Protokoll der Sitzung vom 01.07.2010

(Thomas Adasch [CDU]: Das glauben Sie doch selber nicht!)

Christian Wulff hat in den vergangenen Jahren hier eine Politik des sozialen und ökologischen Kahlschlags vertreten, die der Haltung der französischen Königin Marie Antoinette entspricht, die ausrief: Wenn die Armen kein Brot haben, sollen sie doch Kuchen essen! - Dafür hatte man weder früher noch hat man jetzt ein Schloss verdient.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Das ist ja ein Wortspiel!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Ministerpräsident, wir konnten heute in Ihrer Regierungserklärung eine weitere Runde des blamablen Rekordversuchs von Schwarz-Gelb in Niedersachsen beobachten: Wie viele Aufbrüche kann man in einem Jahr versuchen und zum Scheitern bringen?

(Beifall bei der LINKEN)

Sie retten sich doch nur von einer 100-TageSchonfrist zur nächsten. Aber irgendwann muss Schluss sein mit Schonfristen. Ich kann Ihnen für die Linke sagen: Wir werden Ihnen diese Schonfrist nicht schon wieder zugestehen.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie, Herr McAllister, sind neben Christian Wulff der Hauptverantwortliche für das politische Versagen dieser Landesregierung.

(Björn Thümler [CDU] lacht)

- Herr Thümler, ich weiß nicht, was daran so komisch ist. Das ist leider bitterer Ernst.

(Thomas Adasch [CDU]: Das kann man wirklich nur noch mit Humor er- tragen! - Weitere Zurufe von der CDU)

Sie hatten als Fraktionsvorsitzender die Verantwortung für all die Stillstände und Rückstände in Niedersachsen. Dass Sie das Kabinett inklusive des Kettensägenministers Sander 1 : 1 wieder vorgestellt haben, spricht für Ihre Unfähigkeit zu einem wirklichen Neuanfang.

(Beifall bei der LINKEN)

Aber mit wem auch? - Die Regierungsfraktionen sind inhaltlich und personell ausgeblutet. Immerhin das hat Christian Wulff uns als klare Botschaft hinterlassen! Folgerichtig war in Ihrer Regierungserklärung von den einleitend angekündigten Überprüfungen eingeschlagener Wege und den angekündigten neuen Akzenten nichts zu hören. Die einzige Ausnahme war das Thema Rauchmelder; Herr Bachmann hat sich gefreut.

Damit gestalten Sie aber Niedersachsen nicht positiv für die Zukunft. Herr McAllister, die Metamorphose von Wulffs Kettenhund zum Hoferben ist Ihnen heute nicht gelungen. Der Hof ist abgebrannt, die Felder sind verwahrlost, und das Vieh hat Bauer Wulff verspielt, bevor er sich in die Stadt abgesetzt hat.

(Beifall bei der LINKEN)

Sie sind einfach nur als Einziger übriggeblieben und bewachen verzweifelt die rauchenden Trümmer.

(Editha Lorberg [CDU]: Sie wissen doch gar nicht, wovon Sie reden! - Ulf Thiele [CDU]: Können Sie außer Po- lemik noch was anderes? - Ernst- August Hoppenbrock [CDU]: Wer hat Ihnen denn das aufgeschrieben? - Weitere Zurufe von der CDU - Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Sie müssen sich jetzt als Konkursverwalter um das kümmern, was Christian Wulff Ihnen nach drei Anläufen mit seinem Wechsel ins Bundespräsidentenamt hinterlassen hat.

(Zustimmung bei der LINKEN)

Sie sind nicht der Nachfolger, Herr McAllister, Sie sind der Letzte, der das Licht für Schwarz-Gelb in Niedersachsen ausmacht.

(Beifall bei der LINKEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es gibt zu dieser Politik eine sozial gerechte Alternative. Niedersachsen kann und muss demokratischer und ökologischer werden.

(Unruhe - Marianne König [LINKE]: Diese Unruhe, das ist doch wohl nicht wahr!)

Und da wir im Geiste der Aufklärung die Hoffnung nie aufgeben, dass Vernunft allen gleichermaßen gegeben ist, werden wir Ihnen auch weiterhin die Auseinandersetzung mit dieser sozialen Alternative nicht ersparen.

Ihr Angebot zur sachlichen und konstruktiven Zusammenarbeit an den gesamten Landtag und Ihren Wunsch nach fairem Umgang miteinander haben wir gerne zur Kenntnis genommen. Ich hoffe im Glauben an die menschliche Vernunft darauf, dass Anträge meiner Fraktion in Zukunft von der CDU nach ihrem Inhalt beurteilt werden und nicht allein deshalb weiter abgelehnt werden, weil sie von den Linken kommen.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Da ist aber kein Inhalt drin!)

Herr Thümler, nachdem Sie die Debattenkultur hier im Landtag angesprochen haben und die Frage, auf welchem Niveau man sich hier auseinandersetzt, würde ich Sie inständig bitten, diesen Teil Ihrer Rede noch einmal in Ihrer eigenen Fraktion zu halten

(Beifall bei der LINKEN)

und dann selbstkritisch innerhalb Ihrer Fraktion darüber zu reden, inwieweit diese Appelle auch auf Sie zutreffen müssten und inwieweit Sie sie beherzigen sollten.

