Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Von den vorübergehenden Höhen einer Regierungsneubildung in die anhaltenden Ebenen der Arbeit. - Rund 40 000 ha, knapp doppelt so viel wie die Fläche der Stadt Hannover, beträgt die Gesamtfläche, die im niedersächsischen Landes-Raumordnungsprogramm für den Abbau von Rohstoffen wie Sand, Kies, Festgestein, Ton oder Torf vorgesehen ist. Wer aus dem Emsland, den niedersächsischen Küstenlandkreisen oder dem Raum Osterholz kommt, der kennt die jahrelangen Konflikte gerade um den Torfabbau, der ja besonders viel Fläche in Anspruch nimmt. Andernorts reißt der Abbau von Sand, Kies, Ton, Gips und Festgestein riesige Wunden in die Landschaft. Durch unseren in den letzten Jahren kaum gebremsten Hunger nach
Rohstoffen gehen nach wie vor wertvolle Flächen für den Naturschutz und wertvolle Böden verloren, die wir für die Nahrungsmittelproduktion oder für die Produktion nachwachsender Rohstoffe dringend brauchen.
Wenn wir es mit der Reduzierung unseres Flächenverbrauchs, der ja von allen Parteien immer wieder gefordert wird, wirklich ernst meinen, dann dürfen wir nicht nur an Bodenversiegelung, Gebäude und Straßen denken, sondern dürfen auch den Flächenverbrauch durch den oberflächennahen Abbau von Rohstoffen nicht länger ignorieren.
Meine Damen und Herren, in vielen Fällen lassen sich diese Rohstoffe längst durch Recyclingprodukte ersetzen. Torf gehört ins Moor und nicht in den Garten oder in den Blumenkübel.
Dafür ist Kompost wesentlich besser geeignet. Wir müssen deshalb den Absatz dieser Recyclingprodukte fördern, indem wir sie gegenüber den natürlichen Rohstoffen wirtschaftlich besserstellen. Wir legen Ihnen dazu heute den Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Bodenschätzeförderabgabe vor, mit der wir im Wesentlichen drei Ziele erreichen wollen.
Erstens wollen wir wirtschaftliche Anreize setzen, damit natürliche Rohstoffe möglichst sparsam genutzt und, wo das möglich ist, durch Recyclingprodukte ersetzt werden, damit wir den Flächenverbrauch endlich reduzieren.
Zweitens soll sich, wer eine Ressource wie Sand, Kies, Ton, Gips oder Torf nutzt und dadurch durchaus auch die Allgemeinheit belastet, gezielt an der Finanzierung von Maßnahmen des Natur- und Bodenschutzes beteiligen.
Drittens und durchaus nicht letztens - das ist gerade in dieser Zeit mit den größten Haushaltslöchern und Schuldenbergen aller Zeiten nicht ganz unwichtig - wollen wir Einnahmen erzielen, um diese dann gezielt für den Landschafts-, Natur- und Bodenschutz einsetzen zu können, der von dieser Landesregierung als Stiefkind behandelt und sträflichst vernachlässigt wird.
Wenn ich die aktuellsten mir vorliegenden Zahlen über die Abbaumengen in Niedersachsen mit den von uns vorgesehenen Abgabesätzen zugrunde lege, dann kommen jährlich immerhin brutto rund 58 Millionen Euro zusammen. Natürlich wird das in den folgenden Jahren weniger werden, wenn zu
nehmend Recyclingprodukte eingesetzt werden. Aber genau das ist ja das Ziel ökologisch motivierter Abgaben.
Meine Damen und Herren, wir bewegen uns hier im Bereich der konkurrierenden Gesetzgebung. Der Bund sieht bisher keine Abgabe auf die Förderung der im Gesetzentwurf genannten Bodenschätze vor. Auch in anderen Bundesländern gibt es nichts Vergleichbares. Niedersachsen könnte und sollte hier also beispielhaft wirken.
