Protokoll der Sitzung vom 08.09.2010

Zum zweiten Teil Ihrer Antwort: Im BKA-Gesetz und im SOG gibt es entsprechende Bestimmungen. Vielleicht bin ich ein bisschen zu vertrauensselig, aber ich gehe immer noch davon aus, dass sich diejenigen, die auf Grundlage dieser gesetzlichen Bestimmungen arbeiten, an dieselben halten.

(Beifall bei der SPD)

Die nächste Wortmeldung kommt von Herrn Zielke für die FDP-Fraktion. Herr Zielke, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Große Anfrage der Grünen umfasst 22 Fragen mit vier Druckseiten. Die Antwort der Landesregierung umfasst in der Kurzfassung 15 gedruckte Seiten. Beigelegt ist eine CD, auf der sich zusätzlich 67 Einzelantworten in einem Umfang von mehreren Hundert Druckseiten befinden. Dann folgt noch ein Verzeichnis mit Erklärung aller in den Texten benutzten Abkürzungen. Das sind 211 Eintragungen.

(Ralf Briese [GRÜNE]: Danach haben wir aber nicht gefragt!)

Eine wahre Sisyphusarbeit haben hier die beteiligten Ministerien geleistet, und das mit äußerster Sorgfalt. Hierfür möchte ich zunächst allen Beteiligten im Namen der Landtagsfraktion der FDP ausdrücklich danken.

(Beifall bei der FDP und bei der CDU)

Eine Sisyphusarbeit ist dementsprechend auch die Lektüre dieses Opus magnum.

(Ursula Helmhold [GRÜNE]: Nein, es ist eine Herkulesarbeit, keine Sisy- phusarbeit!)

Ich bezweifle natürlich nicht, dass sich alle Mitglieder dieses Hohen Hauses, insbesondere aber natürlich die Fragestellerinnen und Fragesteller von Bündnis 90/Die Grünen dieser Mühe unterzogen haben.

Frage 6 der Großen Anfrage lautet:

„Gibt es einen systematischen Überblick (Gesamtverfahrensverzeichnis) oder eine Metadatenbank, auf wie viele Dateien und Datenbanken die niedersächsischen Sicherheitsbehörden (Polizei, Justiz, Verfassungsschutz) insgesamt zugreifen können?“

Antwort der Landesregierung: „… gibt es nicht“. - Dabei gibt die Antwort der Landesregierung genau diesen Überblick, und der ist offenbar ziemlich umfassend. Insofern trifft die in der Anfrage der Grünen zitierte Aussage „In dem Gewirr polizeilicher Daten ist ein Überblick kaum … möglich“ mindestens für Niedersachsen nach der Antwort auf diese Große Anfrage nicht mehr zu.

(Reinhold Coenen [CDU]: So ist es! - Zuruf von Ralf Briese [GRÜNE])

- Ich habe gesagt, dass das ein Zitat war.

Jetzt wissen wir - den Grünen sei Dank; wir haben es jetzt schwarz auf weiß -, dass es bei allen diesen Dateien nach Recht und Gesetz zugeht.

Für jede einzelne Datei ist akribisch aufgeführt, was der Zweck der Datensammlung ist und auf welchen Landes-, Bundes- oder internationalen Rechtsgrundlagen die Erhebung und Speicherung der Daten beruht.

Haarklein ist auch für jede einzelne Datei geregelt, wer Daten eingeben oder gegebenenfalls verändern darf, wer sie dann überhaupt sehen darf oder auch wann Daten für welche Personengruppe und bei welcher Fallkonstellation zu löschen sind.

Für jede einzelne Datei ist geregelt, welche Daten zu welchen Zwecken erhoben werden dürfen und wie sich der interessierte Bürger gegebenenfalls über die zu seiner Person gespeicherten Daten informieren kann und der Speicherung widersprechen kann.

Darüber hinaus kann sich natürlich jeder Bürger an den niedersächsischen Datenschutzbeauftragten, Herrn Wahlbrink, wenden, dessen unermüdlichen Einsatz gegen die Datensammelwut von Staat und Wirtschaft ich an dieser Stelle ausdrücklich hervorheben möchte.

Natürlich werden, Frau Flauger, bei Straftaten auch Daten der Opfer gespeichert.

(Kreszentia Flauger [LINKE]: Der Ver- dächtigten!)

Das ist doch absolut vernünftig.

Was für Dateien sind es denn nun? - Sie sind so vielfältig wie die Aufgaben, die unser Staat der Polizei, der Justiz oder den Verfassungsschutzbehörden übertragen hat. Nur ein paar Beispiele:

Da gibt es die Datei „VERMI/UTOT“, gespeichert beim BKA, die zur Ermittlung Vermisster sowie zur Identifizierung unbekannter hilfloser Personen und unbekannter Leichen dient. Im April 2010 waren dort 14 298 Personen gespeichert - offensichtlich etwas sehr Sinnvolles.

