Protocol of the Session on April 29, 2010

Login to download PDF

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut!)

Deshalb haben sie das Recht auf das Angebot von Schulgottesdiensten oder Räumen der Stille, in denen ein Kreuz hängt.

(Björn Thümler [CDU]: Sehr gut! - Kreszentia Flauger [LINKE]: Das hat auch niemand bestritten! - Weitere Zurufe)

Sehr geehrte Damen und Herren, ein bisschen weniger Aufregung würde der Debatte übrigens guttun.

Selbstverständlich respektieren wir das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zu Kreuzen in Schulen, wenn auf Wunsch der Eltern in einer öffentlichen Schule das Kreuz abgehängt werden soll. In Niedersachsen ist das nach meiner Kenntnis noch nie vorgekommen. Wir treten jedoch nachdrücklich für eine religiöse Bildung an öffentlichen Schulen ein, insbesondere durch den konfessionellen Religionsunterricht. Genau deshalb unterstützen wir auch alle Bemühungen zur Einführung eines islamischen Religionsunterrichts an niedersächsischen Schulen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Sehr geehrte Damen und Herren, in Niedersachsen hat das Kreuz in den Schulen zudem eine zentrale historische und in einigen Regionen daher eine weitere, identitätsstiftende Bedeutung. Unter Einsatz ihres Lebens haben beispielsweise im Oldenburger Münsterland, im Emsland und im Eichsfeld Menschen in der Zeit des Nationalsozialismus für das Kreuz in den Klassenzimmern gekämpft.

Das gilt - ich will ein Beispiel nennen - u. a. für den Großvater von Landrat Bernhard Bramlage (SPD) aus dem Landkreis Leer; sein Großvater war spä

ter Bürgermeister für die CDU in Visbek. Er hat nach einem Disput mit dem örtlichen Gauleiter, währenddessen er sich für den Verbleib des Kreuzes in der örtlichen Schule eingesetzt hat, mit Gleichgesinnten mehr als 14 Tage in Vechta in Haft gesessen und ist nur durch den Zusammenhalt der Menschen vor Ort überhaupt wieder frei gekommen. So wie Bernhard Obermann - so hieß der Großvater von Herrn Bramlage - erging es damals vielen. Das sollte jeder beachten, der heute leichtfertig das Verbot von Kreuzen in Schulen fordert.

(Starker Beifall bei der CDU - Glocke des Präsidenten)

Um das klar zu sagen: Frau Sozialministerin Özkan hat die Forderung nach einem Verbot von Kreuzen in Klassenzimmern ausdrücklich nicht erhoben.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was?)

Wer das Interview im Focus aufmerksam gelesen hat und nicht nur die polarisierenden und verkürzten Tickermeldungen, der wird festgestellt haben, dass Frau Özkan im Wesentlichen das wiedergegeben hat, was uns das Verfassungsgericht aufgegeben hat.

(Beifall bei der SPD und bei den GRÜNEN - Ursula Helmhold [GRÜ- NE]: Genau! - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Das ist, wie ich gerade deutlich gemacht habe, vollumfänglich mit der niedersächsischen Praxis von Kreuzen in Schulen vereinbar. Punkt.

(Beifall bei der CDU - Kreszentia Flauger [LINKE]: Was hat denn Herr Große Macke eben gesagt? - Ursula Helmhold [GRÜNE]: Was ist denn dann das Problem? - Silva Seeler [SPD]: Die CDU weiß auch nicht, was sie will!)

Herr Kollege, bitte unterbrechen Sie kurz. - Bitte!

Jetzt kurz zu dem, was wir hier gerade erlebt haben, auch um den weiteren Versuchen der Wowereits, Nahles und anderer dieses Landes entgegenzutreten: Jeder, der sie kennt, weiß, dass Aygül Özkan eine aus tiefstem Herzen überzeugte

Christdemokratin ist. Darum ist sie vor sechs Jahren Mitglied unserer Partei geworden.

(Beifall bei der CDU - Johanne Mod- der [SPD]: Das musste aber einmal gesagt werden!)

Darum ist sie im Jahre 2008 für die CDU für die Hamburger Bürgerschaft angetreten. Darum ist sie stellvertretende Landesvorsitzende der CDU Hamburg geworden.

Herr Kollege, ich darf Sie kurz unterbrechen. Gestatten Sie eine Zwischenfrage der Kollegin Flauger?

Wir sind in der Aktuellen Stunde. Ich halte das für etwas ungewöhnlich, Herr Präsident, und möchte meine letzten beiden Sätze im Zusammenhang vortragen, da meine Redezeit ohnehin schon vorbei ist.