Das Instrument, die Nutzung von Ressourcen mit einer Abgabe zu belegen, ist nicht neu, auch für Niedersachsen nicht. Das Land erhebt auf die Förderung von Gas und Öl eine Abgabe. Auch der 1992 in Niedersachsen eingeführte Wasserpfennig ist letztlich nichts anderes als eine Ressourcennutzungsabgabe. Am Wasserpfennig kann man übrigens auch sehen, dass dieses Instrument durchaus funktioniert: Der Wasserverbrauch ist seit 1992 deutlich zurückgegangen.
Die Frage lautet also nicht „Wieso wollen wir eine Abgabe auf Sand, Kies, Ton, Torf und Gips erheben?“, sondern die Frage lautet vielmehr: Warum eigentlich erst jetzt und nicht schon viel früher?
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich die Frage der rechtlichen Zulässigkeit einer vom Land erhobenen Bodenschätzeförderabgabe noch einmal konkretisieren. Der oberflächennahe Abbau von Rohstoffen gehört zur Materie des Bergbaus und unterliegt damit der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern. Da der Bund für die im Gesetz genannten Bodenschätze keine abgabenrechtlichen Regelungen getroffen hat, sind die Länder hier gesetzgebungsbefugt. Das hat im Übrigen auch Professor Hendler von der Universität Trier in einem Rechtsgutachten für die Landkreise am Niederrhein bestätigt. Dort wird eine Abgabe auf die Förderung von Sand und Kies parteiübergreifend gefordert. Professor Hendler hält eine solche Abgabe für eindeutig zulässig.
Unser Gesetzentwurf sieht ein sehr schlankes Verfahren für die Erhebung der Abgabe vor. Die Abbauunternehmen teilen dem Finanzamt einmal jährlich die Abbaumengen mit. Diese Daten liegen in den Unternehmen ohnehin vor. Auf dieser Grundlage erstellt das Finanzamt den Abgabenbescheid. Mit den ohnehin erhobenen Statistikdaten und den systematischen und risikoorientierten Stichproben können diese Angaben mit geringem
Aufwand auf Plausibilität geprüft werden. Die Fälle der Befreiung von der Abgabenpflicht, wie z. B. beim Material für Deichbau und bei nicht kommerziellem Abbau, sind überschaubar und klar abgrenzbar. Also ein insgesamt sehr schlankes Verfahren.
Auch die Abgabensätze sind sehr moderat: 50 Cent je Tonne Festgestein oder 1 Euro für Sand und Kies - das sind wirklich keine Abgabenhöhen, die ein Abbauunternehmen aus dem Lande treiben könnte. Die Bodenschätze ließen sich sowieso nicht mitnehmen. Die Höhe der Transportkosten ist für ein wirtschaftliches Angebot der Unternehmen sehr viel entscheidender als diese Abgaben.
Wir haben die Abgabenhöhe an zwei Kriterien bemessen: am Marktwert des jeweiligen Rohstoffes und an dem mit seiner Gewinnung verursachten Eingriff in die Natur. Da ist klar, dass Torf trotz seines relativ geringen Marktwertes höher belastet wird als Sand oder Kies.
Meine Damen und Herren, das ist unser Vorschlag. Seine Einzelheiten sind nicht in Stein gemeißelt. Wir sind für alle guten und überzeugenden Argumente für Änderungen offen, die - das sage ich allerdings deutlich - auf ein wirkungsgleiches Ergebnis abzielen. Ich freue mich deshalb auf eine konstruktive Beratung im Ausschuss.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Klein, Sie sagen, Torf gehört nicht in den Blumentopf, sondern ins Moor. Vermutlich sind Sie auch der Meinung, dass Bäume in den Wald gehören und nicht auf das Dach oder in den Kamin. Nicht der Bund wird das regeln, sondern die Länder. Der Bund würde nie auf den Bolzen kommen, eine solche Besteuerung vorzunehmen.
Sehr geehrte Damen und Herren, in NRW hat sich die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen mit der Forderung nach Einführung eines „Kieseuro“ eine blutige Nase geholt. Warum nicht auch in Niedersachsen? - Ein Gesetzentwurf der Grünen in NRW zur Einführung einer Abgabe auf die Entnahme von Kie
sen und Sanden wurde nach erster Beratung im Januar und zweiter Beratung am 25. März 2010 abgelehnt.
