Protokoll der Sitzung vom 27.04.2010

Zu einer Kurzintervention erteile ich Frau Kollegin Helmhold das Wort. Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Bley, ich glaube kaum, dass sich mein Kollege auf die Auseinandersetzung oder die Beratung im Ausschuss freuen wird, jedenfalls nicht, wenn die Beratungen so ablaufen wie hier eben - eine fertig vorbereitete Rede, in der Sie nicht auf ein einziges Argument eingehen, das mein Kollege in seiner Rede vorgetragen hat. Ich hoffe, dass das im Ausschuss anders wird.

Ich möchte Ihnen auch empfehlen, Herr Bley, sich einmal in meinem Wahlkreis - ich komme aus Schaumburg - umzuhören, um zu erfahren, wie die Menschen dort denken. Das Wesertal ist fast komplett ausgekiest, da ist ein Loch neben dem anderen. Daneben sind unsere Berge im weiten Umkreis abgeknabbert. Ich lade Sie gerne zu einem Rundflug mit dem örtlichen Segelflugverein ein, um sich das einmal angucken.

Bei uns ruft der Berg nicht mehr, der Berg ist schon zu den Menschen gekommen, weil durch den Abbau die Berge abrutschen und plötzlich an ganz anderen Stellen sind, als man sie normalerweise vermutet. Die Leute bei uns haben die Nase voll davon, dass ihnen ihre Heimat weggebaggert, weggeschafft und ausgekiest wird. Die Menschen wollen ihre Berge und ihre Heimat behalten. Sie wollen auch den Tourismus als Wirtschaftsfaktor erhalten.

Die Städte dort verabschieden Resolutionen - da stimmen übrigens Ihre Leute immer schön mit - und sagen: Keine weitere Auskiesung mehr hier bei uns. Kein weiterer Abbau von Bergen. Von uns kriegt ihr keinen einzigen Berg mehr. - Darunter sind auch Ihre Leute. Ich empfehle Ihnen sehr, sich das noch einmal anzugucken, ehe Sie in die Ausschussberatungen gehen.

Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD, bei den GRÜ- NEN und bei der LINKEN)

Möchte die CDU-Fraktion, Herr Kollege Bley, dazu Stellung nehmen? - Bitte! Das Verfahren ist bekannt: maximal anderthalb Minuten.

Frau Helmhold, ich nehme die Einladung gerne an.

(Zuruf von den Grünen: Bravo!)

Auch ich werde Sie einladen und Ihnen dann diese Arbeitsplätze, die dort entstanden sind, einmal zeigen. Ich möchte nicht, dass diese Arbeitsplätze verloren gehen. Wenn Sie genau zugehört hätten, wäre Ihnen aufgefallen, dass ich auf die Argumente eingegangen bin. Nur, meine Ausführungen haben Ihnen nicht gepasst. Ich habe da etwas herausgepickt, was man so nicht stehen lassen kann.

(Zustimmung bei der CDU)

Deshalb kann Ihr Gesetzentwurf nicht einfach blind akzeptiert werden.

In der Tat sind hier Arbeitsplätze entstanden, die wir wirklich brauchen. Sie sagen, dort dürfe Kies nicht abgebaut werden. Um meine Aussagen nochmals zu untermauern: Wir müssten dieses Material aus aller Welt herholen und könnten hier unsere Gebäude und unsere Straßen vielleicht nicht mehr bauen. Wir brauchen das Material, und mit Rücksicht auf die Umwelt sollten wir die Bodenschätze, die wir haben, auch sinnvoll einsetzen. Ich bin strikt gegen eine Abgabe.

Wir werden uns in den Ausschussberatungen intensiv weiter mit diesem Thema beschäftigen.

Schönen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Jetzt hat der Kollege Meyer von der SPD-Fraktion das Wort.

(Unruhe)

- In einem bestimmten Teilbereich der CDUFraktion sehe ich rege Unterhaltungen. Ich bitte, diese Unterhaltungen einzustellen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Kollege Bley, ich hätte an dieser Stelle jetzt nicht das große Geschütz aufgefahren. Ich glaube, das ist dem Thema gar nicht angemessen, das kann man anders und einfacher abhandeln.

