Protokoll der Sitzung vom 07.09.2010

Zum einen habe ich diese Zitate nicht bestimmten Personen zugeordnet. Zum anderen spricht Ihre Zwischenfrage ja für sich. Vielleicht ist Ihnen das, was im Ausschuss gesagt worden ist und was Sie dort unter Beratung verstanden haben, ja peinlich.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN - Zustimmung bei der SPD)

Was sind die bisherigen Initiativen der Bundesregierung? - Kurz gesagt: Es gibt unserer Auffassung nach keine Initiativen, die die Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. Oder wollen Sie die Bildungsgutscheine oder die Chipkarten für Kinder mit dem lächerlich geringen Betrag von 300 Euro pro Jahr als solche bezeichnen? Dieser Betrag reicht doch vorne und hinten nicht aus, um dem gerecht zu werden, was Ministerin von der Leyen der Öffentlichkeit zu versprechen versucht? - Aber darüber werden wir morgen noch ausführlicher diskutieren können. Ich möchte nur, dass Sie sich einmal Gedanken darüber machen, was z. B. Musikunterricht oder Nachhilfeunterricht kostet und wie weit Sie mit 300 Euro im Jahr kommen würden. Aber wenn man aus solchen Verhältnissen kommt wie Frau von der Leyen, ist Kinderreichtum kein Armutsrisiko - ganz anders, als es bei HartzIV-Empfängerinnen der Fall ist.

(Beifall bei der LINKEN - Jens Nacke [CDU]: Sie machen hier persönliche Angriffe! Was hat das in einer politi- schen Debatte zu suchen? Was soll das? Geben Sie darauf bitte eine Antwort! Reißen Sie sich bitte zu- sammen! Unterirdisch ist das!)

- Seien Sie bitte einmal ruhig, Herr Macke!

(Zurufe von der CDU)

Was ist mit den weiteren Initiativen? - Sie machen nichts. Sie schweigen.

(Anhaltende Unruhe - Glocke des Präsidenten)

Ihre Antwort - - -

Moment, Herr Humke-Focks! Ich unterbreche einmal. Sie haben gleich wieder das Wort - und kein anderer, Herr Nacke. - Bitte, Herr Humke-Focks, Sie haben jetzt das Wort. Führen Sie weiter aus, bitte!

Vielen Dank. - Herr Macke, ich frage Sie jetzt: Was sind denn Ihre Antworten dazu? - Sie machen überhaupt nichts. Vielmehr sind Sie guter Dinge, dass die Regierung es schon richten werde. Was sind das für Antworten? - An Peinlichkeit nicht zu überbieten, was Ihre Fraktion hier treibt.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Sie bescheinigen uns damit zum wiederholten Male, dass Sie politische Leichtgewichte ohne Mumm in den Knochen sind.

(Zurufe von der CDU)

- Politische Leichtgewichte. - Ich möchte jetzt darauf verzichten, aus dem Urteil noch mal genau zu zitieren. Das spare ich mir. Sie sollten es kennen. Aber ich möchte feststellen, dass wir uns hier wenigstens in den Oppositionsfraktionen darüber einig waren, dass die Berechnung der Regelsätze eine neue Grundlage braucht und dass die Regelsätze für Kinder und Jugendliche angehoben werden müssen. Das haben wir hier mehrfach gemeinsam gesagt. Aber noch nicht mal auf diese Basis wollten Sie sich einlassen. Das ist ein Armutsbeispiel. Wir werden Ihnen das auch nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Sie werden schon sehen, was Sie davon haben. Ihre Regierungszeit wird auf 2013 begrenzt sein. Dann wird sich hoffentlich einiges ändern.

Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der LINKEN und bei den GRÜNEN)

Auch für die Abgeordneten zur Klarstellung: Herr Kollege Nacke hat sich darüber beschwert, dass

Herr Humke-Focks ihn „Herr Macke“ genannt haben soll. Wir haben das hier oben nicht mitbekommen. Wenn das der Fall gewesen ist,

(Jens Nacke [CDU]: Drei Mal! Ein Schmutzfink ist das!)

dann möchte ich Sie darauf hinweisen, dass das nicht in Ordnung ist. Ich ermahne Sie ganz deutlich. Ich habe es hier oben so nicht mitbekommen.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Und Schmutzfink?)

Der nächste Redebeitrag kommt von Herrn Böhlke von der CDU-Fraktion. Bitte sehr!

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: „Schmutzfink“ darf ich hier sagen?)

- Ich stelle jetzt erst einmal fest, dass Sie hier nicht diskutieren dürfen.

(Pia-Beate Zimmermann [LINKE]: Ich diskutiere doch! Denn „Schmutzfink“ geht nicht! Das merke ich mir! „Schmutzfink“ darf man hier sagen!)

- Herr Kollege Böhlke, warten Sie bitte! - Frau Kollegin Zimmermann, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf. Sie haben nicht das Recht, mit dem Präsidium hier oben zu diskutieren. - Bitte schön!

(Beifall bei der CDU - Unruhe)

- Jetzt hat Herr Böhlke das Wort. Bitte sehr!

(Hans-Henning Adler [LINKE]: Nacke ist ein Schmutzfink! - Nacke ist ein Schmutzfink! - Weitere Zurufe)

Herr Böhlke!

