Protokoll der Sitzung vom 24.09.2009

Meine Damen und Herren, wir haben in Niedersachsen auch gut aufgestellte Flughäfen. Im Gegensatz zu hoch subventionierten Flughäfen wie beispielsweise Kassel-Calden stellt der Flughafen Hannover eine gute, solide Grundlage dar. Es ist nicht sinnvoll, Standorte wie Hannover oder - im Moment sehr strittig gestellt - Münster-Osnabrück gegenüber Twente zu schwächen, um dort mit hohen Subventionen eine Konkurrenz zu schaffen, die wenig nutzt, aber viel schadet.

Herr Schostok, wir haben mittelständische Unternehmen immer in den Fokus gestellt. Das mag in Ihrer Politik neu sein - für uns ist es substanziell wichtig.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Widerspruch bei der SPD)

Ich erteile dem Kollegen Hagenah von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Bley, Niedersachsen ist Deutscher Meister bei der Zunahme von Teilzeitbeschäftigung und Minijobs - das haben Sie vergessen, präzise zu beschreiben -, die den erheblichen Wegfall von Vollzeitstellen während der Regierungszeit von CDU/FDP zwar statistisch übertünchen, aber nicht in der Substanz ausgleichen. Wenn man hier vorne für den Wirtschaftsausschuss über Arbeitsplatzzahlen spricht, sollte man auch das darlegen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Karl- Heinz Bley [CDU]: Meine Zahlen wa- ren richtig!)

- Die Zahlen schon, aber die Substanz nicht.

Seit rund 30 Jahren haben wir gewachsene Strukturen in der Luft- und Raumfahrt, und zwar unter verschiedenen politischen Mehrheiten in diesem Hause.

Die Stärken dieser Branche sind kein besonderes Verdienst irgendeiner Regierungskoalition oder gar von CDU und FDP, die im Augenblick regieren. Airbus & Co. haben sich vor allem wegen gegenseitiger Synergieeffekte und aufgrund betriebswirt

schaftlicher Überlegungen in Niedersachsen und im gesamten norddeutschen Raum ein Standbein geschaffen. Das unterstützen wir auch.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, Sie haben in Ihrem Antrag im Wesentlichen das aufgezählt, was ohnehin der Job einer Landesregierung ist. Daran ist nichts strittig. Fragwürdig ist aber, weshalb wir dafür extra einen Antrag brauchen und warum wir über Selbstverständliches dieser Art im Plenum reden müssen. Viel heiße Luft ohne Substanz!

(Beifall bei den GRÜNEN)

Im Gegensatz dazu ist der Änderungsantrag der SPD durchaus mit mehr Inhalten gespickt.

(Zustimmung bei der SPD)

Wir erachten ihn durchaus als sinnvolle Ergänzung, weil er nicht zuletzt den Istzustand umfassender beschreibt - die Situation im Bereich Luft- und Raumfahrt in Niedersachsen zu beschreiben, ohne den Flughafen Langenhagen und den Standort Hannover in Ihrem Antrag zu erwähnen, ist schon ein bisschen Aussparen ohne Sinn und Verstand - und auch klarere Vorgaben des Parlaments zu den Vorlage- und Informationspflichten der Landesregierung enthält.

Die Passage zur Verhinderung weiterer subventionierter Regionalflughäfen in Niedersachsen und im benachbarten Ausland haben wir sehr gut verstanden, Herr Kollege Bley. Ich kann mir das nur so erklären, dass Sie Verständnisprobleme hatten, weil Sie sich vielleicht wegen des Ausbaus des Forschungsflughafens in Braunschweig oder der Pläne einiger Regionalpolitiker an anderer Stelle in Niedersachsen selbst angesprochen fühlten - dann aber auch zu Recht.

(Ulf Thiele [CDU]: Hätten Sie in unse- ren letzten Landesparteitagsbe- schluss geschaut, da steht genau das Gegenteil!)

