Protokoll der Sitzung vom 09.05.2008

Plant die Landesregierung eine Änderung des Versammlungsrechts?

Nach der Föderalismusreform I haben die Länder die Rechtskompetenz für das Versammlungsrecht erhalten. Einzelne Bundesländer haben bereits mit einer Reform des geltenden Gesetzes begonnen.

Ich frage die Landesregierung:

1. Plant sie eine Änderung des geltenden Versammlungsrechtes?

2. Wo sieht sie Veränderungsbedarf?

3. Bis wann plant sie dem Landtag etwaige Änderungen vorzulegen?

Das Versammlungsrecht war bis August 2006 Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit. Der Bund hat von seiner Gesetzgebungskompetenz mit dem Versammlungsgesetz vom 24. Juli 1953 Gebrauch gemacht. Im Rahmen der Föderalismusreform ist zum 1. September 2006 die Gesetzgebungskompetenz für das Versammlungsrecht vom Bund auf die Länder übergegangen.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage im namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Es ist beabsichtigt, von der im Zuge der Föderalismusreform neu übertragenden Gesetzgebungszuständigkeit Gebrauch zu machen und einen Entwurf für ein Niedersächsisches Versammlungsgesetz in den Landtag einzubringen.

Zu 2: Die Regelungen des im Jahre 1953 vom Bundesgesetzgeber erlassenen Versammlungsgesetzes werden trotz zwischenzeitlicher Ergänzungen den in den letzten Jahrzehnten eingetretenen tatsächlichen Veränderungen des Versammlungsgeschehens und den rechtlichen Entwicklungen nicht mehr gerecht. Dies hat zur Folge, dass das heute geltende Versammlungsrecht weithin durch die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts geprägt ist.

Ein neues Niedersächsisches Versammlungsgesetz soll zum Ziel haben, das Versammlungsrecht an die tatsächlichen und rechtlichen Entwicklungen anzupassen. Beispielhaft zählen hierzu:

- eine gesetzliche Definition des Versammlungsbegriffes, um die Abgrenzung zwischen Versammlungen und Veranstaltungen mit überwiegend unterhaltendem Charakter zu erleichtern;

- Regelungen zu Eil- und Spontanversammlungen, um den Besonderheiten dieser Versammlungen gerecht werden zu können;

- gesetzliche Regelungen zu den von der Rechtsprechung entwickelten Kooperationspflichten und -obliegenheiten von Versammlungsleitern, Veranstaltern und Versammlungsbehörden sowie

- für den Schutz der Würde der Opfer des Nationalsozialismus soll eine Verdeutlichung der Beschränkungsmöglichkeiten aufgenommen werden für Versammlungen, die im Hinblick auf die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft an historisch besonders sensiblen Tagen und Orten stattfinden sollen, oder für Versammlungen, durch die die nationalsozialistische Gewalt- und Willkürherrschaft gebilligt, verherrlicht, gerechtfertigt oder verharmlost werden soll.

Zu 3: Der Entwurf eines Niedersächsischen Versammlungsgesetzes soll in der laufenden Wahlperiode in den Landtag eingebracht werden.

Anlage 23

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 25 des Abg. Ralf Briese (GRÜNE)

Welche Pläne hat die Landesregierung mit den Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörden?

Der Nordwest-Zeitung vom 12. April 2008 war zu entnehmen, dass das Innenministerium an einer neuen Organisationsform für die Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörden (ZAAB) arbeitet. Konsequenz dessen könnten eine Schließung der Leitungsstabsstelle in Oldenburg und deren Verlegung nach Braunschweig und ab 2011, wenn der Mietvertrag für die Einrichtung in Blankenburg bei Oldenburg auslaufe, eine Schließung dieser Einrichtung sein. Geplant sei für Ende 2008 oder Anfang 2009 die Verschmelzung der ZAAB in Oldenburg und Braunschweig zu einer einzigen Behörde mit drei Standorten. Der Standort der neuen Leitungsstabsstelle solle Braunschweig werden. Da die Stadt Oldenburg aufgrund ihrer gegenwärtigen Eigenschaft als Standort der Leitungsstabsstelle von der quotierten dezentralen Unterbringung ausgeschlossen ist, sei bei deren Schließung mit dezentraler Unterbringung auch in Oldenburg zu rechnen, ohne dass genauere Zahlen dazu genannt werden konnten.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie sieht das neue Konzept der Landesregierung für die Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörden - insbesondere hinsichtlich der Standorte der Leitungsstabsstelle und der Einrichtungen sowie der Unterbringungskapazitäten innerhalb (zentral) und außerhalb (dezen- tral) der Einrichtungen - aus?

