Protokoll der Sitzung vom 18.03.2010

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der SPD und Zustimmung bei den GRÜNEN)

Danke schön, Herr Politze. - Für die Fraktion DIE LINKE hat Herr Adler das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die jüngsten Veröffentlichungen über Geldforderungen für Gespräche mit den Ministerpräsidenten Rüttgers und Tillich und über die Einnahme von Geldern für Stände auf Parteitagen der CDU haben eine Gesetzeslücke offenbart, die dringend geschlossen werden muss. Auf diese Gesetzeslücke haben Juristinnen und Juristen schon vor einigen Jahren hingewiesen, aber bislang ignorierte die Politik diese Kritik.

Nun haben wir zur Kenntnis nehmen können, dass man einen leibhaftigen Ministerpräsidenten mieten kann, wenn auch nur stundenweise. Der eine Ministerpräsident hat immerhin erklärt, er sei gegen seinen Willen vermietet worden. Bei dem anderen hat der Vermieter erklärt, er habe nicht den Ministerpräsidenten vermietet, sondern den Landesvorsitzenden. Zufälligerweise handelt es sich dabei um dieselbe Person. Der eine Vermieter ist wegen der bevorstehenden Wahl entlassen worden, der

andere ist noch im Amt, vermutlich, weil in Sachsen keine Wahlen bevorstehen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese Vorfälle zeigen, dass es Aufgabe der Politik ist - eigentlich sollte es eine Selbstverständlichkeit sein -, u. a. an der Willensbildung des Volkes mitzuwirken und gleichzeitig dem Grundgesetz entsprechend dafür Sorge zu tragen, dass sich bei der Willensbildung des Volkes das demokratische Prinzip durchsetzt,

(Beifall bei der LINKEN)

die Staatsgewalt also vom Volk ausgeht, so wie es in den Artikeln 20 und 21 des Grundgesetzes formuliert ist.

Die Ereignisse in Nordrhein-Westfalen und Sachsen haben darüber hinaus aber gezeigt, dass ein Verbot des dem Sportsponsoring nachgebildeten Politiksponsorings nicht durchsetzbar sein wird, wenn die Grenzen zwischen Parteien, Personen und Ämtern nicht neu gezogen werden. Einer Umgehung eines Parteiensponsorings mittels staatlicher Funktion muss deshalb ein Riegel vorgeschoben werden. Um dem weit verbreiteten Eindruck der Käuflichkeit der Politik entgegenzuwirken, muss ein Verbot von Sponsoring gesetzlich geregelt werden. Es ist im Übrigen ein Skandal, dass die Leistungen des Sponsorings auch noch steuerlich absetzbar und damit für die Sponsoren höchst attraktiv sind.

(Beifall bei der LINKEN)

Es ist schon darauf hingewiesen worden, dass wir auch im Bereich der Parteispenden ganz bedenkliche Vorgänge haben, so u. a. die ganzseitige Anzeige der Salzgitter AG im Mitgliedermagazin der CDU. Immerhin gehört die Salzgitter AG zu 26,5 % dem Land. Auf diese Weise wird das Parteiengesetz umgangen.

Ich finde es auch höchst bedenklich, wenn der Bundesaußenminister Westerwelle als Klientelbeglücker in Erscheinung tritt, indem er Leute, die für die FDP gespendet haben, bevorzugt auf seinen Auslandsreisen mitnimmt, u. a. Herrn Cornelius Boersch, der bei den Reisen nach Saudi-Arabien, Katar, Estland, Japan und China dabei war. Bekanntlich hatte Herr Boersch für die FDP gespendet und Spendengalas organisiert.

Alle diese Vorgänge bestätigen unsere Position: Politik und Kommerz müssen scharf voneinander getrennt werden.

(Ulf Thiele [CDU]: Sie brauchen so etwas ja auch nicht! Sie können ja auf das SED-Vermögen zurückgreifen!)

Das beugt Politikverdrossenheit vor, und es ist im Übrigen ein Gebot der Demokratie.

(David McAllister [CDU]: Ihr müsst klatschen! Adler hat die Fraktion in den Schlaf geredet! Da klatscht nicht einmal Sohn! - Gegenruf von Dr. Man- fred Sohn [LINKE]: Wir sind immer hellwach! - David McAllister [CDU]: Die haben ihren Einsatz verpennt!)