Schade ist nur, dass im Änderungsantrag der SPD-Fraktion der letzte Punkt des Antrags der Fraktionen von CDU und FDP unkritisch und unkorrigiert übernommen wurde. Darin wird über unsere vorgeblich kurz bevorstehende Führerschaft in der Satellitentechnologie fantasiert. Im Wahlkampfeifer haben Sie sich offensichtlich beim Schreiben Ihres Antrages von den Tagträumen Ihres Luft- und Raumfahrtbeauftragten in Berlin anstecken lassen.

Startet Peterchen Hintzes Mondfahrt demnächst aus Niedersachsen,

(Ulf Thiele [CDU]: Ausgelutscht! Das hat so einen Bart!)

oder was wollen Sie uns mit der Führerschaft in der Satellitentechnologie an dieser Stelle eigentlich sagen? Das müssen Sie sich schon vorhalten lassen, wenn Sie so etwas in einen Antrag aufnehmen und das scheinbar auch noch ernst meinen.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Herr Kollege, bitte unterbrechen Sie Ihre Ausführungen kurz. Sie können einmal Luft holen. Wir warten, bis etwas mehr Ruhe in den Plenarsaal eingekehrt ist. - Fahren Sie bitte fort!

Danke schön. - Meine Empfehlung an CDU und FDP ist: Heben Sie nicht ab! Statt ganz weit weg machen Sie Politik für unser Land und für die Luft- und Raumfahrt besser näher dran! Dann haben Sie uns an Ihrer Seite. Greifen Sie nicht gleich nach den Sternen. Die Luft- und Raumfahrt hat sich auch ohne Ihren Antrag ganz ordentlich entwickelt und wird das je nach Rahmensetzung im globalen Zustand auch in Zukunft tun.

Schönen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Zu einer Kurzintervention erteile ich dem Kollegen Bley das Wort. Das Verfahren ist bekannt. Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Hagenah, wir alle wissen, dass dieses Thema so wichtig ist, dass man über eine Stunde darüber reden müsste, wenn man alles erfassen wollte, was damit zusammenhängt.

Ich habe Zahlen genannt: pro Tag 200 zusätzliche sozialversicherungspflichtige Beschäftigte. In diesem Jahr sind es 30. Diese Zahlen sind belegbar. Nicht belegbar ist demgegenüber das, was Sie gerade gesagt haben.

Ich muss sagen: Ich habe es bedauert, dass die SPD-Fraktion im Ausschuss, obwohl sie diesen Antrag offenbar in vielen Punkten unterstützen kann, nicht in der Lage war, einen Beitrag zu leisten und einen Änderungsvorschlag auf den Tisch

zu legen, sodass wir eine gemeinsame Beschlussempfehlung hätten erarbeiten können. Das wollte man wohl nicht. Aber man stimmt uns in großen Teilen zu; das freut uns.

Ich meine, unser Antrag ist gut, und es wird positiv darüber entschieden werden.

(Zustimmung bei der CDU und bei der FDP)

Herr Kollege, wollen Sie dazu Stellung nehmen? - Ich erteile Ihnen das Wort, ebenfalls für anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Ich bin beeindruckt von der Chuzpe des Kollegen Bley, die Teilzeitjobs, die dazukommen, weil sie sozialversicherungspflichtig sind, sozusagen als Ausbau der Arbeitsintensität in Niedersachsen darzustellen. Denn letztendlich hat er vergessen, den Wegfall von Vollzeitstellen dagegenzurechnen, der in dieser Zeit leider auch in erheblichem Umfang stattgefunden hat.

Ich rate Ihnen, die Zahlen einmal genauer zu betrachten, und erinnere Sie auch an die Diskussion im Ausschuss: Die SPD-Fraktion hatte nämlich darum gebeten, aufgrund der mangelnden Substanz länger über diesen Antrag zu diskutieren, weil sie gerne Substanz in diesen Antrag hineinbringen wollte. Aber nach Ihrem Redebeitrag zu dem Thema, Herr Kollege, wurde von Ihrer Fraktion entschieden: Nein, wir wollen keine Änderungen durch die Opposition. Wir wollen jetzt darüber abstimmen. Das Ding ist entscheidungsreif: durchwinken.

