Protokoll der Sitzung vom 16.03.2010

Ich möchte nicht als geschichtsvergessen gelten. Deswegen zitiere ich hier aus dem Protokoll des Preisgerichtes:

„Der Entwurf 1 beseitigt den Oesterlen-Bau, erhält jedoch den Portikushof. In der bewussten Absetzung des Baukörpers vom Leineschloss sucht er konsequent eine neue Bauidee und Formensprache, wobei er durchaus auf einzelne Phasen in der historischen Entwicklung des Leineschlosses zurückgreift.“

Das ist für mich jedenfalls ein Beleg dafür, dass man es auch anders sehen kann als mein geschätzter Kollege Jüttner.

(Zustimmung bei der FDP)

Lassen Sie mich zum Schluss noch zwei Meinungen zitieren. Die erste Meinung:

„Wenn sich die Anforderungen an so ein Gebäude grundlegend geändert haben, muss ein neuer Wettbewerb ausgeschrieben werden.“

Das sagte der Präsident der Architektenkammer, Wolfgang Schneider, in der HAZ am 31. Januar. Wir haben eine Neuausschreibung durchgeführt.

Das zweite Zitat:

„Ich kenne kein Modell, das unter Beibehaltung der jetzigen Außenhülle überzeugt.“

In indirekter Rede ist dann zu lesen:

„Der jetzige Plenarsaal sei Zeugnis eines Zeitgeistes,“

- nun wieder wörtlich -

„der nicht mehr unserem Gefühl entspricht und den ich auch nicht für besonders schützenswert halte.“

In indirekter Rede heißt es dann weiter:

„Er habe nicht den Eindruck, dass die Menschen in Hannover und Niedersachsen emotional an dieser Außenhülle hängen.“

Das Zitat stammt von Ministerpräsident Christian Wulff vom 20. Februar 2009. Dem ist aus meiner Sicht nur hinzuzufügen, dass Herr Wulff genau wie die Grünen aktuell zurückrudert, weil wohl auch er meint, es sei wahltaktisch insbesondere vor der Kommunalwahl in Hannover höchstgradig gefährlich, sich jetzt noch einmal für früher gewonnene Einsichten zu entscheiden. Man wird den Eindruck nicht los, es gehe nicht mehr um wirtschaftlich begründete Abwägungen, Herr Wulff, sondern um wahltaktische Überlegungen. Ich fordere Sie auf: Stehen Sie wie die große Mehrheit der Abgeordneten in diesem Hause - davon gehe ich aus - zu Ihrer Verantwortung! Wir haben seit 2002 zugewartet. Auch damals waren Sie es, der zumindest die Mitverantwortung dafür trug, dass weiter gewartet wurde. Wir sollten uns für den Entwurf des ersten Preisträgers entscheiden. Ich bin der Auffassung, dass ich nicht geschichtsvergessen bin, wenn ich dies sage. Lassen Sie uns für die nächsten Jahrzehnte bauen! Wir sollten heute mutig sein.

(Starker Beifall bei der SPD, bei der CDU und bei der FDP)

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Kollegin Helmhold das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Möhrmann, an welcher Stelle wir zurückrudern, erschließt sich mir überhaupt nicht. Wir sagen seit Jahren, dass hier etwas getan werden muss. Wir sind zwar in der Hinsicht, wie es getan werden soll, anderer Meinung als Sie, aber an unserer Grundposition hat sich überhaupt nichts geändert.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Was ich an dem, was Sie hier vorgetragen haben, aber wirklich nicht in Ordnung fand - - -

(Unruhe)

Frau Kollegin, ich darf kurz unterbrechen. Wir haben bis jetzt eine wirklich angemessene Gesprächsatmosphäre bei diesem schwierigen Thema gehabt. Ich lege Wert darauf, dass das auch weiterhin so ist. Ich bitte, die Gespräche einzustellen.

Ich finde erstens nicht in Ordnung, dass Sie hier, obwohl wir das eben schon einmal richtiggestellt haben, alte, überholte Stellungnahmen der Denkmalpflege wiederum zitieren.

Ich will zweitens etwas zur Frage der Fensterschlitze sagen. Sie haben hier zum einen auf die statischen Probleme und zum anderen darauf hingewiesen, dass diese Planung mit dem Denkmalschutz nicht vereinbar sei. Lieber Herr Möhrmann, ich gebe Ihnen darin sogar recht. Sie werden sich aber daran erinnern, dass in der Baukommission sozusagen eine große Abwehrschlacht im Hinblick auf ihre ständigen Anforderungen stattgefunden hat, dass alle möglichen Räume belichtet sein müssten, selbst die Besprechungsräume, in denen wir kaum sind.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Das hat dazu geführt, dass diese Lichtschlitze eingeplant werden müssen. Ich bin sofort dabei, wenn gesagt würde: Diese Planung verfolgen wir nicht weiter. Wir lassen die Außenhaut so, wie sie ist, ohne sie zu schlitzen. - Das würde es auch billiger machen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Vielen Dank. - Ich erteile dem Kollegen Dr. Sohn das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir sind uns in diesem Hause von ganz rechts bis links vermutlich alle einig: Politik ist vor allen Dingen eine Frage von Prioritätensetzung. Das gilt zeitlich und finanziell.

