Protokoll der Sitzung vom 07.05.2008

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Lachen bei der LINKEN)

Selbstverständlich hat die Unterrichtsversorgung für uns die oberste Priorität. Deswegen appellieren wir an dieser Stelle an die Lehrer, die vorgelegten Anreizmodelle und die zehnprozentige Verzinsung ab dem Schuljahr 2012/13 zu nutzen. Sehr geehrte Frau Kollegin Reichwaldt, um das hier noch einmal deutlich zu machen: Die Rückzahlung soll 2012/13 erfolgen. Entgegen Ihrer Pressemitteilung läuft die jetzige Legislaturperiode dann noch. Wir stehlen uns nicht aus der Verantwortung. Wenn Sie den Landtag ein Jahr früher verlassen möchten - bitte sehr, die Türen stehen Ihnen offen!

(Heiterkeit und Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Wir bieten hier eine zehnprozentige Verzinsung der Mehrarbeit an. Die Rückzahlung kann, wenn die Lehrer damit einverstanden sind, ab 2012/13 beginnen. Die Rückzahlung kann aber auch an das Lebensarbeitszeitende verschoben werden. Es gibt natürlich auch noch die Möglichkeit der Auszahlung auf der Basis der Mehrarbeitsvergütung.

Wir machen mit diesen Vorschlägen einen deutlichen Schritt in Richtung der Verbände. An dieser Stelle sei hier auch noch einmal gesagt, dass es ganz selbstverständlich ist, dass sich die Verbände, wenn man einen Entwurf in eine Anhörung

gibt, dann regen und ihre Meinung dazu abgeben und dass man den Entwurf danach möglicherweise auch noch entsprechend korrigiert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Hat Sie die Diskussion überrascht?)

Die Frist für die Anhörung ist gestern abgelaufen. Am Donnerstag folgt der Erörterungstermin. In der Zwischenzeit wurde hier schon eine mögliche Lösung präsentiert. Das ist doch das ganz normale Verfahren. Deshalb verstehe ich Ihre Aufregung in keiner Weise.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Sie ha- ben kein politisches Gespür! - Zuruf von der LINKEN: Die Aufregung der Lehrer, Herr Kollege! - Unruhe - Glo- cke des Präsidenten)

Eines muss man ganz deutlich sagen: Wir arbeiten mit den Verbänden zusammen. Wir nehmen ihre Kritik ernst, ganz im Gegensatz zu Ihnen, als Sie das Arbeitszeitkonto eingeführt haben.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Deswegen ist dieser Vorschlag ein Schritt in die richtige Richtung. Ich denke, dass die Lehrer zu ihrer Verantwortung stehen und dass wir die Unterrichtsversorgung auch im nächsten Schuljahr gewährleisten können.

(Lebhafter Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Ich erteile dem Abgeordneten Poppe von der SPDFraktion das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Dies ist ein schwerer Tag für Sie von der Regierung und von den Regierungsfraktionen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wie bitte? Das ist die Rede von gestern!)

Man merkt es daran, dass die Ministerin schon minutenlang am Thema vorbei reden musste.

(Heiterkeit und Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LIN- KEN)

Daher zu Beginn eine kleine Nettigkeit, nämlich ein Glückwunsch. Sie haben es geschafft, die GEW, den Realschullehrerverband und den Philologenverband gemeinsam so weit gegen sich aufzubringen, dass sie alle gemeinsam gegen diese Regierung und ihre Beschlüsse demonstrieren.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Das ist in Niedersachsen historisch einmalig. Kompliment!

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Nein, Schröder hat das mit seinen „faulen Säcken“ auch schon geschafft!)

Was war Ihr Trick? - Das Rezept war ganz einfach. Es lautete: Wortbruch, Vertragsbruch, Vertrauensbruch.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Die Lehrerverbände haben entsprechend kräftig mobilisiert. Die Lehrer schäumen vor Wut - und das mit Recht. Wir haben es übrigens trotz der gestern neu verkündeten Winkelzüge, Herr Försterling, weiterhin mit Vertragsbruch zu tun; denn nach den Verträgen gilt die Regel: Erstattung der Überstunden ab 2008, alles andere ist Ausnahme. - Sie aber bleiben dabei, dass die Verschiebung der Erstattung die Regel ist, und Sie lockern nur die Ausnahmetatbestände.

(Beifall bei der SPD)

Insofern kann gar nicht oft genug gesagt werden: Die Lehrkräfte haben ab Sommer 2008 Anspruch auf Rückerstattung der auf den Arbeitszeitkonten angesparten Stunden. Sie haben zehn Jahre lang Mehrarbeit geleistet. Insofern ist hier ein Anspruch gegeben. Es geht nicht um einen Gnadenakt.