2. Falls für 2011 eine Schließung der Blankenburger Einrichtung vorgesehen ist, welche Konsequenzen hätte diese für Oldenburg hinsichtlich der Quoten für die dezentrale Unterbringung, und welche Nachnutzung ist für Blankenburg geplant?

3. Wird die Landesregierung die Neukonzeptionierung der ZAAB nutzen, die nachgewiesenermaßen erheblich kostengünstigere und integrationsfördernde dezentrale Unterbringung auszuweiten und die zentrale Unterbringung in den Einrichtungen einzuschränken?

Das Land Niedersachsen unterhält derzeit zur Erfüllung seiner gesetzlichen Pflicht zur Aufnahme und Unterbringung von Flüchtlingen die beiden im Zuge der Verwaltungsmodernisierung zum 1. Januar 2005 mit Sitz in Braunschweig und Oldenburg neu gebildeten Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörden (ZAAB). Diese beiden Einrichtungen mit einer Kapazität von jeweils 550 Plätzen werden multifunktional als Aufnahmeeinrichtung, Gemeinschaftsunterkunft und Ausreiseeinrichtung im Sin

ne des Asylverfahrensgesetzes und des Aufenthaltsgesetzes genutzt. Die organisatorisch der ZAAB Oldenburg zugeordnete Einrichtung in Bramsche wird darüber hinaus mit einer Kapazität von ebenfalls bis zu 550 Plätzen ausschließlich als Gemeinschaftsunterkunft für ausreisepflichtige Ausländerinnen und Ausländer genutzt und widmet sich im Schwerpunkt ihrer Aufgaben der Förderung der freiwilligen Ausreise.

Die zuständige Fachabteilung im Innenressort ist damit befasst, die Organisation und Personalausstattung der Zentralen Aufnahme- und Ausländerbehörden im Bereich der Leitungsstrukturen und der zentralen Verwaltungsbereiche zu optimieren, um die Einrichtungen in diesen sogenannten Querschnittsaufgaben noch effektiver zu gestalten und damit gleichzeitig auch die Wirtschaftlichkeit der Einrichtungen weiter zu verbessern.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1: Nach den bisherigen Vorstellungen zur neuen Organisationsstruktur, über die vor der endgültigen Umsetzung gemäß Artikel 38 Abs. 1 der Niedersächsischen Verfassung die Landesregierung zu beschließen hat, soll es voraussichtlich zum 1. Januar 2009 in Niedersachsen statt bisher zwei nur noch eine Zentrale Aufnahme- und Ausländerbehörde mit Sitz in Braunschweig geben, die über Außenstellen verfügen kann. Die bisher vom Land vorgehaltenen Unterbringungskapazitäten sollen unverändert in einer Gesamtkapazität von insgesamt 1 650 Plätzen erhalten bleiben. Es besteht für die Landesregierung auch angesichts der derzeitigen guten Auslastung der Einrichtungen, der derzeit leicht ansteigenden Zugangszahlen und der weiterhin bestehenden politischen Zielrichtung der Landesregierung, die Aufnahme und Unterbringung von Personen ohne Bleibeperspektive vornehmlich als eigene Aufgaben des Landes wahrzunehmen und die Kommunen von dieser Aufgabe durch eigene Anstrengungen soweit wie möglich zu entlasten, derzeit auch keine Veranlassung, über Kapazitätsveränderungen nachzudenken.

Zu 2: Auch in der neuen Organisationsform können an den bisherigen Standorten Aufnahmeeinrichtungen und Gemeinschaftsunterkünfte bestehen bleiben. Die jeweiligen Standortgemeinden bleiben damit unabhängig davon, ob die Einrichtung als eigenständige Behörde oder unselbstständige Außenstelle betrieben wird, wie bisher nach § 1 Abs. 1 Satz 3 des Aufnahmegesetzes

von der Aufnahme von Ausländerinnen und Ausländern, die nach Maßgabe des Aufnahmegesetzes unter bestimmten Voraussetzungen auf die Gemeinden verteilt werden könnten, ausgenommen.

