Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

(Heinz Rolfes [CDU]: Das machen wir doch schon die ganze Zeit!)

Dann würde ich gerne noch etwas zu der Telekom und der Freiwilligkeit sagen. Die Telekom macht es nicht mit Freiwilligkeit vor. Die Telekom hat es begriffen. Dies ist heute schon mehrfach hier gesagt worden. Die Telekom hat begriffen, dass Frauenquoten keine Belastung sind, sondern ein notwendiger Schritt, um Unternehmen zukunftsfähig zu machen. Darauf, meine Damen und Herren, kommt es an. Darauf kommt es auch in Niedersachsen an.

Ich freue mich darüber, dass Sie eine angemessene Frauenquote unterstützen und dass Sie unserem Antrag zumindest in dieser Hinsicht positiv gegenüberstehen. Aber was Ihre Einschätzung zur Freiwilligkeit anbelangt, bin ich grundsätzlich anderer Auffassung. Vielleicht fehlt es ja nicht an Ihrem guten Willen. Aber es fehlt an konkreten Maßnahmen. Freiwillig - das bringt’s nicht. In diesem Zusammenhang fiel das Wort „Kortison“. Ich glaube, das trifft es am besten. Freiwilligkeit an dieser Stelle hat sich selbst überholt. Das sollten Sie bis zu den Ausschussberatungen noch einmal entschieden überdenken.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Frau Kollegin Konrath möchte antworten. Auch Sie haben anderthalb Minuten.

Frau Twesten, ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss und meine es so, wie ich es gesagt habe. Lassen Sie uns gemeinsam überlegen, wie wir die Landesregierung weiter motivieren können, die vielfältigen Bemühungen, die schon stattfinden, zu unterstützen. Dies wollen wir gemeinsam tun.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU - Uwe Schwarz [SPD]: Das ist bei dieser Landesregie- rung schwer!)

Nun hat Frau König von der Fraktion DIE LINKE das Wort. Bitte!

(Beifall bei der LINKEN)

Frau Präsidentin! Meine Damen, meine Herren! Grund für den Antrag „Frauenquote für Aufsichtsräte börsennotierter Aktiengesellschaften - jetzt einführen!“ besteht; denn nur knapp 12 % der Aufsichtsratsposten in Deutschland sind mit Frauen besetzt; die meisten davon wurden von der Arbeitnehmerseite gewählt. Aber wir sind hier in keiner Zukunftswerkstatt. Es geht auch nicht darum, ein Thema im März-Plenum - im Monat des Internationalen Frauentages - zu besetzen. Hier geht es darum, Frauen an einen Platz zu stellen, der ihnen durch eine noch immer vorherrschende Männerwelt verweigert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen, meine Herren, wenn ich mir die Frauenquote links und rechts auf der Regierungsbank ansehe, dann habe ich kein Vertrauen in unsere Landesregierung, dass diese Quote hier umgesetzt wird.

(Björn Thümler [CDU]: Halbe, halbe!)

- Na gut, das Einzige, was ich lobend sagen kann, ist: Die Frauen sind da, die Männer fehlen.

Wie sieht es denn mit den Forderungen auf der Bundesebene aus? - Es sieht schlecht aus. Dazu ein Beispiel: Die Kolleginnen und Kollegen von der Koalition aus CDU, CSU und FDP haben im Bundestag in diesem Jahr im Petitionsausschuss bei der Behandlung einer Eingabe zu diesem Thema entschieden, dass eine gesetzliche Frauenquote nicht nötig ist. Sie soll in börsenorientierten Unternehmen nicht eingeführt werden. - Liebe Frau Twesten, die Fraktionen von SPD, Grünen und Linken haben bei der Abstimmung über diese Eingabe zugestimmt. Es wurde aber keine Frauenquote von 40 %, sondern eine solche von 50 % gefordert. Das hätte ich mir hier auch gewünscht.

