Protokoll der Sitzung vom 18.02.2010

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Wir haben in Niedersachsen ein sozial ausgewogenes System der Lernmittelausgabe. Die Eltern werden um bis zu zwei Drittel der Gesamtkosten entlastet, Leistungsberechtigte nach dem SBG und dem Asylbewerberleistungsgesetz sind völlig befreit, und für Familien mit drei oder mehr Kindern gibt es Ermäßigungen. Hiermit wurde ein System ersetzt, nämlich die sogenannte Lernmittelfreiheit der Vorgängerregierung. Ich denke, es müssen doch alle, die sich damit auseinandersetzen und ehrlich sind, zugeben, dass es auch damals schon über lange Zeiträume eine richtige Lernmittelfreiheit nicht gegeben hat.

Es war doch gerade die Fraktion der SPD, die die Mittel für die Lernmittelfreiheit drastisch gekürzt hatte. Die Folgen waren daraufhin an allen Schulen spürbar: vergammelte und veraltete Schulbücher. Heute verzeichnen wir an unseren Schulen jedoch wieder eine andere Situation.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Heute haben wir den Sonderfonds „Dabei sein“ der Landesregierung für Familien in Not. Dieser zahlt nicht rückzahlbare Zuschüsse in Höhe von 100 Euro für jedes Kind. Wir nehmen die Verantwortung in vielen Bereichen wahr, auch in den Bereichen, in denen wir als Land nicht originär zuständig sind. Schauen wir uns nur einmal die Mittagsverpflegung an. Auch hier wurde von der Landesregierung ein Programm beschlossen, um

benachteiligten Familien eine Unterstützung zu gewähren.

(Zuruf von Dörthe Weddige-Degen- hard [SPD])

Auch aufgrund einer Initiative Niedersachsens im Bundesrat wurde das Schulbedarfspaket für ALG-II-Familien eingeführt, aus dem zum Schuljahresbeginn für jedes Kind 100 Euro für die Anschaffung von Lernmitteln bezahlt werden, und dies vom ersten bis zum Abschlussjahrgang.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Kommen Sie auch noch zu unserem Antrag?)

Wir brauchen uns also absolut nicht zu verstecken, auch nicht im Vergleich zu anderen Bundesländern. Ich habe einmal geschaut, wie es dort aussieht, wo die Linken mitregieren. Ich habe nach Berlin geschaut. Dort müssen die Erziehungsberechtigten bis zu 100 Euro pro Jahr für Lernmittel selbst bezahlen. Ausnahmen gibt es, wie in Niedersachsen, für Benachteiligte. Entscheidend aber ist: Bezahlt werden diese Zuschüsse für den allgemeinbildenden Bereich aber von den Bezirken und den Eltern. Rot-rote Koalition!

(Björn Thümler [CDU]: So, so!)

Wir in Niedersachsen wälzen diese Kosten aber nicht auf die Kommunen und die Schulträger ab.

Nicht alles aber lässt sich auf Landesebene regeln. Wir müssen diese Aufgabe als gemeinsame Verantwortung zwischen Land, Kommunen und auch dem Bund sehen. Vor diesem Hintergrund ist die neueste Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum ALG II sicherlich zu begrüßen. Dazu haben wir ja auch schon an den vergangenen Plenartagen sehr viel gehört.

Frau Reichwaldt hat in ihrer Rede anlässlich der Behandlung der Großen Anfrage gesagt, dass sie ganz besonders den sozialen Bewegungen dankt, die für eine Verbesserung beim ALG II gesorgt haben. Ich persönlich möchte aber nicht nur den sozialen Bewegungen danken, sondern mein Dank gilt ganz besonders unserer Niedersächsischen Landesregierung, die im Bundesrat gemeinsam mit NRW eine Initiative zur Neubemessung der Regelleistungen und Regelsätze eingebracht hat, die dann auch beschlossen worden ist.

