onsgemeinschaften sich diskriminiert und beleidigt fühlen und das auch sehr deutlich sagen und zum Ausdruck bringen? Ist da noch die ungestörte Religionsausübung gewährleistet? - Für die Antwort brauche ich nicht einmal das Grundgesetz; dazu reicht der gesunde Menschenverstand aus: Nein, die ungestörte Religionsausübung ist dann nicht mehr gewährleistet.
Man kann das auch juristisch vertiefen. Ich habe zu der Frage, was der Satz „Die ungestörte Religionsausübung wird gewährleistet“ bedeutet, in verschiedene Grundgesetzkommentare geschaut. Da schreibt ein gewisser Herr Herzog - der eine oder andere erinnert sich vielleicht an diesen Mann; er war nämlich einmal Präsident des Bundesverfassungsgerichts und hat auch an einem sehr guten Kommentar zum Grundgesetz mitgearbeitet -:
„Art. 4 (wird) … zu einem umfassenden Recht auf Handlungsfreiheit, das sich von der allgemeinen Handlungsfreiheit des Art. 2 … vor allem durch eine erschwerte Einschränkbarkeit unterscheidet.“
In dem Kommentar heißt es weiter: In Artikel 4 manifestieren sich gleich mehrere Grundrechte, nämlich Kernartikel 1 - die Menschenwürde; die Ausübung der Religion ist nämlich ein anthropologisches Grundbedürfnis -, aber auch die allgemeine Handlungsfreiheit, die Meinungsfreiheit und sogar die Versammlungsfreiheit. Sie alle kommen hier zum Tragen; bei diesem Artikel wirken also verschiedene Grundrechte ineinander. Der Grundrechtschutz kumuliert sich, wie es so schön heißt; er verdoppelt und verdreifacht sich.
Herr Innenminister, in diesem Lichte sind Ihre diffusen Massenkontrollen noch kritischer zu bewerten. Der Schutz des Grundrechts auf ungestörte Religionsausübung ist in diesem Staate ganz erheblich.
Nun gäbe es ein einziges Gegenargument, mit dem Sie Ihre diffusen, ungezielten Kontrollen vielleicht - ich sage „vielleicht“; ganz sicher bin ich mir da juristisch nicht - rechtfertigen könnten, nämlich wenn Sie eine ganz konkrete Bedrohungslage und Tatsachen nachweisen könnten, die deutlich darauf hinweisen, dass vor diesen Moscheen, während des Gebetes oder in dessen Vorfeld Anschläge geplant werden. Wenn Sie diese Indizien oder
Tatsachen hätten, könnte das vielleicht ein Rechtfertigungsgrund dafür sein, die allgemeine Rechtsordnung dadurch zu schützen, dass diese Leute solchen Kontrollen unterzogen werden. Die haben Sie aber nicht, Herr Innenminister. Das haben wir ja mehrfach abgefragt. Sie sagen einfach nur: Ich habe ein diffuses Lagebild, und deshalb möchte ich einmal die Situation vor dieser Moschee prüfen.
Ich sage Ihnen: Das reicht definitiv nicht aus, um den Eingriff in die ungestörte Religionsausübung zu rechtfertigen.
Im Übrigen haben Sie schon bei Ihrer Niederlage mit dem Nds. SOG Bekanntschaft mit dem sogenannten Bestimmtheitsgebot gemacht. Da hat das höchste deutsche Gericht gesagt, § 33 a entspreche auch nicht dem Bestimmtheitsgebot, eine Norm so zu formulieren, dass jeder Bürger und jede Bürgerin sie auch verstehen kann.
Das sind die größten Bürokratieabbauer, die die Gesetze verständlicher machen wollen, aber erst einmal eins über die Nase bekommen, weil ihre Normen so unverständlich geschrieben sind, dass kein Bürger mehr weiß, was sie bedeuten!
Ich garantiere Ihnen, dass auch § 12 Abs. 6 dem Bestimmtheitsgebot nicht genügt. Auch dieser Passus ist kaum zu verstehen.