Zu 3.: Nein. Die Unterbringungskonzeption der Landesregierung zielt in ihren Grundsätzen auch weiterhin darauf ab, dass das Land durch das Vorhalten eigener Einrichtungen selbst die Hauptlast der Unterbringung von ausländischen Flüchtlingen trägt. In der zentralen Landeseinrichtung mit mehreren Unterbringungsstandorten werden auch künftig neben den Asylsuchenden, deren Verfahren noch nicht abgeschlossen sind, und unerlaubt eingereisten Personen nur Personen untergebracht, die das Bundesgebiet nach negativem Ausgang der Verfahren umgehend wieder verlassen müssen. Eine Ausweitung der dezentralen Unterbringung dieses Personenkreises würde den Willen des Gesetzgebers, eine Ausreisepflicht zeitnah umzusetzen, konterkarieren. Die Landesregierung erwartet, dass sich die Wirtschaftlichkeit der Landeseinrichtungen durch die geplanten Maßnahmen weiter verbessern wird, sodass es keine Veranlassung gibt, die bisherige Unterbringungskonzeption zu ändern.

Anlage 24

Antwort

des Ministeriums für Inneres, Sport und Integration auf die Frage 26 des Abg. Hans-Jürgen Klein (GRÜNE)

„Hochzeitsprämie“, Bedarfszuweisungen, Koalitionsvertrag - Was haben die niedersächsischen Kommunen von dieser Landesregierung zu erwarten?

Im April 2008 erhielten die kommunalen Spitzenverbände einen Entwurf aus dem niedersächsischen Innenministerium zur Stellungnahme. Darin wurden die Änderungen des Erlasses zur Gewährung von Bedarfszuweisungen wegen einer außergewöhnlichen Lage dargelegt. Unter anderem heißt es dort, dass „besonders finanzschwache Kommunen“ unterstützt werden, die sich „durch ernsthafte Fusionsbestrebungen“ auszeichnen. Dies ist bei den Spitzenverbänden auf einige Verwunderung gestoßen, wurde doch noch im Koalitionsvertrag vom 25. Februar 2008 beschrieben, dass die Koalitionsfraktionen beabsichtigen, interkommunale Zusammenarbeit und den freiwilligen Zusammenschluss von Kommunen zu neuen Körperschaften durch zusätzliche Leistungen des Landes zu unterstützen.

In einer ersten Stellungnahme zu den Ausführungen des Erlasses äußerte der Niedersächsische Städte- und Gemeindebund die Einschätzung, dass die kommunale Gemeinschaft aus den FAG-Mitteln „faktisch … die ‚Hochzeitsprämie’ zahlen“ soll. Die Landesregierung beabsichtigt offensichtlich, ihre angekündigte Unterstützung und Förderung aus den allgemeinen Bedarfszuweisungen zu finanzieren.

Für das Bedarfszuweisungsverfahren wegen einer außergewöhnlichen Notlage nach § 13 FAG stehen im Jahr 2008 insgesamt rund 46,9 Millionen Euro zur Verfügung. Allein im Kreis Lüneburg erwartet man laut Hannoverscher Allgemeiner Zeitung vom 19. April 2008 als Unterstützung für eine mögliche Kreisfusion über vier Jahre jeweils 50 Millionen Euro.

Ich frage die Landesregierung:

1. Wie bewertet sie die Ausführungen des Niedersächsischen Städte- und Gemeindebundes, dass die geplante Ausgestaltung des Bedarfszuweisungsverfahrens „die Herkunft der hierfür vorgesehenen Mittel und die Rechtsnatur dieser Mittel negiert“?

2. Wie will die Landesregierung die im Koalitionsvertrag angekündigte Beteiligung am Ausgleich entstehender Härten beim Zusammenschluss von Kommunen zu neuen Körperschaften haushaltstechnisch umsetzen?

3. Welche Erkenntnisse hat die Landesregierung über die mögliche Höhe der zu erwartenden Anmeldungen von fusionsbereiten Kommunen?

