Protokoll der Sitzung vom 15.12.2009

Ich kann zu der Personalie und zu dem Abstimmungsverhalten nichts sagen, weil ich die Fakten, die der Entscheidung zugrunde lagen, nicht kenne. Ich äußere mich nur zu Dingen, zu denen mir die Fakten vorliegen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Wolfgang Jüttner [SPD]: Das ist ja was ganz Neues! - Daniela Behrens [SPD]: Das ist peinlich, Herr Wulff! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Aber eine Meinung können Sie doch haben! - - Zurufe von der CDU: Schön versenkt! - David McAllister [CDU]: Geh doch noch mal rein! - Gegenruf von Wolf- gang Jüttner [SPD]: Die Antwort reicht doch! Wulff findet das klasse, was er gemacht hat! - Weitere Zurufe von der SPD, den GRÜNEN und der LIN- KEN!)

Meine Damen und Herren, wenn die Parlamentarier gerne unter sich reden wollen, dann unterbreche ich die Sitzung so lange, dann können Sie sich austauschen. Wenn Sie so weit sind, sagen Sie Bescheid, dann eröffne ich die Sitzung wieder. - Ich habe den Eindruck, dieser Bedarf besteht nicht. Also fahren wir in der Reihenfolge der Wortmeldungen fort.

Frau Helmhold von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat sich zu einer persönlichen Bemerkung zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Ministerpräsident hat eben über die neuen Medien, u. a. auch über das Twittern, gesprochen. Ich möchte das zum Anlass nehmen,

noch einmal auf den gestrigen Abend zurückzukommen.

(Bernhard Busemann [CDU]: Zur Ge- schäftsordnung oder was?)

- Eine persönlichen Bemerkung.

Ich bin in dem Versuch, mich vor ein Mitglied meiner Fraktion zu stellen und es vor Angriffen zu schützen, über das Ziel hinausgeschossen. Das tut mir leid. Ich finde es richtig, dass sich mein Fraktionskollege Limburg entschuldigt hat, und schließe mich dieser Entschuldigung an.

In meiner Einlassung habe ich angemerkt, dass ich es vor dem Hintergrund, vor dem die Bemerkung von Herrn Limburg gefallen ist, für zulässig halte, das Medium Twitter zu benutzen. Auch dies nehme ich zurück. Ich bin nach einiger Überlegung zu der Überzeugung gelangt, dass gerade wir Abgeordnete auch in diesem Medium eine besondere Verantwortung haben. Wenn wir twittern, sollten wir die gleichen Maßstäbe anlegen, die wir auch für das Verhalten hier im Parlament anlegen - jedenfalls sollten wir persönliche Beleidigungen, Unterstellungen usw. unterlassen.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei den GRÜNEN, bei der CDU, bei der SPD und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, damit schließe ich die Beratung zu dem Bereich Bundes- und Europaangelegenheiten und Medien.

Ich rufe auf den Bereich

Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung

Ich möchte den Fraktionen gerne mitteilen, wie viel Redezeit ihnen für die letzten beiden Blöcke noch zur Verfügung steht. Die CDU hat noch 29 Minuten, die SPD noch 25 Minuten, die FDP noch 19 Minuten, die Grünen haben noch 18 Minuten und die Linken noch 20 Minuten. Die Landesregierung hat noch 14 Minuten.

Zunächst hat sich Frau Stief-Kreihe von der SPDFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zum Einzelplan 09. Hauptverteilungsmasse oder Haupteinnahmequelle dieses Einzelplans sind die Mittelzuweisungen des Bundes aus der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ und der Europäische Landwirtschaftsfonds zur Förderung der Entwicklung des ländlichen Raumes - hier im Hause vielleicht besser bekannt unter dem Namen PROFIL.

Positiv ist anzumerken, dass alle Mittelzuweisungen gebunden werden können. Unsere seit Jahren bestehende Kritik richtet sich also nicht gegen die Höhe der zur Verfügung stehenden Finanzmittel; darum finden Sie auch keinen entsprechenden Änderungsantrag in der Liste. Unsere Kritik richtet sich gegen die Verteilung dieser Mittel.

Herr Minister Ehlen, Sie bezeichnen Ihren Haushalt als innovativ und als für die Herausforderungen der Zukunft gut aufgestellt. Ich bezeichne den Haushalt allerdings als Stillstand, nichts Neues und Fortführung alter, traditioneller, konservativer Förderpolitik, leicht angereichert mit Maßnahmen für die Milchbauern, das sogenannte Begleitprogramm zur Einleitung des Quotenausstiegs, das Sie dann auch noch als spezielles Klimaprogramm verkaufen wollen.