Meine Damen und Herren, Sie müssen also schon mit mehr kommen als mit diffusen Lagebilderkenntnissen, um derart stark in ein verbürgtes Grundrecht einzugreifen. Ich jedenfalls kann mich des Eindrucks nicht erwehren, dass der Innenminister dieses Landes hier eine ziemlich plumpe und fragwürdige Einschüchterungspolitik betreibt.
Niedersachsen ist - das kommt hinzu, Herr Schünemann - das einzige Bundesland - man höre und staune! -, das diese sonderbaren Kontrollen vor Moscheen praktiziert. Das ist umso merkwürdiger, als Sie, Herr Schünemann, auf unsere Anfragen immer wieder sagen: Wir sind gar kein Schwerpunktland des Terrorismus. - Wenn Sie Ihre eige
Ich finde, diese ungezielten Kontrollen vor Gebetshäusern machen vieles kaputt, was wir durch Dialog und vertrauensbildende Maßnahmen mit den Muslimen aufgebaut haben. Meine sehr verehrten Damen und Herren, Vertrauen aufzubauen dauert sehr lange; es zu zerstören geht aber sehr schnell.
Deswegen fordern wir mit unserem Gesetzentwurf, die ungezielten Moscheekontrollen in Niedersachsen einzustellen. Sie zeigen keine Erfolge, sie sind ein Verstoß gegen das Grundgesetz, und sie konterkarieren alle Integrationsmaßnahmen, die wir in der Vergangenheit sensibel auf den Weg zu bringen versucht haben.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Briese, im Schlusssatz sind wir uns absolut einig. Es ist auch unser Ziel, diese unsägliche Praxis in Niedersachsen so schnell wie möglich zu beenden. Aber das, was Sie vorgelegt haben, ist mehr. Sie wollen grundsätzlich die Möglichkeit der verdachtsunabhängigen Kontrolle, die in Niedersachsen auch durch uns - ich sage das ausdrücklich - 1997, zu unserer Regierungszeit, aus gutem Grund in das damalige Niedersächsische Gefahrenabwehrgesetz eingeführt wurde, streichen.
Wir werden uns im Innenausschuss darüber verständigen - ich komme gleich auf die konkreten Sachverhalte zu sprechen -, ob wir eine Konkretisierung brauchen oder ob wir dieses Ziel auch untergesetzlich erreichen können. Ich meine, wir haben alle guten Argumente dafür, dass das, was im Gesetz steht, von Herrn Schünemann willkürlich und zweckmissbräuchlich angewandt wird. Das ist auch auf dem Wege zu verhindern, den wir bevorzugen.
Wir haben die insbesondere betroffene Moschee des Deutschsprachigen Muslimkreises an der Reichsstraße in Braunschweig gebeten, ihr Anliegen als Petition ins Parlament zu bringen. Die Petition liegt vor; das Thema bleibt uns erhalten. Ich zitiere aus dem Schlussabsatz dieser Petition:
„Mit dieser Petition möchte ich das Anliegen der größten religiösen Minderheit im zuständigen … Landtag thematisieren. Es geht mir nicht um die Abschaffung, sondern um die Anwendung des Nds. SOG. Um dem Gefühl der Diskriminierung und Willkürlichkeit entgegenzutreten …“
Auch die Petenten aus einer der betroffenen Moscheen sagen also nicht, dass § 12 gestrichen werden soll.
Aus dem Kommentar von Unger und Siefken zum Niedersächsischen Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung wird deutlich, dass Herr Schünemann etwas aus der Gesetzesnormierung ableitet, was vom Gesetzgeber nicht gemeint war. Sie haben schon das polizeiliche Lagebild angesprochen. Wir werden uns im Innenausschuss minutiös darüber unterrichten lassen, welches Lagebild bei allen Moscheekontrollen seit 2003 Grundlage war. Das wollen wir im Detail durch das Innenministerium erläutert bekommen.
