Ich möchte ausdrücklich nicht versäumen, an dieser Stelle auch für die FDP dem Gesetzgebungs- und Beratungsdienst des Landtages einen großen Dank auszusprechen für die Begleitung dieses Vorhabens, zum Schluss unter erheblichem Zeitdruck. Nicht unerwähnt lassen möchte ich die sachorientierte und konstruktive Atmosphäre der Beratungen im Ausschuss. Das schließt ausdrücklich die Vertreter aller Parteien mit ein.
von FDP und CDU beschlossen werden wird. Verwundert hat mich insbesondere der vorliegende Änderungsantrag der SPD, den sie erst nach Abschluss der Beratungen im Ausschuss gestellt hat. Da gewinnt man den Eindruck, als habe die SPD jenseits aller sachlichen Argumente das Gesetz aus politisch-taktischen Erwägungen in jedem Fall ablehnen wollen. Sie haben erbittert nach Vorwänden für Ihre ablehnende Haltung gesucht, sind aber offenbar nicht recht fündig geworden.
Von Ihren acht Einzelvorschlägen - denn Punkt 6 und Punkt 7 bedingen sich gegenseitig - besteht die Hälfte aus marginalen Änderungen wie der Ersetzung einer Frist von sieben Tagen durch eine Frist von zehn Tagen oder sind, wie Sie selbst in Ihrer Begründung schreiben und zugeben, rein semantischer Natur.
Zu den inhaltlichen Unterschieden: Sie wollen, dass Richterinnen und Richter Altersteilzeit wie sonstige Beamte wahrnehmen können. Dabei blenden Sie allerdings einen Unterschied aus: Richter haben keine festen Dienststunden und beziehen auch keinen Stücklohn pro erledigtem Fall. Aber Ihre Begründung - ich zitiere:
„Im ‚Kampf um die Köpfe’ kann das Land Niedersachsen durch die Altersteilzeit verstärkt und beständig kompetenten Nachwuchsjuristinnen und -juristen den Einstieg in den Richterberuf ermöglichen“ -
enthält einen Denkfehler. Durch Einführung der Altersteilzeit ergibt sich nur so lange eine Mehreinstellung junger Richter, bis sich das neue System eingependelt hat. Danach ist die Einstellungszahl genauso hoch wie vorher.
Ein anderer Punkt: Sie fordern, Viertelstellen für Richter zu ermöglichen. Ich wage zu bezweifeln, dass das zu praxistauglichen Geschäftsabläufen in den Gerichten - gerade in den kleinen Amtsgerichten - oder zur Beschleunigung von Prozessen beitragen würde. Das Gegenteil ist wahrscheinlicher.
Ihre Forderung, in einigen Fallkonstellationen die vorgesehene Benehmensregelung mit dem Richterrat durch eine Mitbestimmung des Richterrats zu ersetzen, zeugt im Grunde nur von einem, nämlich dass Sie Richterinnen und Richter grundsätzlich als Werktätige sehen und ihr Verhältnis zum Staat
Aber genau diese Denkschablonen werden, wie ich am Anfang ausgeführt habe, der besonderen Rolle der Gerichtsbarkeit in unserer Gesellschaft nicht gerecht. Deshalb können wir Ihren Änderungsantrag nicht mittragen.
Ich erteile dem Kollegen Dr. Biester von der CDUFraktion das Wort. Die Restredezeit für Ihre Fraktion beträgt 2:15 Minuten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zwei Anmerkungen machen. Zuerst zum Kollegen Limburg. Es wurde von fehlender Familienfreundlichkeit geredet. Ich glaube, wir können übereinstimmend feststellen: Kein anderer Beruf als der Richterberuf kann derart familienfreundlich gestaltet werden. Da haben wir kein Defizit.
Hauptsächlich habe ich mich aber auf den Redebeitrag von Herrn Adler gemeldet, weil ich eines ganz eindeutig klarstellen möchte. Herr Adler hat hier gefordert, dass die Staatsanwaltschaft wesentlich mehr Exekutive sein solle und dass das Ministerium verstärkt auf die Staatsanwaltschaft einwirken und Weisungen erteilen möge, wie sie zu verfahren habe. Das, lieber Herr Adler, entspricht überhaupt nicht unserem Rechtsverständnis.
Wir halten eine größtmögliche Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft für unbedingt erforderlich. Wir brauchen dieses Weisungsrecht nicht, das es in der Praxis ja sogar eigentlich gibt, aber Gott sei Dank nicht ausgeübt wird. Wir wollen es auch nicht. Die Staatsanwaltschaft ist dem Gesetz verpflichtet. Wenn sie Anhaltspunkte für Straftaten hat, hat sie zu ermitteln - und tut es auch. Sie werden mir keine Fälle nennen können, bei denen das nicht der Fall ist. Ein solches Weisungsrecht des Ministeriums gegenüber der Staatsanwaltschaft ist von uns ausdrücklich nicht gewollt.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, wir werden ein Mitbestimmungsmodell im Richterbereich haben, das die Praxis erprobt und für gut befunden hat, ein Richtergesetz, das die Praxis nahezu uneingeschränkt und insgesamt so und auch gar nicht anders will.
