Protokoll der Sitzung vom 28.04.2010

sachgerechte Lösung herbeizuführen. Das kann die Teilung des Grundstücks, die Berücksichtigung eines höchstmöglichen Erschließungskostenabschlags oder die Entschädigung für das Haus des Erbbaurechtsnehmers mit einer Weitervermietung an denselben sein. Darüber hinaus sollte die Klosterkammer zukünftig verstärkt prüfen, ob es nicht möglich ist, die Grundstücke an kaufwillige Erbbaurechtsnehmer zu veräußern und den Verkaufserlös im Sinne des Stiftungszweckes zu reinvestieren. Meiner Meinung nach könnten hier auch Landesliegenschaften einbezogen werden.

Die Klosterkammer steht als Erbbaurechtsgeber mit ihrer dominanten Stellung vor neuen Herausforderungen; denn der demografische Wandel wird die Nachfrage nach Bauland und Wohnungseigentum sinken lassen. Deshalb kann sie nur durch ein flexibles und serviceorientiertes Handeln unter selbstverständlicher Einbeziehung des Stiftungszwecks bestehen und damit die Herausforderungen, die in der Zukunft vor ihr liegen, und die bestehenden Herausforderungen bewältigen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Als Nächster hat sich Herr Grascha von der FDPFraktion zu Wort gemeldet. Bitte schön, Herr Grascha!

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Thema „Erbbaurecht und Klosterkammer“ beschäftigt in der Tat zurzeit viele Menschen in unserem Land und insbesondere in verschiedenen Regionen so z. B. in Northeim, Einbeck oder Wolfsburg. Insofern begrüße ich es außerordentlich, dass wir hier heute mit einer breiten Mehrheit einen Antrag beschließen können, der von CDU, SPD, FDP und Grünen getragen wird. Ich bedanke mich herzlich bei den Sprecherkolleginnen und -kollegen für das gute Miteinander bei diesem Antrag.

(Beifall bei der CDU)

Meine Damen und Herren, den Freien Demokraten geht es in diesem Antrag vor allem darum, auf der einen Seite das Erbbaurecht nicht grundsätzlich infrage zu stellen und natürlich auch die Arbeit der Klosterkammer nicht unnötig zu erschweren, und andererseits darum, die Bedenken und Anregungen der betroffenen Bürgerinnen und Bürger zu berücksichtigen. Wir haben vor Kurzem in diesem Raum den Klosterkammertag gefeiert. Dabei ha

ben wir eindrucksvoll erfahren, wie wertvoll die Arbeit der Klosterkammer für unser Land ist. Viele Erträge werden in gute Projekte investiert: zum Erhalt von Baudenkmälern, zur Förderung von Kultur- und Jugendarbeit oder in andere Projekte.

Mit unserem Antrag wollen wir aber dennoch eine deutliche Botschaft an die Klosterkammer aussenden, dass sie manches anders und besser machen muss. Wir wollen beispielsweise den Menschen helfen, die durch Wertanpassungen in eine wirtschaftliche Notlage geraten. Aber um es gleich vorwegzunehmen: Damit meine ich nicht die plumpe prozentuale Erhöhung. Frau Heiligenstadt hat hier soeben ein Beispiel von 500 % genannt. Darum geht es nicht. Es geht vielmehr darum, ob jemand den zukünftigen Zins aus seinem Einkommen nicht mehr zahlen kann. Das ist aus meiner Sicht eine wirtschaftliche Notlage. Hierfür muss die Klosterkammer offensiver Lösungen anbieten. Zum Teil geschieht dies heute schon.

(Ronald Schminke [SPD]: Es geht um beides!)

Wir wollen außerdem voranbringen, dass unsere Kommunen bei der Bauflächenplanung einen gesunden Eigentümermix herstellen und darauf achten. Das ist ebenfalls ein sehr wichtiger Punkt.

Wir wollen, dass bei Wertanpassungen nicht nur der Verbraucherpreisindex herangezogen wird, sondern auch die Entwicklung der Einkommen. Ich füge an der Stelle hinzu: Bei zukünftigen Verträgen muss das nicht nur ein möglicher Nettolohnindex oder der Bruttolohnindex sein; es gibt recht unterschiedliche Indizes, die man hierbei in Kombination berücksichtigen kann.