Da es nie Erkenntnisse gegeben hat und auch nie Konsequenzen erforderlich wurden, wird deutlich, dass die Fortsetzung dieser Aktionen wirklich reine Willkür ist. Hier sagen die Kommentatoren Unger und Siefken, die Kontrollmaßnahmen dürfen nicht willkürlich sein. Deswegen sei hier noch einmal sehr deutlich aufgeführt, wofür sie eingeführt wurden - nichts davon erfasst das, was Herrn Schünemann unterschwellig veranlasst, diese Praxis beizubehalten -, nämlich Lagebilder über internationale Transportrouten für Rauschgift, Schleuser, aus Osteuropa einreisende Zuhälter- und Menschenhändlerbanden oder Versuche einer Rotlichtszene aus einer anderen Stadt, das Milieu in einer niedersächsischen Stadt an sich zu reißen. Herr Briese, diese Lagebilder sind im Kommentar zum Gesetz beschrieben. Das wendet Herr Schünemann für die Überwachung von religiösen Stätten an.
Im Kommentar heißt es auch - das sage ich deutlich -, das Ganze muss sich im öffentlichen Verkehrsraum abspielen. In der Moschee in der Reichsstraße sind die Türen der Moschee verriegelt worden, sodass besser kontrolliert werden kann. Das ist eindeutig auf dem Grundstück geschehen. In der Kritik heißt es ja auch, dass dadurch eine Käfigbildung erreicht wurde. Ich will zwar nicht von Kesselung oder Ähnlichem sprechen, aber das ist ansatzweise vergleichbar.
Meine Damen und Herren, wir haben die gleiche Wertung, wie sie Herr Briese vorgetragen hat, dass sich hier in der Praxis etwas ändern muss. Im interkulturellen und interreligiösen Dialog versucht Ihre Integrationsbeauftragte mit den Händen etwas zu gestalten, was Sie mit der blanken Faust des Innenministers wieder kaputt schlagen.
Sie kennen das deutsche Sprichwort. Manchmal benutzen Sie für die Zerstörung dieser Bemühungen auch einen anderen Körperteil. Das ist wahrlich keine vertrauensbildende Maßnahme. Ich brauche nicht zu wiederholen - Herr Briese hat es schon gesagt -, dass das integrationsfeindlich ist. Aber welches Bild erreichen Sie bei der deutschen Mehrheitsbevölkerung im Umfeld solcher Moscheen? - Dadurch, dass regelmäßig Polizeifahrzeuge auffahren, entsteht der Eindruck: Wenn die Polizei regelmäßig bei den Freitagsgebeten kontrolliert, muss das wohl eine suspekte Veranstaltung sein.
Sie schüren also auch Angst im Umfeld der dort lebenden Deutschen, die den Dialog dann mit ganz anderen - so sage ich einmal - Vorbehalten führen oder dazu gar nicht mehr bereit sind, weil Sie etwas suggerieren, was die Ergebnisse dieser Kontrollen keinesfalls hergeben oder rechtfertigen.
Der Deutschsprachige Muslimkreis Braunschweig, der im Mai kontrolliert wurde, ist die transparenteste Moschee, die man sich überhaupt vorstellen kann. Er hat sich für den Dialog geöffnet. Jeder kann dort in die Moschee hineingehen. Dort wird auf Deutsch gepredigt. Dort hat es nie einen Hassprediger gegeben. Wenn einmal ein Gastprediger arabisch spricht, wird simultan übersetzt. Ich bin fest davon überzeugt, dass Mitarbeiter von Herrn Heiß regelmäßig in dieser Moschee sitzen und mithören. Mit Sicherheit gibt es keine Erkenntnisse, dass dort zu Gewalt oder anderen Exzessen aufgerufen wird.
Ich will ausdrücklich sagen: Die Polizei- und Staatsschutzbeamten, die mit diesen Überprüfungen betraut werden, haben mir in Einzelgesprächen mehrfach gesagt, dass das der unangenehmste Job ist, den sie machen müssen. Sie machen ihn nur, weil er angeordnet wird - das müssen sie natürlich -, aber sie sehen selber, wie sie religiöse Gefühle von Menschen verletzen und
Sie waren durch die Nachfragen zu einer Kleinen Anfrage in die Enge getrieben. Um Ihren Kopf zu retten, haben Sie entweder bewusst die Unwahrheit gesagt oder grob fahrlässig gehandelt. Sie können jetzt nämlich nicht sagen, Sie hätten diese Behauptung dem Parlament gegenüber aufgestellt, weil Ihnen aus Hürriyet etwas falsch übersetzt wurde.