Protokoll der Sitzung vom 14.12.2009

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN)

Sie grenzen aus; so sind sie übrigens auch gemeint. Wer nicht will, dass die Hochschulen unter

der Abschaffung der Studiengebühren leiden, sondern wer will, dass die Lehre verbessert wird, der muss mit der Abschaffung der Studiengebühren die entsprechende Summe als Einnahmen der Hochschulen veranschlagen. Genau das tun wir, und wir hoffen, dass das mittelfristig dann auch überall durchzusetzen ist. Wie Sie wissen, haben wir in Niedersachsen die niedrigsten Studienanfängerquoten. Das ist kein Zeichen von Qualität und wird uns weiter zurückwerfen, wenn wir hier nicht handeln und neue Akzente setzen.

Wir setzen diese Akzente, meine Damen und Herren, aber das kostet Geld. Das notwendige Geld ist solide erwirtschaftet.

(Lachen bei der CDU - Zurufe von der CDU - David McAllister [CDU]: Jetzt musst du selber lachen!)

- Weil ich derartige Zwischenrufe zur Genüge kenne. Aber warum lachst du denn?

(David McAllister [CDU]: Über dich!)

Meine Damen und Herren, auf manchen Politikfeldern liegt es nicht einmal am Geld, dass Ihnen alles in die Hose geht. Das gilt z. B. für den Bereich der Energie- und Klimapolitik. Interessant war die Verleihung des Staatspreises in der letzten Woche. Ich glaube, außer mir war kein Abgeordneter bei der Verleihung anwesend. Doch, Herr Schwarz saß links neben mir.

(Christian Dürr [FDP]: Ich war auch da!)

- Oh, dann saßen Sie aber weit hinten.

(Heiterkeit bei der SPD)

Meine Damen und Herren, bei der Verleihung des Staatspreises hat Herr Wulff eine Rede auf Herrn Wobben halten müssen. Diese Rede war ganz interessant. Er hat ihn natürlich gelobt; wenn jemand einen Staatspreis bekommt, geht das ja nicht ohne Lob.

(Zurufe von der CDU)

- Ja, die Jury war unabhängig von der Landesregierung. - Natürlich hat Herr Wobben auch aus Sicht der Landesregierung sehr große Verdienste - ich nenne hier nur die Zahl der Beschäftigten -, keine Frage. In der Rede von Herrn Wulff ist aber schon deutlich geworden, dass er relativ wenig Verständnis hat für die deutliche Positionierung von Herrn Wobben, was das Thema regenerative Energien angeht. Diese Landesregierung hat einen anderen Energiemix im Kopf. Hier hat Kohle noch

einen großen Stellenwert, obwohl wir gut beraten sind, davon einen Schritt weit wegzukommen.

Ein zweiter Punkt, bei dem Herr Wobben ebenfalls sorgfältig sortiert ist. Die Verlängerung von Restlaufzeiten ist ein schwerer Angriff auf die Investitionstätigkeit in Niedersachsen. Ich sage Ihnen das in dieser Klarheit.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Die gegenwärtige Verunsicherung in der Branche führt wirklich zur Stornierung von Aufträgen. Es ist vollkommen klar und jeder Fachmann wird Ihnen bestätigen: Eine Verlängerung von Restlaufzeiten ist ein zentraler Angriff auf die Investitionen im regenerativen Bereich. Das klima- und das beschäftigungspolitische Interesse von Niedersachsen liegt eindeutig im Bereich der regenerativen Energien, und genau hier fehlen die Signale dieser Landesregierung.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN)

Im Rahmen einer Grundsatzdebatte muss man auch über das dauerhafte Betteln Niedersachsens reden, endlich das Atomklo Deutschlands zu werden. Das ist peinlich und kein Beleg dafür, dass sich diese Landesregierung für die Interessen des Landes Niedersachsen stark macht. Ich kann mir keine andere Landesregierung vorstellen, die so gegen die Interessen der eigenen Bevölkerung arbeitet, wie die Niedersächsische Landesregierung im Bereich der Atompolitik.

(Starker Beifall bei der SPD, bei den GRÜNEN und bei der LINKEN - Heinz Rolfes [CDU]: Peinlicher Auftritt!)

„Schein statt Sein“ ist das Motto niedersächsischer Sozialpolitik, zumindest bei Schwarz-Gelb. Wir diskutieren hier seit Jahren über die Bedeutung des Themas Pflege. Im Dezember letzten Jahres ist das Thema auch bei Frau Ross-Luttmann angekommen, und sie hat ein Pflegepaket angekündigt, mit mehr als 10 Millionen Euro pro Jahr dotiert. Aus diesem Paket ist nichts geworden, es blieb bei der Ankündigung. Das Einzige, was die Landesregierung im Bereich Pflege in diesem Jahr gemacht hat: Im Februar hat sie im Bundesrat die Einführung von Mindestlöhnen im Bereich Pflege abgelehnt. - Das ist ihr einziger Beitrag zur Zukunft der Pflege in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Dazu passt dann auch: Für die Älteren wird nichts getan, und bei den Jungen ist es ähnlich. Die Kinderförderprogramme werden im Sozialministerium dazu genutzt, die globalen Minderausgaben zu erwirtschaften. Das ist die Akzentsetzung im vorgeblich sozialen Niedersachsen. Das stellen wir uns anders vor, und das muss auch anders werden in Niedersachsen.

