Elisabeth Heister-Neumann

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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 16. Juni 2009 haben Sie den 21. Parlamentarischen Untersuchungsausschuss zur Klärung der Vorgänge um die Schachtanlage Asse eingesetzt. Das ist nun mehr als drei Jahre her. Nach 72 Sitzungen, der Anhörung von 53 Zeugen und 10 Sachverständigen, der Beiziehung von nahezu 3 000 Akten aus dem Bundeskanzleramt, aus den Bundes- und Landesministerien, weiteren Bundes- und Landesbehörden, Forschungseinrichtungen und Unternehmen, der Vorlage mehrerer Berichte der Landesregierung und der Einholung verschiedener vorbereitender Stellungnahmen legt Ihnen dieser Untersuchungsausschuss heute seinen Bericht einschließlich der Minderheitsberichte der Oppositionsfraktionen zu den Vorgängen um die Schachtanlage Asse im Landkreis Wolfenbüttel vor.
Mit der heutigen Plenardebatte endet die Arbeit eines der längsten und sicherlich auch arbeitsintensivsten Untersuchungsausschüsse, die der Niedersächsische Landtag je eingesetzt hat. Die lange Zeitdauer darf schon deshalb nicht verwundern, weil der Einsetzungsauftrag nicht weniger verlangte, als die Vorgänge um die Auswahl und Feststellung der Eignung der Schachtanlage Asse II als Lagerstätte für schwach und mittelradioaktiven Abfall zu untersuchen, die gesamte Einlagerungsphase einschließlich der wissenschaftlichen, juristischen und politischen Verantwortung ebenso zu klären wie die Frage nach dem tatsächlich eingelagerten Inventar, die Hintergründe der Beendigung der Einlagerung, etwaiger Umlagerungen und besonderer Vorkommnisse sowie Überlegungen zur sicheren Schließung des Bergwerks zu untersuchen, die Aspekte des Gesundheitsschutzes und der Arbeitssicherheit für das über die gesamte Zeit eingesetzte Personal zu betrachten und schließlich festzustellen, welche Folgen die Ereignisse in der Schachtanlage Asse für die Menschen und den dortigen Raum haben.
Untersuchungsausschüsse haben „Sachverhalte im öffentlichen Interesse aufzuklären“; so heißt es
in Artikel 27 Abs. 1 unserer Verfassung. Die Asse blickt auf eine 40-jährige Geschichte als Versuchsendlager zurück und konfrontiert uns noch heute mit fortbestehenden, ja wachsenden Problemen. Das öffentliche Interesse rund um die Vorgänge in der Schachtanlage ist augenfällig. Das gilt insbesondere wegen der Betroffenheit der Bevölkerung, aber auch wegen der mit der Asse verbundenen mutmaßlichen finanziellen Risiken für die öffentlichen Haushalte.
Doch ist der Untersuchungsausschuss seiner Aufgabe zur Sachverhaltsaufklärung gerecht geworden, konnte er dieser Aufgabe überhaupt gerecht werden? - Auch wenn ich den Vorsitz erst nach dem Ausscheiden des Kollegen Nacke, erst im Juli 2010, übernommen habe, möchte ich doch für den Ausschuss versuchen, darauf eine Antwort zu geben. Ganz gewiss war der Aufwand groß, sehr groß, nicht nur bei den Ausschussmitgliedern während der zumeist ganztägigen Sitzungen. Die Bereitstellung der umfangreichen Aktenbestände, überwiegend in Kopie, ihre Durcharbeitung durch Ausschussmitglieder und die Beauftragten der Fraktionen sowie das Anfertigen umfangreicher Berichte durch die Behörden haben viel Zeit und viel Aufwand gekostet.
Also viel Aufwand, wenig Ertrag? - Die umfassenden Schlussfolgerungen aus dem Aktenstudium und den Zeugen- und Sachverständigenanhörungen hat der Ausschuss einvernehmlich den fünf grundsätzlichen Themenblöcken zugeordnet. Dass dennoch drei Minderheitsberichte der Oppositionsfraktionen vorgelegt worden sind, ändert nichts an meiner Einschätzung, dass der gemeinsame Ertrag den hohen Aufwand sehr wohl rechtfertigt. Denn wer die vorliegenden Papiere liest und die öffentliche Berichterstattung gerade der letzten Wochen verfolgt hat, wird schnell erkennen, dass die Schnittmenge weitaus größer ist, als es eine oberflächliche Betrachtung vielleicht nahelegen mag.
So besteht kein Dissens darüber, dass die Schachtanlage Asse bereits lange, eindeutig seit 1971, im Wesentlichen eine Entsorgungsfunktion hatte. Gleichwohl wurde in der Öffentlichkeit weiterhin der Charakter einer Versuchseinlagerung und eines Versuchsendlagers in den Vordergrund gestellt. Übereinstimmung herrscht zwischen den Fraktionen ebenso hinsichtlich der geologischen Einschätzung der Schachtanlage. Das aufgelassene Bergwerk war zu keinem Zeitpunkt als Endlager für schwach und mittelradioaktive Abfälle geeignet. Die damalige Einschätzung sowohl der Wahr
scheinlichkeit eines Wasserzutritts als auch der Sicherheitspfeiler zu dem den Salzstock umgebenden Gebirge ist nicht nachvollziehbar. Das seinerzeitige Vertrauen auf die Belastbarkeit wissenschaftlicher Untersuchungen und Gutachten ist heute erschüttert, und die Form und Intensität der Zusammenarbeit verschiedener Fachrichtungen wird heutigen Maßstäben definitiv nicht gerecht.
Nach Beendigung der Einlagerungsarbeiten und der sich anschließenden anwendungsorientierten Forschung ist es zu vermeidbaren erheblichen Verzögerungen gekommen, die sich nachteilig auf den Zeitraum auswirken, der heute für die von allen Seiten geforderte Räumung der Schachtanlage zur Verfügung steht. Bei den in manchen Punkten vorhandenen Differenzen der Fraktionen bin ich doch sicher, dass die folgende Debatte die sich abzeichnende Übereinstimmung in wesentlichen Einschätzungen zeigen wird.
Keinerlei Auffassungsunterschiede gibt es schließlich zwischen den Fraktionen in der Beurteilung der Notwendigkeit, das vom Untersuchungsausschuss beigezogene Aktenmaterial dauerhaft zu sichern, aufzuarbeiten und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Deshalb ist es auch folgerichtig, dass der 21. Parlamentarische Untersuchungsausschuss selbst dem Landtag empfiehlt, eine darauf zielende Entschließung zu fassen.
Hierzu gibt es übrigens eine erfreuliche Entwicklung zu berichten. Es deutet sich die Möglichkeit an, dass das Bundesforschungsministerium aus seiner Verantwortung für die Helmholtz-Gemeinschaft, in deren Verantwortung die Asse jahrelang lag, wissenschaftliche Unterstützung für die Aufarbeitung aller Asse-Akten leisten könnte. Deshalb wollen wir heute ausdrücklich die Bitte an das Bundesforschungsministerium richten, dass diese Arbeiten eben vom Bundesforschungsministerium unterstützt werden.