Meine Damen und Herren, der Änderungsantrag der Fraktion DIE LINKE ist allerdings an Ungenauigkeit, Anbiederung und Sachunkenntnis kaum zu überbieten.

(Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Na, na, na! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Jetzt aber mal ein bisschen freundli- cher!)

- Wir sind hier jetzt mit vier Fraktionen einig. Da muss man doch an einer Stelle einmal ein bisschen kritisieren.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Reagie- ren Sie sich nur ab, wenn Sie es brau- chen!)

Dies überrascht allerdings nicht; denn es ist ja bekannt, dass Sie ein durchaus gestörtes Verhältnis zum Eigentum haben.

(Oh! bei der LINKEN)

So sehen wir beispielsweise bei Punkt eins, dass die Anpassungsklausel geändert werden soll. So steht es dort. Die Frage ist aber doch, was geändert werden soll. Das sollten Sie schon konkretisieren. Ein Ankaufsrecht per Zwang, das Sie ebenfalls fordern, kommt aus unserer Sicht einer Enteignung gleich, schwächt die Grundeigentümer und macht zukünftige Erbbaurechtsverträge zunichte.

Sie fordern außerdem, dass der volle Verkehrswert für eine Immobilie vom Erbbaurechtsgeber bezahlt wird. Aber das, meine Damen und Herren von der LINKEN, geht doch völlig an der Realität vorbei. Schon heute ist es so, dass es in der Regel dem Marktwert entspricht, wenn zwei Drittel des Verkehrswertes entschädigt werden. Insbesondere in den Gebieten, in denen die Immobilienmärkte schon heute unter Druck sind, sind die Menschen dankbar, wenn sie überhaupt den Marktwert und ihn dann auch noch sofort bekommen. Hierüber sollten Sie sich in den Gebieten, in denen der Bevölkerungsrückgang ganz besonders zu Buche schlägt, einmal schlau machen.

Zusammenfassend möchte ich festhalten: Es ist gut, dass wir eine gemeinsame Botschaft ins Land schicken. Es ist gut für die Betroffenen, aber es ist auch gut für die Klosterkammer.

Vielen Dank.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU - Dr. Manfred Sohn [LINKE]: Jetzt hö- ren Sie gut zu!)

Nächster Redner ist Herr Adler für die Fraktion DIE LINKE. Ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Debatte über die sozialen Probleme, die es bei der Umsetzung des Erbbaurechtsgesetzes in Niedersachsen gegeben hat und die sich angehäuft hatten - auf die Bürgerbewegung, die es dazu gibt, ist schon eingegangen worden -, begann hier im Landtag mit der Vorlage eines Antrages der SPD-Fraktion, der sicherlich gut gemeint war, in mancher Hinsicht aber doch etwas unglücklich formuliert war. Darin wird die Landesregierung

aufgefordert, rechtlich bindend auf die Erbbaurechtsgeber einzuwirken. Das geht rechtlich nicht. Deswegen haben Sie an dieser Formulierung wahrscheinlich auch nicht festgehalten.

Der Antrag von CDU und FDP, der dann ins Spiel kam, beinhaltete allerdings nur Beschwichtigungen. Es heißt dort, die Erbbaurechtsberechtigten sollten informiert werden; es solle geprüft werden. Das Ziel dieses Antrages war eigentlich nur, die Protestbewegung ruhigzustellen. Etwas anderes ist daraus nicht erkennbar.

Aus diesen beiden etwas unglücklich formulierten Anträgen wurde dann ein gemeinsamer Antrag von Ihnen erarbeitet. In diesen gemeinsamen Antrag wurde unter Ziffer 4 eine Formulierung aus dem CDU-Antrag übernommen. Ich lese Ihnen diese Passage einmal vor. Sie müssen sich einmal überlegen, was Sie dort geschrieben haben. Die Landesregierung wird aufgefordert, darauf hinzuwirken, dass „die niedersächsischen Städte und Gemeinden bei der Ausweisung von Baulandflächen auf einen gesunden Eigentümermix achten“.