(Beifall bei der LINKEN)

Mir ist es auch zu einfach, das norwegische Modell nur zu kopieren. Ich möchte in diesem Zusammenhang erwähnen, dass Strafzahlungen in unserem Land oftmals keinen Erfolg gehabt haben. Die Bosse der Bosse zahlen lieber mehr, als dass sie sich nach einer Vorgabe richten.

Natürlich hätte ich mir die 50-%-Quote auch bei der SPD gewünscht. Sie haben in Nürnberg doch eine Resolution verabschiedet. Darin hätten Sie eine Frauenquote von 50 % aufnehmen können.

Die Hälfte der Bürgerinnen und Bürger von Niedersachsen sind Frauen. Warum sollen wir uns zurücknehmen und bei den zu besetzenden Posten nur einen Anteil von 40 % fordern?

(Beifall bei der LINKEN)

Ich finde es ausgesprochen tragisch für die Frauen in der CDU, dass sich eine so kluge Frau wie Ihre Staatsministerin im Bundeskanzleramt, Frau Dr. Maria Böhmer, in den eigenen Reihen nicht durchsetzen kann. Es wurde hier ja schon erwähnt, dass auch sie dieses Gesetz fordert.

Meine Damen und Herren, ich möchte noch Folgendes sagen. Die Zeiten, in denen Mädchen Sprüche wie „Sei wie das Veilchen im Moose, still, bescheiden und rein. Sei nicht wie die edle Rose,

die immer bewundert will sein“ ins Poesiealbum geschrieben wurden, sind vorbei.

(Beifall bei der LINKEN)

Frauen erzielen heute sehr gute Schulabschlüsse. Frauen haben Kompetenzen, die nicht ungeachtet bleiben dürfen, sondern genutzt werden müssen. Das sieht auch Telekom-Chef Obermann so. Seine Aussage lautet: Mit einem Frauenanteil von 30 % in Führungspositionen sind wir besser. - Wie recht er hat!

Zum Schluss möchte ich noch einmal auf den Antrag zurückkommen. Wie wird hier in diesem Parlament mit Frauen umgegangen? - Das Thema ist wieder einmal Gegenstand des letzten Tagesordnungspunktes. Es wird behandelt, wenn keine Zuschauer mehr da sind. Es wird garantiert nur dann behandelt, wenn die Presse nicht da ist.

(Zuruf von der CDU: Die steht drau- ßen auf dem Flur!)

- Schön wäre es.

Der Antrag ist gut gemeint, ob damit aber das Ziel erreicht wird, Frauen in Aufsichtsräte zu bringen, ist recht fraglich. Wir müssen in dieser Hinsicht noch viel tun. Bei dieser Regierung habe ich diesbezüglich kein Vertrauen. Warten wir 2013 ab. Dann werden wir Frauen mehr Anteile haben. Wir werden es dann durchbringen.

Vielen Dank.

(Beifall bei der LINKEN)

Danke schön, Frau König. - Ebenfalls Frau König hat nun für die FDP-Fraktion das Wort. Sie ist die letzte Rednerin. Bitte hören Sie ihr konzentriert zu.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Man könnte sagen: alle Jahre wieder. Diesmal werben die Grünen für ihre Aufsichtsräte. Frau Groskurt hat es eben schon gesagt. Der letzte Antrag kam von der SPD und zielte auf mehr Frauen in den Chefetagen. Es hat mich allerdings sehr verwundert, dass Sie nun sogar so weit gehen, das Aktiengesetz dahin gehend zu verändern, dass 40 % der Aufsichtsratsposten mit Frauen zu besetzen sind und dass sogar eine Datenbank einzurichten ist, die qualifizierte Frauen verwaltet, um mit ihnen u. a. solche Posten zu besetzen. Das ist schon ein bisschen merkwürdig.