Schließlich, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen, erlaube ich mir den Hinweis, dass der Untersuchungsausschuss zumindest in einem Punkt auch Rechtsgeschichte geschrieben hat. Seit dem Verwaltungsstreitverfahren mit dem Land Hessen, das geführt werden musste, um Einsicht in im dortigen Hauptstaatsarchiv lagernde Akten zu erhalten, steht nunmehr grundsätzlich fest: Dem Amtshilfeersuchen nach Artikel 35 Grundgesetz können archivrechtliche Regelungen eines anderen Bundeslandes tatsächlich nicht entgegengehalten werden.
Ich finde, das ist eine sehr positive Entscheidung zugunsten des Aufklärungsanspruchs auch eines Untersuchungsausschusses gewesen.
Meine Damen und Herren, abschließend erlauben Sie mir Dank zu sagen. Ich möchte mich im Namen der Mitglieder des Ausschusses bei der Geschäftsstelle des Untersuchungsausschusses in Person von Herrn Rasche - das darf ich an dieser Stelle auch einmal sagen -, aber auch bei den Mitarbeitern des Wissenschaftlichen Dienstes und der Landtagsverwaltung bedanken, die uns - das kann man nicht anders sagen - kontinuierlich, kompetent und mit einer sehr, sehr großen Einsatzbereitschaft nicht nur begleitet, sondern auch unterstützt haben und damit in mancherlei Hinsicht auch manchmal die Wogen etwas glätten konnten, wenn sie ein wenig hochgingen.
Ich möchte mich an dieser Stelle aber auch, meine Damen und Herren, bei der Asse-Begleitgruppe ganz herzlich bedanken. Die Asse-Begleitgruppe hat diesen Untersuchungsausschuss von Anfang an im wahrsten Sinne des Wortes begleitet - kritisch, konstruktiv. Ich glaube, es war eine gute Zusammenarbeit, und ich denke, wir können für diesen Raum gemeinsam eine ganze Menge Gutes für die Zukunft bewirken.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! „Viele Köche verderben den Brei“ - wir alle kennen diese Volksweisheit. Sie existiert aus gutem Grund; denn - wer von uns hat das noch nicht erleben müssen? - oftmals kommt nichts Gutes bzw. gar nichts heraus, wenn sich zu viele Fachleute um ein und dieselbe Sache kümmern.
Und wenn diese Sachen dann auch noch auf unterschiedlichen Ebenen - wie der Bundes- und der Landesebene - angesiedelt sind, verschwimmt darüber hinaus auch noch die Verantwortung. Das aber ist für unsere Demokratie nicht förderlich. Davon bin ich zutiefst überzeugt, und deshalb meine ich: Nur klar abgegrenzte, geregelte Zuständigkeiten zwischen Bund und Ländern führen zu klar geregelter Verantwortlichkeit.
Meine Damen und Herren, genau diesem Anspruch wollte der Gesetzgeber in Bundestag und Bundesrat im Jahr 2006 mit der Föderalismusreform gerecht werden. Auf der Bundesebene waren es bei der SPD herausgehobene Entscheidungsträger, die sich nicht nur für die entsprechende Verfassungsänderung eingesetzt, sondern sie auch mit beschlossen haben. Ich nenne an dieser Stelle Herrn Müntefering als einen der Vorsitzenden der Föderalismuskommission, Herrn Steinmeier, den damaligen Chef des Bundeskanzleramtes, und Herrn Steinbrück, den damaligen Bundesfinanzminister.
Wenn Sie jetzt eine neue, umfassende Gemeinschaftsaufgabe fordern, dann darf ich Sie darauf hinweisen, dass Sie sich in krassen Widerspruch zu Ihren eigenen Führungskräften stellen.
Aber so kennen wir Sie! Wenn Sie meinen, dass irgendetwas nicht so gut ankommt - egal ob es Hartz IV ist oder, wie in diesem Fall, die Verfassungsänderung im Rahmen der Föderalismusreform -, dann schallt laut der Ruf quer durch die Lande: Ich war’s nicht.
Heute beantragen Sie die Einrichtung einer neuen, umfassenden Gemeinschaftsaufgabe - einer Gemeinschaftsaufgabe, die Sie, wie gesagt, erst 2006 mit beseitigt haben.
Ist das Planungssicherheit und Verlässlichkeit von Politik? - Wer sich auf Sie verlässt, der ist verlassen! Das werden wir den Menschen ganz deutlich sagen und dabei auch gerne auf BadenWürttemberg als jüngstes Beispiel dafür verweisen,
dass Rot-Grün vor der Wahl Versprechungen macht, die nach der Wahl das Papier nicht wert sind, auf das sie geschrieben werden.
Meine Damen und Herren, man muss sich das einmal vor Augen führen: Nach Jahrzehnten CDURegierung wurde Baden-Württemberg zu einem der Spitzenländer im Bildungsranking.
Kaum kommt eine rot-grüne Regierung
- Entschuldigung: eine grün-rote Regierung - an die Macht, sollen Lehrerstellen abgebaut werden,
und das entgegen dem Koalitionsvertrag, meine Damen und Herren, und das in einem fünfstelligen Bereich!
Meine Damen und Herren von der Opposition, Sie sollten im Übrigen wissen - Frau Andretta hat aber eben auch darauf hingewiesen -, dass nach der geltenden Rechtslage des Grundgesetzes Bund und Länder bereits jetzt im Einzelfall aufgrund von Vereinbarungen im Wissenschafts- und Hochschulbereich zusammenarbeiten können.
Diese Zusammenarbeit hat im bekannten Hochschulpakt ihren Niederschlag gefunden. Um z. B. diese Form der Zusammenarbeit dauerhaft rechtssicher zu gestalten, unterstützen wir die Absicht der Bundesregierung, Artikel 91 b Abs. 1 Nr. 2 des Grundgesetzes wie in der Beschlussempfehlung formuliert zu präzisieren.
Unser Vorschlag betrifft ausschließlich den Hochschul- und Wissenschaftsbereich; denn hier hat der Bologna-Prozess die Notwendigkeit der überregionalen Zusammenarbeit in besonderer Weise aufgezeigt.
Deshalb ist vorgesehen, Aufgaben von überregionaler Bedeutung nach einem zwischen Bund und Ländern im Rahmen der Gemeinsamen Wissenschaftskonferenz zu vereinbarenden Verfahren mitzufinanzieren. Alle weitergehenden inhaltlichen Regelungen zu einer gemeinsamen Aufgabenerledigung lehnen wir ab.
