu kritisieren, dass in der letzten Woche offensichtlich von Kollegen aus dem Landtag Abschriften von vertraulichen Akten an die Medien gegeben worden sind. Auch dies missbilligen wir in aller Schärfe. Auch hier ist ebenso wie in der anderen Sache eine Aufklärung mit allen möglichen Instrumenten erforderlich.
Meine Damen und Herren, das Akteneinsichtsrecht des Landtages ist für unsere Arbeit elementar. Wenn der Landtag den Schutz der Akten nicht sicherstellen kann - ich will in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, dass von der SPD aus Versehen eine Akte aus dem Aktenraum des Untersuchungsausschusses mitgenommen worden ist -, wird das Verhältnis zur Landesregierung massiv beeinflusst. Meine Damen und Herren, wir Abgeordnete sollten uns an unseren Ehrenkodex halten und die Regelungen, die wir uns für dieses Zusammenspiel gegeben haben, auch achten.
Der zweite Vorwurf ist der der politischen Intervention entgegen dem fachlichen Rat, verbunden mit dem Vorwurf, dass gegenüber dem Parlament die Unwahrheit gesagt worden ist. Meine Damen und Herren, wie soll sich ein Dienstherr denn verhalten, wenn ihm schriftlich mitgeteilt wird, dass in der Vergangenheit in einem Fall die Arbeitszeit nicht ausreichend abgeleistet worden ist und dass das rückwirkend korrigiert werden soll? Dann ist der Anfangsverdacht, dass ein Disziplinarverstoß vor
gelegen hat, gegeben und selbstverständlich auch zu verfolgen. Das ist im Disziplinargesetz, das dieser Landtag in der letzten Legislaturperiode übrigens mit den Stimmen der SPD beschlossen hat, eindeutig geregelt.
Meine Damen und Herren, es ist der Vorwurf erhoben worden, dass gegenüber dem Landtag Unwahrheiten kommuniziert worden sind. Herr Jüttner, der Kultusausschuss hat am Montag vertraulich getagt. An dieser Sitzung hat zwar keiner von uns beiden teilgenommen, aber über den Inhalt dieser Sitzung dürfen wir als Fraktionsvorsitzende nach der Geschäftsordnung unterrichtet werden. In dieser Sitzung sind exakt die Personen, die hier genannt worden sind, dahin gehend befragt worden, ob es eine Weisung der Ministerin gegeben hat. Genau die Personen, die Frau Korter hier aufgezählt hat, haben nach meiner Kenntnis bestätigt, dass die Ministerin die Wahrheit gesagt hat.
Es ist somit nicht zu belegen, dass die Ministerin die Unwahrheit gesagt hat. Sie sollten nicht unter dem Deckmantel und dem Schutz der Vertraulichkeit derartige Behauptungen hier in den Raum stellen!
Meine Damen und Herren, im Zusammenhang mit dem Vorwurf, dass die Akten vertraulich sind, haben Sie die Verfassung nicht korrekt zitiert. Die Akten müssen laut unserer Verfassung von der Landesregierung auch für vertraulich erklärt werden, wenn die Persönlichkeitsrechte Dritter geschützt werden müssen.
Dies ist natürlich auch in einem Disziplinarverfahren der Fall. Von daher ist es richtig gewesen, dass hier die Vertraulichkeit angeordnet worden ist. Aber Sie hätten, wenn Sie Zweifel an der Begründung der Landesregierung hätten, schon seit Langem die Möglichkeit gehabt, diese Frage vom Staatsgerichtshof klären zu lassen.
Meine Damen und Herren, ich möchte noch einmal auf den Kern der Sache zu sprechen kommen. Was soll beispielsweise ein Schüler einer integrierten Gesamtschule denken, dessen einmaliges Schwänzen einer Unterrichtsstunde im Zeugnis vermerkt werden kann, womit es einen elementaren Einfluss auf seinen weiteren beruflichen Lebensweg haben kann? Was soll beispielsweise ein Lehrer denken, wenn er weiß, dass ein Kollege nach eigenen Erklärungen im Gegensatz zu ihm
seiner Unterrichtsverpflichtung nicht ausreichend nachgekommen ist, dies für ihn aber keine Konsequenzen hat? Was soll beispielsweise der Landesvorsitzende der GdP denken, wenn er gemäß den Freistellungsmöglichkeiten, die im Personalratsbereich bestehen, von seiner Arbeitszeit freigestellt wird, bei einer anderen Gewerkschaft aber entsprechend eine Ausnahme gemacht wird, ohne dass dem - wenn ein Verdacht entsteht - nachgegangen wird?
Herr Brandt, Sie sind ja anwesend. Da Sie immer gesagt haben, Sie hätten nichts gegen die Öffentlichkeit, bitte ich Sie - jetzt, nachdem das Verfahren abgeschlossen ist -, uns und der Öffentlichkeit mitzuteilen, was in dem Verfahren festgestellt worden ist, in welchem Stundenumfang - - -
- - - Sie Ihrer Unterrichtsverpflichtung seit dem Jahr 2003 nicht nachgekommen sind - also sowohl für den Zeitraum, für den die Verpflichtung verjährt ist, als auch für den Zeitraum, für die sie nicht verjährt ist -, und uns, der Öffentlichkeit und Ihren Schülern zu erklären, ob und wie Sie diese Stunden nacharbeiten oder anderweitig verrechnen wollen.
(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Er darf doch hier gar nicht reden, das wissen Sie doch genau! - Frauke Heiligen- stadt [SPD] meldet sich zu einer Kurz- intervention)
Meine Damen und Herren, wir sind in der Aktuellen Stunde. Das Instrument der Kurzintervention ist hier nicht möglich. Ich schlage vor, dass wir das im Rahmen des Entschließungsantrags abhandeln. Dann hat jede Fraktion noch drei Minuten Redezeit. Die CDU-Fraktion muss sich bitte noch einigen, ob dann Herr Thümler oder Herr Klare spricht oder ob beide anderthalb Minuten sprechen. Klären Sie das bitte!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden es nicht zulassen, dass Sie ein nach Recht und Gesetz ablaufendes Disziplinarverfahren für Ihre wahltaktischen Zwecke missbrauchen.