Protokoll der Sitzung vom 17.03.2010

(Unruhe)

Ich nehme das Wort „dumm“ zurück, den Rest halte ich aber aufrecht.

Der Innenminister hat hier mehrfach vorgetragen, was in dem 26 Seiten umfassenden Protokoll steht. Es bleibt so: Seit Februar 2009 hätte die Ausländerbehörde der Region Hannover eine Entscheidung treffen können. Seit Februar 2009 hätte sie Frau Hamilton mitteilen können, ob sie beabsichtigt, sie einzubürgern, oder nicht. Hätte die Ausländerbehörde nicht beabsichtigt, sie einzubürgern, dann hätte sie Frau Hamilton einladen müssen, um ihr rechtliches Gehör zu gewähren. Dabei hätte Frau Hamilton vortragen können, aus

welchem Grunde sie die Feststellungen des Verfassungsschutzes für widersprüchlich hält, also ihre Verfassungstreue darstellen können. Aber nichts ist passiert. Wenn in dieser Zeit nichts passiert ist, sondern nur Nachfragen an den Verfassungsschutz gestellt werden, dann ist es doch ein absurdes Theater, wenn man hier den Eindruck erweckt, als wäre der Innenminister dafür verantwortlich, nicht aber derjenige, der zunächst einmal eine Entscheidung treffen muss. Wenn Herr Jagau als Regionspräsident nicht das Kreuz hat, eine Entscheidung zu treffen und diese mit der Ausländerbehörde abzustimmen - das macht jeder Bürgermeister in der kleinsten Gemeinde, wenn er dafür zuständig ist -, dann stellt sich die Frage, ob er dort auf der richtigen Stelle sitzt.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Damit schließe ich die Beratung zu Tagesordnungspunkt 15 c.

Ich rufe jetzt den Tagesordnungspunkt 15 d auf:

Vom Harz bis zur Küste - Tourismus in Niedersachsen trotzt der Krise - Antrag der Fraktion der CDU - Drs. 16/2325

Zu Wort gemeldet hat sich für die CDU-Fraktion Herr Hillmer. Bitte!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir als CDU-Fraktion haben das Thema Tourismus auf die Tagesordnung gesetzt, um über die Leistungen zu sprechen, die über 360 000 Beschäftigte in Hotels, Pensionen, auf Campingplätzen, in Freizeitparks, aber auch in unseren Tourismusorganisationen im letzten Jahr erbracht haben. Immerhin hat der Tourismus in Niedersachsen einen Umsatz von 14 Milliarden Euro erzielt und damit einen großen Beitrag zum niedersächsischen Bruttosozialprodukt geleistet.

Meine Damen und Herren, in den Jahren des Wirtschaftsbooms haben wir viel über Containerverkehre, Industrieexport und Handel mit zum Teil beeindruckenden Zuwachsraten geredet. Jetzt, in der weltweiten Krise, erkennen wir unsere Stabilitätsanker in Niedersachsen - Branchen, die solide

ihren Mann und ihre Frau ernähren, die ohne gezielte Konjunkturstützung ihren Weg gehen und ohne die der Einbruch der Gesamtwirtschaft noch viel dramatischer ausfallen würde. Dazu gehört in Niedersachsen neben der Ernährungsindustrie mit Sicherheit unsere starke Tourismusbranche.

Entgegen dem allgemeinen Trend konnte der Tourismus in Niedersachsen sogar zulegen. Die Jahresstatistik 2009 weist bei den Übernachtungen niedersachsenweit ein Plus von 1,9 % aus. Das ist ein sehr gutes Ergebnis, wenn man berücksichtigt, dass die Prognose zu Jahresanfang deutlich negativ war und die Übernachtungszahlen in Deutschland insgesamt gesunken sind. Die negativen Zahlen im Geschäftsreisebereich und bei den Auslandsreisen - darüber wollen wir mit Ihnen beim nächsten Plenum reden - konnten durch den Zuwachs beim Deutschlandtourismus mehr als ausgeglichen werden. Niedersachsen konnte absolut und in Marktanteilen insbesondere von den süddeutschen Bundesländern hinzugewinnen. Man muss wissen: Bayern hatte ein Minus von 2,2 %, Baden-Württemberg von 2,8 % und NordrheinWestfalen sogar von 3,1 %. Für Niedersachsen ist das insgesamt - das gilt aber für den gesamten Norden - eine positive Entwicklung bei der Verteilung der Marktanteile.

Wie sieht die Entwicklung in den einzelnen Urlaubsregionen aus? - Meine Damen und Herren, das ist wichtig für die Arbeit in den Tourismusregionen; denn letztlich stellen die von mir genannten 1,9 % nur eine aggregierte Zahl dar. Steuerungsrelevant sind die Zahlen der regionalen Tourismusorganisationen.

