Der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/1742 unverändert anzunehmen und den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/809 sowie den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/2147 jeweils abzulehnen.
Für die SPD-Fraktion hat sich Frau Kollegin Groskurt zu Wort gemeldet. Bitte schön, Sie haben das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Heute spreche ich zu den von der Präsidentin aufgerufenen drei Anträgen, einem sehr guten Antrag,
einem weniger guten Antrag und einem guten Antrag. Wenn wir diese Anträge klug zusammenführen, könnte ein ordentlicher Antrag daraus werden. Ein solcher würde das Leben der Menschen mit Behinderungen differenzierter betrachten, deutlich selbstständiger machen und damit verbessern.
Zuerst zum Antrag der SPD. Ich möchte noch einmal eindringlich dafür werben, dem Antrag zuzustimmen, und zwar
aus folgenden, meiner Meinung nach überzeugenden Gründen: Wir haben aufgrund dieses Antrages 19 Verbände und Institutionen angehört, die übereinstimmend den Antrag der SPD-Fraktion begrüßt haben.
Es wurde sehr deutlich betont, dass der Antrag dringend notwendig war, um den Handlungsbedarf aufzuzeigen und zu Ergebnissen zu kommen. Die Ergebnisse wären z. B. die Einrichtung einer Fachkommission „Eingliederungshilfe“, die Vorschläge für einen niedersächsischen Masterplan zur Teilhabe und Versorgung von Menschen mit Behinderungen erarbeitet. Ziel dieses Masterplans sollte u. a. die Eingliederung von behinderten Menschen in Regelarbeitsplätze sein.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU und FDP, es ist beschämend, dass Sie diese Ergebnisse der Anhörung ignorieren.
Die Angehörten machen sich die Mühe, ihre Stellungnahmen abzugeben, und setzen viele Hoffnungen darin, dass ihre Anregungen, Wünsche
und berechtigten Forderungen umgesetzt werden. Der von Ihnen erweckte Anschein, dass die Aussagen ernst genommen werden, ist den Angehörten gegenüber verächtlich.
Überdenken Sie noch einmal die Ablehnung des SPD-Antrages, und stimmen Sie im Interesse der Menschen mit Behinderungen zu, dies auch vor dem Hintergrund Ihres eigenen Antrages „Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung“, zu dem ich jetzt komme. Ihr Antrag beinhaltet nirgendwo einen Widerspruch zu unserem Antrag. Er ist allerdings weniger konkret. Das kann ich auch verstehen: Sie wollen nicht so offen darüber reden, dass die Landesregierung wenig zielorientiert arbeitet.
Wir haben in der Sitzung am 29. Oktober 2009 Ihren Antrag ausführlich diskutiert. Sie, Herr Kollege Böhlke, haben ausgeführt, dass die Ziele Ihres Antrages z. B. die Verbesserung der Information der Betroffenen und die Verbesserung der Bedingungen zur Inanspruchnahme des persönlichen Budgets sind. In der Beantwortung der Großen Anfragen der Fraktionen der Grünen und der Linken mussten wir dann aber lesen, dass die Inanspruchnahme zwar nicht zufriedenstellend ist, aber keine weiteren Aktivitäten, diese zu verbessern, geplant sind.
Sehr geehrter Herr Kollege Böhlke, da haben wir die von Ihnen in Ihrer Rede am 29. Oktober 2009 erwähnten Barrieren und Hürden, die Sie so zügig wie möglich abbauen wollen. Ich habe allerdings die Befürchtung, dass wir auf den Abbau der Barrieren und Hürden noch bis 2013 warten müssen, da ich die Hürden und Barrieren ausschließlich in der Landesregierung sehe.
(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN - Norbert Böhlke [CDU]: Da sind Sie aber auf einem Auge blind, Frau Kollegin!)
unterdrücken, die dazu führen, dass Sie Oppositionsanträge zwanghaft ablehnen. Das tut Ihnen nicht gut! Glauben Sie mir!
(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Zuruf von der CDU: Aber wenn sie doch nicht richtig sind!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, das gilt auch für den heute zu beratenden dritten Antrag, dem der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Umsetzung der UN-Konvention. Dieser Antrag steht heute nach einer einzigen abschließenden Beratung im Ausschuss auf der Tagesordnung. Die von der CDU und der FDP mit Mehrheit abgestimmte Kürze der Beratung wurde dem Thema bei Weitem nicht gerecht.
Die SPD könnte diesem Antrag eigentlich zustimmen. Er wäre unserer Ansicht nach aber wirkungsvoller, wenn er etwas komprimiert würde; denn ein bisschen hat die Landesregierung ja doch auf den Weg gebracht, wenn auch mehr als zögerlich.
- Ja, was wahr ist, sagen wir auch. Wir wollen Sie auch schon einmal ein bisschen loben; so, wie Sie es verdient haben, mehr aber auch nicht.
(Beifall bei der SPD - Uwe Schwarz [SPD]: Aber, wenn Herr Böhlke das anders sieht, sollte man ihn lassen!)
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen der Fraktion der Grünen, ich meine hier z. B. die von Ihnen unter I.2 erhobene Forderung, das leistungsträgerübergreifende unabhängige Unterstützungsangebot auf regionaler und lokaler Ebene sozialraumorientiert auf- oder auszubauen. Das könnte ich auch auf die Pflegestützpunkte übertragen. Oder ich nenne den Punkt IV.1, dass die formalen Trennungen zwischen ambulanten und stationären Bereichen aufgehoben werden. In der Beantwortung Ihrer Großen Anfrage wurde hierzu versichert, dass die Landesregierung das ernsthaft will. Es ist vielleicht etwas blauäugig von mir, das zu glauben,
Dem Punkt II Ihres Antrages, der die Konversion von der einrichtungsbezogenen zu einer personenzentrierten Hilfestruktur fordert, stimmen wir
ausdrücklich zu. Die von Ihnen vorgeschlagenen Anreizprogramme des Landes könnten zum Erfolg führen.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen - ich meine alle Kolleginnen und Kollegen -, erarbeiten wir aus den drei Anträgen einen gemeinsamen Antrag! Dann kommen wir dem Ziel wirklich näher,
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Die Thematik der Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen beschäftigte uns in den letzten Monaten in der parlamentarischen Beratung verstärkt, zuletzt im Januarplenum mit der umfassenden Aussprache zu den Großen Anfragen hinsichtlich der Situation der Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen. In der vor vier Wochen geführten Aussprache habe ich deutlich gemacht, dass für die CDU-Fraktion die sozialpolitische Arbeit hinsichtlich der Verbesserung der Lebenssituation behinderter Menschen einen stetigen Arbeitsschwerpunkt darstellt. Dass diese Aussage keinesfalls nur ein Lippenbekenntnis darstellt, beweist die heutige aktuelle Tagesordnung.
Ich will ausdrücklich sagen, Frau Kollegin Groskurt: Ihren Schlusssatz „behindern wir nicht die Behinderten“ weise ich auf das Schärfste zurück.
Das wird dem Schicksal behinderter Menschen, ob körperlich oder geistig behindert, einfach nicht gerecht. Das liegt nicht daran, wie wir hier miteinander den richtigen gesetzlichen Weg beschreiten wollen.