(Beifall bei der CDU)

Amüsant sind dann die heute von der Opposition im Bundestag und gestern von der Opposition hier bei uns im Niedersächsischen Landtag dazu ge

machten Einlassungen. Dabei ist doch gerade die kritisierte Berechnungsbasis - insbesondere für den Bereich der kindlichen Bildung ist diese Basis ja sehr stark zu kritisieren - von der rot-grünen Bundesregierung eingeführt worden. In meiner Rede habe ich bisher ganz bewusst den Begriff „Hartz IV“ vermieden. An dieser Stelle muss aber noch einmal darauf hingewiesen werden: Herr Hartz war der Mann der SPD. Das war ihr Heilsbringer. Der hat diese Regelsätze eingebrockt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dörthe Weddige-Degenhard [SPD]: Und Sie haben nichts damit zu tun, was? - Weitere Zurufe von der SPD)

Deshalb sollte die Opposition mit ihren Äußerungen vorsichtig sein; denn nicht die Opposition ist die Gewinnerin der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, sondern es ist die Bildung unserer Kinder, die von dieser Entscheidung wirklich profitiert und gewonnen hat.

Die Regelsätze müssen jetzt transparent und nachvollziehbar gestaltet werden, damit man wirklich sagen kann, dass es Regelsätze für Kinder und Bildung sind. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, dass Kinder prozentual wie Erwachsene behandelt werden, dann aber Bereiche wie Schule und Bildung nicht vorgesehen sind.

Der Antrag der Linken ist für all diese Diskussionen und die Unterstützung unserer Kinder nicht hilfreich. Es hilft uns überhaupt nicht weiter, nur starre Zahlen und damit die Vergangenheit zu betrachten. Glücklicherweise leben wir in Niedersachsen nicht in einem Überwachungsstaat, sodass alle diese Zahlen so schnell greifbar wären.

Unser Bildungssystem ist eben nicht starr. Wir haben vielmehr ein dynamisches Bildungssystem, und daran sollte man sich ein Beispiel nehmen. Deshalb bringt es nichts, nur die Vergangenheit und die Zahlen zu betrachten.

Wir lehnen den Antrag daher ab. Uns geht es um die Zukunftsfragen und nicht darum, dass wir uns um uns selbst drehen. Es geht uns um die Sicherung der Unterrichtsversorgung. Es geht uns um Qualität in den niedersächsischen Schulen. Davon war in Ihrem Antrag aber überhaupt nicht die Rede.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Karl-Heinz Klare [CDU]: Sehr gut!)

Zu dem Beitrag von Herrn Seefried liegen mir zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor. Zunächst Frau Flauger, dann Frau Heiligenstadt. Frau Flauger, anderthalb Minuten!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was wir eben gehört haben, war eine Selbstbejubelungsarie sondergleichen.

(Kai Seefried [CDU]: Das waren die Fakten!)

Es ging nur darum, wie toll jetzt diese Landesregierung ist. Es ging aber nicht um unseren Antrag. Ganz zum Schluss kam noch einmal die pauschale Behauptung, er sei ungeeignet.

Ich möchte inhaltlich zwei bis drei Dinge sagen. Erstens zu Berlin. Sie können die Bezirke in Berlin nicht mit den Kommunen in Niedersachsen vergleichen. Das sollten Sie wissen. Wenn Sie das nicht wissen, sollten Sie sich vorher erkundigen. Dort werden diese Dinge aus Landesmitteln finanziert. Das können Sie nicht mit Niedersachsen vergleichen.

Zweitens. Die soziale Schere in diesem Land und entsprechende OECD-Studien interessieren Sie offensichtlich überhaupt nicht. Wenn Sie hier sagen, unser Antrag sei auf Vergangenheitsbetrachtung ausgerichtet, dann haben Sie ihn überhaupt nicht verstanden oder wollen ihn nicht verstehen. Es geht um die gegenwärtigen Kosten, die die Eltern heute für den Schulbesuch ihrer Kinder zu tragen haben, und darum, dass Kinder aus sozial schwächeren Elternhäusern aufgrund dieser Kosten benachteiligt sind. Das hat auch nichts mit „Überwachungsstaat“ zu tun, sondern schlicht mit einer vernünftigen Informationsgrundlage für das, was Ihre Pflicht und Schuldigkeit als Regierung wäre.

