Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Die Menschen vor Ort setzen sich in unseren Städten und Gemeinden engagiert und mutig gegen rechtsextremistische Aufmärsche zur Wehr. Dafür verdienen sie Anerkennung und Unterstützung.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Die Landesregierung hat in umfangreicher Weise Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus ergriffen bzw. fortgeführt. Zu nennen sind hier z. B. die

ausgezeichnete Arbeit der Polizei und die vielfältigen Maßnahmen in der Jugendarbeit, die Unterstützung lokaler Projekte gegen Rechtsextremismus in enger Kooperation mit der Arbeitsstelle „Rechtsextremismus und Gewalt“ und die beispielhafte Präventionsarbeit des Verfassungsschutzes. Um diese Aufgabe stärker zu bündeln, hat das Innenministerium die Niedersächsische Extremismus-Informationsstelle NEIS - sie war eben schon Gegenstand der Diskussion - ins Leben gerufen.

Wir nehmen die Gefahren, die für junge Menschen von rechtsextremen Rattenfängern ausgehen, sehr ernst. Eine wie auch immer geartete Banalisierung, wie im Antrag ausgeführt, findet nicht statt. Die Behauptung, Haushaltsmittel seien umgeschichtet worden oder eine Umschichtung sei beabsichtigt, ist schlichtweg falsch.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Koalitions- vereinbarung Berlin!)

Natürlich sind auch Linksextremisten eine Gefahr, die wir nicht verharmlosen, nicht unterschätzen und schon gar nicht ignorieren dürfen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Wir auch nicht!)

- Darauf kommen wir noch. - Die wehrhafte Demokratie muss auch politischen und intellektuellen Angriffen auf die Verfassungsordnung entgegentreten. Bei der Bekämpfung des Extremismus müssen wir alle im Blick haben. Die Demokratie hat auch Feinde von links. Der Rechtsstaat ist einer ständigen Bedrohung durch islamistische Extremisten ausgesetzt. Angesichts dieser schwierigen Ausgangslage hat der Verfassungsschutz unsere Unterstützung und unseren Dank verdient.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Die Partei DIE LINKE ist in Teilen verfassungsfeindlich und muss somit beobachtet werden.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Er- klären Sie das einmal!)

- Ich kann Ihnen das ganze Urteil aus NordrheinWestfalen vorlesen, wenn Sie es nicht selber lesen können.

Die Rechtmäßigkeit dieser Beobachtung durch den Verfassungsschutz ist zuletzt durch das Oberverwaltungsgericht in Nordrhein-Westfalen mit einem Urteil vom 13. Februar 2009 - das war vor knapp einem Jahr - bestätigt worden. Das Gericht stellt in seinem Urteil fest, dass die Gesamtschau aller vorhandenen tatsächlichen Anhaltspunkte darauf

hindeutet, dass die Parteien PDS, Linkspartei.PDS und heute DIE LINKE gegen die freiheitlichdemokratische Grundordnung gerichtete Bestrebungen verfolgten und weiterhin verfolgen. Daher erklärt das Oberverwaltungsgericht NordrheinWestfalen, dass eine weitere nachrichtendienstliche Aufklärung erforderlich erscheint.

Änderungsbedarf im Hinblick auf Veröffentlichungen sehen wir nicht. Auch die behaupteten pauschalen Gleichsetzungen von Rechtsextremismus und Linksextremismus sehen wir nicht, insbesondere nicht in der zitierten Rede des Innenministers. Natürlich müssen bei NEIS neben dem Rechtsextremismus auch die anderen Bereiche extremistischer Bedrohung dargestellt werden. Dies wird von uns ausgesprochen begrüßt. Wenn es einzelne Verbesserungsvorschläge gibt, werden diese sicherlich gern aufgenommen. Dass die Tatsache an sich schon Kritik erfährt, erstaunt mich aber sehr.

Ein weiterer Teil des Antrages erweckt den Eindruck, als würden Diskussionen über linke Gesellschaftsmodelle in die Nähe der Verfassungsfeindlichkeit gerückt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Ja!)

Niemand ist gegen eine kritische Analyse des Gesellschaftssystems! Ich kenne viele Anhänger der sozialen Marktwirtschaft, aber keinen Anhänger eines zügellosen Kapitalismus.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Das steht sogar im Grundgesetz! Vielleicht können Sie das auch einmal lesen!)

- Hören Sie doch mit Ihren unverschämten Zwischenrufen auf! Das Grundgesetz kenne ich.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Das müssen gerade Sie sagen!)

Die Diskussion über die Frage der sozialen Gerechtigkeit wird uns immer beschäftigen. Modelle wie das des demokratischen Sozialismus sind natürlich nicht und schon gar nicht von vornherein verfassungswidrig. Sie werden es nur dann, wenn dadurch die Pluralität, also die Vielfalt in unserer Gesellschaft, ausgeschaltet würde. Pluralität in den politischen Auffassungen ist Voraussetzung für das Funktionieren der Demokratie, sie ist keine Bedrohung. In Ihrem Antrag wird ein Popanz aufgebaut.

