Protokoll der Sitzung vom 18.02.2010

(Heiterkeit)

Diese Erklärung wirkt nur dann strafbefreiend, wenn die hinterzogenen Steuern und Zinsen zeitnah, innerhalb des nächsten Monats, gezahlt werden, sodass wir gehalten sind, die Steuern und Zinsen sehr schnell festzusetzen.

Unter den 273 Selbstanzeigen - das ist der Stand von gestern, 12 Uhr; wir bekommen diese Mitteilungen immer erst um 12 Uhr; denn die Post muss erst eingehen, sortiert und ausgewertet werden usw.; deshalb werden wir um 12 Uhr die nächste Zahl bekommen - sind leider auch manche, bei denen sich die Betroffenen nicht strafbefreiend selbst erklärt haben, weil sie unvollständige Erklärungen abgegeben haben oder einfach nur geschrieben haben: Ich bekenne mich schuldig, dass ich Steuern hinterzogen habe. - Unsere Steuergesetzgebung sieht nicht vor, dass das ausreicht. Deshalb richte ich den dringenden Appell an jeden: Gehen Sie zu einem Steuerberater, und machen Sie das korrekt, wenn die Erklärung strafbefreiend wirken soll! Sonst haben Sie nicht nur die Steuern nachzuzahlen, sondern auch noch mit einer Bestrafung zu rechnen.

Frau Geuter, deshalb kann ich Ihnen das nicht genau sagen. Aber wir werden das sehr zeitnah abarbeiten. Das ist auch relativ einfach, da es sich meistens um Einnahmen aus Kapitalertrag - zu Deutsch: aus Zinsen - handelt. Wenn diese Zinserträge über das Jahr aufgelistet und mit entsprechenden Belegen versehen sind, werden die Daten in unsere Computer eingegeben, werden dann elektronisch verarbeitet, und dann wird der neue Steuerbescheid ausgedruckt. Damit ist die Festsetzung praktisch erfolgt. Dann muss die Zahlung erfolgen.

Schwierig wird es dann, wenn Leute nur schreiben: Ich habe Steuern hinterzogen. - Dann müssen wir ermitteln. Dann kann es auch zum Strafverfahren kommen. Dann wird sich das entsprechend hinziehen, je nachdem, wie intensiv nachgeforscht und nachgearbeitet werden muss.

Danke schön. - Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Kollege Möhrmann von der SPD-Fraktion. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Minister, ich habe eine Frage zu der Strafbefreiung. Vor dem Hintergrund, dass es nach meiner Kenntnis in Deutschland nur ein Delikt gibt, bei dem man durch Selbstanzeige um eine Strafe herumkommt, und der frühere Industriepräsident Henkel erklärt hat, er sei eigentlich für eine Abschaffung dieser Strafbefreiung, frage ich Sie: Hat sich diese Regelung nach Ihrer Auffassung bewährt? Oder neigen Sie eher der Meinung von Herrn Henkel zu, dass man das in Zukunft eigentlich aufgeben müsste, weil es wohl in der Tat die einzige strafbefreiende Selbstanzeige ist?

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Das ist so, als ob der Bankräuber die Beute zurückbringen würde! - Gegenruf von Björn Thümler [CDU]: Das kommt aber selten vor!)

Herzlichen Dank, Herr Möhrmann. - Für die Landesregierung antwortet Herr Minister Möllring.

Das muss intensiv geprüft werden, dann muss man abwägen. Man muss allerdings auch sehen, dass viele derjenigen, die sich im Moment bei uns

melden, deutlich über 70 Jahre alt sind und möglicherweise noch, kurz bevor der Erbfall eintritt, klaren Tisch machen wollen. Auch das muss man bei einer entsprechenden Prüfung berücksichtigen.

Für die CDU-Fraktion stellt Herr Kollege Schönecke die nächste Zusatzfrage. Bitte schön!

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Ich frage den Herrn Minister: Die Liechtenstein-Affäre hatte ja nicht ganz die Ausmaße, wie sie sich jetzt ankündigen. Gibt es Erkenntnisse in Ihrem Hause, wie sich das in Niedersachsen ausgewirkt hat, wie die Verfahren in Niedersachsen abgeschlossen worden sind und um welchen Betrag es sich letztlich handeln könnte?

(Zustimmung bei der CDU)

Herzlichen Dank. - Herr Minister Möllring, Sie haben das Wort.