Ich möchte an dieser Stelle herausstellen, dass wir einen besonders hohen Zuwachs im Oldenburger Land mit 6,3 % haben. Auch das Braunschweiger Land steht mit plus 3,7 % hervorragend da. Die Nordseeküste, die Lüneburger Heide, die Ostfriesischen Inseln und auch das Oldenburger Münsterland - alles starke Tourismusregionen - verzeichnen gegenüber 2008 Zuwächse zwischen 2 und 3 %. Zuwächse zwischen 1 und 2 % erzielten das Weserbergland und Südniedersachsen. Die Region Unterelbe/Unterweser/Mittelweser erzielte zwischen 0 und 1 %. Hervorheben möchte ich außerdem die Region Emsland/Grafschaft Bentheim mit plus 4,9 %. Zusammen mit dem Osnabrücker Land, wo es einen Einbruch um minus 2,6 % gab, ergibt das für die neue Region GEO eine ganz hervorragende aggregierte gemeinsame Zuwachsrate.

(Beifall bei der CDU)

Wir erkennen für die meisten und insbesondere die großen Urlaubsregionen seit vier bis fünf Jahren eine stabile Aufwärtsentwicklung. Besonders erfreulich sind für uns die Zahlen im Harz: plus 1,4 %. Hier deutet sich nach vielen Jahren des Besucherrückgangs eine Trendwende an. Auch im Vergleich mit den anderen Mittelgebirgsregionen sind die Zahlen im Harz außergewöhnlich bemerkenswert.

Meine Damen und Herren, ich stehe hier nicht, um zu sagen, dass dies einzig und allein ein Verdienst der Landesregierung ist. Wir stehen nämlich nicht für einen staatsorganisierten Tourismus, sondern wir setzen darauf, dass sich der Tourismus privat und kommunal organisiert. Wir sind in Niedersachsen national und international wettbewerbsfähig. Wie ich finde, ist der Tourismus in Niedersachsen gut aufgestellt. In Dankbarkeit gedenken wir den Leistungen von Herrn Dr. Kottkamp. Wir sind uns sicher, dass Frau Pürschel eine sehr gute Nachfolgerin werden wird. Ferner möchte ich darauf hinweisen, dass auch die TourismusMarketing Niedersachsen mit Frau Ruh eine hervorragende Arbeit leistet. Letztlich möchte ich die regionalen Tourismusorganisationen in den Urlaubsregionen erwähnen, die ebenfalls - zum Teil gestärkt durch Masterpläne - hervorragende Arbeit leisten. Schließlich möchte ich noch auf die privat und kommunal getragenen Tourismusvereine aufmerksam machen.

Meine Damen und Herren, die einzelbetriebliche Förderung hat im Jahr 2009 eine Investitionssumme in Höhe von 74 Millionen Euro begleitet. Allein für die Förderung von Hotels wurden 30 Anträge gestellt. Ich weiß - auch darüber haben wir an dieser Stelle schon gesprochen -, dass auch Anträge abgelehnt worden sind. An denen müssen wir arbeiten. Ich weiß auch, dass die Kriterien strittig sind. Aber - - -

Herr Hillmer, letzter Satz, bitte!

Okay. - Meine Damen und Herren, wir brauchen keine Dachmarke Niedersachsen, die auf universalinteressierte bergwandernde Strandurlauber setzt, sondern wir brauchen profilierte Urlaubsregionen mit zielgruppengerechten Angeboten.

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Nächster Redner ist Herr Hagenah für die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Tourismuswirtschaft in Niedersachsen ist auch aus grüner Sicht ein sehr wichtiges Thema, dem wir uns häufiger zuwenden sollten. An dieser Stelle gebührt dem Ganzen aber ein realistischer Blick, Herr Hillmer. Leider ist da nicht alles Gold, was glänzt.

Minister Bode hat diese parteipolitisch gefärbte Tourismusdebatte Anfang des Monats mit seiner Bilanzpressekonferenz losgetreten. Er hat einen Zuwachs von 1,9 % bei den Übernachtungen im letzten Jahr als Spitzenergebnis und Aufwärtstrend verkauft.

(Gabriela König [FDP]: Das sind ja auch Spitzenzahlen!)

Jeder sach- und fachkundige Beobachter hat sich schon damals gefragt: Woher sieht der Minister so viel Positives an der Entwicklung, Frau König? Denn der Zuwachs von 1,9 % bei den Übernachtungen resultiert aus einigen Sondereffekten. Darauf will ich jetzt eingehen.

Erstmals sind in dieser Statistik im vorigen Jahr alle Übernachtungen auf Campingplätzen berücksichtigt worden. Wenn man diese Übernachtungen herauslässt, bleibt nur ein Zuwachs von 0,7 % gegenüber 2008. Bei Übernachtungen auf Campingplätzen hatte Niedersachsen in 2009 einen Zuwachs von 14,7 %.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Diese Zahl hat also enorm zur Steigerung der Gesamtzahl beigetragen. Die Steigerung wäre ein erfreuliches Ergebnis, wenn nicht ein statistischer Effekt zu berücksichtigen wäre: Erst seit Januar 2009 fließt nämlich die Zahl der Übernachtungen auf Campingplätzen überhaupt voll in die Statistik ein. Vorher war das nicht so. Vorher flossen nur die Zahlen einiger Campingplätze in die Statistik ein. Nur weil einige Campingplätze ganz neu in der Statistik sind, Frau König, ist ein Zuwachs von 330 % z. B. auf Campingplätzen in Harburg oder um 107 % in Aurich im letzten Jahr zu erklären. Es war nicht so, dass plötzlich doppelt so viele Menschen dort waren.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, die vorliegende Statistik ist also mit Vorsicht zu genießen. Sie birgt Wahrheitsrisiken und sollte schon deshalb nicht als Vorlage für Zufriedenheit oder Jubelarien genutzt werden.