Nächster Redner ist für die CDU-Fraktion Herr Dr. Biester. Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Spenden und Sponsoring geraten immer wieder einmal in politische Diskussionen. Wir sollten uns als Parlamentarier sehr genau überlegen, wie wir diese Diskussionen miteinander führen; denn Spenden und Sponsoring sind erwünscht. Wir sollten uns bei jedem Spender und jedem Sponsor für sein oder ihr Engagement bedanken und sie nicht durch unbedachte Diskussionen unter einen Generalverdacht stellen und verunsichern. Die Diskussion verschwimmt ja manchmal. Man prangert irgendwelche vermeintlichen Fehler und Irrtümer an und denkt letztendlich nicht an die vielen Spender - und das ist der ganz überwiegende Teil -, die ganz seriös und ganz uneigennützig ihre Spenden hergeben. Die Spender handeln in gesellschaftlicher Verantwortung für unser Staatssystem

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

und gerade nicht aus unlauteren Beweggründen. Man kann sich vorstellen, wie eine solche Diskussion über das Thema hier möglicherweise laufen könnte. Das war hier, Gott sei Dank, nur im Ansatz der Fall. Natürlich könnte auch ich hier eine Giftliste präsentieren, aber ich glaube nicht, dass es uns wirklich hilft, wenn wir uns gegenseitig Fälle vorwerfen und vorhalten und mit dem Finger auf andere zeigen. Denn eines ist ja bekannt: Wenn man mit einem Finger auf andere zeigt, zeigen immer drei Finger auf einen selber zurück.

(Vizepräsident Hans-Werner Schwarz übernimmt den Vorsitz)

Ich persönlich halte das System von Spenden und Sponsoring für in Ordnung, und wer es infrage stel

len will, muss sagen, wie sich die Parteien dann finanzieren sollen; denn Finanzmittel brauchen die Parteien. Die Alternative wäre eigentlich nur eine Staatsfinanzierung, und diese Staatsfinanzierung wollen wir in der Tat nicht.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Spenden und Sponsoring finden nicht im Verborgenen statt, sondern wir haben - und das rechtfertigt dieses System - Kontrollen und Veröffentlichungspflichten. Ich nehme als Beispiel die Großspende an die FDP. Die hat doch nicht irgendjemand als irgendeine Mauschelei aufgedeckt, sondern da hat sich jemand zu einer Spende entschlossen, der wusste, dass das veröffentlicht wird, es hat sich jemand entschlossen, die Spende anzunehmen, der wusste, dass es veröffentlicht wird, und der hat gesagt: Das halte ich politisch aus. - Das mussten die Beteiligten miteinander austragen. Der Anschein der Käuflichkeit ist nicht automatisch gegeben, sondern es stellt sich immer die Frage: Was hat diese Spende denn vermeintlich bewirkt? Wer vorher für eine Reduzierung des Mehrwertsteuersatzes war und eine Spende bekommt, ist nicht käuflich. Wer aber seine Meinung plötzlich ändert, weil er eine Spende bekommen hat, der wäre in der Tat käuflich. Aber zumindest das hat auch noch keiner von Ihnen in diesem Zusammenhang behauptet.

Ich komme zum Sponsoring. Sponsoring ist keine Spende, sondern dafür gibt es eine Gegenleistung. Sponsoring ist in Ordnung, wenn Leistung und Gegenleistung miteinander im Verhältnis stehen. Natürlich sponsert jemand in diesem Sinne auf einer Parteiveranstaltung vielleicht auch deshalb eine Partei, weil er sich sagt: Dort treffe ich dann auf Persönlichkeiten und kann die Gelegenheit nutzen, Gespräche zu führen. - Ja, das ist doch unsere Aufgabe. Wie viele Gespräche führen wir denn als Politiker? Wir wären ja schlechte Politiker, wenn wir es nicht täten.

Denken wir an die SPD Sachsen, die wie folgt um Sponsoren geworben hat: „Als Sponsor der SPD Sachsen geben wir Ihnen Gelegenheit …“ Nach einigen Erläuterungen folgt dann der Hinweis „Vermittlung exklusiver Gesprächspartner auf Veranstaltungen“.

(Zuruf von der CDU: Was?)

Das ist also ein ganz normaler Vorgang.

(David McAllister [CDU]: Wen haben die denn?)