Der Ausschuss für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz sowie der Ausschuss für Wirtschaft, Mittelstand und Energie haben die Empfehlungen so gegeben. Die Mehrheitsfraktionen CDU und FDP haben eine kluge Entscheidung getroffen.
Jetzt und heute haben wir hier in Niedersachsen erneut das gleiche Thema. Dem Niedersächsischen Landtag liegt der Entwurf eines Gesetzes zur Erhebung einer Bodenschätzeförderabgabe vom 15. April 2010 vor. Es geht also nicht nur um Kies und Sand. - Meine Damen und Herren, so sind sie halt, die Grünen! Wenn man in einem Bundesland scheitert, probiert man es halt in einem anderen Bundesland.
(Zustimmung von Ingrid Klopp [CDU] - Kreszentia Flauger [LINKE]: Die glau- ben halt an das Gute im Menschen! - Weitere Zurufe - Glocke des Präsi- denten)
Aber so einfach läuft das nicht. Wir haben den Antrag natürlich genau zu prüfen, auszuwerten und dann darüber zu entscheiden. Meine Prognose lautet: Ablehnung.
Verehrte Zuhörerinnen und Zuhörer, es gibt in unserem Land nur wenig Bodenschätze. Dennoch gibt es Sand, Kies, Naturstein, Gips, Ton und Torf. In diesen Bereichen gibt es viele Arbeitsplätze, und zwar nicht nur im hoch qualifizierten Bereich. Mit der Erhebung einer Abgabe, wie in Ihrem Antrag gefordert, belasten Sie diese Arbeitsplätze. Deshalb müssen wir genauer hinschauen; denn wir dürfen diese Arbeitsplätze nicht gefährden.
Es ist den Grünen wahrscheinlich lieber, diese Güter und Rohstoffe aus anderen Ländern mit Schiffen oder mit der Bahn nach Niedersachsen zu importieren. Umweltfreundlichkeit bedeutet aber auch, dass man Sand und Kies dort abbaut, wo das Material gebraucht wird, um einen hohen Energieverbrauch für weite Transporte zu vermeiden.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, Sie schreiben in Ihrem Gesetzentwurf, dass der oberflächennahe Abbau von Bodenschätzen im Widerspruch zu den Zielen der biologischen Vielfalt und der Reduktion des Flächenverbrauchs steht. Sie haben genaue Vorstellungen, wie hoch die Förderabgabe sein soll: 1 Euro pro Tonne Sand und Kies, 0,50 Euro pro Tonne Naturstein, 1,50 Euro pro Tonne Gips und Ton, 2 Euro pro Kubikmeter Schwarztorf und 3 Euro pro Kubikmeter Weißtorf.
Herr Kollege, jetzt unterbrechen Sie bitte kurz. - Ich möchte, dass die Gespräche in den Fraktionen eingestellt, mindestens aber deutlich reduziert werden. - Fahren Sie bitte fort!
An Ausnahmeregeln haben Sie auch gleich gedacht. Der Rohstoffverbrauch für den Deichbau soll abgabenfrei bleiben. Es muss nach Ihrer Meinung ja auch irgendwo Bürokratie aufgebaut werden. 58,8 Millionen Euro Einnahmen haben Sie errechnet. Sie erkennen aber schon jetzt, dass diese Einnahmen rückläufig sein werden, weil die Rohstoffgewinnung in Niedersachsen wegen dieser Abgabe zurückgehen und in andere Länder verlagert werden wird.
Sie schreiben ferner: „Auswirkungen auf Familien - Keine.“ Wie viele Arbeitsplätze durch zusätzliche Abgaben gefährdet und wie viele Familien dadurch betroffen werden, blenden Sie aus.
1993 wurde in Niedersachsen bereits die Wasserabgabe eingeführt. Wie viele Belastungen verträgt die Wirtschaft? Wie viele Belastungen verträgt der Bürger? - Gut, dass es in Berlin eine Regierung gibt, die über Steuer- und Abgabensenkung nachdenkt, so wie auch in Niedersachsen Politik betrieben wird!