Liebe Frau Andretta, ich kann sehr wohl nachvollziehen, dass bei der herausragenden Bedeutung des Bildungsbereichs eine Mitfinanzierung des Bundes durchaus angestrebt werden sollte. Nur bin ich der Meinung, dass man sich dann ernsthaft Gedanken darüber machen muss, beispielsweise bei der Verteilung des Steueraufkommens neue Wege zu beschreiten. Eine inhaltliche Verknüpfung der Aufgaben jedenfalls beschneidet die Kulturhoheit der Länder, und das lehnen wir ab.
Ich halte fest: Die Kulturhoheit liegt bei den Ländern. Wir in Niedersachsen bekennen uns zu dieser Verantwortung, und zwar nicht nur in öffentlichen Reden, sondern auch in der Tat. Deshalb hat diese Landesregierung und haben die sie tragenden Fraktionen von CDU und FDP den Bildungsetat von rund 6 Milliarden Euro bis heute auf rund
8 Milliarden Euro aufgestockt. 8 Milliarden Euro, meine Damen und Herren!
In Niedersachsen wird heute fast jeder dritte Euro in den Bereich der Bildung investiert,
und das trotz notwendiger und auch schon durchgeführter Haushaltskonsolidierung sowie angesichts zurückgehender Schülerzahlen.
Wir konsolidieren den Haushalt, damit den jungen Menschen, die uns nachfolgen, politische Gestaltungsspielräume bleiben.
Wir investieren fast jeden dritten Euro des Landeshaushalts in die Bildung und damit in eine gute Zukunft genau dieser Menschen, damit sie ihrer Aufgabe gerecht werden können. Meine Damen und Herren, das ist verantwortungsvolle und verlässliche Politik.
Danke schön.
Liebe Frau Andretta, Sie mögen das so sehen, aber Sie wissen auch, dass man für eine Verfassungsänderung eine Zweidrittelmehrheit braucht. Dazu braucht man den Bundestag, und dazu braucht man den Bundesrat. Ich sage es noch einmal: Es waren die Führungsspitzen Ihrer Partei, die das mit beschlossen haben. Diese Führungsspitzen gibt es heute ja wohl auch noch, und die treten ja wohl auch bundesweit an. Deshalb sehe ich Ihre Erfolgsaussichten als relativ gering an.
Ich habe zweitens sehr deutlich gesagt, dass dies aufgrund des Bologna-Prozesses im Hochschul- und Wissenschaftsbereich eine besondere Bedeutung hat, weil nämlich hier die Überregionalität eine
ganz besondere Rolle spielt. Das geht über Deutschland hinaus bis nach Europa hinein.
Drittens - und das ist mir ganz wichtig - haben Sie auch in den Ausschüssen schwerpunktmäßig mit der Mitfinanzierungsmöglichkeit des Bundes argumentiert. Ich habe Ihnen eben gesagt, dass auch ich es für bedenklich halte, dass es sie nicht gibt. Daran muss man in der Tat arbeiten.
Aber das kann man auch auf einem anderen Weg erreichen, nämlich z. B. dadurch, dass man das Steueraufkommen der Länder dadurch verändert, dass man ihnen einen zusätzlichen Anteil am Umsatzsteueraufkommen zukommen lässt. Damit ließe sich eine Mitfinanzierung realisieren, ohne dass die inhaltliche Aufgabe der Steuerungsmöglichkeit hier im Lande verloren geht. - Darum geht es mir.
Danke schön.
Sehr geehrte Frau Kollegin Emmerich-Kopatsch, doch, das muss sein; denn hier muss einiges richtiggestellt werden. Es ist immer so eine Sache mit Selbstwahrnehmung und Fremdwahrnehmung, Frau Heiligenstadt.
Ich muss ganz ehrlich sagen, das, was Sie hier eben an Zahlen geboten haben - - -
- Dann sollten Sie sich das Einmaleins aber noch einmal ganz genau anschauen, meine Damen und Herren. Sie können nicht rechnen.
Sie haben Frau Bulmahn für die Mittel in den Himmel gehoben. Frau Bulmahn hat tatsächlich investiert. Aber sie hat, wie es hier beschrieben wurde, in Beton investiert, und zwar in 150 Ganztagsschulbetonbauten, meine Damen und Herren. 150 Ganztagsschulen waren es, als wir die Landesregierung übernommen haben. Mittlerweile hat sich diese Zahl verzehnfacht. Wir haben mittlerweile 1 500 Ganztagsschulen, meine Damen und Herren.
Frau Heiligenstadt, ich bin dem Kollegen Försterling sehr dankbar, dass er von Beton- und Bildungsköpfen gesprochen hat. Denn diese Mittel, die wir investiert haben, sind tatsächlich in die inhaltliche Ausgestaltung dieser Ganztagsschulen gegangen.
Darum geht es. Es geht um die Qualität, und es geht nicht allein darum, dass man irgendwo ein Gebäude hinsetzt. Das sollten Sie jetzt einfach einmal verinnerlichen. Es tut mir furchtbar leid, da kommen Sie einfach nicht mit, Sie sind im Jahre 2002 stehen geblieben. Und da werden Sie auch immer weiter stehen bleiben.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ziel einer Betreuung war und ist es, Menschen zu helfen, die sich selbst nicht mehr oder nur eingeschränkt helfen können. Eine solche Situation kann wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen eintreten, und das Gericht hat dann letztendlich zu entscheiden, welche Unterstützung sinnvoll ist, beispielsweise in der Gesundheitsfürsorge, in Vermögensangelegenheiten, Behördenangelegenheiten oder gegebenenfalls allumfassend für sämtliche Lebensbereiche, und das - je nach Bedarf - kurzfristig oder auch längerfristig.
Seit Einrichtung des Betreuungsrechts im Jahre 1992 hat die Anzahl von Betreuungsfällen stark zugenommen. Das hat auch mit der Bevölkerungsentwicklung zu tun; denn, meine Damen und Herren, wir alle werden älter. Wir werden Gott sei Dank gesünder älter. Aber in einem hohen Alter wächst dann eben doch die Hilfsbedürftigkeit. Es ist eine Tatsache, dass Menschen, wenn sie hilfsbedürftig werden, oft nicht mehr auf die Unterstützung von Familienangehörigen zurückgreifen können. Diese stehen entweder überhaupt nicht zur Verfügung, oder sie leben und arbeiten in einem großen Abstand zu ihren Lieben.
Aber, meine Damen und Herren, Sie, ich, unsere Kinder, wir alle können in eine solche Situation geraten. Sie kann auch durch einen Unfall eintreten. Wir alle setzen dann auf die Leistungsfähigkeit unseres Betreuungssystems. Um diese Leistungsfähigkeit auch in Zukunft zu erhalten, bedarf es großer Anstrengungen. Wir brauchen erstens mehr Betreuer. Wir müssen zweitens aber auch die Kosten mit im Blick behalten. Wir dürfen die Augen nicht davor verschließen, dass sich die Aufwendungen für diesen Bereich innerhalb der letzten 15 Jahre verhundertfacht haben, obwohl sich die Anzahl der Betreuungsfälle pro Jahr quasi nur - ich sage das wirklich in Anführungszeichen - verdoppelt hat. Deshalb ist ein ganzes Maßnahmenbündel notwendig, um zu helfen, zu dem auch der vorliegende Gesetzentwurf gehört.