Auch bei diesem Gesetzentwurf gilt sicherlich das sogenannte Struck’sche Gesetz: Ein Gesetz wird

am Ende sicherlich nicht so verabschiedet, wie es hier eingebracht wurde.

(Björn Thümler [CDU]: Was für ein Gesetz?)

- Das Struck’sche Gesetz. Das kennen Sie doch auch, Herr Thümler. Wenn Sie erst einmal so weit sind, wird man so etwas vielleicht auch nach Ihnen benennen.

(Wolfgang Jüttner [SPD]: Da kommt der nie hin!)

- Das weiß man ja nie so genau.

Bevor ich es später vergesse, bitte ich darum, dass wir den Gesetzentwurf auch im Agrarausschuss mitberaten können, weil es an dieser Stelle ja auch um Fragen der Raumordnung geht. Wenn wir schon einen breiten Fächer von Ausschüssen beteiligen, dann sollten wir sinnvollerweise auch den Agrarausschuss beteiligen.

(Zustimmung bei den GRÜNEN)

Ich habe auch einige Fragen zu dem Gesetzentwurf, weil ein Teil der Probleme eben schon deutlich geworden ist. Es gibt solche Regelungen ja bereits in anderen Bundesländern. In Brandenburg und in Thüringen gibt es Abgabensätze für Bodenschätze, die allerdings sehr viel geringer sind als die im vorliegenden Gesetzentwurf angedachten. Natürlich habe ich mir auch die Debatte in Nordrhein-Westfalen durchgelesen, Herr Bley. Dort ging es um die Konkurrenz zu den Niederlanden. Bei Torf ist das übrigens auch bei uns so. Es ist natürlich eine feine Methode, im eigenen Land, also in den Niederlanden, alles unter Naturschutz zu stellen und dann nebenan alles abzubaggern. Das ist eine klasse Nummer.

Der erste Satz des Gesetzentwurfes lautet: „Der oberflächennahe Abbau von Bodenschätzen steht im Widerspruch zu den Zielen des Schutzes der ökologischen Vielfalt und der Reduktion des Flächenverbrauchs.“ Dann wäre es natürlich am sinnvollsten, man würde gar nichts mehr abbauen! Dann hätte man zwar auch keine Einnahmen, aber man würde auch nichts mehr beeinträchtigen.

Mal ganz nebenbei und nicht ganz ernsthaft gesagt: Ein marines Ökosystem ist auch ein Ökosystem, halt nur ein anderes. Das kann auch sehr schön sein. Das ist übrigens an der Weser an einigen Stellen vorbildlich gelöst.

(Christian Dürr [FDP]: Das stimmt!)

Da ich von dort komme, kenne ich sowohl den Kiesabbau als auch den Torfabbau und weiß, Herr Große Macke, dass sich so mancher Landwirt bei uns über den Kiesabbau auch saniert hat. Das war auch ein feiner Nebeneffekt an dieser Stelle.

(Karl-Heinrich Langspecht [CDU]: Darum geht es nun überhaupt nicht! - Zuruf: Ja, wer viel Kies hat!)

- Ja, wer viel Kies hat. Eben.

Ich glaube, man muss auch eine Vergleichbarkeit herstellen. Es ist schon seltsam, dass die Bundesländer hier so unterschiedlich agieren. Wenn ein Bundesland richtig zuschlägt, dann wandert man ins Nachbarland ab. Das kann nicht wirklich sinnvoll sein. Wenn sich die Bundesrepublik da generell ausklinkt, dann könnte es in der Tat möglich sein, dass man das benötigte Material aus den Nachbarländern holt.

Ganz nebenbei, Herr Kollege Klein: Ich habe gelesen, am Verbrauch von Kies ist die öffentliche Hand mit 53 % beteiligt. Das heißt, wir würden, wenn es bei 1 Euro bliebe, dieses Geld einnehmen, aber gleichzeitig wieder ausgeben, weil ja der Einkauf teurer wäre. Das wäre also ein Nullsummenspiel, was an dieser Stelle wirklich nicht so prall wäre.