Die Bemerkung ist dann auch einmal erlaubt: Wer linke Gesellschaftsmodelle diskutieren will, der muss auch Gegenmeinungen zulassen,

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Zurufe von der LINKEN)

der muss nicht alles und jeden Satz als Diffamierung bezeichnen, wenn man sich damit auseinandersetzen will. Auch jeder Hinweis auf Erfahrungen, die man gesammelt hat, ist keine Diffamierung, sondern ist eine Auseinandersetzung mit einer Geschichte, zu der man so oder so stehen muss.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Was sollen denn diese ständigen halt- losen Behauptungen? Ich sage doch auch nicht ständig „Blockflöten-Partei“ zu Ihnen!)

Wir sollten allerdings immer hellwach sein, wenn bei einer politischen Gruppierung Unduldsamkeit und Intoleranz gegenüber anderen Meinungen, gepaart mit einem wie auch immer gearteten Überlegenheitsdünkel, das Handeln bestimmt.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Kubicki, Westerwelle, das sind Typen!)

Wir haben keine Belehrungen nötig, wenn es um unseren Einsatz für Demokratie und Freiheit und somit für unseren demokratischen Rechtsstaat geht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das ist aber ziemlicher Überlegenheitsdünkel, Herr Rolfes!)

Wir werden allerdings mit großer Entschlossenheit denen entgegentreten, die unsere Verfassung nicht respektieren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dabei kommt es nicht darauf an, ob es sich um rechte, linke oder islamistische oder andere Gegner der Verfassung handelt.

(Beifall bei der CDU - Reinhold Coe- nen [CDU]: So ist es!)

Dieses Entgegentreten geschieht nicht nur durch administrative Schutzmaßnahmen, sondern natürlich durch viele Maßnahmen, bezogen auf die Einzelnen oder Gruppen, im Bereich der Jugendarbeit, im Bereich der Bildung und im Bereich der Ausstiegshilfen für Rechtsextremisten. Da gibt es ein vielfältiges Betätigungsfeld. Ich meine, dass wir eher darüber nachdenken sollten, wie wir in großer Geschlossenheit diesen Verfassungsfeinden gegenübertreten sollten.

Es gibt allerdings natürlich keine Diskussionsverbote und schon gar keine Diskreditierung linker Gesellschaftsmodelle. Der Antrag erweckt allerdings bei mir den Eindruck, als habe sich jemand den ganzen Frust von der Seele geschrieben, weil diese linken Gesellschaftsmodelle in dieser Gesellschaft ja doch nur in sehr begrenzter Weise auf Begeisterung stoßen, meine Damen und Herren.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Dieser Antrag ist so umfangreich, dass er natürlich ausführlich diskutiert werden kann. Ich bin allerdings fast sicher, dass wir ihn letztendlich ablehnen werden. Ich gebe aber zu: Es hat sich bisher noch niemand so viel Mühe gegeben, auf dreieinhalb Seiten zu versuchen, unseren Verfassungsschutz und unseren Innenminister mit haltlosen Vorwürfen zu überziehen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Sigrid Leuschner [SPD]: Dann haben Sie das nicht verstanden, Herr Rol- fes!)

Meine Damen und Herren, zu einer Kurzintervention hat sich der Kollege Dr. Sohn von der Fraktion DIE LINKE gemeldet. Bitte!

(Björn Thümler [CDU]: Na, das war ja klar!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herrn Rolfes mag ich ja.

(Björn Thümler [CDU]: Ui, ui, ui! - Zu- rufe: Das bedeutet Gefahr!)

- Wir kommen gleich noch zu einer größeren Gefährdung von Herrn Rolfes.

(Unruhe bei der CDU)

Deshalb möchte ich, lieber Herr Rolfes, zum Stichwort des Popanz, also dessen, was auf Seite 3, untere Hälfte, des SPD-Antrages ausgeführt wird, ganz gern etwas sagen. Wissen Sie, es wäre ganz schön, wenn das, was hier aufgebaut wird, wirklich kein Popanz wäre. Ich würde mich freuen, wenn sich Herr Schünemann hier hinstellen würde und flapsig - er kann das auch ein bisschen netter ausdrücken - sagen würde: Das Bekennen zum Marxismus finde ich zwar bekloppt, aber das Bekenntnis zum Marxismus gefährdet unsere Verfassung nicht.

(Beifall bei der LINKEN - Frank Oesterhelweg [CDU]: Das ist unzutref- fend!)

Ich fürchte aber, dass sich Herr Schünemann lieber neben den Plakaten, die ein paar Meter weiter von hier im Moment ausgestellt sind, fotografieren lässt und auf denen steht: Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau.

(Zuruf: So ist es!)

- So ist es, sagt er.