Er sieht vor, dass das Landessozialamt Betreuungsbehörde wird. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können dann von den zuständigen Gerichten als Behördenbetreuerinnen oder Behördenbe
treuer den Hilfsbedürftigen zur Seite gestellt werden. Das soll auch für dienstunfähige bzw. teilweise dienstunfähige Kolleginnen und Kollegen aus dem öffentlichen Dienst gelten. Dienstunfähige oder teilweise dienstunfähige Kolleginnen und Kollegen sollen hilfsbedürftigen Menschen helfen. Meine Damen und Herren, was spricht dagegen, dass Kolleginnen und Kollegen aus dem öffentlichen Dienst - seien es Polizisten, Lehrer oder andere - eine wertgeschätzte und sinnstiftende Aufgabe freiwillig übernehmen, nachdem ihre Eignung durch das zuständige Gericht festgestellt wurde? - Die Gerichte erhalten dadurch die Möglichkeit, in Eilfällen, wenn die Prüfung, wer als naher Angehöriger oder Vertrauter vorrangig als Betreuer in Betracht kommen kann, zu lange dauern würde, schnell auf die Behördenbetreuer zu setzen.
Wir können davon ausgehen, dass diese Behördenbetreuer ihre Aufgabe schneller an ehrenamtliche Betreuerinnen oder Betreuer übergeben werden, weil sie nicht auf die Vergütung dieser Aufgabe als Existenzgrundlage angewiesen sind. Sie werden ja vom Land besoldet.
Die Befürchtungen des Verbandes der Berufsbetreuer, die neue Regelung stelle eine Gefahr für die Existenzgrundlage der Berufsbetreuer dar, teile ich nicht, und zwar wegen des großen Bedarfs an Betreuern. Außerdem ist die Anzahl der infrage kommenden Bediensteten wirklich nicht so groß, dass dadurch eine existentielle Bedrohung für die Berufsbetreuer vorhanden wäre. Darüber hinaus kann ich Ihnen versichern, dass die CDU-Fraktion gerade nicht für die Verstaatlichung von Aufgaben steht. Das ist eher bei den Vertretern der Linken festzustellen.
Wir haben uns im Ausschuss darauf verständigt, dieses Gesetz kontinuierlich zu evaluieren und gegebenenfalls Anpassungen vorzunehmen.
Meine Damen und Herren, die Aufgabe der Betreuerin oder des Betreuers ist sehr anspruchsvoll. Sie setzt neben fachlicher Kompetenz auch hohe soziale Kompetenz und großes Einfühlungsvermögen voraus. Der Helfende muss sich auf die spezielle Situation des Betroffenen einlassen und in dessen Interesse bestmöglich handeln. Ich habe großen Respekt vor dieser anspruchsvollen, emotional herausfordernden Arbeit und vor der Leis
tung der Menschen, die diese Arbeit leisten. Deshalb möchte ich abschließend all denjenigen Dank sagen, die diesen Dienst für die Hilfsbedürftigen in unserer Gesellschaft, aber auch für unsere Gemeinschaft mit großem Engagement und mit viel Empathie leisten.
Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Herr Präsident! Sehr geehrter Kollege Bosse, zwei Dinge möchte ich an dieser Stelle noch einmal klarstellen.
Der erste Punkt: Sie haben gesagt, 1992 wollte man weg von der überbordenden Behördenbetreuung hin zur Einzelfallbetreuung. Das ist richtig. Tatsache ist, dass mit der Bestellung des Landessozialamts zu einer Betreuungsbehörde natürlich nicht die Behörde als solche die Betreuung übernimmt, sondern deren Mitarbeiter nach Feststellung ihrer Geeignetheit durch die zuständigen Amtsgerichte. Das heißt: Wir haben auch hier eine Einzelfallbetreuung und nicht die Behördenbetreuung durch ein imaginäres voluminöses Behördentum.
Der zweite Punkt, der mir wirklich wichtig ist, weil gerade die Arbeit der Betreuerin und des Betreuers von einer besonderen Bedeutung und Verantwortung ist: Die Geeignetheit der Betreuerin oder des Betreuers wird festgestellt durch die örtlich zuständigen unabhängigen Gerichte und nicht durch irgendwelche anonymen Vertreter einer Behörde. Es erscheint mir doch sehr wichtig, das an dieser Stelle noch einmal zu sagen.
Vielen Dank, Herr Präsident. - Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich glaube, wir sind uns alle darüber einig, dass gerade bei den Verfahren zum einstweiligen Rechtsschutz in der Sozialgerichtsbarkeit eine zügige Abarbeitung von besonderer Bedeutung ist. Deshalb frage ich die Landesregierung, wie sich dort die Verfahrenszahlen entwickelt haben und wie sich auch die durchschnittliche Dauer der Verfahrenszeiten darstellen lässt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es ist noch nicht lange her, da haben wir 60 Jahre Bundesrepublik Deutschland gefeiert. Wir haben zu Recht gefeiert; denn diese Geschichte ist eine Erfolgsgeschichte. Dieses Land hat in der Vergangenheit viele Krisen und Herausforderungen meistern müssen: die Ölkrise und zuletzt die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise. Gerade für die Bewältigung dieser Finanz- und Weltwirtschaftskrise haben wir hohe internationale Anerkennung bekommen. Das führt mich zu allererst zu dem Schluss, dass sich diese Bundesrepublik Deutschland mit der in ihrer Verfassung repräsentativ ausgerichteten Demokratie bewährt hat.
Bündnis 90/Die Grünen haben sich seit jeher auf allen politischen Ebenen für die direkte Demokratie eingesetzt. 1983 ist diese Forderung in ihrem Parteiprogramm, glaube ich, zum ersten Mal enthalten gewesen.
Aktuell finden erneute Vorstöße z. B. in NordrheinWestfalen, Baden-Württemberg und auch hier in Niedersachsen statt. Es lohnt sich schon, einmal genauer hinzuschauen.
In Baden-Württemberg, Herr Briese, soll „Mehr direkte Demokratie wagen“ das zentrale Markenzeichen der Koalition von Bündnis 90/Die Grünen und SPD werden.
- Ja, das ist spannend.
Als ein Beispiel für mehr direkte Demokratie in Baden-Württemberg werden die Abschaffung der verbindlichen Grundschulempfehlung und damit die Einführung des freien Elternwillens genannt. Das finde ich gut. Aber, meine Damen und Herren: In Niedersachsen sind wir aber sehr viel fortschrittlicher; denn den freien Elternwillen als direkte Demokratie haben wir schon sehr lange.