Wir alle fordern laufend besonders qualifizierte Personen in gehobenen Positionen. Das ist auch richtig. Es bedarf allerdings eines sehr speziellen Auswahlverfahrens, das sich nicht nur nach den Fähigkeiten richtet, sondern auch Kriterien wie Belastbarkeit, Flexibilität, Akzeptanz und viele andere Vorgaben beinhaltet.

(Widerspruch bei der LINKEN)

- Hören Sie doch bitte einmal zu!

Diesen Anforderungen ist auch nicht jeder qualifizierte Mann gewachsen. Es gibt eine Menge Frauen, die sich durchaus solchen Aufgaben stellen sollten und die diesen Aufgaben auch gewachsen sind. Sie müssen sich aber wie alle dem Wettbewerb stellen, um hinterher die Achtung der Mitstreiter zu gewinnen. Für uns Frauen ist nichts schlimmer als das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden; denn wir alle, Männer und Frauen, müssen bei der Ausübung unserer Ämter immer unser Können unter Beweis stellen. Dazu müssen wir Frauen - leider - immer besser sein als unsere männlichen Kollegen. Als Quotenfrau würden wir gleich mit einem Stempel versehen, der uns eher schaden als nützen würde.

(Beifall bei der FDP)

Der Markt ist hart und umbarmherzig. Er nimmt keine Rücksicht auf Gefühle und Geschlechter. Das ist der Grund, warum Frauen den hier angesprochenen Weg eher scheuen. Dazu kommt, dass sie in den meisten Fällen schon früh ihren Karriereweg unterbrechen und somit erst später aufsteigen. Viele wollen dann gar nicht mehr in die Hierarchien, wo die Luft immer dünner und die Arbeitszeit immer länger wird und wo die Abwesenheit häufiger über Tage und Wochen andauert. Das ist mit Familie und Beruf schwer vereinbar. Bei einer solchen Flexibilität und Belastung bedarf es eines verständnisvollen Partners, der vieles abnimmt. Ganz besonders wichtig sind gute Einrichtungen zur Versorgung der Kinder.

Für mich ist die gleiche Entlohnung bei den Geschlechtern zwingend. Sie würde es vielen Männern und Frauen wesentlich leichter machen, den hier angesprochenen Weg zu wählen und sich dabei zu bewähren.

(Beifall bei der FDP)

Daran arbeiten wir schon lange. Ich bin fest davon überzeugt, dass die heute schon erkennbare Überzahl von Frauen unter den Hochschulabsolventen - ihr Anteil beträgt 60 % - in Zukunft auch

mehr Potenzial an Kandidatinnen ergibt, die sich der erwähnten schwierigen Aufgabe stellen werden.

Diskriminieren wir die Frauen aber nicht, die einen anderen Weg wählen. Lassen Sie den Frauen bitte die Wahlfreiheit.

(Zustimmung bei der FDP)

Die Telekom hat jetzt die 40-%-Quote eingeführt. Ich finde, das ist in Ordnung. Wenn sich eine Firma oder ein Betrieb einer solchen Quote unterwirft, sollten wir dies positiv begleiten. Ich glaube, das wird ein gutes Beispiel sein, um uns daran zu orientieren und festzustellen, wie es letztendlich auszusehen hat und ob das Modell auf andere Bereiche übertragbar ist. Ich glaube, es ist nicht auf jeden Betrieb übertragbar. Dafür möchte ich nur ein Beispiel anführen. Wir haben heute schon viel zu wenig Ingenieure und technische Leitungen. Wenn wir die entsprechenden Stellen nun zu 40 % mit Frauen besetzen wollen, weiß ich nicht, woher wir die Frauen, die dafür infrage kommen, nehmen sollen. Sie wollen dann mit Strafzöllen arbeiten. Das ist ein bisschen weit hergeholt.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Frau Kollegin Twesten hat sich zu einer Kurzintervention zu Wort gemeldet. Sie haben anderthalb Minuten.

Ich kann leider nicht umhin, hier zu entgegnen.