Eine Sitzung, eine Entscheidung, zwei Reden - fertig. Insofern haben Sie uns gar keine andere Wahl gelassen, als heute einen Änderungsantrag einzubringen. Ich habe mir diese Arbeit aufgrund der mangelnden Substanz des Antrags nicht gemacht. Die SPD-Fraktion hat sich die Arbeit gemacht - à l’honneur. Sie hat ordentlich etwas gemacht - und fertig.

(Zustimmung bei den GRÜNEN - Ur- sula Helmhold [GRÜNE]: Die sind ja auch mehr! - Jens Nacke [CDU]: Das heißt „Ich habe fertig“!)

Jetzt erteile ich der Kollegin Weisser-Roelle von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Vizepräsidentin Astrid Vockert übernimmt den Vorsitz)

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Die Luft- und Raumfahrt gilt als Hoch- und Spitzentechnologiebranche. Von ihr werden strategische Schlüsselinnovationen des 21. Jahrhunderts angeregt. Die Luft- und Raumfahrtindustrie sowie die entsprechenden Forschungskapazitäten sind in Niedersachsen - wir haben es schon gehört - stark vertreten: In der Schwerpunktregion Nordniedersachsen mit dem Airbuswerk Stade und den Werken von Premium Aerotec in Nordenham und Varel sowie dem Leuchtturmprojekt CFK-Valley in Stade liegt der Schwerpunkt der Entwicklung und industriellen Fertigung von Flugzeugkomponenten und Strukturen. In Braunschweig wiederum ist der Forschungsflughafen zu nennen, um den sich eine Vielzahl von Forschungs- und Entwicklungsfirmen aus den Bereichen Luftsicherheit, Telematik und Navigation erfolgreich angesiedelt hat. In der Region Hannover wiederum sind allein am Flughafen Hannover und in seinen Anrainerfirmen rund 8 000 Personen beschäftigt. Arbeitsplätze und Ausbildungsplätze werden geschaffen. Das ist zu begrüßen. Es müssen aber Ausbildungsplätze und Arbeitsplätze zu vernünftigen Bedingungen sein - auch das wurde schon gesagt.

(Zuruf von der CDU: Dann brauchen Sie es ja nicht zu wiederholen!)

Für die Fraktion der Linken ist es aber wichtig, dass die vom Land gewährten Zuschüsse auf ihre Verwendung und Nachhaltigkeit hin geprüft werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Es sind jeweils Sinn und Zweck der entsprechenden Projekte zu hinterfragen. Vor allem sind sie unter Einbeziehung von sozialen, wirtschaftlichen und ökologischen Kriterien sowie unter Kriterien der Arbeitsplatz- und Standortsicherung zu prüfen. Der über Allgemeinplätze nicht hinausgehende Antrag der Fraktionen von CDU und FDP wird von den Linken abgelehnt.

(Björn Thümler [CDU]: Sie haben ihn gar nicht gelesen!)

Da der Änderungsantrag der Fraktion der SPD in großen Teilen dem entspricht, was wir wollen, werden wir ihm zustimmen.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, abschließend möchte ich noch etwas zur Unterstützung europäischer Raumfahrtprogramme sagen. Das ist die Bitte unter Nr. 9 des Antrags der Fraktionen von CDU und FDP.

(Björn Thümler [CDU]: Hervorragend!)

Die Linke spricht sich dafür aus, solche Raumfahrttechnologien zu fördern, die auf eine klare Nutzungsperspektive für die Gesellschaft abzielen. Dazu gehören der Umwelt- und Klimaschutz ebenso wie die Grundlagenforschung.