Herr Kollege Bachmann, wegen der knappen Zeit auch nur eine sehr kurze Replik. Im Kern geht es doch - das habe ich versucht deutlich zu machen - um die Tatsache, dass dann, wenn Sie darangehen und dem ZGB in seiner jetzigen Form einfach nur zusätzliche Aufgaben übertragen würden, diese Aufgabenübertragung in der Region dermaßen viele Kräfte absorbieren würde, dass schlicht und ergreifend die Debatte um eine wirklich zukunftsfähige Lösung - Sie selbst sagen auch, das ist im Zweifel einfach nur ein Zwischenschritt - unmöglich gemacht würde. Deshalb wäre das einfach der falsche Schritt.
Wenn Sie z. B. im Bereich der Wirtschaftsförderung und der Kooperation zwischen einzelnen Wirtschaftsunternehmen sagen, wir übertragen das jetzt einfach mal dem ZGB, dann kann ich Ihnen nur sagen: Die Fusion Projekt Region Braunschweig und Wolfsburg AG ist kein Selbstläufer. Wenn Sie sagen, wir übertragen das ohnehin dem ZGB, dann, glaube ich, tun Sie dieser Debatte keinen Gefallen.
Bei aller Liebe für demokratisch legitimierte Entscheidungen: Wenn es darum geht, dass arbeitsmarktrelevante Entscheidungen oder unternehmensrelevante Entscheidungen getroffen werden müssen, dann ist mir ein Gremium, in dem auch Gewerkschaften und Unternehmen gemeinsam mit den Gebietskörperschaften sitzen, allemal lieber als ein ZGB, dem die nötigen Kompetenzen fehlen und der auf diesem Gebiet per se nicht unbedingt, glaube ich, die besseren Ergebnisse bringen würde.
ich sage Ihnen das -: Mit Zustimmung aller Verbandsmitglieder können dem Zweckverband weitere Aufgaben übertragen werden.
Alles das, was Sie gesagt haben - Schülertransport, kulturelle Identität; darauf werde ich gleich noch kommen -, können Sie machen, wenn alle Verbandsmitglieder zustimmen.
Da sage ich Ihnen etwas zum Thema „kulturelle Identität“, und zwar auch dem hinter Ihnen sitzenden Herrn Möhle. Herr Möhle, ich wünsche Ihnen viel Vergnügen, in Hohenhameln und in Mehrum - für die anderen gesagt: tief im Westen des Landkreises Peine - bei einem Jugendturnier, bei dem alle Hannover 96 zujubeln, wenn sie gegen Eintracht Braunschweig spielen, zu sagen: Eure Identität liegt bei Braunschweig. - Viel Vergnügen, Herr Möhle!
Der entscheidende Punkt ist doch: Sie wollen hier per Zwang etwas machen, was dann, wenn alle dafür sind, durchaus Sinn macht, wenn die Gifhorner und die Peiner sagen: Im Grunde sind wir alle Braunschweiger, und haben nichts dagegen. - Sie wollen das aber par ordre du mufti per Gesetz erzwingen. Da geht es in die Hose. Das wird übrigens auch 2011 in die Hose gehen. Auf diesen Wahlkampf freue ich mich schon jetzt. Wir fordern - ich zitiere Ihnen noch einmal unser Landtagswahlprogramm; damit haben wir schon einmal eine Wahl gewonnen, und das gedenken wir auch weiterhin zu tun; nicht, dass sich jetzt die Falschen freuen -:
„Die Abschaffung der Bezirksregierungen... hat nicht zu mehr Demokratie geführt. Entscheidungsstrukturen wurden zentralisiert...“.
„Wir wollen die alten Bezirksregierungen, die keine direkte parlamentarische Kontrolle hatten, nicht wieder herstellen. Stattdessen fordert DIE LINKE, so weit wie irgend möglich die Kompetenzen zu dezentralisieren...“.
Das ist das, was wir wollen, und das ist das, was Sie mit diesem Gesetzentwurf von oben herab kaputtmachen wollen. Wir wollen mehr Demokratie, mehr Dezentralisierung, nicht - wie Sie - mehr Zwang und mehr Zentralismus. Dafür stehen wir.
lege Bachmann, vielleicht zunächst zu Ihren einführenden Worten zur Region Hannover, wenn ich Ihnen das sagen darf: Wenn Sie dasselbe in Braunschweig anstreben sollten, wäre das der falsche Weg.