(Lebhafter Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Sie haben auf die vom Dienstherrn gegebenen schriftlichen Zusagen vertraut, die jährlich mit Unterschrift besiegelt wurden. Wer dieses Vertrauen verspielt, kann gleich einpacken und wird nie mehr auf Augenhöhe verhandeln können.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Es nützt Ihnen auch überhaupt nichts, auf frühere, SPD-geführte, Landesregierungen zu verweisen und zu rufen: Haltet den Dieb! - Da sitzen - um im

Bild zu bleiben - die Räuber auf der Regierungsbank.

(Beifall bei der SPD)

Aber nicht nur das: Diese Landesregierung hat fünf Jahre lang mit Freude von den Arbeitszeitkonten profitiert. Der frühere Kultusminister hätte niemals seine Breitwandpanoramabildchen von der 100prozentigen Unterrichtsversorgung durchs Land streuen können ohne diese Vorleistungen der Lehrkräfte.

(Beifall bei der SPD)

Für die Zeit danach aber hat er nicht vorgesorgt. Er hätte es wissen müssen: In den Haushaltsplanberatungen der letzten beiden Jahre lagen im Ausschuss die Fakten auf dem Tisch. Aber nichts geschah. - Noch im Januar 2008 hieß es von CDUSeite: Die CDU in Niedersachsen steht zu den eingegangenen Verpflichtungen. - „Die eingegangenen Verpflichtungen“ - das heißt auch Rückzahlung ab 2008 als Regel, nicht als Ausnahme.

Sie hätten manches tun können: Frühzeitig verhandeln oder freiwillige Vereinbarungen anstreben. Aber nichts geschah. Sie brauchten erst den öffentlichen Aufschrei.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, die neue Ministerin hat in diesem - und nicht nur in diesem - Punkt ein Riesenproblem geerbt. Mir liegt nicht daran, darüber zu spekulieren, ob bei ihrem Vorgänger die Devise galt, „nach mir die Sinnflut“, oder ob der Ministerpräsident das Problem bewusst bei einer neuen Ministerin abgeladen hat. Fest steht nur: Das Problem war bekannt. Damit ist der Wortbruch, der Vertragsbruch, der Vertrauensbruch nicht einer Person zuzurechnen, sondern es ist ein Vertragsbruch der Regierung Wulff.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Auch die FDP kann sich nicht aus dieser Nummer herausstehlen. Ihre Minister saßen mit am Kabinettstisch. Sie haben die Interessen der Lehrkräfte mit verkauft.

(Beifall bei der SPD)

Die gestern verkündeten ersten Ausnahmeregelungen sind für die demonstrierenden Verbände ein Erfolg. Der alte Spruch „Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt“ hat sich erneut bestätigt. Doch bleibt ein immenser Vertrauensschaden erst recht, solange nicht Rechtssicherheit gegeben ist. Die ent

sprechende Forderung der Lehrerverbände findet die volle Unterstützung der SPD-Fraktion. Die Verbände sind misstrauisch; denn sie wissen: Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht. - Es gibt nur eine anständige Lösung für die Regierung Wulff. Die lautet: Ziehen Sie die Änderung der Verordnung sofort und bedingungslos zurück!

(Lebhafter Beifall bei der SPD und bei der LINKEN)

Ich erteile dem Abgeordneten Klare von der CDUFraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Adler, ich habe gedacht, dass Sie den Mut haben, Ihren Antrag zur Aktuellen Stunde zurückzuziehen, weil sich diese Sache in der Form inzwischen erledigt hat.

(Heiner Bartling [SPD]: Sie sind erle- digt, aber nichts anderes!)

Ich glaube, das ist ganz deutlich geworden. Nach den gestrigen Vorschlägen der Ministerin, die überall begrüßt worden sind, kann ich nur sagen: Hier ist wirklich ein großartiger Vorschlag gemacht worden. Sie aber sind leider nicht in der Lage, auch nur irgendetwas Positives daran zu finden. Das zeigt, wie kleinkariert Sie in dieser Frage denken. Das will ich Ihnen einmal in aller Deutlichkeit sagen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, Sie haben Ihre Reden gestern geschrieben. Sie waren nicht in der Lage, sie eben noch umzuschreiben, Herr Poppe. Das ist, glaube ich, ganz deutlich geworden. Sie hätten sie umschreiben sollen.