Zunächst einmal wundere ich mich, dass Sie seitens der Landesregierung auf einmal die Kommunen zu etwas auffordern. Als unsere Fraktion einmal dazu aufgefordert hat, dem Bündnis gegen Rassismus beizutreten, hieß es unter Hinweis auf das kommunale Selbstverwaltungsrecht, zu so etwas dürfe man nicht auffordern. Diese Hemmungen haben Sie bei dieser Frage nicht.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Zweierlei Maß!)

Vergegenwärtigen Sie sich doch einmal, was die Kommunen dann machen sollten. Die Ausweisung von Baulandflächen erfolgt durch die Bauleitplanung. In der Bauleitplanung kann doch nicht ein Eigentümermix geregelt werden. Man kann in diesem Rahmen nicht die Eigentumsverhältnisse ordnen. Das geht doch gar nicht. Es ist insofern absoluter Unfug, was Sie dort geschrieben haben. Es handelt sich also wirklich um nichts anderes als ein Ablenkungsmanöver von CDU und FDP, auf das Sie von der SPD leider hereingefallen sind. Ich finde es bedauerlich, dass Sie dies in die gemeinsame Resolution übernommen haben.

(Reinhold Hilbers [CDU]: Das ist keine Resolution, sondern ein Entschlie- ßungsantrag!)

Ich will Ihnen nun sagen, was in unserer Resolution steht. Wir haben nämlich auch etwas übernommen. Wir haben den gemeinsamen Antrag der

Fraktionen im Rat der Stadt Wolfsburg übernommen, der dort von den Fraktionsvorsitzenden Werner, Bachmann, Slink und Weist unterschrieben worden ist. Dieser gemeinsame Antrag der Fraktionen ist sehr viel weitgehender und sehr viel entschiedener. Er bildet sozusagen den ersten Teil der Entschließung, die wir formuliert haben, mit den Forderungen an die Landesregierung. Liebe Kolleginnen und Kollegen von den Grünen und von der SPD, hinter diese Forderung hätten Sie eigentlich nicht zurückfallen sollen. Ihre Ratskollegen in Wolfsburg waren in dieser Hinsicht weiter.

(Beifall bei der LINKEN)

Im zweiten Teil sind wir auf das eingegangen, was auf Bundesebene geschehen muss. Dort ist der Bundesrat gefragt. Die Erbbaurechtsverordnung von 1919 war natürlich eine große soziale Tat. Sie ist aber wenige Wochen nach der Novemberrevolution erlassen worden. Sie war mit heißer Nadel genäht. Es wurden nicht alle Probleme bis zuletzt bedacht. Deswegen besteht heute ein Reformbedarf. Die Rechtsstellung der Erbbaurechtsberechtigten muss gestärkt werden, z. B. in der Frage, dass dann, wenn ein Gebäude wieder an den Grundstückseigentümer zurückfällt, derjenige, der das Gebäude errichtet hat, verlangen kann, dass er nicht nur zwei Drittel, sondern 100 % des Wertes des Gebäudes ersetzt bekommt. Wenn er diesen Anspruch hat, hat er eine andere Ausgangsposition in den Verhandlungen, in denen es eventuell um die Fortführung des Erbbaurechts geht. In dieser Frage müssten wir den Erbbaurechtsberechtigten durch eine Änderung des Bundesgesetzes dringend stärken. Das ist das Anliegen unseres Antrages.