Wir bringen mit diesem Gesetz zwei wichtige Anliegen voran. Wir werden die Regelungen des Richterdienstrechts an die Änderungen des neuen Niedersächsischen Beamtengesetzes anpassen, und - hierauf möchte ich im Folgenden das Hauptaugenmerk richten - wir werden die Beteiligung der Richtervertretungen verbessern. Für die, die sich erinnern: Wir haben in der Koalitionsvereinbarung für 2008 bis 2013 versprochen - ich zitiere -:
Um die Unterschiede zwischen den Beteiligungsrechten der Beamten und der Richter zu beheben und die bislang schon praktizierte Beteiligung mit Leben zu füllen, werden erstens die auf Konsens ausgerichtete Beteiligungsform der Erörterung mit dem Ziel der Einigung bei Vorschlägen der Behördenleitung an eine übergeordnete Dienststelle und auf der Ebene der nicht mit einem Präsidenten besetzten Amtsgerichte sowie zweitens institutionalisierte Beteiligungsgespräche - das sind die sogenannten Quartalsgespräche - Abhilfe schaffen.
Zugleich wird eine vollständige Neuordnung der Beteiligungstatbestände vorgenommen, um ein für den Anwender schwieriges Nebeneinander von Tatbeständen des Niedersächsischen Personalvertretungsgesetzes und des Niedersächsischen Richtergesetzes zu vermeiden. Das war in der Vergangenheit ja sehr unübersichtlich.
Gleichwohl wird es auch zukünftig Besonderheiten bei der richterlichen Mitbestimmung geben. Zum einen wird bewusst an der bewährten getrennten Aufgabenwahrnehmung durch Präsidialräte und Richterräte festgehalten. Den Richterräten wird aber ein auf spezifische Bedürfnisse der Richter abgestimmter Katalog von Aufgaben zur Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten zugewiesen. Exemplarisch ist hier die Mitbestimmung des Richterrats bei der Verwendung eines Richters
Zum anderen wird unsere niedersächsischen Übung beibehalten und ausgebaut, Bewerberinnen und Bewerbern im Rahmen von Neueinstellungen in den richterlichen Probedienst unmittelbar nach dem Bewerbungsgespräch eine Stellenzusage geben zu können.
Sie können sich gar nicht vorstellen, welch guten Eindruck es macht, wenn die jungen Leute, die in das Ausleseverfahren gekommen sind, direkt nach dem mehrstündigen erfolgreichen Einstellungsgespräch eine Zusage bekommen. Diese Bewerber gucken nicht mehr in andere Bundesländer, sondern sagen: Niedersachsen hat das Okay gegeben; wir wollen nach Niedersachsen oder bleiben in Niedersachsen. - Das ist ein absoluter Standortvorteil.
An nicht mit einem Präsidenten besetzten Amtsgerichten gibt es bisher keinen Richterrat. Die Interessen der Richter werden bislang nur vom Richterrat des übergeordneten Landgerichts wahrgenommen, was in der Praxis zurzeit noch die Beteiligung erschwert. Deshalb wird eine neue Form der Richtervertretung, die sogenannte Amtsgerichtsrichtervertretung, vorgesehen. Sie gehört als beratendes Mitglied dem Richterrat des Landgerichts an und kann von diesem Befugnisse erhalten. Ich glaube, dass wir mit diesem Kompromiss eine passende Lösung gefunden haben.
Schließlich werden die gesetzlichen Regelungen zur Beteiligung von Staatsanwälten aus dem Niedersächsischen Personalvertretungsgesetz herausgelöst und in das Niedersächsische Richtergesetz integriert. Das ist nicht nur eine Forderung der Praxis, sondern das ist, Herr Kollege Adler, Staatsrecht, wie wir es verstehen. Ich bin dem Kollegen Dr. Biester für seinen Hinweis dankbar. De jure ist eine Staatsanwaltschaft weisungsgebunden, aber ich bin dankbar für jeden Tag - und das sehen alle Justizminister in Deutschland so -, an dem wir den Staatsanwälten keine Weisung erteilen müssen, weil sie eine Quasiunabhängigkeit haben. Das ist ein ganz wichtiger staatsrechtlicher Faktor. Wenn Sie das anders sehen, steht auch ein ganz anderes Weltbild dahinter.
