(Zuruf von der SPD: Lesen Sie es doch einmal vor! Wir alle wollen es haben! - Unruhe - Glocke des Präsi- denten)
Ich habe hier die Berichterstattung in der heutigen Wirtschaftspresse zu den Darstellungen von Lidl dargelegt, weil in der Frage 3 die Frage nach dem gesetzlichen Mindestlohn sowie der Positionierung der Landesregierung dazu gestellt worden ist. Ich habe es als sinnvoll betrachtet, darauf hinzuweisen, dass Lidl den Arbeitgeberverband unter Zugrundelegung einer eigenen Darstellung des Unternehmens gebeten hat, in dem Bereich über einen tariflichen Mindestlohn zu verhandeln. Ich habe gedacht, zu einer vernünftigen umfassenden Beantwortung gehört das dazu.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Ich frage die Landesregierung: Welche Maßnahmen werden Sie ergreifen, um die zunehmende Umwandlung von festen Arbeitsplätzen in befristete Leiharbeit zu stoppen?
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich habe schon mehrfach gesagt, dass wir darauf achten werden, dass die gesetzlichen Möglichkeiten nicht umgangen und nicht missbraucht werden. Die Arbeitgeber müssen sich im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten bewegen. Wir sind deshalb auch in engem Kontakt mit dem Bundesarbeitsministerium,
um im Rahmen der Überprüfung dieses Sachverhalts am konkreten Beispiel der Firma Schlecker dieser Praxis nachzugehen und daraus eventuell Konsequenzen oder Neubewertungen abzuleiten. Bisher sind alle Berichte und Prüfungen sowie empirischen Erhebungen, die durch die Bundesagentur bzw. das Bundesarbeitsministerium veranlasst worden sind, mit einem anderen Ergebnis abgeschlossen worden, sodass wir jetzt zunächst einmal der Prüfung des Falles Schlecker entgegensehen und so lange mit einer Neubewertung warten müssen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage die Landesregierung: Wie will sie sicherstellen, dass Eingaben von Petenten in Zukunft schneller behandelt werden, damit eventuell erfor
derliche arbeitsrechtliche Schritte noch zeitnah und vor allem fristgerecht eingeleitet werden können?
Sehr geehrte Damen und Herren! Ich weise darauf hin, dass wir als Landesregierung uns nicht in entsprechende gerichtliche Auseinandersetzungen einmischen. Außerdem ist es so, dass eine dem Landtag vorliegende Petition nicht die Grundlage für eine Entscheidung etwa eines Arbeitsgerichtes darstellt oder diese Entscheidung gar verzögert. Die Landesregierung ist bemüht, den Landtag und seine Ausschüsse immer möglichst schnell und umfassend zu informieren und im Raum stehende Fragen schnell zu beantworten.
Ihre Frage bezog sich wahrscheinlich auf eine Petition, die wir erst gestern beraten haben. Bis eben ist mir aber nicht zugetragen worden, dass es aus dem Parlament heraus Beschwerden über die Beantwortungsgeschwindigkeit gab. Falls es in diesem Punkt Probleme gegeben haben sollte, bitte ich Sie darum, das konkret zu sagen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Meine Damen und Herren! Herr Minister Bode, danke schön für diesen Auszug aus dem Gehalts- und Lohntarifvertrag 2009/2010 für die Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels. Diesem Tarifvertrag habe ich entnommen, dass eine Verkäuferin bei Lidl im zweiten Berufsjahr mit 1 457 Euro auskommen muss. Das sind umgerechnet ungefähr 8 Euro brutto. Sie haben hier aber von 13 Euro gesprochen. Ich frage Sie: Haben Sie Erkenntnisse darüber, ob diesem Gehalts- und Lohntarifvertrag überhaupt alle Mittel- und Großbetriebe des Einzelhandels angeschlossen sind?
Sehr geehrte Damen und Herren! Auf die Schnelle habe ich die Berechnungen von Herrn Perli nicht nachvollziehen können, nach denen einer Verkäuferin im zweiten Berufsjahr ein Bruttolohn von 8 Euro pro Stunde gezahlt wird. Ich möchte nur darauf hinweisen, dass in den Wahlkämpfen der letzten Zeit ein Mindestlohn von 7,50 Euro gefordert worden ist. Damit liegt der von Herrn Perli errechnete Stundenlohn darüber.
Dreizügige Gesamtschulen - In kirchlicher und privater Trägerschaft hui, in öffentlicher Trägerschaft pfui? - Anfrage der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen - Drs. 16/2214
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Landesregierung hält daran fest, die Neugründung von Gesamtschulen in öffentlicher Trägerschaft nur dann zu genehmigen, wenn belegt werden kann, dass in den kommenden 14 Jahren genügend Schülerinnen und Schüler angemeldet werden können, um mindestens 5 Züge einrichten zu können. An mehreren Orten bietet sich jetzt die evangelische Kirche an, neue Gesamtschulen zu Bedingungen zu realisieren, die den Kommunen als öffentlichen Schulträgern nicht offenstehen. So sollen die Haupt- und die Realschule in Hinte und Krummhörn zu einer Gesamtschule in kirchlicher Trägerschaft mit zwei Standorten umgewandelt werden,
beck mit mehreren Standorten ablehnt. In Wunstorf will die evangelische Landeskirche eine Gesamtschule als gebundene Ganztagsschule mit einer Klassenstärkenobergrenze von 26 Schülern gründen, während Gesamtschulen in öffentlicher Trägerschaft in der Regel allenfalls als offene Ganztagsschulen genehmigt werden und nicht maximal, sondern minimal 26 Schülerinnen und Schüler pro Klasse vorweisen müssen. Auch die Mindestzügigkeit von fünf Zügen gilt nur für Gesamtschulen in öffentlicher, nicht aber für Gesamtschulen in privater Trägerschaft.