(Beifall bei der LINKEN)

Zu dem Beitrag von Herrn Adler liegen zwei Wortmeldungen zu Kurzinterventionen vor. Zunächst hat Herr Heidemann das Wort. Ihm folgt Frau Heiligenstadt. Herr Heidemann, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Adler, Sie haben die Formulierung betreffend die Ausweisung des Baulandes anscheinend nicht verstanden. Meine Erfahrung ist diese: Wenn ich die Erbbaurechtsnehmer frage, warum sie, wenn die Gegebenheiten so schlecht seien, überhaupt auf einem Grundstück der Klosterkammer mit Erbbaurecht gebaut haben, bekomme ich sehr häufig

die Antwort: Wir hatten gar keine Alternative, weil in unserem Dorf oder in unserer Stadt nur die Klosterkammer Grundstücke für Bauwillige zur Verfügung gestellt hat. - Herr Adler, eigentlich muss jede Kommune, wenn sie Bauland ausweist, darauf achten, dass nicht nur Erbbaurechtsgrundstücke, sondern auch Kaufgrundstücke ausgewiesen werden. Dann ist zumindest für die Zukunft gewährleistet, dass man einen gesunden Mix hat, dass der Bauwillige ein Grundstück kaufen kann.

(Beifall bei der CDU)

Frau Heiligenstadt, Sie haben jetzt zu einer Kurzintervention für anderthalb Minuten das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Kolleginnen und Kollegen! Herr Adler, wie ich in meiner Rede vorhin bereits ausgeführt habe, geht es natürlich auch um die Änderung des Erbbaurechtsgesetzes auf der Bundesebene. Das wird von uns auch nicht hintangestellt. Ich denke, das ist ein Thema, mit dem wir uns in Zukunft auf den Ebenen, wo wir entsprechend Einfluss haben, noch werden beschäftigen müssen. Bei diesem Antrag geht es aber nun einmal nicht darum, wer die bessere Opposition ist. Es geht für die Sozialdemokraten in diesem Landtag ganz klar darum, dass für die Betroffenen tatsächlich eine Änderung vorgenommen wird und dass die Klosterkammer ihr Verhalten ändert.

(Beifall bei der SPD)

Nur dann haben wir etwas erreicht.

Herr Adler, ich habe in den letzten Wochen mit vielen Betroffenen gesprochen. Wir haben natürlich auch über die Änderungen, die wir in dem Antrag von CDU und FDP erreicht haben, diskutiert. Mit einem Kompromiss ist man generell nicht insgesamt zufrieden. Das ist doch klar. Es geht darum, dass wir erst einmal etwas verändern, dass wir an die Klosterkammer ein Signal nach draußen schicken. Es geht hier um die gleichberechtigte Verhandlungsführung und um eine entsprechende Änderung des Verhaltens und nicht um eine Lösung nach Schema F. Ich glaube, das erwähnte Signal ist angekommen. Ich bin dankbar dafür, dass eine große Mehrheit dieses Hauses das ebenso sieht.

(Beifall bei der SPD)

Wie ich sehe, möchte Herr Adler antworten. Er hat für anderthalb Minuten das Wort. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Unsere Fraktion hat ebenfalls mit denjenigen gesprochen, die betroffen sind. Ich habe einer Sprecherin gesagt, wir würden dem gemeinsamen Antrag nicht zustimmen, weil er für uns nicht weitgehend genug sei. Das wurde von der Bürgerinitiative begrüßt. Die Mitglieder der Bürgerinitiative sind der Meinung, es handle sich um einen sehr laschen Antrag, der ihnen in der Sache nicht weiterhilft. Wenn wir uns in der Zielsetzung einig sind, Druck auf die Klosterkammer auszuüben - die rechtlichen Möglichkeiten sind in dieser Hinsicht leider sehr begrenzt -, ist es besser, in dieser Frage entschieden Opposition zu betreiben, als sich auf solch einen lauen Antrag mit der CDU zu einigen. Ich glaube, das wäre effektiver.

Dem Kollegen von der CDU-Fraktion möchte ich Folgendes sagen. Die Formulierung, die hier beschlossen werden soll, ist, auch wenn sie von Ihnen jetzt etwas erläutert worden ist, wirklich nach wie vor missverständlich. Ich mache Ihnen deshalb folgenden Vorschlag. Der Rechtsausschuss hat über diese Thematik nicht beraten. Beschließen Sie gemeinsam mit uns, diesen Punkt heute zu vertagen und im Rechtsausschuss noch einmal darüber zu beraten.

(Wilhelm Heidemann [CDU]: Das werden wir nicht tun!)