Herr Präsident, Sie haben es nicht einfach. Deshalb: Verehrter Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Was sich bereits anlässlich der Einbringung dieses Antrages durch Debattenbeiträge im Juni dieses Jahres abzeichnete, verfestigt sich nochmals deutlich. Außerhalb der antragstellenden Fraktion DIE LINKE stimmt keine der Parlamentsfraktionen - zumindest in der Empfehlung - dem vorliegenden Antrag zu. Dies stellt auch keine Überraschung dar; denn die im Antrag vorgenommenen teilweise unsachlichen und auch sehr einseitigen Bewertungen, die darin zum Ausdruck gebracht werden, können und dürfen in meinen Augen auch nicht mehrheitsfähig sein.

Die in dieser Frage zuständige Bundesregierung wird aufgrund des Urteils des Bundesverfassungs

gerichts Änderungen im Sozialgesetzbuch II zum 31. Dezember 2010 bzw. 1. Januar 2011 vornehmen. Das Bundesministerium erarbeitet zurzeit mithilfe von Experten, Wissenschaftlern und Praktikern ein Konzept, das im Oktober ins Parlament eingebracht und im Dezember vom Bundestag beraten und beschlossen werden soll.

Vor Abschluss der regierungsinternen Beratungen sind selbstverständlich auch die Bundesländer, die kommunalen Spitzenverbände, die großen Sozialverbände und natürlich auch die Parteien bei der Erarbeitung dieses Konzeptes mit einbezogen worden. Und gehen Sie bitte davon aus, meine Damen und Herren der Fraktion DIE LINKE, dass sich die Landesregierung selbstverständlich bei diesem wichtigen Thema auch in Berlin bereits eingebracht hat.

An dieser Stelle möchte ich nochmals daran erinnern, dass aufgrund unserer Initiative das Thema des Bedarfes und der festgestellten Regelsätze für Kinder vom Parlament bereits im Jahr 2007 aufgegriffen und auf Bundesratsebene eine Initiative gestartet wurde, die eine geeignete Grundlage für die Berechnung des tatsächlichen Kindesbedarfes zum Ziel hatte.

Für uns zeichnet sich konkret zum 1. Januar 2011 ab:

Erstens. Es wird ein transparent ermitteltes Basisgeld für Erwachsene geben. Die unterschiedlichen Haushaltsstrukturen werden berücksichtigt.

Zweitens. Es wird ein eigenständiges Basisgeld für Kinder und Jugendliche geben.

Drittens. Kinder und Jugendliche haben ab 1. Januar 2011 zusätzlich einen Rechtsanspruch auf gezielte Förderung in den Bereichen Bildung und gesellschaftliche Teilhabe. Diese Leistung soll in einem eigenständigen Bildungskonzept erbracht werden.

(Beifall bei der CDU)

Viertens. Das Basisgeld, d. h. die Regelsätze für Kinder und Jugendliche, differenziert nach Altersgruppen, wird jeweils eigenständig nach einem transparenten Verfahren berechnet. Basis dieser Berechnungen sind die Daten aus der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2008, die bekanntlich alle fünf Jahre ermittelt werden.

Es ist also davon auszugehen, dass im Oktober die entsprechenden Sätze bekannt sein werden. In diesem Zusammenhang ist schlichtweg noch einmal darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfas

sungsgericht die Berechnungsmethode, also den Weg des Zustandekommens der Regelsatzhöhe, kritisiert hat. Auch wenn das immer wieder miteinander vermengt wird, ist doch noch einmal wirklich ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass das Bundesverfassungsgericht keinesfalls die Höhe des Regelsatzes kritisiert hat. Es wird auch in der Urteilsbegründung deutlich, dass weder die Höhe des damaligen Regelsatzes noch der Betrag von 207 Euro für Kinder bis zum 14. Lebensjahr offensichtlich als unzureichend eingestuft wurde. Vom Gericht wird also nicht die Höhe, sondern nur der Berechnungsweg der Regelsätze kritisiert. Und das sind wesentliche Teile des Antrages, den die Linke hier gestellt hat, sodass sie für uns nicht relevant sind.

Die Linke wäre natürlich nicht die Linke, wenn sie nicht nochmals ihre Fischernetze auswerfen und die populäre Aussage treffen würde, dass mit diesem Antrag zumindest übergangsweise 500 Euro als Regelsatz zu zahlen sein sollen. Diese populistische Forderung steht natürlich im Gegensatz zum Urteil des Bundesverfassungsgerichtes. Die Berechnung der Regelsätze, d. h. des Basisgeldes, muss transparent sein. Der Betrag von 500 Euro, der von Ihnen genannt wurde, ist keinesfalls transparent dargestellt worden, sondern offenkundig willkürlich und nicht nachvollziehbar.

Hier, meine sehr verehrten Damen und Herren, widerspricht sich die Linke selbst. Denn beispielsweise Bündnis 90/Die Grünen fordern eine Erhöhung auf 420 Euro. Das ist sicherlich auch erstmal aus dem hohlen Bauch heraus gesagt worden.

(Zuruf von Ursula Helmhold [GRÜNE])

Das ist aber nicht nachvollziehbar. Vor dem genannten Hintergrund werden wir ja sehen, was im Dezember nach den ermittelten Daten an tatsächlichen Ergebnissen zum Tragen kommt, die dann auch von jedem Einzelnen entsprechend nachvollzogen werden können.

Meine Damen und Herren, die Entwicklung seit 2010 in dieser Frage und die vorliegenden Zwischenergebnisse der Konzeption der Bundesregierung machen sehr deutlich, dass es keinesfalls eines solchen Antrags bedarf. Es kommt jetzt darauf an, was der Gesetzgeber zum 1. Januar 2011 beschließen wird. Im Oktober werden wir im Einzelnen die entsprechenden Vorlagen zur Kenntnis bekommen, und im Dezember werden die Entscheidungen in Bundesrat und Bundestag getroffen.