Protokoll der Sitzung vom 11.06.2010

(Ingrid Klopp [CDU]: So war das!)

Dieses Unternehmen sei nicht in der Lage, diesen Hafen zeitgerecht qualitätsvoll fertigzustellen.

Herr Ministerpräsident, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Nein, ich will das gerne im Zusammenhang darstellen, damit wir jetzt nicht in ein Klein-Klein kommen, sondern uns wirklich über die großen Linien verständigen und Ihre Unterstützung gegenüber den Bremer Sozialdemokraten, gegenüber Eurogate und auch gegenüber den Bremer Grünen haben, die dort ja ebenfalls in der Mitverantwortung sind.

Wir hatten dann die Problematik, dass es hieß: „Das können die nicht. Das machen die nicht richtig. Das wird Verzögerungen geben.“ - Heute ist Fakt: Der Hafen wird schneller gebaut und schneller fertiggestellt, als ursprünglich beabsichtigt. Das Land, die Bauherren und die Bauunternehmer haben alles getan, was man sich überhaupt nur vorstellen konnte. Die Lage ist heute eine andere. Früher hieß es: „Ihr in der Politik seid nicht schnell genug. Wir in der Wirtschaft wollen die Genehmigungen für die Baumaßnahmen gerne schneller haben.“ - Jetzt ist es umgekehrt. Jetzt sind wir schneller als ursprünglich geplant, aber die Wirtschaft sagt: „Uns geht es zu schnell. Wir möchten, dass dieser Hafen erst sehr viel später in Betrieb genommen wird, weil die Weltwirtschaftskrise zu Einbrüchen in den Containerverkehren geführt hat. Deswegen müssen wir eine zeitliche Verzögerung erreichen.“

Dieses Ansinnen der Wirtschaft, von Eurogate und Mærsk, die für Eurogate wichtig sind - ich selber habe gemeinsam mit Herrn Bode mit allen Beteiligten gesprochen -, stellt uns vor gewaltige Herausforderungen. Herr Bode hat jetzt den Verhandlungsstand berichtet. Wir haben die wirtschaftlichen Verhandlungen abgeschlossen. Jetzt geht es nur noch um die juristische Umsetzung, damit wir sicher gehen, dass die von Herrn Lies geforderten Umschlags- und Containermengen auf die Gesamtjahre - in den Jahren nur minimal unterschritten - tatsächlich erbracht werden, damit dieser Hafen ein wirtschaftlicher Erfolg wird.

Aber das ist ein Ansinnen der Wirtschaft, und zwar vor allem der Bremer Containerlogistikwirtschaft; denn die sind in Bremerhaven stark tätig. Für die scheint es sinnvoller zu sein, noch etwas länger unterausgelastet in Bremerhaven zu werkeln, als schon in Wilhelmshaven aufzumachen. Das zeigt die Interessenskollision und auch, dass wir in ganz hohem Maße von Bremer Wohlwollen und von Bremer Einstellungen abhängig sind.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: An welcher Stelle denn?)

Die Bremer gehen bei uns im Aufsichtsrat - Herr Bode und Herr Möllring sitzen ja im Aufsichtsrat - vermeintlich auf Seiten Wilhelmshavens. Aber dann tragen sie Bremen mit Eurogate auf der anderen Schulter. Das ist sehr schwer, auf zwei Schultern zu tragen. Da gibt es viele zu vermutende oder tatsächlich erkennbare Interessenskollisionen.

Ich habe darüber gestern mit dem Kollegen Böhrnsen gesprochen. Wir hätten gestern auch ein Gespräch mit Herrn Ramsauer gehabt, aber aus wichtigem Grunde ist das auf Wunsch des Bundesverkehrsministers verlegt worden. Wir wollen zu den Fragen des Zeitplans, der Inbetriebnahme und der Umschlagmengen und zur Frage der Hinterlandanbindungen verbindliche Zusagen. Ich lege Wert darauf, dass wir als Landtag uns dabei nicht auseinanderdividieren lassen, sondern dass wir gegenüber Bremen wirklich gemeinsam Position beziehen. Daran hat es in der Vergangenheit - ich denke an den Untersuchungsausschuss - gehapert. Die Bremer Grünen waren an der Mehrheit in der Bremer Bürgerschaft beteiligt und hätten dort einen Untersuchungsausschuss erreichen können. Aber sie haben lieber innerhalb Niedersachsens einen Streit geführt, als die gemeinsame Positionierung gegenüber Bremen vorzunehmen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Der Unter- suchungsausschuss hat doch erst ermöglicht, dass Niedersachsen sich durchsetzt!)

Es wäre mein Wunsch, dass hier wirklich niedersächsisch gedacht würde und Sie auch im WeserKurier und anderswo die Position Niedersachsens beziehen würden.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Das haben wir doch erst durch den Untersu- chungsausschuss aufgedeckt! Un- glaublich!)