Meine Damen und Herren, mit dem heute zu beratenden Gesetzentwurf geht es im Kern darum, den politischen und administrativen Handlungsspielraum des Zweckverbandes Großraum Braunschweig massiv zu erweitern und zu stärken. Dies geschieht logischerweise jedoch zu dem Preis, den bestehenden Gebietskörperschaften Aufgaben und damit Gestaltungsmöglichkeiten zu entziehen.
Ganz ohne Zweifel verdient der Raum zwischen Harz und Heide als Bestandteil der Metropolregion Hannover-Braunschweig-Göttingen unsere große und besondere Aufmerksamkeit. In den kreisfreien Städten Braunschweig, Salzgitter und Wolfsburg sowie in den fünf Landkreisen Gifhorn, Goslar, Helmstedt, Peine und Wolfenbüttel leben auf einer Fläche von über 5 000 km2, damit in über 10 % der Fläche Niedersachsens, 1,15 Millionen Menschen, fast 15 % der Einwohnerinnen und Einwohner in Niedersachsen.
Auf die besonderen strukturellen und administrativen Merkmale und zugleich auch Herausforderungen geht auch der Gutachter Professor Hesse ein. Das Gutachten spricht - wie ich finde zu Recht - von Polyzentralität und Kleinteiligkeit. Immerhin, meine Damen und Herren, befinden sich in diesen 5 Landkreisen 127 Städte und Gemeinden, darunter 19 Samtgemeinden mit immerhin 101 Mitgliedsgemeinden.
Meine Damen und Herren, unstrittig ist auch, dass der Zweckverband Großraum Braunschweig in der Vergangenheit eine Reihe von Aufgaben durchaus sinnvoll und zweckmäßig erfüllt hat.
Ziel dieses heute in erster Lesung zu beratenden Gesetzentwurfs, über den wir im Ausschuss sicherlich auch noch kontrovers diskutieren können, ist es, weitere Aufgaben- und Zuständigkeiten bei Schulträgerschaften, Schülerbeförderung, Wirtschaftsförderung, Regionalmarketing, Naturschutz - um nur einige Bereiche zu nennen - dem
Zweckverband zu übertragen. Ich gebe Ihnen, Frau Kollegin Heinen-Kljajić, recht: Das macht man nicht, ohne das mit den Gebietskörperschaften und den Menschen vor Ort zu vereinbaren. Das geht nicht gegen den Willen der Menschen.
Meine Damen und Herren, Herr Kollege Bachmann, Ihnen geht es - aus Ihrem Gesetzentwurf habe ich das so herausgelesen - um den möglichst unumkehrbaren Weg zur Region Braunschweig nach dem Motto: Wir machen den Zweckverband heute schon mal in kleinen Schritten so stark, dass er sich im Laufe der Zeit de facto zu einer Region entwickelt.
Ich halte das für den falschen Weg. Ich glaube, Sie werden noch merken, dass das der falsche Weg ist.
Auch wenn Sie, Herr Kollege Bachmann, das in Ihren Parteigremien diskutiert haben, glaube ich doch - das habe ich eben schon gesagt -, dass Sie die Menschen in diesem Raum mitnehmen müssen. Ansonsten wird das so nicht gehen.
Herr Kollege Bachmann hat sich auch dazu geäußert, dass es auch mit einem Delegationsparlament einstweilen beschieden bleiben könne, so in der Braunschweiger Zeitung zu lesen. Allerdings wäre damit aus meiner Sicht etwas präjudiziert, wovon wir heute noch nicht sagen können, ob es der richtige Weg, das richtige Ziel ist. Ich glaube eher, dass es der falsche Weg ist.
Meine Damen und Herren, wir stehen auch heute noch dazu, dass es nach dem Willen unserer Regierungskoalition keine Gebietsreform von oben geben soll. Vielmehr setzen wir auch weiterhin auf Freiwilligkeit von Entscheidungen über Zusammenschlüsse und Kooperationen. Dies gilt selbstverständlich auch für diese fünf Landkreise und diese drei kreisfreien Städte.
Wir sollten heute nicht so tun, als sei bereits ein breiter politischer und gesellschaftlicher Konsens für die Entstehung einer Region Braunschweig vorhanden. Das ist mitnichten so, Herr Kollege Bachmann.