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte ein paar Bemerkungen zum Thema „Kommunale Demokratie“ machen. Kommunen sind Teil des Landes. Wir als Landespolitiker sind dafür verantwortlich, dass kommunale Selbstverwaltung überhaupt stattfinden kann. Wie ist die augenblickliche Lage? Es ist egal, wen wir fragen, ob Frau Roth aus Frankfurt, den obersten sozialdemokratischen Kommunalpolitiker, Herrn Weil, oder einen der drei kommunalen Spitzenverbände, wir werden immer hören: Die Lage ist dramatisch - Und sie ist dramatischer in Niedersachsen: 4,5 Milliarden Euro Kassenkredite, die Haushalte 2010 dürften nach geltendem Recht weitestgehend nicht genehmigungsfähig sein, die Leistungserbringung im kommunalen Bereich ist - ich will es vorsichtig sagen - durchwachsen.

Das hat damit zu tun, dass es spätestens nach der Schaffung der Region Hannover und der Abschaffung der Bezirksregierungen zu Verwerfungen gekommen ist, die es notwendig machen würden, mit raumordnerischer Kompetenz einzugreifen, um zu einem handhabbaren und praxistauglichen Leitbild in Niedersachsen zu kommen. Was erleben wir? Der Berg kreißte und gebar eine Maus, den Zukunftsvertrag.

(David McAllister [CDU]: Das ist doch keine Maus!)

- Ein Mäuschen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, meine Prognose ist, dass zwei bis drei Dutzend Kommunen durch diesen Zukunftsvertrag möglicherweise Hilfe bekommen, weil sie beim Umgang mit den Kassenkrediten Erleichterung erfahren. Aber das war es dann auch. Einige Kommunen werden nach wenigen Jahren wieder strukturelle Defizite haben, und für alle anderen Kommunen in Niedersachsen ist der Zukunftsvertrag ohne jede Bedeutung. Fahren Sie durchs Land, und Sie werden erfahren: Für die Spitzenverbände und für die Landesparteien war das ein Thema, aber vor Ort weiß kaum jemand

von diesem Vertrag. Alle haben den Eindruck, mit ihnen vor Ort habe das nur wenig zu tun. Ich glaube, dieser Eindruck ist auch richtig. Diese Regierung ist in Sachen öffentliche Verwaltung, Landesplanung und Raumordnung ein Komplettversager, meine Damen und Herren - sie hat dabei komplett versagt.

(Beifall bei der SPD)

Es bräuchte eine angemessene Finanzausstattung. Aber - und Sie nehmen das im Zukunftsvertrag wieder auf - was machen Sie? - Sie verstecken sich hinter der Verteilungssymmetrie nach dem Motto: Wenn ich kein Geld habe, dann sollen die Kommunen gefälligst auch nichts zur Verfügung haben. - Meine Damen und Herren, was hat das mit angemessener Finanzausstattung zu tun?

Unser Vorschlag ist ein Stabilisierungsfonds.

(Oh! bei der CDU)

Ich weiß, das ist auch nur ein Teil der Antwort. Aber ein solcher Fonds schafft wenigstens etwas größere Planungssicherheit bei den Kommunen.

(Zuruf von der CDU: Das ist die fal- sche Antwort!)

Ein Sondervermögen in Höhe von 408 Millionen Euro haben wir in unserem Antrag vorgesehen. Ich glaube, das ist ein sinnvoller Beitrag zur Stärkung der kommunalen Seite.

(Beifall bei der SPD)

Meine Damen und Herren, ich weiß, wie schwer Sie sich bei dem Thema „Wie organisiere ich Landesverwaltung und Kommunalverwaltung in Niedersachsen?“ tun. Auch uns ist natürlich zu Ohren gekommen, dass die Staatskanzlei dem Innenministerium verboten hat, überhaupt an dem Thema zu arbeiten. Auf Dauer wird es nicht reichen, meine Damen und Herren, zu glauben, mit 35 Millionen Euro hätte man so viele Lockmittel, dass Fusionen von unten indirekt erzeugt werden.

(David McAllister [CDU]: 70 Millionen Euro!)

- Ja, die anderen 35 Millionen Euro müssen sie aber bezahlen. Nun erzähl doch nichts! Das sind 35 Millionen Euro!

(David McAllister [CDU]: Ja!)

Meine Damen und Herren, jedem ist doch klar, dass es Verwerfungen in Niedersachsen gibt. Jedem ist klar, dass das nicht friktionsfrei geht, zu

mindest nicht für die beiden großen Volksparteien. Das wissen wir doch auch.

(Ulf Thiele [CDU]: Welche zwei? - Björn Thümler [CDU]: Welche Volks- parteien?)

Sie haben überhaupt nicht erkannt, dass unser Antrag zur Einsetzung einer Enquetekommission eine ausgestreckte Hand zur Mitwirkung war. Denn solche Dinge werden sinnvollerweise nicht innerhalb einer Wahlperiode erledigt. Auch wir wissen, dass ein entsprechender Beschluss Bindungswirkung entfalten könnte. Aber es ist doch nicht verantwortbar, dass dieser Landtag, nur weil einzelne Abgeordnete Angst um ihre persönliche Zukunft haben, eines der wichtigsten Themen des Landes nicht behandelt. Das geht nicht, meine Damen und Herren!

(Beifall bei der SPD)

Ich möchte zwei Bemerkungen zur Wirtschafts- und Verkehrspolitik machen. Hier geht es ja um die allgemeine Behandlung aller Themen, deswegen sind Details kaum möglich. Wir haben in den letzten Wochen einen Wettbewerb veranstaltet, in dem wir die schlechteste Landesstraße in Niedersachsen gesucht haben. Es gab darauf eine große Resonanz. Viele haben sich angemeldet; denn die Lage ist hoch defizitär, meine Damen und Herren.

(David McAllister [CDU]: Kenne ich nicht!)