(Beifall bei der LINKEN - Björn Thüm- ler [CDU]: Fangen Sie mal bei Ihrer eigenen Fraktion an! Bei Herrn Dr. Sohn! Und nehmen Sie Herrn Ad- ler gleich dazu!)

Meine Damen und Herren, eine zentrale Aufgabe jeder Landesregierung ist die Bekämpfung der immer noch dramatischen massenhaften Arbeitslosigkeit und Unterbeschäftigung. Wir wollen gute Arbeit für Niedersachsen, die auch ordentlich bezahlt ist. Es muss damit Schluss sein, dass positive Effekte in der Arbeitsmarktstatistik nur durch eine Ausdehnung der Leih- und Zeitarbeit erreicht werden - oft zu untertariflichen Löhnen.

(Beifall bei der LINKEN)

Das dient nur der Optik der Statistik; das dient nicht den Menschen, wenn Sie solche Politik betreiben. Es wird Zeit, dass diese Landesregierung endlich eine Bundesratsinitiative für einen bundesweiten gesetzlichen Mindestlohn ergreift.

(Beifall bei der LINKEN)

Wenn Sie dem von uns vorgelegten Gesetzentwurf für ein Landesvergabegesetz mit festem Mindestlohn von 8,50 Euro zustimmen, können Sie bereits jetzt einen eigenen Beitrag für ein Ende von Dumpinglöhnen leisten. Beenden Sie die Verweigerungshaltung Ihrer Koalition in dieser Frage!

Und wenn Sie schon dabei sind: Hören Sie auf, einem vernünftigen öffentlichen Beschäftigungssektor im Wege zu stehen! Nehmen Sie sich ein Beispiel an Berlin und Brandenburg, und schaffen Sie mit uns die finanziellen Grundlagen, damit Langzeitarbeitslose in Niedersachsen wieder in Arbeit kommen!

(Beifall bei der LINKEN)

Beenden Sie Ihre schwarz-gelbe Schuldenpolitik, und fangen Sie endlich an, die Einnahmeseite des Staates wirkungsvoll zu stärken, anstatt nur die fehlende Finanzkraft zu beklagen, Streichungspolitik zu betreiben und dieses Land kaputt zu sparen!

Dafür müssen Sie allerdings selbstverständlich Ihre Hausaufgaben erledigen. In den kommenden Jahren gehen z. B. nach Angaben der niedersächsischen Steuerverwaltung mehr als 4 000 Beschäf

tige in den Ruhestand. Wenn die Zahl der Anwärterinnen und Anwärter nicht nachhaltig erhöht wird, werden nach Angaben der Deutschen SteuerGewerkschaft die Steuern nicht mehr nach Recht und Gesetz festgesetzt werden können. Wir müssen die Steuerverwaltung stärken, dürfen sie nicht schwächen. Ihre Politik führt dazu, dass Niedersachsen auch im Inland bald Daten-CDs von Hackern kaufen muss, um noch an korrekte Finanzdaten zu kommen.

(Beifall bei der LINKEN und Zustim- mung bei den GRÜNEN)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion wird in diesem Landtag nicht ruhen, bis eine Mehrheit in diesem Landtag endlich Schritte gegen die dramatische Finanzlage der Kommunen unternimmt.

(Beifall bei der LINKEN)

Die Haushaltsentwicklung der Kommunen zwischen Ems und Harz ist in der Tiefe nicht von diesen selbst verschuldet worden. Ihre Koalition hat in den vergangenen Jahren die Kommunen am ausgestreckten Arm verhungern lassen. Damit muss ab sofort Schluss sein! In einem ersten Schritt muss die von Schwarz-Gelb durchgedrückte Kürzung des kommunalen Finanzausgleichs um 580 Millionen Euro zurückgenommen werden.

(Beifall bei der LINKEN)

Uns ist klar, dass wir eine bundesweite Lösung für eine Einnahmeverbesserung des Staates brauchen. Wir fordern die Wiedererhebung der reformierten Vermögensteuer. Wir verlangen die Erhöhung des Spitzensteuersatzes in der Lohn- und Einkommensteuer. Wir fordern die Reform der Erbschaftsteuer zu einer Großerbensteuer. Und wir verlangen eine Umwandlung der Gewerbesteuer in eine Gemeindewirtschaftsteuer, in der die Bemessungsgrundlage der Gewerbesteuer auf Freiberufler erweitert wird.

(Beifall bei der LINKEN)

Meine Damen und Herren, wir erwarten, dass Niedersachsen bei diesen Themen eine Vorreiterrolle einnimmt. Wir erwarten von Ihnen, dass Sie die FDP-Pläne stoppen, die Gewerbesteuer gänzlich abzuschaffen. Unsere Unterstützung dabei sage ich Ihnen zu.

(Hans-Christian Biallas [CDU]: Don- nerschlag! - Weiterer Zuruf von der CDU: Darauf haben wir gewartet!)