Für uns, für Herrn Bode und mich, geht es jetzt eigentlich nur noch um den Punkt, sicherzustellen, dass eine solche Situation - dass die Bremer und Eurogate uns abverlangen, den Hafen später in Betrieb zu nehmen - kein zweites Mal passieren kann. Es muss dann auch wirklich gelten, was jetzt vereinbart wird. Die Komplexität der jetzigen Verhandlungen liegt darin, das juristisch sicherzustellen.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Den ersten Vertrag haben Sie auch schon ge- macht! Warum soll der zweite rechts- sicherer sein?)

- Herr Hagenah, nach dem ersten Vertrag können wir den Klageweg beschreiten. Wir haben eine gute Aussicht, zu gewinnen. Das dauert aber viele, viele Jahre. Wenn wir jetzt eine Einigung auf eine neun Monate spätere Inbetriebnahme hinbekommen, die hundertprozentig sicher ist, ist das unter wirtschaftlichen Gesichtpunkten, unter verfahrensmäßigen Gesichtspunkten für das Land viel besser, als jahrelang Rechtsstreitigkeiten über die offene Frage der Inbetriebnahme zu führen.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP - Enno Hagenah [GRÜNE]: Das ist doch Augenwischerei!)

Insofern - Herr Hagenah, Sie haben richtig mitgedacht - muss man natürlich sicherstellen, dass in dem Zeitraum, über den wir jetzt reden, nicht erneut die Gefahr einer Klage vorhanden ist. Wir müssen uns vielmehr jetzt absichern, dass die Inbetriebnahme dann erfolgt und dass man nicht ein zweites Mal - - - Es gibt ja den schönen Satz: Dreimal ist Bremer Recht.

(Enno Hagenah [GRÜNE]: Warum haben Sie diese Absicherung nicht schon beim ersten Mal gemacht, wenn es jetzt geht?)

- Wir haben es beim ersten Mal abgesichert.

(Olaf Lies [SPD]: Das kann nicht sein!)

Allerdings sagt die Industrie: Wir nehmen nicht in Betrieb, ihr müsst uns verklagen. - Dieses Risiko ist bei einem solchen Hafen, bei dieser Größenordnung eben gegen eine gütliche Einigung abzuwägen, die darauf Rücksicht nimmt, dass weltweit etwas passiert ist, was seit 80 Jahren nicht passiert ist, dass es nämlich einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um 5 %, einen gleichzeitigen Einbruch des Welt-Bruttoinlandsprodukts und des Welthandels gibt.

Vor diesem Hintergrund muss man konzedieren, dass wir hier einen klassischen Fall haben, in dem uns die Krise erreicht. Die Kollegen mit OpelStandorten haben das Problem Opel; wir haben das Problem Häfen, Schifffahrt, Logistik, Distribution, Containerschifffahrt. Wir haben dort ein objektives Problem infolge der Weltwirtschaftskrise. Das versuchen wir angemessen zu bewältigen. Es wäre schön, wenn das nicht in kleinkariertem, parteitaktischem Hickhack unterginge.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Ganz herzlichen Dank, Herr Ministerpräsident. - Um zusätzliche Redezeit nach § 71 Abs. 3 der Geschäftsordnung hat die FDP-Fraktion gebeten. Herr Kollege Rickert, Sie haben für zwei Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer schwierig, dann noch einmal das Wort zu ergreifen.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Man muss es ja nicht!)

Aber ich habe in meinen Ausführungen darauf Wert gelegt, die Aufgeregtheit aus der Antragsberatung herauszunehmen.

Ich verfolge das Thema JadeWeserPort, seitdem ich im Niedersächsischen Landtag bin, also seit sieben Jahren. Die unbefriedigende Situation bezüglich der Hinterlandanbindung, höhengleicher Bahnübergänge und des Lärmschutzes hat uns in der gleichen Zeit in Oldenburg beschäftigt, an runden Tischen usw. Wir in Oldenburg haben es schon seit vielen Jahren aufgegeben, zu sagen: „Das ist dein Bundesverkehrsminister.“ - „Nein, jetzt ist es dein Bundesverkehrsminister.“ Vielmehr ziehen wir dort an einem Strang, weil insbesondere der Lärmschutz für uns ein wichtiges Thema ist und wir keine Lust haben, uns da gegenseitig zu zerlegen.

Herzlichen Dank.