Im Zusammenhang mit der Liechtenstein-CD hat es damals 73 Selbstanzeigen gegeben. Dadurch ergab sich ein Steuermehrertrag von knapp 3 Millionen Euro bzw. - genauer - 2,9 Millionen Euro und ein paar Zerquetschte. Allerdings muss man zur Liechtenstein-Affäre auch sagen, dass wir auch damals fehlerhafte und unvollständige Selbstanzeigen erhalten haben, in denen Leute erklärt hatten, in welcher Höhe sie in Liechtenstein Zinsen erwirtschaftet hatten, die hier hätten versteuert werden müssen, aber andere Einkommensquellen, z. B. Kapitalerträge aus der Schweiz, nicht angegeben hatten, sodass es doch zu Strafverfahren gekommen ist, weshalb nicht alle Verfahren abgeschlossen sind.

Die Dimension jetzt im Zusammenhang mit der Schweiz ist deutlich größer. Ich sagte ja, dass es im Zusammenhang mit der Liechtenstein-CD vor zwei oder drei Jahren gut 70 Selbstanzeigen gab. Mit Stand von gestern liegen aktuell 273 Selbstanzeigen vor. Die jetzige Dimension ist also deutlich größer.

Danke schön. - Von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen stellt Herr Briese die nächste Zusatzfrage. Bitte!

Vielen Dank, Frau Präsidentin. - Erste Frage: Gibt es eine Schätzung zur Größe des Dunkelfeldes, wie hoch das Volumen der Steuerhinterziehung in Niedersachsen ist? Gibt es dazu Schätzwerte, Annahmen, wissenschaftliche Erkenntnisse?

Meine zweite Frage: Gibt es irgendwelche Hinweise oder wissenschaftliche Erhebungen, in welche Staaten die steuerhinterzogenen Volumina aus Niedersachsen vorzugsweise fließen?

Herzlichen Dank. - Für die Landesregierung hat Minister Möllring das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Dazu kann Ihnen niemand eine seriöse Zahl nennen. Denn wie will man das wissenschaftlich erheben? Wie will man das staatlich erheben? Es geht ja niemand zum Statistischen Bundesamt - dazu gibt es auch keine Pflicht - und sagt, „Ich habe so und so viele Steuern hinterzogen oder so und so viel Schwarzgeld kassiert“, sodass man das hochrechnen könnte. Ich gehe einmal davon aus, dass Niedersachsen dabei gegenüber anderen Ländern nicht aus dem Rahmen fällt. Dass es in Bayern und Baden-Württemberg deutlich mehr Selbstanzeigen gibt, liegt natürlich auch an der örtlichen Nähe zur Schweizer Grenze. Bei uns gibt es erste Selbstanzeigen aus Luxemburg - diese haben offensichtlich mit der CD nichts zu tun -, zu dem wir nun einmal eine nähere räumliche Beziehung haben. Aber eine verlässliche Zahl kann Ihnen niemand sagen. Alle Zahlen, die diesbezüglich in die Welt gesetzt worden sind, sind Kaffeesatzleserei. Sie können richtig sein, sie können aber auch falsch sein.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Zweite Frage: In welche Länder?)

- Das ist ja bekannt: Es geht um die Länder, die mit uns kein Doppelbesteuerungsabkommen geschlossen haben. Das sind Liechtenstein und die Schweiz. Es war früher verstärkt Luxemburg. Dann gibt es ja die berühmten Steueroasen wie Kaimaninseln usw. usf. Aber auch darüber haben wir natürlich keine Erkenntnisse. Wenn wir wissen, dass Gelder dorthin gehen, und wir das nachverfolgen können, dann können wir das natürlich auch erheben. Wenn das aber auf „dunklen Kanälen“ dorthin geht, d. h. körperlich dorthin gebracht wird, dann wird das entweder vom Zoll an der Grenze festge

stellt oder es wird nicht festgestellt. Wenn es festgestellt wird, können wir es erheben. Wenn es nicht festgestellt wird, ist es weg - so bedauerlich das ist.

Herzlichen Dank. Ich danke auch der Kollegin Helmhold für ihren Hinweis, dass der Herr Kollege Briese zwei Fragen gestellt hat. Damit ist mit der nächsten Zusatzfrage von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen Herr Kollege Klein dran.

Bei meiner ersten Frage geht es mir um nähere Informationen dazu, welche Möglichkeiten und welche Hemmnisse die niedersächsische Finanzverwaltung bei der länderübergreifenden Arbeit hat und welchen Umfang das hat.

Meine zweite Frage ist folgende: Welchen Anteil haben, legt man einmal die Zahl der Steuerfahndungsfälle zugrunde, daran die Fälle, die sich aus der eigenen Arbeit, d. h. der Steuerprüfung ergeben und an die Steuerfahndung abgegeben werden, und wie hoch ist der Anteil der Steuerfahndungsfälle, die aufgrund von Anzeigen Dritter verfolgt werden?