Darüber hinaus stellt sich die Frage: Warum sollen eigentlich die Einnahmen aus einer solchen Förderabgabe, wenn man ihr denn zustimmt, in den Taschen von Herrn Möllring landen? - Dass der dann ein Dollarzeichen in den Augen hat, kann ich mir vorstellen. Meines Erachtens wäre es aber viel sinnvoller, wenn man die Einnahmen bei den Kommunen lassen würde, die davon - - -

(Minister Hartmut Möllring: Gesetzli- ches Zahlungsmittel ist der Euro!)

- Ja, Herr Möllring, aber dann passt das Wortspiel nicht so schön. Aber beim Euro bekommen Sie auch glänzende Augen.

Ich möchte darauf hinweisen, dass einige Kommunen in Niedersachsen, z. B. die Gemeinde Rosengarten in der Nähe von Hamburg, von solchen Gebieten umzingelt sind und überhaupt keine Möglichkeiten mehr haben. Anhand eines solchen Beispieles kann man sehr schön deutlich machen, dass es auch zu weit gehen kann. Für solche Fälle braucht man vernünftige Regelungen. Dafür bin auch ich. Wenn man das auf solch eine Art und Weise steuern kann, dann sollte man das tun. Große Bedenken hätte ich aber gegenüber einem

ganz generellen und ganz pauschalen Vorgehen in ganz Niedersachsen.

Was mir an dieser Stelle ein wenig zu kurz kommt, ist die ja auch jetzt schon geforderte Renaturierung. Ich hätte mir vorstellen können, dass man das eingenommene Geld nutzt, um auch Renaturierungsmaßnahmen mit zu fördern. An der Stelle sollten nicht nur die Unternehmen einbezogen werden, die solche Maßnahmen ja auch jetzt schon durchführen müssen, sondern man sollte die staatlichen Gelder draufsatteln, um solche Renaturierungsmaßnahmen etwas umfangreicher durchzuführen.

Es gibt noch eine Reihe von Detailfragen, die wir aber noch später im Ausschuss klären können. Meines Erachtens müsste klar sein - die von Ihnen gewählte Formulierung macht mir das nicht klar genug -, ob Sie mit Ihrer Gesetzesinitiative vorrangig ein fiskalisches Ziel anstreben oder ob Ihre Initiative vorrangig ökologisch ausgerichtet ist. Alles gleichzeitig ist an dieser Stelle nicht möglich. Man muss deutlich machen, wohin man will.

(Zuruf von Hans-Jürgen Klein [GRÜNE])

- Das kann man sicherlich tun. Dann muss man aber das machen, was ich vorhin schon gesagt habe. Man muss das Vorgehen mit Brandenburg und Thüringen abgleichen, und man muss mit anderen Bundesländern, die in diesem Bereich schon tätig geworden sind, das Gespräch suchen. Die Bundesländer, die ich gerade genannt habe, Herr Klein, haben aber nicht alle der von Ihnen aufgelisteten Bodenschätze mit einer Bodenschätzeabgabe belegt. Ich habe nicht nachgeguckt, ob Bayern oder Baden-Württemberg, wo es ja Tonlagerstellen gibt, so etwas machen. Es ist aber durchaus sinnvoll, darüber nachzudenken.

Ich habe an einer Stelle den Hinweis darauf gefunden, dass ein Mensch im Laufe seines Lebens durchschnittlich 350 t Kies, aber nur 25 t Ton verbraucht. Angesichts dessen sollte einmal darüber nachgedacht werden, ob es im Endergebnis notwendig ist, an dieser Stelle eine gesetzliche Regelung zu treffen.

Also: Wir werden über Ihren Gesetzentwurf im Ausschuss beraten. Was dabei am Ende herauskommen wird, weiß ich heute wirklich noch nicht.

(Beifall bei der SPD)