Natürlich ist es nicht in Ordnung - das will ich hier auch nicht verschweigen -, wenn Preise gestaffelt werden und davon abhängig sind, wer dem jeweiligen Sponsorenstand zugeführt wird und welche Funktion diese Person hat. Das ist nicht in Ordnung. Das hätten wir in Niedersachsen sicherlich niemals so gemacht, und dort, wo diese Dinge geschehen sind, wurden sie inzwischen ja auch geklärt.

Zu den Anzeigen wird der Kollege Thiele noch etwas sagen. Ich glaube, dass sich auch noch ein weiterer Kollege aus unserer Fraktion melden will. Ich persönlich bin gerne bereit, mit Ihnen gemeinsam über die Frage, ob es eine Verbesserung in unserem System der gesetzlichen Regelung für Spenden und Sponsoring geben soll, zu reden. Wir sollten dann natürlich auch über die Möglichkeit der Geldannahme durch wirtschaftliche Unternehmen sprechen. Mich würde in dem Zusammenhang schon interessieren, wie die 8 Millionen Euro, die die SPD aus ihrem Imperium im Bereich Zeitschriften und Medien bekommt, zu betrachten sind, gerade dann, wenn man Anzeigen verkauft und denjenigen, die jährlich Anzeigen dort schalten, dann ein Abendessen in einem großen Berliner Hotel verspricht und ihnen in Aussicht stellt, sie dort mit entsprechenden Persönlichkeiten der SPD zusammenzuführen, wie das bei der Zeitung Vorwärts passiert.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Für die FDP-Fraktion spricht jetzt Professor Dr. Zielke. Bitte sehr!

Es liegt offenbar die Bitte um eine Kurzintervention vor. Das haben wir wegen des Präsidentenwechsels übersehen. - Frau Zimmermann erhält das Wort zu einer Kurzintervention auf Herrn Biester. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Biester sagte eben: Spenden sind natürlich willkommen. Wenn man Spenden bekommen hat, will man sich natürlich für das Engagement bedanken. Da stellt sich natürlich die Frage: Wie bedankt man sich denn? Bedankt man sich dann so, wie die Spender sich das wünschen, also entsprechend den Wünschen der Spender? Das ist doch hier zu fragen.

Ich habe mich neulich einmal mit jemandem unterhalten, der mich fragte: Warum macht ihr das in der Politik eigentlich nicht so wie im Sport? Dann weiß man zumindest, woran man ist. Die Sportler haben ihre Werbung, die zeigt, von wem sie gesponsert werden, auf dem T-Shirt, auf der Mütze, an der Hose, an der Jacke. Das wäre eine Möglichkeit;

(Zustimmung bei der LINKEN)

denn dann wüsste man, in welche Richtung man gucken kann, wie Wünsche beurteilt werden.

Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, die man hier umsetzen könnte, nämlich die Bandenwerbung. Wir könnten hier hinten eine Bande aufstellen. Dann könnte man jeweils hinter den Fraktionen die Sponsoren nennen. Auch das würde zur Aufklärung beitragen.

Danke schön.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Dr. Biester möchte antworten.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Dann be- kommt er ein Allianz-Hemd!)

Herr Präsident! Frau Zimmermann, wenn Sie auf Spenden so reagieren, dass Sie letzten Endes meinen, Sie müssten den Spendern auch gefällig sein und das tun, was die sagen, dann ist das Ihre Sache. Dann verstoßen Sie allerdings gegen das Gesetz, in dem es nämlich heißt, dass unter solchen Umständen die Spenden nicht angenommen werden dürfen.

Bei uns ist das anders. Wir haben programmatische Aussagen, und wir finden Menschen, die diese Aussagen in Ordnung finden und uns dafür unterstützen. Diese Spenden nehmen wir an. Damit ist überhaupt kein Zwang oder kein Bedürfnis verbunden, uns hinterher, wie Sie meinen, erkenntlich zu zeigen. So finden Spenden bei uns nicht statt.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Das glau- ben Sie doch selbst nicht! - Gegenruf von Ulf Thiele [CDU]: Das können Sie sich nicht vorstellen! Das sind nämlich anständige Demokraten!)

Jetzt spricht Herr Professor Zielke für die FDPFraktion. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Antrag enthält neben einigen Dingen, über die man durchaus reden könnte, eine Menge Fragwürdiges. Wo es schwierig wird, bleibt er an der Oberfläche, und in der Begründung findet sich statt Substanz eine Menge Polemik.