Wir haben in Niedersachsen auch jetzt schon Elemente der direkten Demokratie, wie eben auch schon von meinen Vorrednern gesagt worden ist. Wir haben Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide in unserer Verfassung bereits verankert. Ich möchte an dieser Stelle Herrn Dinkla, unserem Landtagspräsidenten, noch einmal ausdrücklich dafür danken, dass er heute an die 60-jährige Geschichte unserer Verfassung erinnert hat.
Wir haben also auch das schon. Was nun, liebe Kolleginnen und Kollegen von Bündnis 90/Die Grünen? - Nun wollen Sie die gesetzlichen Anforderungen für die genannten Elemente erleichtern. Damit soll die Kluft - so ist es in der Begründung nachzulesen - zwischen Bürgergesellschaft und parlamentarischer Politik verringert werden, eine
Kluft, die auch an der stetig zurückgehenden Wahlbeteiligung in Deutschland festgemacht wird. Das ist ein Phänomen, mit dem wir alle uns auseinanderzusetzen haben und das nicht zu leugnen ist. Ist diese mögliche Kluft zwischen Bürgergesellschaft und Politik also durch mehr direkte Demokratie zu verhindern, insbesondere durch die Mittel, die Sie vorschlagen?
- Ich, Frau Helmhold, bezweifle das und fühle mich unter Hinweis auf die Wahlbeteiligung in der vergleichsweise basisdemokratischen Schweiz, Herr Adler, bestätigt. Denn dort - das dürfen Sie nicht vergessen - stellen wir die geringste Wahlbeteiligung in einem demokratischen Land überhaupt fest.
- Das stimmt. Sie wollen die Anforderungen auch deshalb herunterschrauben, weil die Initiativen ansonsten kaum Erfolg haben können. Aber auch dieser Begründung mag ich mit Blick ins benachbarte Hamburg nicht folgen. Dort ist die Initiative gegen längeres gemeinsames Lernen umgesetzt worden, weil der Großteil der Bevölkerung genau diese Initiative mit Überzeugung unterstützt hat. Nur das, meine Damen und Herren, nämlich die große Unterstützung und Beteiligung des Volkes und der Bürgerschaft, nicht aber der möglichst häufige Einsatz der Initiative als Werkzeug der direkten Demokratie ist der eigentliche Erfolg von Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheiden.
Ihr Ziel - das ist mir sehr wichtig, und ich freue mich auf die Diskussion im Ausschuss -, meine Damen und Herren, die Anforderungen herunterzusetzen, würde zwar kleineren aktiven Minderheiten zu Erfolgen verhelfen, widerspräche aber meines Erachtens der auf Mehrheitsmeinung basierenden demokratischen Gesellschaft, in der wir leben. Es geht um die Gewichtung: Kleine Gruppen haben dann in Einzelaktionen gegenüber einer auf Konsens ausgerichteten Mehrheitsmeinungsbildung in der Demokratie auf einmal Erfolg.
Ich möchte bitte zu Ende ausführen.
Meine hohe Wertschätzung hat der Minderheitenschutz in unserem Land, aber die Dominanz von Meinungsminderheiten in der Gesellschaft lehne ich ab. Das hat meines Erachtens sehr viel mit Rechtsstaatlichkeit unserer Gesellschaft zu tun.
Wie gesagt, ich freue mich auf die Diskussion, weil es sich lohnt, darüber zu sprechen und die erfolgreiche Demokratie, wie wir sie kennengelernt haben, weiterzuentwickeln.
Herzlichen Dank.
Da muss ich mich ja wirklich beeilen.
Zunächst zu Herrn Bachmann und dem Vergleich zu der Veränderung in der Kommunalverfassung bezüglich der Stichwahlen: In der Diskussion haben wir Ihnen doch sehr deutlich dargelegt, wie die Wahlbeteiligung bei den Stichwahlen tatsächlich aussieht. Bei einer bei Stichwahlen sehr stark zurückgehenden Wahlbeteiligung haben Sie dann ein noch weiter verringertes Quorum, das die Entscheidung letztendlich ausspielt.
Bei der Stichwahl wird der Hauptverwaltungsbeamte dann im Zweifel mit sehr viel weniger Unterstützung der Bevölkerung gewählt. Deshalb halte ich das für überhaupt nicht vergleichbar mit dieser Diskussion.
Zu dem anderen Punkt, den Sie angesprochen haben: Vertrauen in die Bevölkerung. Genau dieser Punkt ist mir wichtig. In Hamburg hat sich gezeigt, dass die Volksinitiativen, die Begehren, die wirklich von der Bevölkerung getragen werden, dann auch durchkommen. Darum geht es mir. Damit bin ich absolut einverstanden. Ich habe auch nichts gegen die Merkmale der direkten Demokratie, wie sie in unserer Verfassung sind, sondern sage nur: Wenn man darangeht, die Beteiligungsanforderungen zu minimieren, muss man gewaltig aufpassen, ob man in dem System der Demokratie, wie wir es haben, nicht tatsächlich zu einem Wertungswiderspruch kommt.
Die Minderheiten dominieren dann die Mehrheiten, und das kann nicht sein. Das halte ich, gelinde gesagt, für falsch.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In Salzgitter gibt es wichtige und bedeut
same Industrieunternehmen wie die Salzgitter AG, MAN, Bosch und andere. Diese Unternehmen wirken als Magnet auf zahlreiche Zulieferbetriebe und sichern gemeinsam hochwertige Arbeits- und Ausbildungsplätze in Salzgitter. Salzgitter gehört damit zum industriellen Herz von Niedersachsen. Dazu gehört auch und hoffentlich noch sehr lange Alstom.
Der Alstom-Konzern mit Sitz in Paris stellt ein weltweit führendes Unternehmen u. a. im Bereich der Bahninfrastruktur dar. Die Alstom Transport Deutschland GmbH in Salzgitter renoviert Frachtwaggons und stellt Plattformen für Regionalzüge her. Mit 2 800 Mitarbeitern ist das Werk in Salzgitter nicht nur das größte Werk in Deutschland. Ich zitiere aus dem Handelsblatt vom 17. Februar dieses Jahres: Philippe Mellier, Chef der Sparte Transport des französischen Alstom-Konzerns, ist stets voll des Lobes über seinen deutschen Bahntechnikstandort. Das Werk in Salzgitter sei der größte und der beste Schienenfahrzeughersteller im Unternehmen insgesamt.