(Beifall bei der LINKEN - Karl-Heinz Klare [CDU]: Wenn das jetzt nicht ge- sagt worden wäre, wären wir blöd ge- storben!)

Die nächste Kurzintervention kommt von Frau Heiligenstadt. Auch Sie haben anderthalb Minuten.

Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Kollege Seefried, damit hier keine Legenden gebildet wer

den: Wir haben ja schon gestern und vorgestern hier in diesem Hause über dieses Thema diskutiert. Ich wünsche mir, dass die CDU-Fraktion so viel politisches Verantwortungsbewusstsein auch einmal im Zusammenhang mit dem Thema Hartz IV an den Tag legt und sich nicht in die Büsche schlägt, sondern ganz deutlich die Verantwortung dafür übernimmt, dass durch diesen Ministerpräsidenten im Zusammenwirken mit anderen Ministerpräsidenten u. a. die pauschalisierten Sätze für die Kinderanrechnung im Bundesrat in einer Nacht- und Nebelaktion eilverhandelt worden sind. Nicht ausschließlich Rot-Grün hat Anfang dieser Woche beim Bundesverfassungsgericht eine entsprechende Klatsche bekommen. Mein Kollege Watermann hat das in den letzten Tagen häufig genug erwähnt.

Wenn es darum geht, tatsächlich etwas für die Kinder zu tun, sollte man wenigstens das Datenmaterial erheben und sich nicht auch da noch in die Büsche schlagen.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Herr Seefried, ich erteile Ihnen das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Selbstbejubelung konnte man meine Rede wohl nicht nennen, aber ich kann ja nachvollziehen, dass es für die Opposition schwierig ist, wenn man hier Fakten nennt und die Realität beschreibt.

(Zuruf von der LINKEN: Müssen wir es wiederholen, damit Sie es verste- hen?)

Wir müssen einfach die Erfolge darstellen, weil man daran sieht, dass diese Landesregierung in den vergangenen Jahren sehr viel in diesen Bereichen getan hat, dass sie sehr viel in die Bildung und in die Zukunft unserer jungen Menschen investiert hat. Wir werden alle diese Initiativen natürlich auch zukünftig unterstützen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Und wer hat demonstriert?)

Von daher war es keine Selbstbejubelung, sondern es wurden Fakten genannt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Zur sozialen Schere ein ganz kurzer Hinweis: Natürlich gibt es in vielen Bereichen vielfältige Statistiken, und jeder kann für sich eine Statistik - damit kommen wir zu den Grundproblemen der Statistik - so bewerten, wie er sie haben möchte. Aber schauen wir uns die aktuellste Statistik des Niedersächsischen Landesamtes für Statistik an, die besagt, dass sich zum ersten Mal seit mehreren Jahren die soziale Schere in Niedersachsen eher ein Stück geschlossen als weiter geöffnet hat. Auch diese Statistik direkt für unser Land sollte man zur Kenntnis nehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Damit komme ich zur Ausgangssituation und zu meiner Aussage, dass Statistiken immer nur eine Vergangenheitsbetrachtung sein können und dass derjenige, dem die Statistik nicht gefällt, natürlich immer auch Argumente dagegen anführen kann. Deswegen ist diese Art der Vergangenheitsbetrachtung überhaupt nicht hilfreich.

Zu den Hartz-IV-Sätzen möchte ich nur noch einmal erwähnen, dass es gerade Niedersachsen und NRW waren, die bereits vor zwei Jahren im Bundesrat eine Initiative eingebracht haben, diese Regelleistungen neu zu berechnen.

(Dörthe Weddige-Degenhard [SPD]: Vor zwei Jahren?)

- Im Mai 2008.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die SPD-Fraktion spricht jetzt Herr Poppe. Bitte sehr!