(Zustimmung bei der FDP und bei der CDU)

Danke schön. - Jetzt erteile ich Herrn Wenzel von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen ebenfalls für zwei Minuten das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Ministerpräsident Wulff, ich dachte eben, ich traue meinen Ohren nicht. Sie regieren, soweit ich mich erinnern kann, seit sieben Jahren in diesem Land, und Sie sagen, schuld an der Situation sei Herr Gabriel. Diese Ausrede haben wir in den ersten ein, zwei Jahren sehr oft gehört - täglich, fast stündlich hier im Plenum. Aber jetzt, nach sieben Jahren, ist das doch eine sehr ungewöhnli

che Begründung für die Entwicklung beim JadeWeserPort.

(Zustimmung bei den GRÜNEN und bei der SPD)

Sie stellen, wenn ich mich nicht irre, den Aufsichtsratsvorsitzenden, und zwar auch nicht erst seit gestern. Sie haben von daher viel Zeit gehabt, zu erkennen, wo die Probleme sind, zu erkennen, wo die Herausforderungen sind, zu erkennen, welche neue Vertragsgestaltung gegebenenfalls notwendig ist.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Das muss man aber auch können!)

Sie hätten alle Zeit der Welt gehabt, zu sagen: Setzen wir uns noch einmal zusammen! Legen wir noch einmal alle Karten auf den Tisch! Wir müssen noch einmal verhandeln. - Alles wäre möglich gewesen.

Nun zum Einbruch im Güterverkehr, Herr Wulff. Bremerhaven hat im Dezember mehr Güter umgeschlagen als jemals zuvor in den letzten Jahrzehnten. Da hat sich wirtschaftspolitisch etwas entwickelt. Ich weiß nicht, ob man Ihnen da die falschen Ausreden aufgeschrieben hat. Das lassen wir nicht gelten.

Dann noch eine Bemerkung, Herr Ministerpräsident: Im Ministerium in Berlin regiert nicht mehr Herr Tiefensee, sondern Herr Ramsauer. Sie hatten neun Monate Zeit, mit der neuen Bundesregierung dafür zu sorgen, dass endlich verbindliche Zahlen zu den Kosten und zu den Realisierungsterminen der Bahnstrecke auf den Tisch kommen. Es wäre doch das Fatalste, das uns passieren kann, wenn der Hafen am Ende ohne Bahnstrecke ins Hinterland in Betrieb ginge. Man würde uns bis München auslachen, wenn uns in Niedersachsen so etwas passierte.

Ich danke Ihnen.

(Beifall bei den GRÜNEN sowie Zu- stimmung bei der SPD und bei der LINKEN)

Danke schön. - Für die Fraktion DIE LINKE erteile ich nach § 71 Abs. 3 für zwei Minuten Herrn Dr. Sohn das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Wulff, was für ein kakofonisches Kabinett hinter

lassen Sie an diesem Punkt Herrn McAllister! Sie haben eben skizziert: Die Probleme kommen aus dieser tiefen Wirtschaftskrise. - Neben Herrn Bode sitzt Herr Möllring, der seit einiger Zeit durchs Land zieht und überall sagt: Die Krise ist durch, es geht bergauf. - Vielleicht schickt Herr Bode einfach einmal die Zahlen zum Containerumschlag an Herrn Möllring, damit sie sich einigen können, ob die schwere Wirtschaftkrise anhält oder durch ist. Das wäre immerhin eine der wichtigen großen Linien, Herr Wulff, die man zunächst einmal klären müsste, bevor man auf die Frage antwortet: Worauf setzen wir?

Eine der Kernfragen - das ist eben von Herrn Lies deutlich gemacht worden -, bei denen man nicht warten darf und bei denen man keine Schuldzuweisungen machen muss, ist die Bahnanbindung, und zwar all diese drei Punkte: Zweigleisigkeit, Elektrifizierung und Lärmschutz. - Da sind Sie untätig. Da sind Sie effektiv untätig und ergreifen nicht die Initiative.

Plastisch wird der maximale Kontrast zwischen Sonntagsreden und Alltagshandeln an Herrn McAllister, dem möglichen zukünftigen Ministerpräsidenten - man weiß das alles im Moment nicht -, der sich hier als einer geriert, der vor allem ein Anwalt der Schiene ist. Aber er hätte doch als Fraktionsvorsitzender schon ein bisschen tun können, damit die Schiene nicht nur in Sonntagsreden vorkommt, sondern real in der Hafenhinterlandanbindung. Da passiert nichts.

(Zustimmung bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Björn Thümler [CDU]: Herr Sohn, das ist doch Mottenkiste!)

Wir würden auch von Herrn McAllister, der seine Begeisterung für dieses Thema gerade durch seine Abwesenheit demonstriert, ganz gerne einmal hören, wie er sich Initiativkraft des Landes bei der Sicherstellung der Schienenanbindung des künftigen Hafens Wilhelmshaven vorstellt. Wenigstens das wäre ein gutes Entree nach dem ansonsten ziemlich vermasselten Start.

Schönen Dank.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN sowie Zustimmung bei der SPD)