Umso betroffener machen Gerüchte, die Anfang des Jahres die Öffentlichkeit erreichten. So befürchtet der Betriebsrat des Salzgitter-Werks von Alstom die Verlagerung des Rohbaus ins europäische Ausland nach Polen, die Beendigung des Ausbildungsbetriebs, die Verlagerung des Vertriebs nach Berlin und den Abbau von 1 400 der 2 800 Arbeitsplätze. Diese Sorge des Betriebsrats und der Vertreter der IG Metall - Herr Ludewig ist heute hier anwesend - wird von vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von den Bürgerinnen und Bürgern in Salzgitter, der Stadt Salzgitter, den Vertretern der IG Metall und der Politik geteilt. Dies wurde auf der großen Demonstration sehr deutlich, die im Februar in Salzgitter stattgefunden hat.
Meine Damen und Herren, die Sorgen der Menschen vor Ort teile ich genau so, wie mein Kollege Dirk Toepffer dies tut.
Das, meine Damen und Herren, hat sehr viel mit der diffusen Informationslage und der mangelhaften Kommunikations- und Unternehmenstransparenz zu tun.
Ich habe gemeinsam mit dem Kollegen Toepffer das unmittelbare Gespräch mit dem Betriebsrat
und der IG Metall gesucht. In diesem Gespräch ist uns gegenüber sehr deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Auftragslage des Werkes bis zum März 2012 gesichert ist. In diesem Gespräch ist uns auch sehr deutlich gesagt worden, dass man sich darüber im Klaren ist, dass es durchaus Strukturprobleme gibt, die auch Wettbewerbsnachteile mit sich bringen. Das alles ist offen besprochen worden. Vom Betriebsrat ist uns auch deutlich gesagt worden, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Werkes schon in der Vergangenheit einen Konsolidierungsbeitrag geleistet und selbst ein Konzept zur Restrukturierung des Unternehmens vorgelegt haben, aber dass es keinerlei Resonanz auf diese Maßnahmen gegeben hat und dass sie in keiner Weise eine Antwort erhalten haben.
Meine Damen und Herren, diese Aussagen der Mitarbeiter des Betriebsrats sind in der von Dirk Toepffer beantragten Unterrichtung durch die Landesregierung im Wirtschaftsausschuss bestätigt worden. Darüber hinaus wurde in dieser Unterrichtung deutlich, dass das Wirtschaftsministerium seit vielen Jahren mit Alstom in Kontakt ist, dass diese Kontakte in der jüngeren Vergangenheit aufgrund der vorliegenden Informationen intensiviert worden sind, um in Erfahrung zu bringen, was der AlstomKonzern tatsächlich beabsichtigt.
Dem Wirtschaftsministerium wurde mitgeteilt, dass die Befürchtungen des Betriebsrats nur zum Teil zuträfen, dass man dabei sei, ein Konzept zur Restrukturierung des Werkes Salzgitter zu entwerfen, eine Entscheidung noch nicht gefallen sei und man über Details im Moment noch nicht sprechen könne - nach meinem persönlichen Eindruck: noch nicht sprechen will.
Außerdem wurde seitens des Sprechers des Unternehmens öffentlich und gegenüber dem Betriebsrat verlautbart, man habe kein Auslastungs-, man habe ein Wettbewerbsproblem.
Meine Damen und Herren, Unternehmen müssen sich im Wettbewerb bewähren. Ein gutes Kostenmanagement ist hierfür eine Voraussetzung. Die Zukunftsfähigkeit eines Unternehmens hängt aber mit Sicherheit wesentlich von qualifizierten und engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ab, die sich im Interesse des Erhalts ihres Arbeitsplatzes, aber auch in Verantwortung für das Unter
nehmen selbst in notwendige Veränderungsprozesse positiv einbringen.
Aus den Gesprächen, die wir geführt haben, habe ich den Eindruck gewonnen: Diese Mitarbeiter gibt es in Salzgitter. Dort gibt es engagierte Mitarbeiter, die mitdenken, die sich einbringen wollen. Alstom, meine Damen und Herren, hat Glück, in Salzgitter über solche Mitarbeiter zu verfügen.
Deshalb darf ich an dieser Stelle sagen: Es macht mich wirklich wütend, die Sprachlosigkeit und die mangelnde Kommunikationsbereitschaft des Konzerns feststellen zu müssen.
Ist der Alstom-Konzern nun bereit, den Restrukturierungsprozess in Salzgitter mit den Mitarbeitern gemeinsam durchzuführen, oder ist beabsichtigt, die vermeintlich leichtere Kostenreduzierung durch eine Verlagerung der Produktion ins hoch subventionierte Osteuropa durchzuführen?
Meine Damen und Herren, es trifft zu, dass die Entscheidung darüber eine Entscheidung des Konzerns und nicht des Landes ist. Es trifft ebenfalls zu, dass der Markt öffentlicher Regionalverkehr auch in Deutschland weiter wachsen wird. Auftraggeber in diesem Bereich ist die öffentliche Hand bzw. der Staat. Das sollten sich alle Beteiligten auch noch einmal zu Gemüte führen.
Entschuldigen Sie, ich werde mich kurz fassen und an dieser Stelle für die CDU-Fraktion schlicht und ergreifend die direkte Abstimmung über den Entschließungsantrag beantragen. Sie können mir glauben: Das ist fast schon eine historische Entscheidung.
Aber - den Halbsatz muss ich jetzt noch anfügen - das hat ausschließlich mit der Interessenlage dieser engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Salzgitter zu tun, die wir voll und ganz unterstützen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Viele von uns werden sich erinnern:
Der Stolz über das Abiturzeugnis in der Hand,
die Gewissheit, dass die Schulzeit endgültig Geschichte ist,
und die Überzeugung: Uns steht die große weite Welt offen.
Für die meisten Schulabgänger gilt das auch heute noch. 78 700 von 85 900 Schulabgängern ist dies im Jahr 2009 geglückt. Sie sind nicht direkt in die sogenannten Übergangssysteme gewechselt, sondern haben eine Ausbildung oder ein Studium begonnen, einen Auslandsaufenthalt angetreten, ein Soziales Jahr begonnen oder andere Möglichkeiten gesucht. Leider gelingt dies nicht allen Jugendlichen. Im Jahr 2009 ist es 7 200 der 85 900 Schulabgängern nicht gelungen.
Meine Damen und Herren, es ist bitter für einen jungen Menschen, wenn Freunde von ihren ersten Erfahrungen in Ausbildung und Beruf berichten, er selbst aber nichts dazu beitragen kann, also außen vor bleibt. Ich kenne solche Jugendliche und habe mit ihnen auch gesprochen. Ihre Selbstzweifel und Frustrationen, die oftmals in Aggressionen münden, sind mit Händen zu greifen. Deshalb muss es das Ziel aller in Politik, Wirtschaft, Verwaltung und
Gesellschaft sein, die Zahl der Jugendlichen ohne Anschluss in die weitere Ausbildung zu verringern.
Daran ist in den vergangenen Jahren intensiv gearbeitet worden. Mit Erfolg: Die Jugendarbeitslosigkeit ist signifikant zurückgegangen. Im Dezember hatten wir in Niedersachsen die niedrigste Zahl jugendlichen Arbeitslosen aller Dezember seit 1998.