Sehr geehrte Damen und Herren, vor diesem Hintergrund hat Ministerpräsident Christian Wulff diese kluge junge Frau in sein Kabinett berufen. Lieber Herr Limburg und liebe Frau Heiligenstadt, man merkt es ja an jeder Zeile, die Sie hier sprechen: Es wurmt Sie maßlos.

(Lebhafter Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Es macht Sie ratlos. Sie können sich nicht erklären, wie es möglich ist, dass Ihr gesamtes Weltbild nicht stimmt. Ich sage Ihnen auf den Punkt: Ihnen wird es nicht gelingen, die christdemokratische Union mit der Fratze in der Öffentlichkeit darzustellen, die Sie hier immer zeichnen - - -

Herr Kollege, Sie müssen jetzt zum Schluss kommen.

Ich komme zum Ende -, weil die Niedersachsen auch künftig in das Gesicht des beliebtesten und erfolgreichsten Ministerpräsidenten dieses Landes schauen werden,

(Lebhafter Beifall bei der CDU - Oh! bei der SPD und bei den GRÜNEN)

weil die Niedersachsen auch künftig in das Gesicht dieses engagierten und sympathischen CDU-Fraktionsvorsitzenden gucken werden - - -

Herr Kollege, noch einmal die Bitte: Sie müssen jetzt zum Schluss kommen! Ihre Redezeit ist abgelaufen.

- - - und weil die Niedersachsen zukünftig in das sympathische und kluge Gesicht dieser Sozialministerin der CDU blicken werden, Frau Aygül Özkan.

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Starker, anhaltender Beifall bei der CDU und bei der FDP - Kreszentia Flauger [LINKE]: Danke, Herr Hogre- fe! - Wolfgang Jüttner [SPD]: David, was schützt einen nur vor seinen Freunden! - Johanne Modder [SPD]: Die CDU-Fraktion braucht das im Moment!)

Ich erteile Frau Kollegin Reichwaldt von der Fraktion DIE LINKE das Wort.

(Unruhe)

Frau Kollegin Reichwaldt, Sie können sich noch etwas Zeit lassen. - Bitte schön!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Grundgesetz legt in Artikel 4 fest:

„Die Freiheit des Glaubens, des Gewissens und die Freiheit des religiösen und weltanschaulichen Bekenntnisses sind unverletzlich.“

Jeder in der Gesellschaft muss frei entscheiden können, ob oder welcher Religion er sich anschließt. Daher halte ich Vorprägungen in staatlichen Institutionen z. B. durch Kreuze in Klassenzimmern für falsch.

(Beifall bei der LINKEN)

Dies sage ich, obwohl das Kreuz als das Symbol auch meines Glaubens - und den lebe ich in meiner Gemeinde und anderswo recht aktiv - natürlich für mich kein Problem ist - dort, wo ich es erwarte: in meiner Kirche oder z. B. auch in einer kirchlichen Schule. Übrigens: In der Tradition der Evangelisch-Reformierten - so bin ich aufgewachsen - sind in Kirchen übrigens in der Regel mit Bezug

auf das zweite Gebot, das Bilderverbot, weder Kreuze noch Kruzifixe zu finden.

In einer öffentlichen Schule ist das Kreuz problematisch. Artikel 140 des Grundgesetzes übernimmt fünf Artikel der Weimarer Verfassung von 1919. Davon beginnt Artikel 137 der Weimarer Verfassung mit dem Satz:

„Es besteht keine Staatskirche.“

Die Artikel verpflichten insgesamt zu weltanschaulicher Neutralität im öffentlichen Raum. Es besteht also auch gemäß unserem Grundgesetz eine Trennung von Staat und Kirche, wenn auch nicht in einer so strengen Form, wie in anderen Ländern.

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Im Kruzifixurteil von 1995 wurde die Auffassung bestätigt, dass das Anbringen von Kreuzen in Klassenzimmern dem Gebot weltanschaulicher Neutralität in staatlichen Einrichtungen widerspricht. Die Konsequenz aus dem Urteil ist, dass Kreuze abgehängt werden müssen, wenn Eltern oder Lehrer dies wollen. Falls niemand protestiert, bleiben sie hängen - falls sie denn überhaupt hängen. Das ist die Situation auch in Niedersachsen. Konsequent ist das nicht.

Nun hat unsere neue Sozialministerin, Frau Özkan, dieses Fass wieder aufgemacht, indem sie eine persönliche Meinung äußerte und fast nicht Ministerin geworden wäre.

(Widerspruch bei der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)