Es gibt noch weitere Besonderheiten, die das Ergebnis 2009 relativieren. So ist ein Zuwachs der Übernachtungen in den Vorsorge- und RehaKliniken bei uns in Niedersachsen um 5 % bemerkenswert. Die 4,7 Millionen Übernachtungen in diesen Einrichtungen tragen mit fast 14 % zu der Gesamtübernachtungszahl bei und sind deswegen bei der Steigerung der Gesamtzahl natürlich besonders durchgeschlagen. Dieser Zuwachs bei Übernachtungen in Reha-Kliniken ist aber wohl kaum auf die niedersächsische Tourismuspolitik zurückzuführen, den sich die Landesregierung als Erfolg anrechnet, sondern ist wohl eher mit der demografischen Entwicklung zu begründen.

(Gabriela König [FDP]: Aber die gehö- ren auch dazu!)

Wichtig ist auch, den Effekt der Entzerrung der Sommerferienzeit zu berücksichtigen. Der Ferienbeginn in 2009 bereits im Juni hier bei uns in Niedersachsen und in einigen anderen Ländern im Verbund hat in Verbindung mit dem späten Ferienbeginn in den Südländern im vergangenen Jahr unserer Tourismuswirtschaft zusätzliche Saisontage gebracht. In besonderem Maße haben davon die Inseln und die Küstenregionen profitiert. Für die Entzerrung der Sommerferien - daran möchte ich erinnern - hat sich der Landtag im Jahr 2003 fraktionsübergreifend eingesetzt.

(Gabriela König [FDP]: Ja! Das ist doch gut so!)

Auch das, Herr Hillmer, ist nicht unbedingt das alleinige Verdienst dieser Landesregierung. Sie haben für die Erfolgsmeldungen also eine mäßige Datenlage sehr positiv in Ihrem Sinne interpretiert. Dabei verzeichnen wir auf längere Sicht seit 2003 beim niedersächsischen Tourismus laut den Vergleichen unserer Landesstatistiker eine deutlich unterdurchschnittliche Wachstumsentwicklung. Das muss ich Ihnen in dieser Aktuellen Stunde bei der Welle, die Sie hier gemacht haben, und nach Ihren Aussagen, wie gut das alles gelaufen sei, schon noch einmal vorhalten. Ich zitiere zu gerne aus dem aktuellen Bericht, dem „NiedersachsenMonitor 2009“, in dem steht - das sollten wir hier auch festhalten -:

„Im mittelfristigen Vergleich entwickelte sich Niedersachsen unterdurchschnittlich. Von 2003 bis 2008 nahmen die Übernachtungen um + 4,1 % zu, während sie im Bundesdurchschnitt um + 9,2 % zulegten.“

(Glocke des Präsidenten)

Wir haben also noch sehr viel zu tun.

(Zuruf von Jörg Hillmer [CDU])

Das ist ein extrem wichtiger Bereich, Herr Hillmer. Aber wir haben an dieser Stelle wirklich keinen Grund, uns auf Lorbeeren auszuruhen,

(Gabriela König [FDP]: Das wollen wir ja auch gar nicht!)

sondern wir müssen hierzu ganz dringend noch einiges beitragen und noch mehr tun.

Das Problem der mangelnden Qualität der Angebote ist noch nicht behoben. Es sieht zwar so aus, als würden die Maßnahmen, die im Harz umgesetzt worden sind, langsam zum Erfolg führen. Vielleicht bewegt sich auch aufgrund des gemeinsamen Antrages dort jetzt langsam etwas. Aber das reicht noch lange nicht aus. Viele Deutsche verbringen ihren Urlaub wieder zu Hause. Die Gründe dafür kennen wir. Das ist eine Chance für den Tourismus in Niedersachsen. Sie kommen als Gäste zu uns, aber sie sollen auch ein zweites oder drittes Mal wiederkommen. Deshalb müssen wir weiter und noch stärker in Qualität investieren.

(Glocke des Präsidenten)

Wir müssen dem demografischen Wandel, der zunehmenden Zahl älterer Gäste und den daraus resultierenden Anforderungen an die Angebote größere Aufmerksamkeit schenken, und - als Letztes, Herr Präsident - wir müssen den zunehmenden Campingtourismus mehr in den Fokus der Tourismuspolitik nehmen. Hier brauchen wir eine vernünftige Analyse, um den Handlungsbedarf in diesem Segment zu ermitteln.

Vielen Dank.

(Beifall bei den GRÜNEN)

Meine Damen und Herren, für die SPD-Fraktion spricht jetzt Frau Tippelt.

(Beifall bei der SPD)