Unter all den beschriebenen Dateien habe ich keine einzige gefunden, bei der mir die Vokabel „Überwachungsstaat“ in den Sinn gekommen wäre. Der Datenschutz bei diesen sicherheitsrelevanten Dateien ist durch Recht und Gesetz wasser

dicht abgesichert. Ich habe nicht den geringsten Zweifel, dass sich unsere Beamtinnen und Beamten an die Regeln halten.

Eine so umfangreiche Darstellung fordert natürlich zu weiteren Einzelfragen heraus. So könnte man z. B. fragen, was es konkret bedeutet, dass die in Anlage 64 dargestellte Datei „Gewaltbereite Linksextremisten“ als „Projektdatei“ bezeichnet ist. Ein Projekt ist im allgemeinen Sprachgebrauch etwas zeitlich Begrenztes. Steht also dahinter die Hoffnung, dass es in unserem Land in absehbarer Zeit keinen gewaltbereiten Linksextremismus mehr geben werde?

(Zustimmung von Dr. Manfred Sohn [LINKE])

Ich würde diese Hoffnung ausdrücklich teilen, habe aber so meine Zweifel.

Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und bei der FDP)

Meine sehr verehrten Damen und Herren, weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich stelle fest, dass die Besprechung der Großen Anfrage damit abgeschlossen ist.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 19 auf:

Zweite Beratung: Landeskonferenz „Zukunft des ländlichen Raumes in Niedersachsen“ - Antrag der Fraktion DIE LINKE - Drs. 16/2515 - Beschlussempfehlung des Ausschusses für Ernährung, Landwirtschaft, Verbraucherschutz und Landesentwicklung - Drs. 16/2774

Der Ausschuss empfiehlt Ihnen, den Antrag abzulehnen.

Eine Berichterstattung ist nicht vorgesehen.

Wir kommen zur Beratung. Als Erste hat sich Frau Marianne König von der Fraktion DIE LINKE gemeldet, danach Herr Hausmann von der SPDFraktion. Frau König, ich erteile Ihnen das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir beschließen heute über den Antrag meiner Fraktion zum Thema Zukunft der ländlichen Räume. Dieser Antrag beinhaltet den Auftrag an die Lan

desregierung, eine Konferenz mit Beteiligten durchzuführen.

Die Antwort auf unsere Große Anfrage zur Zukunft im ländlichen Raum weist Handlungsbedarf auf. Hier nur ein Beispiel: Die Menschen in den ländlichen Regionen sind durch den schrumpfenden Regionalverkehr abgehängt. Flexible Arbeitszeiten sowie Arbeiten an Wochenenden und Feiertagen setzen einen bedarfsgerechten ÖPNV voraus. Die Antwort der Landesregierung, auf den motorisierten Individualverkehr zu setzen, ist falsch. So sieht soziale Gerechtigkeit nicht aus!

(Beifall bei der LINKEN)

Da werden Menschen wegen fehlender Mobilität von der gesellschaftlichen Teilhabe und sogar vom Erwerbsleben ausgegrenzt. Soziale Gerechtigkeit beginnt für die Linke vor Ort, d. h. hier, im ländlichen Raum.

Die Diskussion zwischen SPD und CDU im Ausschuss hat gezeigt: Es bestehen noch viele Spannungsfelder, und es liegt noch viel Arbeit vor uns.

Meine Damen und Herren von der SPD, ich akzeptiere Ihren Hinweis auf den Bericht der Enquetekommission. Er kann eine gute Grundlage für die geplante Konferenz sein ebenso wie die Strategien und die Handlungskonzepte, die die Fraktion DIE LINKE in der Schublade hat.

Wir sind uns doch wohl einig: Es ist Zeit zum Handeln. - Keineswegs will meine Fraktion eine Landeskonferenz, die am Ende der Tagung einen Arbeitsauftrag an die Landesregierung vergibt. Das kennen wir doch! Dann beginnt wieder die Zeit des Wartens, des Nichthandelns. Und das darf nicht geschehen. Wir wollen handeln und mit den Vertretern aus den Regionen Konzepte umsetzen.

(Beifall bei der LINKEN)

Wir wollen auch nicht den ländlichen Raum schlechtreden. Wir trauen den Menschen in den ländlichen Regionen viel zu. Aber dazu bedarf es Unterstützung, und vor allen Dingen müssen dazu auch die finanziellen Rahmenbedingungen stimmen.

Es ist uns wichtig, dabei viele Interessenvertreter wie Kirchen, Verbände und Gewerkschaften mitzunehmen.

Meine Damen und Herren von CDU und FDP, ich lasse mir diesen Antrag nicht von Ihnen schlechtreden. Ich lasse mir nicht von Ihnen vorwerfen, wir wollten nur einen Fünfjahresplan oder wir seien

Demagogen, wie Sie es uns bei der Einbringung vorgeworfen haben. Dazu sage ich ganz klar und deutlich das Sprichwort: Was ich selber denk und tu, trau ich anderen Menschen zu. - Das sollten Sie sich einmal zu Gemüte führen.