Im Jahresdurchschnitt hatten wir die geringste Jugendarbeitslosigkeit seit Anfang der 90er-Jahre. Auf diese Erfolge können wir gemeinsam stolz sein.
Meine Damen und Herren, worauf lassen sich diese Erfolge zurückführen? - Einige Stichworte hierzu:
Erstens lassen sie sich auf die Erhöhung der Anzahl der Ausbildungsplätze zurückführen. Dazu möchte ich Folgendes zitieren:
„Die Ausbildungssituation ist so gut wie seit Jahren nicht mehr … Während die Zahl der Schulabgänger in den vergangenen fünf Jahren um 5 % zurückgegangen ist, wuchs die Zahl der Ausbildungsplätze im gleichen Zeitraum um fast 15 %.“
So Herr Linde vom Industrie- und Handelskammertag.
Meine Damen und Herren, in Niedersachsen konnten zum Ende des Ausbildungsjahres zum dritten Mal in Folge mehr unbesetzte Ausbildungsstellen als unversorgte Bewerber vermeldet werden. Das niedersächsische Handwerk hat gestern nochmals dazu aufgerufen, angesichts des bevorstehenden doppelten Abiturjahrgangs verstärkt Ausbildungsplätze anzubieten.
Daran sieht man, dass wir alle gemeinsam bemüht sind, hier weiter voranzuschreiten. Dafür kann nicht genug gedankt werden, meine Damen und Herren.
Zweitens lassen sich die von mir genannten Erfolge darauf zurückzuführen, dass die Schulabbrecherquote von 10,4 % im Jahr 2003 auf nunmehr 6,2 % im Jahr 2010 kontinuierlich gesenkt werden konnte. Diese Entwicklung ist deshalb so wichtig,
weil das Gros derjenigen, die nicht unmittelbar im Anschluss an die Schule in eine Ausbildung kommen, über keinen Schulabschluss verfügt.
Das alles ist ein Erfolg der Unternehmen, der Bundesagentur für Arbeit, der Kommunen, unserer Lehrerinnen und Lehrer und dieser Landesregierung, die die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen und die Ressourcen zur Verfügung gestellt hat.
Im Bundesvergleich, den Sie ja immer so gerne heranziehen, ist in Niedersachsen die Anzahl der Schulabgänger, die keinen Anschluss in eine weitere Ausbildung gefunden haben, überdurchschnittlich gesunken.
Meine Damen und Herren, zur Wirklichkeit gehört auch, dass diejenigen, die keinen Ausbildungsplatz erhalten, besondere Bildungsdefizite schulischer oder anderer Art sowie soziale Beeinträchtigungen aufweisen.
Dieser Wirklichkeit nehmen sich die Maßnahmen der sogenannten Übergangssysteme von Bund, Land, Kommunen und BAG an. Neben der Möglichkeit, Schulabschlüsse nachzuholen, rücken dort zunehmend Angebote zur Steigerung der Sozialkompetenz und zur Förderung von Sekundärtugenden wie Fleiß und Leistungsbereitschaft in den Fokus.
Individuelle Beeinträchtigungen erfordern einen großen individuell ausgerichteten Einsatz. Der kostet den Steuerzahler sehr viel Geld. Deshalb ist es richtig, die Übergangssysteme inhaltlich und strukturell immer wieder auf den Prüfstand zu stellen, sie auf ihre Wirksamkeit hin zu hinterfragen und sie den geänderten gesellschaftlichen Rahmenbedingungen anzupassen.
Meine Damen und Herren, das vorgelegte Datenmaterial zeigt zweierlei:
Erstens. Trotz eines hohen finanziellen und persönlichen Einsatzes der Verantwortlichen gelingt es nicht, allen Jugendlichen den Weg in die Ausbildung zu ebenen.
Zweitens. Der Arbeit der Übergangssysteme - der Berufseinstiegsschule, der Jugendwerkstätten oder der Eingliederungsmaßnahmen der Bundesagentur - ist es zu verdanken, dass auch Jugendliche in Ausbildungsplätze vermittelt werden konnten, die
ansonsten keinerlei Chance gehabt hätten. Der Minister hat es eben vorgetragen: zum Teil in einer Größenordnung von bis zu 40 und mehr Prozent.
Das bedeutet nichts anderes, als dass die Übergangssysteme jungen Menschen sehr wohl Brücken bauen: von der Perspektivlosigkeit über jugendliche Untiefen hinweg zu der Möglichkeit eines selbstbestimmten Lebens in wirtschaftlicher Unabhängigkeit.
Meine Damen und Herren, jedem jungen Menschen, dem es gelingt, in Ausbildung und Beruf zu gelangen, eröffnet unsere Gesellschaft die Möglichkeit der Teilhabe und die Erfahrung persönlicher Wertschätzung. Nebenbei werden damit natürlich auch unsere Sozialsysteme dauerhaft entlastet.
Lassen Sie mich abschließend der Landesregierung und den zuarbeitenden Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Ministerien im Namen der CDUFraktion sehr herzlich für die umfangreichen Informationen danken. Ich bin ganz sicher, meine Damen und Herren - es wurde schon darauf hingewiesen -, dass uns dieses Datenmaterial hinreichend Anlass geben wird, uns mit diesem Thema auch weiterhin zu beschäftigen und die erfolgreiche Arbeit dieser Landesregierung und ihrer Partner weiter voranzubringen. Dann werden wir das Ziel erreichen, noch mehr Jugendliche direkt nach dem Schulabschluss in Arbeit zu bringen - und darauf kommt es uns allen ja wohl an.
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Sehr geschätzter Herr Hagenah,
Sie sagen, wir schütteln. Ich frage mich, was Sie die ganze Zeit machen. Sie schütteln in einer Art und Weise, dass einem angst und bange werden kann.
Die Daten, die ich vorgetragen habe, sind fundiert, sind nachprüfbar. Wenn Sie hingehen und sagen, die Zahlen, die ich zur Veränderung der Ausbildungssituation genannt habe, stimmen nicht, sie sind unwahr, dann darf ich Sie direkt an Herrn Linde vom Niedersächsischen Industrie- und Handelskammertag verweisen. Der vertritt die Unternehmen, die diese Arbeitsplätze geschaffen haben.
Sagen Sie, dass das nicht stimmt, und ich werde es weiterreichen. Wir werden sehen, was Sie dann von ihm als Antwort zu hören bekommen.