Das Verteilungsverfahren für Bedarfszuweisungen ist im Jahr 2005 durch das Niedersächsische Ministerium für Inneres, Sport und Integration in enger Abstimmung mit den kommunalen Spitzenverbänden neu konzipiert worden. Seither setzt die Bewilligung von Bedarfszuweisungen das Vorliegen einer außergewöhnlichen Lage sowie die Feststellung der besonderen Bedürftigkeit, der besonderen Finanzschwäche und der Bedarfszuweisungswürdigkeit voraus. Zugleich wird das Bedarfszuweisungsverfahren seit 2005 auch als begleitendes Instrument zur Haushaltskonsolidierung eingesetzt. So werden Bedarfszuweisungen nur noch gegen den Abschluss von Zielvereinbarungen zur Haushaltskonsolidierung bewilligt. Die auf diesem Wege zusätzlich eingebrachten Konsolidierungspotenziale zeigen bereits Wirkung. Einige dieser, in den letzten Jahren wiederkehrend, begünstigten Bedarfszuweisungsempfänger sind durch eigene Konsolidierungsanstrengungen zwischenzeitlich in der Lage, jahresbezogen einen Haushaltsausgleich zu erreichen. In diesen Kommunen resultieren die andauernden Haushaltsprobleme nahezu ausschließlich aus den aufgelaufenen Altdefiziten aus Vorjahren.

Das beschriebene Verteilungsverfahren findet seit 2005 nahezu unverändert Anwendung. Es ist als transparentes, nachvollzieh- und berechenbares Verfahren auf kommunaler Ebene akzeptiert.

Die Verteilung der Bedarfszuweisungsmittel soll auch in diesem Haushaltsjahr auf der Grundlage des im Jahr 2005 entwickelten und seither praktizierten Verfahrens fortgeführt werden. Um die Nachhaltigkeit der Bedarfszuweisungen zu erhöhen, soll es den betroffenen Kommunen aber ermöglicht werden, ihre Haushalte mithilfe der Bedarfszuweisungen so zu gestalten, dass sie künftig aus dem Kreis der besonders finanzschwachen und deshalb Bedarfszuweisungen empfangenen Kommunen ausscheiden können. Hierzu ist beabsichtigt, einen Teil des Bedarfszuweisungskontingents in den kommenden Haushaltsjahren gezielt besonders finanzschwachen Kommunen zukommen zu lassen, denen es in den vergangenen Jahren gelungen ist, durch eigene Konsolidierungsanstrengungen strukturelle Fehlbeträge zu vermeiden, oder deren strukturelle Fehlbeträge in den vergangenen zwei Haushaltsjahren konstant in etwa der Höhe der aufzuwendenden Kassenkreditzinsen entsprachen. Voraussetzung für eine solche kapitalisierte Fehlbetragsabdeckung soll sein, dass plausibel dargelegt werden kann, dass mindestens bis zum Ende des Finanzplanungszeitraumes strukturelle Fehlbeträge realistisch vermieden und die verbleibenden Altfehlbeträge durch entstehende strukturelle Überschüsse in den Folgejahren abgebaut werden können.

Zur Steigerung des nachhaltigen Einsatzes der Bedarfszuweisungsmittel sollen auch besonders finanzschwache Kommunen durch die Bewilligung einer kapitalisierten Bedarfszuweisung unterstützt werden, die beabsichtigen, ihre finanzielle Leistungsfähigkeit durch ernsthafte Fusionsbestrebungen zu steigern. Die kapitalisierte Bedarfszuweisung soll in diesen Fällen in erster Linie der Anpassung unterschiedlicher Verschuldungsgrade und dem Ausgleich sonstiger finanzieller Härten dienen. Ziel soll es auch hier sein, strukturelle Fehlbeträge in den Folgejahren zu vermeiden oder zumindest deutlich zu reduzieren.

In beiden Fallkonstellationen soll Grundvoraussetzung für eine entsprechende Bedarfszuweisungsbewilligung sein, dass die allgemeinen Voraussetzungen für die Gewährung einer Bedarfszuweisung erfüllt werden.

Durch die vorgesehene Änderung des Verfahrens zur Verteilung der Bedarfszuweisungen beabsich

tigt die Landesregierung, den betroffenen Kommunen die Wiederherstellung der finanziellen Leistungsfähigkeit zu ermöglichen, indem mehrere Jahresraten der voraussichtlich auch künftig zu zahlenden Bedarfszuweisungen, zusammengefasst als kapitalisierte Bedarfszuweisung, bewilligt werden. Durch die damit in deutlich geringerem Maße anfallenden Aufwendungen für Kassenkreditzinsen werden einzelne Kommunen mittelfristig in die Lage versetzt werden können, die bei einer Teilentschuldung verbleibenden Defizite durch strukturelle Überschüsse auszugleichen. Die finanzielle Handlungsfähigkeit kann durch diese gezielte Entschuldungshilfe dauerhaft wiederhergestellt werden; die Notwendigkeit weiterer Bedarfszuweisungszahlungen wird entbehrlich.