Herzlichen Dank. - Die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen hat noch die Möglichkeit zu einer weiteren Zusatzfrage. - Zur Beantwortung der eben gestellten Fragen hat für die Landesregierung Herr Minister Möllring das Wort.

Frau Präsidentin! Zu der ersten Frage, was die länderübergreifende Arbeit angeht: Bundesländerübergreifend ist das gar kein Problem. Da arbeiten wir sehr gut zusammen. An der Staatsgrenze sind wir natürlich gehindert, wenn es kein Doppelbesteuerungsabkommen gibt. Auch dann ist es manchmal schwierig, entsprechende Auskünfte zu bekommen; zumindest ist es langwierig oder beides.

Zu der Frage, wie viele Fälle durch eigene Erhebungen und wie viele durch Anzeigen zustande kommen, ist zu sagen, dass der überwiegende Anteil auf Eigenermittlungen zurückzuführen ist. Das jetzt prozentual aufzuteilen, ist uns im Moment nicht möglich. Ich werde einmal prüfen, ob wir das mit bescheidenem Aufwand ermitteln können. Ich

würde das dann nachliefern. Im Moment kann ich dazu nichts sagen.

Herzlichen Dank. - Herr Kollege Brinkmann von der SPD-Fraktion stellt eine weitere Zusatzfrage.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Möllring, wenn ich es mir richtig notiert habe, dann haben Sie vorhin davon gesprochen, dass es nach dem Stand von gestern bundesweit 2 000 Fälle gibt.

(Zuruf von Minister Hartmut Möllring)

- Jedenfalls ist diese Zahl heute in den Medien genannt worden. Sie haben veröffentlicht, dass es mit Stand von gestern Mittag 273 Selbstanzeigen in Niedersachsen gibt. Nun kann man bei Bundeszahlen üblicherweise den Anteil, der auf Niedersachsen entfällt, rechnerisch mit etwa 10 % zugrunde legen. Auffällig ist, dass die Zahl von 273 deutlich über dem rechnerischen Durchschnitt von 10 % für das Bundesland Niedersachsen liegt.

Worauf wollen Sie nun hinaus?

Meine erste Frage ist: Ist die Zahl zutreffend?

Meine zweite Frage ist: Gibt es Erkenntnisse darüber, dass sich daraus ein genereller Trend ableiten lässt, dass die Zahl der Selbstanzeigen in Niedersachsen rechnerisch höher ist als in anderen Bundesländern?

Herr Kollege Brinkmann, Sie haben Herrn Kollegen Aller die letzte Chance für eine Zusatzfrage genommen. Sie haben selbst gesagt, dass Sie zwei Zusatzfragen gestellt haben. Damit ist das Kontingent der SPD-Fraktion erschöpft.

Für die Landesregierung antwortet jetzt Herr Minister Möllring.

Zunächst einmal ist die Zahl von ca. 2 000 nicht so genau wie die von uns genannte Zahl von 273, sodass man die berühmte Zehntelregelung nicht anwenden kann. Bei diesen Steuerhinterziehungsfällen müssen wir auch berücksichtigen, dass die Einwohner von fünf Bundesländern erst seit 20

Jahren die Möglichkeit haben, Vermögen anzusammeln und somit auch Vermögen ins Ausland zu bringen. Daher sind sie insoweit doch noch etwas im Nachteil,

(Heiterkeit)

und die Zahlen in den elf westdeutschen Bundesländern liegen insofern statistisch wahrscheinlich über dem Schnitt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Herzlichen Dank. - Weitere Wortmeldungen für Fragen liegen nicht vor. Damit ist die Behandlung der Dringlichen Anfragen für diesen Tagungsabschnitt beendet.

Vereinbarungsgemäß rufe ich die Tagesordnungspunkte 28 und 29 zur gemeinsamen Beratung auf:

Zweite Beratung: a) Daheim statt Heim - Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderungen modernisieren - Antrag der Fraktion der SPD - Drs. 16/809 - b) Eingliederungshilfe für Menschen mit Behinderung - Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP - Drs. 16/1742 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 16/2123

Einzige (abschließende) Beratung: UN-Konvention für die Rechte von Menschen mit Behinderungen in Niedersachsen umsetzen - Alternativen zum Heim schaffen - Ambulante Wohnformen weiter ausbauen - Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2147 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit - Drs. 16/2196

Der Ausschuss für Soziales, Frauen, Familie und Gesundheit empfiehlt Ihnen, den Antrag der Fraktionen der CDU und der FDP in der Drs. 16/1742 unverändert anzunehmen und den Antrag der Fraktion der SPD in der Drs. 16/809 sowie den Antrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen in der Drs. 16/2147 jeweils abzulehnen.