Den Eltern wird durch die Neugründung von Gesamtschulen in kirchlicher Trägerschaft ermöglicht, ihre Kinder auch an Orten zu einer Gesamtschule zu schicken, wo dies nach den hohen Hürden der Landesregierung sonst nicht möglich wäre. Sie müssen dann allerdings einen recht hohen Preis in Form eines Schulgeldes zahlen. Eltern, die ihr Kind nicht an einer konfessionellen Schule anmelden wollen, müssen zudem für ihre Kinder weite Schulwege in Kauf nehmen.
1. Für wie viele Standorte gibt es Verhandlungen mit den Kirchen oder anderen, privaten, Trägern über die Neugründung von Gesamtschulen?
2. Ist die Landesregierung der Ansicht, dass in Bezug auf Gesamtschulen in kirchlicher oder privater Trägerschaft eine Arbeit an mehreren Standorten und/oder mit weniger als fünf Zügen pädagogisch und organisatorisch vertretbar ist?
3. Aus welchen Gründen ist die Landesregierung weiterhin nicht bereit, auch die Neugründung von Gesamtschulen mit weniger als fünf Zügen und/oder mit mehreren Standorten zu genehmigen, wenn derartige Gesamtschulen in kirchlicher oder privater Trägerschaft offenkundig zu einer erfolgreichen Arbeit in der Lage sind?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Fundament des niedersächsischen Schulwesens sind die Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Jedes Kind in Niedersachsen hat das Recht, wohnortnah eine öffentliche Schule zu besuchen. Die öffentlichen Schul
träger - also die Gemeinden, die Städte und die Landkreise - haben das notwendige Schulangebot vorzuhalten. Der Bestand der Schulen in öffentlicher Trägerschaft ist deshalb auf Kontinuität und auch auf Verlässlichkeit angelegt. Ihre organisatorische Struktur, ihre inhaltliche Ausrichtung und ihre finanzielle Ausstattung müssen im Hinblick auf die landesweite Vergleichbarkeit der schulischen Angebote und damit auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land in dem erforderlichen Maß reglementiert sein.
Als ausdrücklich gewollte Ergänzung der öffentlichen Schulen gibt es auch in Niedersachsen ein breit gefächertes Angebot an Schulen in freier Trägerschaft. Für diese Angebote gilt ein anderer Ansatz. Das heißt: Sie sollen besondere pädagogische Angebote unterbreiten, z. B. im Hinblick auf besondere Konzepte, auf die Gestaltung des Unterrichts, auf die Bildung der Lerngruppen oder auf ganz spezielle Förderangebote. Dabei haben sie grundlegende Vorgaben, wie z. B. die Vergleichbarkeit der Abschlüsse, einzuhalten. Dafür brauchen und haben die niedersächsischen Schulen in freier Trägerschaft im Vergleich zu den öffentlichen Schulen erheblich erweiterte Gestaltungsspielräume.
Um die Verlässlichkeit des Bestandes insbesondere neu errichteter Schulen in öffentlicher Trägerschaft auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu gewährleisten, ist die Mindestzügigkeit bei Integrierten Gesamtschulen und bei nach Schuljahrgängen gegliederten Kooperativen Gesamtschulen in öffentlicher Trägerschaft auf fünf festgelegt. Zudem ist vor einer Genehmigung zu prüfen, ob längerfristig - für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft gilt hier ein Zeitraum von 14 Jahren - genügend Schülerinnen und Schüler für das schulische Angebot zusammenkommen werden. Meine Damen und Herren, es ist im wohlverstandenen Interesse der Schülerinnen und Schüler wichtig, dass wir stabile Schulsysteme mit einer für ein optimales Bildungsangebot hinreichenden Schülerzahl haben.
Die Genehmigung einer Schule in freier Trägerschaft kann und darf dagegen von solchen Bedingungen nicht abhängig gemacht werden. Zum einen würde das die verfassungsrechtlich garantierte Privatschulfreiheit in unzulässiger Weise einschränken - siehe Artikel 7 Grundgesetz. Außerdem müssen Sie dabei auch an die wirtschaftlichen Risiken einer mehr als zehnjährigen Bestandsgarantie für private Träger denken. Zum anderen widerspräche eine solche Reglementie
rung auch den organisatorischen und pädagogischen Freiheiten, die Schulen in freier Trägerschaft ausdrücklich eingeräumt werden. Der Gesetzgeber hat dabei mit der generellen Hürde, dass, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die staatliche Finanzhilfe erst nach Ablauf von drei Jahren nach Neugründung einer privaten Schule gewährt wird, einem möglicherweise zu stark ausufernden Experimentierdrang enge wirtschaftliche Schranken gesetzt.