Ich glaube, es ist deutlich geworden, dass die Bevölkerung vor dem Hintergrund, dass weitere hochgefährliche Straftäter aller Voraussicht nach entlassen werden, durchaus erheblichen Risiken ausgesetzt ist. Deshalb frage ich noch mal speziell für Niedersachsen: Wie sieht das eigentlich aus, wie viel Sicherheitsverwahrte stehen hier möglicherweise vor der Entlassung, und wie viel Polizeibeamte wären zu binden, um eine ähnliche Überwachung sicherzustellen, wie das in Hamburg derzeit der Fall ist?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Fundament des niedersächsischen Schulwesens sind die Schulen in öffentlicher Trägerschaft. Jedes Kind in Niedersachsen hat das Recht, wohnortnah eine öffentliche Schule zu besuchen. Die öffentlichen Schul
träger - also die Gemeinden, die Städte und die Landkreise - haben das notwendige Schulangebot vorzuhalten. Der Bestand der Schulen in öffentlicher Trägerschaft ist deshalb auf Kontinuität und auch auf Verlässlichkeit angelegt. Ihre organisatorische Struktur, ihre inhaltliche Ausrichtung und ihre finanzielle Ausstattung müssen im Hinblick auf die landesweite Vergleichbarkeit der schulischen Angebote und damit auf die Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in unserem Land in dem erforderlichen Maß reglementiert sein.
Als ausdrücklich gewollte Ergänzung der öffentlichen Schulen gibt es auch in Niedersachsen ein breit gefächertes Angebot an Schulen in freier Trägerschaft. Für diese Angebote gilt ein anderer Ansatz. Das heißt: Sie sollen besondere pädagogische Angebote unterbreiten, z. B. im Hinblick auf besondere Konzepte, auf die Gestaltung des Unterrichts, auf die Bildung der Lerngruppen oder auf ganz spezielle Förderangebote. Dabei haben sie grundlegende Vorgaben, wie z. B. die Vergleichbarkeit der Abschlüsse, einzuhalten. Dafür brauchen und haben die niedersächsischen Schulen in freier Trägerschaft im Vergleich zu den öffentlichen Schulen erheblich erweiterte Gestaltungsspielräume.
Um die Verlässlichkeit des Bestandes insbesondere neu errichteter Schulen in öffentlicher Trägerschaft auch vor dem Hintergrund des demografischen Wandels zu gewährleisten, ist die Mindestzügigkeit bei Integrierten Gesamtschulen und bei nach Schuljahrgängen gegliederten Kooperativen Gesamtschulen in öffentlicher Trägerschaft auf fünf festgelegt. Zudem ist vor einer Genehmigung zu prüfen, ob längerfristig - für die Schulen in öffentlicher Trägerschaft gilt hier ein Zeitraum von 14 Jahren - genügend Schülerinnen und Schüler für das schulische Angebot zusammenkommen werden. Meine Damen und Herren, es ist im wohlverstandenen Interesse der Schülerinnen und Schüler wichtig, dass wir stabile Schulsysteme mit einer für ein optimales Bildungsangebot hinreichenden Schülerzahl haben.
Die Genehmigung einer Schule in freier Trägerschaft kann und darf dagegen von solchen Bedingungen nicht abhängig gemacht werden. Zum einen würde das die verfassungsrechtlich garantierte Privatschulfreiheit in unzulässiger Weise einschränken - siehe Artikel 7 Grundgesetz. Außerdem müssen Sie dabei auch an die wirtschaftlichen Risiken einer mehr als zehnjährigen Bestandsgarantie für private Träger denken. Zum anderen widerspräche eine solche Reglementie
rung auch den organisatorischen und pädagogischen Freiheiten, die Schulen in freier Trägerschaft ausdrücklich eingeräumt werden. Der Gesetzgeber hat dabei mit der generellen Hürde, dass, von wenigen Ausnahmen abgesehen, die staatliche Finanzhilfe erst nach Ablauf von drei Jahren nach Neugründung einer privaten Schule gewährt wird, einem möglicherweise zu stark ausufernden Experimentierdrang enge wirtschaftliche Schranken gesetzt.
Dies vorausgeschickt, beantworte ich namens der Landesregierung die Fragen wie folgt:
Zu 1: Es werden zurzeit keine Verhandlungen des Landes mit einer evangelischen Kirche über die Neugründung von Gesamtschulen geführt.
Verhandelt wird dagegen mit der katholischen Kirche über die Weiterentwicklung bestimmter bereits bestehender Schulen in Kooperative, nicht Integrierte Gesamtschulen. Der Landtag ist über den entsprechenden Vertragsentwurf unter dem 9. Februar 2010 unterrichtet worden. Im Übrigen kann ich Ihnen hier sagen, dass keinerlei Verhandlungen mit Privatschulträgern über die Errichtung von Schulen geführt werden.
Zu 2: Aus pädagogischen und organisatorischen Gründen werden allgemeinbildende Schulen in der Regel an einem Schulstandort geführt. Das gilt sowohl für Schulen in öffentlicher als auch für Schulen in privater Trägerschaft. Von diesem Regelfall des einen Standorts kann insbesondere dann abgewichen werden, wenn dadurch ein vorhandener Gebäudebestand an einem anderen Standort sinnvoll genutzt werden kann, eventuell wesentlich günstigere Schulwege entstehen würden oder eine wesentlich günstigere räumliche Verteilung von Bildungsangeboten erzielt werden kann. Eine öffentliche Integrierte Gesamtschule hat aus den bereits genannten Gründen der Gewährleistung von Verlässlichkeit mindestens fünf Züge zu umfassen. Da die Schulen in freier Trägerschaft in ihrer inneren pädagogischen Gestaltung weitgehend frei sind, stellt sich bei diesen Schulen die Frage nach einer Mindestzügigkeit ohnehin nicht. Verbindliche Vorgaben, etwa zur Klassengröße und damit letztendlich auch zur Zahl der Züge, können den Privatschulträgern wegen der Privatschulfreiheit nicht gemacht werden. Bei einer insgesamt geringeren Schülerzahl und durch Aufteilung auf mehrere Klassen könnte man eh zu anderen Zügigkeiten kommen. Wenn man die Klassen
stärke insgesamt verringert, kann man auch Fünf- oder Sechszügigkeit erreichen.
Zu 3: Aus den in der Vorbemerkung bereits genannten Gründen wird gegenwärtig keine Veranlassung gesehen, die vom Gesetzgeber erlassenen Anforderungen an die Zügigkeit von Gesamtschulen in öffentlicher Trägerschaft zu ändern. Im Hinblick auf die Standortfrage geht das Schulgesetz von dem Grundsatz als Regelfall aus, dass Schulen als einheitliche Organisationseinheiten räumlich gebündelt an einem Schulstandort errichtet und auch fortgeführt werden. Soll im Einzelfall von diesem Grundsatz abgewichen werden, ist dann auch im Einzelfall zu prüfen, ob durch die örtlich getrennte Unterbringung von Schulteilen der innerorganisatorische Ablauf sowie die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben von Schulleitung, Konferenzen und folglich auch die Funktionstauglichkeit der Schule insgesamt nicht beeinträchtigt werden.
Herzlichen Dank.