Im Haushaltsausschuss wurden zwei interessante Listen verteilt, die unsere Kritik mit Zahlen untermauern und die sicherlich noch eine Menge Nachfragen auslösen werden. Es handelt sich um Listen, die die Ansätze und Ausgaben des Förderprogramms PROFIL für die Jahre 2007 bis 2009 aufzeigen. Ich will daraus einige Punkte exemplarisch herausgreifen. Die Mittel für das Agrarinvestitionsprogramm, vorrangig Stallbauten, wurden zu mehr als 100 % verausgabt, die Agrarumweltmaßnahmen nur zu gut 60 %, die traditionelle Dorferneuerung zu 66 %, ILEKs und Regionalmanagement lagen bei unter 10 %, das LEADER-Programm bei 28 %. Zufall ist diese Verteilung nun wirklich nicht. Hier wird ganz klar deutlich, wofür - oder besser: für wen - das Herz schlägt. Für die Herausforderungen der Zukunft, für die ländliche Entwicklung ganz bestimmt nicht.

Der Staatssekretär, Herr Ripke, sagte zur Einbringung des Haushaltes im Agrarausschuss:

„Wir werden darauf achten müssen, dass wir die Mischung aus Altbewährtem - z. B. Agrarinvestitionsförderpro

gramm - und innovativem Neuen - Klimaschutz im Bereich der Agrarumweltmaßnahmen - gut hinbekommen.“

Die Zahlen belegen eine andere Realität, nämlich das Gegenteil: Die Agrarumweltmaßnahmen und der Klimaschutz kommen zu kurz, Umstellungs- und Beibehaltungsprämien für den Ökolandbau sind lediglich unteres Mittelmaß im Agrarland Nummer eins. Für den Klimaschutz soll ein Arbeitskreis Impulse geben. Der ländliche Raum bleibt auf der Strecke.

(Beifall bei der SPD)

Der Staatssekretär ist leider nicht hier. Aber ich frage mich, woher er eigentlich die Unverfrorenheit nimmt zu behaupten - ich zitiere -:

„Die Stärkung des ländlichen Raums zählt zu den herausragenden Zielen dieser Landesregierung. Ein wichtiges Instrument dazu sind die Maßnahmen der ‚integrierten ländlichen Entwicklung’.“

Gleichzeitig werden mit Stand vom 15. Oktober 2009 noch nicht einmal 10 % des Mittelansatzes ausgegeben.

Besonders zukunftsweisend finde ich eine Bekanntgabe, dass Sie in Kürze „mit einem großen Symposium zur Entwicklung des ländlichen Raumes“ - Stichwort „Demografie“ - beginnen wollen. Vielleicht hat es schon stattgefunden. Ich empfehle wirklich die Lektüre des über 500 Seiten dicken Schlussberichts der Enquete-Kommission zu den Herausforderungen durch den demografischen Wandel, der im Übrigen schon zwei Jahre alt ist. Dann kann man sich das Symposium sparen. Dort kann man auch sehr viel über die Probleme des ländlichen Raums nachlesen.

(Beifall bei der SPD)

Zur Agrarinvestitionsförderung in Niedersachsen gibt es eine sehr interessante Bewertung des Johann-Heinrich-von-Thünen-Instituts nicht nur allein für die Jahre 2000 bis 2006, sondern auch im Hinblick auf die Rahmenbedingungen ab 2007. Darin heißt es: Die Förderrichtlinie hat keine klar definierten Politikziele. Die AFP-Förderung enthält Mitnahmeeffekte. Aus einer Betriebsleiterbefragung geht hervor, dass rund ein Viertel der Betriebsleiter nach eigener Einschätzung ohne AFP in völlig identischer Weise investiert und ein weiteres Drittel die Investition später oder in mehreren Schritten durchgeführt hätten. Lediglich 7 % der Betriebslei

ter hätten ohne Agrarinvestitionsförderung ganz auf eine Investition verzichtet. - 7 %!

(Rolf Meyer [SPD]: Hört, hört!)