Die erweiterten Beteiligungsrechte und das institutionalisierte Beteiligungsgespräch - das will ich hier
auch einmal erwähnen - wurden im Rahmen eines Pilotprojekts von Oktober 2004 bis März 2006 umfangreich erprobt. Wir wissen ja, was wir tun. Ganz überwiegend wurde die Versuchsphase positiv bewertet, und bei der Bewertung wurde hervorgehoben, dass Entscheidungsabläufe für die Richterräte und die Richterschaft transparenter geworden seien und das Verständnis der Richterschaft für Entscheidungen der Behördenleitungen gewachsen sei; das Mitwirkungsbedürfnis der Richterräte sei intensiviert und das Interesse der Richterschaft an der Arbeit der Richterräte sei gestärkt worden. Insgesamt sehe ich hier eine positive Entwicklung, wenn alle doch in einem gewissen Konsens sagen, dass sie das so dann bitte auch gesetzlich geregelt wissen wollen.
Herr Kollege Limburg und auch andere Kollegen haben die Selbstverwaltung der Justiz angesprochen. Ich sage Ihnen: Vorsätzlich ist das hier nicht geregelt, erstens weil wir das so nicht wollen, zweitens weil es so nicht richtig wäre und drittens weil es auch nicht in dieses Gesetz gehört. Wenn Sie diesen großen Wurf wollen, bitte sehr, dann müssen Sie das Grundgesetz, die Niedersächsische Verfassung und andere Gesetze ändern und dann sehen, was möglich ist. Ich sage für die, die nicht täglich im Thema stehen: Selbstverwaltung bedeutet völlige Unabhängigkeit der Justiz, mindestens der Richter, alles ohne Justizminister, ohne Einfluss des Staates in bestimmten Bereichen.
Seien wir einmal ehrlich: Es ging in den vergangenen Monaten doch eher um eine akademische Diskussion. Wir sollten abwarten, wie die weitere Diskussion in Hamburg verläuft, in SchleswigHolstein nimmt sie schon wieder eine andere Entwicklung, und die meisten Fachleute wollen sich gar nicht so richtig mit dem Thema befassen. Deswegen kann ich hier in aller Ruhe sagen: Das mussten wir mit diesem Gesetz nicht regeln, insofern unsere klare Absage.
Ich freue mich, dass wir nach einer Anlaufzeit von immerhin sechs Jahren - ich war nicht der Initiator, ich habe den Gesetzentwurf aber eingebracht - und intensiven Beratungen - gut Ding will Weile haben - nun ein vernünftiges Gesetz miteinander entwickelt haben, das wir heute beschließen können.
Nachdem es in den Beratungen schon auf einen breiten Konsens hinauslief, habe ich mich ein wenig gewundert - ich weiß nicht, ob die Bundestagswahl da irgendeine Schockwirkung ausgelöst hat, wie auch immer -, dass nun die Opposition, in
Teilen jedenfalls, der Meinung ist, das sei alles nicht so gut, und deshalb diesen Änderungsantrag eingebracht hat. Das ist Ihr gutes Recht, aber bei allem Respekt folgende Anmerkung dazu: Die Hälfte der Änderungsvorschläge hat mit dem Kernanliegen des Gesetzentwurfs, der Neuregelung der Mitbestimmung, gar nichts zu tun.
Bei Ihrer Forderung nach Einführung der Altersteilzeit für Richter unter Bezugnahme auf die Regelungen für Beamte haben Sie leider nicht bemerkt - das darf ich süffisant einmal sagen, Herr Jüttner, Herr Bartling -, dass es Altersteilzeit für Beamte nach dem im letzten Jahr verabschiedeten Beamtengesetz seit dem 1. Januar dieses Jahres gar nicht mehr gibt. Sie fordern in ein Phantasialand hinein. Selbst wenn wir es wollten, wäre Ihre Forderung so gar nicht mehr umzusetzen. Hätten Sie hier guten Rat angefordert, hätte man Sie vielleicht davon abgehalten, einen solchen Antrag zu stellen.
Mein Eindruck ist auch, dass Sie die Meinung, die Wünsche, das Denken der Praktiker, der Richter und anderer, etwas übersehen, wenn Sie meinen, Sie seien gut beraten, gegen das Gesetz zu sein. Aber das ist die Demokratie. Ich glaube, wir bekommen nach jahrelangem Anlauf, nach guten, gehaltvollen Beratungen - ich darf mich bei der Gelegenheit bei den Mitgliedern des Ausschusses, beim GBD und bei allen anderen bedanken - ein gutes Gesetz, dem man zustimmen kann.
Nach § 71 Abs. 3 erteile ich der Fraktion DIE LINKE anderthalb Minuten zusätzliche Redezeit. Die Möglichkeit wird vom Kollegen Adler wahrgenommen. Bitte schön!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Minister Busemann, Sie haben eben, was die Stellung der Staatsanwaltschaft in unserem Rechtssystem betrifft, von einer Quasiunabhängigkeit gesprochen. Herr Dr. Biester sprach sogar von einer Unabhängigkeit der Staatsanwaltschaft. Beides entspricht nicht der Rechtslage.