(Vizepräsident Dieter Möhrmann über- nimmt den Vorsitz)

Um mit dem Zeitlichen anzufangen: Am letzten Donnerstag war eine Besuchergruppe aus einer Schule im Landkreis Peine hier bei uns. Bei einem solchen Besuch sind, wie Sie wissen, immer Vertreter aller Fraktionen eingeladen. Frau Polat von den Grünen war anwesend. Herr Möhle von der SPD war da. Auch ich war anwesend. Von der CDU und von der FDP war niemand da. Dort waren die Prioritäten eindeutig anders gesetzt. Die Schülergruppe hatte sorgfältig verschiedene Fragen vorbereitet. Es ging auch um den Landtagsneubau. Ebenso ging es um den Zustand der Schulen, in denen unterrichtet wird. Die Schüler haben uns ein paar Bilder gezeigt. Die Bilder betrafen das Dach ihrer Schule. Wenn Sie bei uns einmal nach oben schauen, werden Sie feststellen, dass das Dach tatsächlich nicht besonders schön ist. Die Bilder, die die Schüler uns gezeigt haben - ich kann sie Ihnen gern zur Verfügung stellen, wenn Sie es möchten -, waren aber viel dramatischer: Da tropfte es durch, da quoll es auf und da mussten im Winter Töpfe hingestellt werden, um das Wasser aufzufangen.

(Heinz Rolfes [CDU]: Wer sind die Schulträger?)

- Ich komme gleich noch auf Ihre Frage. Herr Rolfes, wenn Sie ehrlich sind, werden Sie zugeben müssen, dass Sie aus jedem Landkreis solche Bilder von Schulen, Krankenhäusern oder Hochschulen kennen, die dringend sanierungsbedürftig sind. Herr McAllister, es ist schlicht und ergreifend so, dass jeder Euro in diesem Land nur einmal ausgegeben werden kann. Das ist der Kern der Haushaltspolitik.

(Beifall bei der LINKEN)

Deshalb haben wir - Sie wissen das; Sie kennen die entsprechende Broschüre - in der Haushaltsdebatte als einzige Fraktion gesagt: Ein solches neues Gebäude oder ein total entkerntes Gebäude

mag ja schön sein. Aber die Lage im Lande ist nicht so. Sie müssen Prioritäten setzen. Solange die Schulen, die Krankenhäuser und die Hochschulen dieses Landes noch in dem Zustand sind, in dem sie sich befinden, müssen die Prioritäten so aussehen: erst das Land, dann die Parteien und ihre Abgeordneten. - Das muss die Reihenfolge sein, die die Haushaltspolitik bestimmt, nicht aber umgekehrt.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Möllring - er sitzt wieder dort hinten, wo er hingehört -, Herr Wulff und Herr Schünemann

(Widerspruch bei der CDU)

- er muss ja irgendwann wieder auf die Oppositionsbank -, dazu gehört natürlich auch - dies zu Ihrer Frage, Herr Rolfes -, dass der kommunale Finanzausgleich so ausgestattet wird, dass die Landkreise und die Städte in der Lage sind, die Schulen so zu sanieren, dass sie sich nicht in dem Zustand befinden, in dem sie vielfach hier im Lande sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie haben über 500 Millionen Euro im Haushalt 2010 für den kommunalen Finanzausgleich und damit für die Schulen in den Städten und Gemeinden gestrichen. Diese Summe streichen Sie im Jahre 2011. Wenn Herr Möllring sich durchsetzt, soll das auch in den folgenden Jahren so weitergehen. Das ist die falsche Prioritätensetzung, gegen die wir uns wenden.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Linke ist, wie Sie wissen, in gewisser Weise im positiven Sinne die konservativste Kraft in diesem Haus. Sie ist nämlich die Kraft, die fundamentale Werte und ein paar fundamentale Prinzipien verteidigt. Dazu gehört auch die Frage des Respekts vor früheren Generationen und auch die Frage, wie man demokratische Entscheidungen trifft. Wir wenden uns, wie Sie wissen, gegen die Mentalität einer Wegwerfgesellschaft. Kapitalismus - ich könnte Ihnen das etwas ausführlicher darlegen; ich verzichte darauf - ist im Innern eine Gesellschaft, in der Dinge weggeworfen werden, obwohl sie noch Gebrauchswert haben, weil sich jemand erhofft, man könne aus einem neuen Tauschwert Profit schlagen. Das führt zu dem Irrsinn Berge weggeworfener Dinge, die noch nützlich sein könnten. Das ist ein ökologischer Unsinn, und das ist der Grund, weshalb wir eine antikapitalistische Partei sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wenden uns natürlich gegen diese Wegwerfmentalität auch bei Gebäuden. Wenn nicht Kriege oder Unvernunft regieren, dann hält ein Gebäude 100 Jahre oder mehr.

(Björn Thümler [CDU]: Das kann auch länger sein! Kölner Dom!)

- Oder mehr. Herr Thümler, wie Sie völlig richtig sagen: Oder länger! - Natürlich gibt es dann nach drei, vier oder fünf Jahrzehnten eine Reihe schönerer, hellerer, hübscherer, modernerer Gebäude in der Umgebung. Aber das ist doch für uns kein Grund, es dann abzureißen. Mit Verlaub - draußen würde ich sagen: Das ist irre. - Hier sage ich: Das ist unvernünftig! - Natürlich ist es richtig: Nach drei oder vier Jahrzehnten sollte dann auch einmal eine Dachreparatur drin sein - das scheint offensichtlich nötig zu sein - und auch eine neue Heizung.