Meine Damen und Herren, kommen wir zur Einnahmeseite, zu einem Bereich, den wir ebenfalls schon im letzten Jahr kritisch angemerkt haben - allerdings ist das bei Ihnen auf taube Ohren gestoßen -: die Gebühren beim Landesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit. Das Urteil des Landesrechnungshofes lautet - ich zitiere -: Die vom LAVES durchgeführten Untersuchungen von regelmäßigen Proben der Lebensmittelüberwachungsbehörden sind bisher kostenlos. Damit verstößt das Land gegen seine rechtliche Verpflichtung zur Erhebung von Gebühren und verzichtet auf Einnahmen von jährlich mindestens 1,25 Millionen Euro. - Bei dieser Summe wurden lediglich die beanstandeten Proben - das sind ca. 25 % aller Proben - mit Gebühren belegt. Würden wir für alle untersuchten Proben Gebühren einnehmen, könnten Einnahmen in Höhe von 5 Millionen Euro erzielt werden. Das ist eine schöne Summe, die für die Verbesserung der Lebensmittelkontrollen und -sicherheit eingesetzt werden könnte und damit den Verbraucherschutz deutlich verbessern würde.

(Beifall bei der SPD)

Hier wird eindeutig Klientelpolitik betrieben, meine Damen und Herren. Sie wollen die Wirtschaft nicht mit Gebühren belasten - zulasten des Landeshaushaltes. Wenn ich als Privatperson ein Produkt untersuchen lassen würde - was ich einmal getan habe -, müsste ich dafür Gebühren zahlen, ich werde nicht befreit.

Die zweite Beanstandung des Landesrechnungshofs betrifft das Deutsche Institut für Lebensmitteltechnik, und zwar nicht die Investitionskosten, die wir für richtig halten, sondern die Festbetragsfinanzierung in Höhe von 400 000 Euro für das Jahr 2010. Vereinbart wurde, dass die Unterdeckung in Form einer institutionellen Förderung erfolgen soll. Bei der Prüfung durch den Landesrechnungshof hat sich aber herausgestellt, dass das DIL in den Jahren 2006 bis 2008 erhebliche Überschüsse mit steigender Tendenz ausgewiesen hat. Die Notwendigkeit einer institutionellen Förderung ist also nicht gegeben; denn diese Überschüsse gingen in eine Rücklage.

Der dritte Punkt betrifft die Zuschüsse, die im Haushalt zur Entlastung privater Waldbesitzer von den Beiträgen für Aufgaben nach dem Wasserver

bandsgesetz veranschlagt sind. Bereits im letzten Jahr wurde uns angekündigt, dass das Umweltministerium für eine entsprechende Änderung des Wassergesetzes sorgen werde - allerdings ohne Erfolg. Unser Eindruck ist, dass sich Herr Sander einer Änderung des Wassergesetzes ganz bewusst verweigert. Er soll im Umweltausschuss gesagt haben - so wurde mir berichtet -, dazu habe er keine Lust.

Die Frage ist doch, wie lange es sich eine Landesregierung gefallen lässt, dass sich ein Minister weigert, seine Arbeit zu tun.

(Beifall bei der SPD)

Wir haben ja im Zusammenhang mit der Transparenzrichtlinie zu den Agrarsubventionen erfahren, dass Herr Sander selbst privater Waldbesitzer ist. Ich weiß ja nicht, ob hier eine Art von privater Befangenheit vorliegt.

Meine Damen und Herren, da ich mich nur auf wenige Punkte konzentrieren kann, möchte ich als Letztes das Schulobstprogramm ansprechen.

(Zuruf von der CDU: Zu den wirklich wichtigen Sachen!)

Meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, die jetzt bereitgestellten 40 000 Euro

(David McAllister [CDU]: Es gibt keine „Regierungsfraktionen“!)

- von mir aus auch Mehrheitsfraktionen, wenn Sie dann zufriedener sind; trotzdem bleibt es bei den 40 000 Euro, die Sie in Ihre Liste eingestellt haben -, Herr Fraktionsvorsitzender der CDU, sind an Lächerlichkeit nicht mehr zu überbieten.

(Beifall bei der SPD und bei der LIN- KEN)

Die Beratungen im Ausschuss haben deutlich gemacht, dass man die Inhalte des EU-Programms bewusst falsch dargestellt und die Hürden möglichst hoch gelegt hat, um daraus eine Begründung für die Ablehnung konstruieren zu können. Sie fordern doch immer wieder eine Umsetzung der EU-Programme 1 : 1. Das Schulobstprogramm 1 : 1 umfasst die Kinder von sechs bis zehn Jahre, also die Grundschulkinder. Die Berechnungen von Herrn Clemens Große Macke mit 40 Millionen Euro beziehen sich aber auf alle Kinder vom Kindergarten bis zur Klasse 10.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Sie haben doch zugestimmt!)